Kipu

Kipu
Quipu
Quipu der Inkas vom Larco Museum

Quipu (span.) oder Khipu (Quechua: „Knoten“) ist der Name der einzigartigen, im Dezimalsystem aufgebauten Knotenschrift der Inka (ca. 1400 bis 1532) in Altperu vor der Eroberung ihres Reichs durch die Spanier, die sich aus einer Methode zur numerischen Buchhaltung zu einer vollständigen Schrift (fraglich) entwickelte. Von Einwohnern, Soldaten, Tieren, Ländereien über Lagerbestände bis hin zu historischen Ereignissen (Schlachten), konnte mit Hilfe der Quipu alles statistisch erfasst werden. Jedes Quipu musste jedoch mit einem mündlichen Kommentar übergeben werden. Ein Quipu-Spezialist (khipu kamayuq) knüpfte die Knoten und gelesen wurden die Details aus den Schnüren von den Quipu-Deutern.[1] [2]

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

An einem bis zu vier Meter langen Hauptfaden sind Dutzende von farblich abgestuften Nebenfäden angeknüpft, die mit 10 verschiedenartigen Knoten versehen sind. Vorherrschend waren der Überhandknoten, der aus dem Überhandknoten bestehende Kapuzinerknoten und der Achterknoten. Je nach vertikaler und horizontaler Position in diesem vorhangähnlichen Gebilde, der Fadenfarbe und -länge und dem Knotentyp besitzen diese Knoten unterschiedliche Bedeutungen. Die Inka benutzten das Dezimalsystem. Sie kannten auch die Null, die entsprechende Stelle am Faden blieb ohne Knoten. Bis zur Zahl 10000 (Zehntausend!) war die Darstellung möglich. Die Quipus wurden vor allem im Distributionssystem (Wiederverteilungssystem) der Inka eingesetzt. Es gilt als relativ gesichert, dass sie die Quipus für Vorratslisten und Lagerinventar verwendeten. Des Weiteren muss wahrscheinlich die Position, die Beschaffenheit und die Farbe der Quipus beachtet werden, mit der dem Leser Informationen vermittelt werden sollten. Vor dem Knüpfen wurde die genaue Länge abgeschätzt. Verschiedene Fäden wurden mehrmals zu einer Schnur gedreht. Einzelne Fäden bestanden aus Pflanzenfasern oder (Menschen-)Haaren, einige aus Wolle, die meisten aus Baumwolle. Eine in einem Grab gefundene Schnur wiegt fast 4 kg. Um die Farben zu fixieren, wurden zum Beispiel Alaun oder Eisensalze als Beize benutzt. Diese zerstört allerdings im Laufe der Zeit die Farben.

Nach neuesten Erkenntnissen sollen die Quipus für die Steuerrechnung benutzt worden seien. Danach entspricht jede Ebene dem darüber geordneten Verwaltungsbezirk. Man kann so die Steuersumme der darunter liegenden Bezirke ablesen.

Die meisten Quipus wurden durch die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert zerstört. 1981 waren gerade mal 400 bekannt. Inzwischen sind bis heute (2004) weltweit etwa 800 Quipus gefunden worden. Das Ethnologische Museum Berlin besitzt 289 und damit die größte Sammlung ihrer Art. Sie stammen alle mehr oder weniger aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Allerdings wurden so gut wie keine Quipus in Cuzco oder einem anderen Teil des Hochlandes gefunden, fast alle Funde stammen von der Küste. Dies kann aber in erster Linie an den klimatischen Bedingungen gelegen haben, die im Endeffekt die Konservierung begünstigten.

Es soll auch Quipus aus dem Mittleren Horizont geben (ca. 800), die sich insofern unterscheiden, als keine Knoten geknüpft, sondern mit bunten Fäden farbige Umwicklungen vorgenommen wurden. Die Vermutung besteht, dass es sich um die Vorläufer der Inka-Quipus handelt, womit diese ursprünglich nicht von den Inka stammen würden. Im Ethnologischen Museum in Berlin ist allerdings davon keines vorhanden.

Des Weiteren besitzt die Berliner Sammlung eine Fälschung aus dem 18. Jahrhundert. Sie ist bunt und struppig und die Fäden hängen mit ihren unprofessionellen Knoten an einem kleinen Ast herab. Da diese Fälschung als erste in das Ethnologische Museum in Berlin gelangte, vermutete man ursprünglich, dies sei ein echter Quipu und alle anderen, die hernach folgten, seien Fälschungen.

Die Knotenschrift gilt als ein grundlegendes Modell dafür, dass sich die Ursprünge der Schrift aus dem Rechnungswesen, bzw. der Buchhaltung alter Kulturen entwickelt hat, wie auch die Keilschrift in Mesopotamien.

Wissenschaft

  • Gary Urton (* 1946) ist Anthropologe an der Harvard-Universität in Boston und eine Autorität für Khipu.

Siehe auch

Zwölfknotenschnur · Kerbholz · Kerbstock · Ogham · Macramé · Knotenkunde · Knoten (Knüpfen)

Literatur

  • Gary Urton: A new twist in an old yaen... in: Baessler-Archiv. N.F. Reimer, Berlin 42.1994. ISSN 0005-3856
  • Gary Urton: Signs of the Khipu. Binary coding in the Andean knotted-string records. University of Texas Press, Austin Tx 2003. ISBN 0-292-78540-2 (Ausführliche Analyse. Im Anhang 20 S. Bibliographie).
  • Marcia Ascher: Code of the quipu. A study in media, mathematics, and culture. Marcia and Robert Ascher. Univ. of Michigan Press, Ann Arbor 1981. ISBN 0-472-09325-8
  • Ernst Doblhofer: Die Entzifferung alter Schriften und Sprachen. Reclam, Leipzig 1993, 2000, 2003. ISBN 3-379-01702-7
  • Harald Haarmann: Universalgeschichte der Schrift. Campus, Frankfurt 1990, 1991, Zweitausendeins, Frankfurt 2004. ISBN 3-593-34346-0, ISBN 3-86150-703-X (div. Lizenzausg.)
  • Leslie Leland Locke: The ancient quipu, or Peruvian knot record. The American Museum of Natural History, New York 1923.
  • Quipu. contar anuando en el imperio Inka. knotting account in the Inka Empire. Museo Chileno de Arte Precolombino. Univ. de Havard, Havard-Santiago de Chile 2003. ISBN 956-243-043-X
  • A calendrical and demographic tomb text from northern Peru. in: Latin American Antiquity. a journal of the Society for American Archaeology. Washington DC 12.2001,2, S. 127–147. ISSN 1045-6635
  • Bjerregard: The Leymebamba Quipus. In: The Leymebamba Textiles. Museum Tusculanum Press, Copenhagen (in Vorber.)
  • Eva Andersen, Makramee als Kunst und Hobby, Falkenverlag 1980, ISBN 3-8068-4085-7

Quellen

  1. Makramee als Kunst und Hobby, Seite 16
  2. Museum für Völkerkunde, Berlin

Weblinks


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