Kirchenmassaker von Liquiça

Kirchenmassaker von Liquiça

Das Kirchenmassaker von Liquiçá fand am 6. April 1999 im indonesisch besetzten Osttimor während der Einschüchterungswelle pro-indonesischer Kräfte vor dem Referendum über die Zukunft Osttimors statt. Die Opfer wurden in der katholischen Kirche von Liquiçá durch pro-indonesische Milizen (besonders die Milizen Besi Merah Putih und Aitarak), reguläre indonesische Soldaten und Polizei ermordet. Die Zahl der Toten ist umstritten. Während offizielle indonesische Quellen sie mit 61 angeben, berichten timoresische Quellen von über 200 Opfern. Die sterblichen Überreste von etwa einem Dutzend Opfer wurden 1999 von australischen Marinetauchern aus dem Maubarasee geborgen.[1]

Das Verbrechen wurde von Polizeikräften unter dem Kommando der UN untersucht. Beteiligt waren Ermittler aus Australien, Großbritannien, Neuseeland, den Philippinen und den USA. Es wurde Exhumierungen durchgeführt und Zeugenaussagen protokolliert. In der Folge wurden gegen 21 indonesische Offiziere und osttimoresische Angehörige der pro-indonesischen Milizen Anklagen wegen Mord, Folter und Vertreibung erhoben.

Das Kirchenmassaker von Liquiçá war einer der zehn Hauptfälle, die von der von den Vereinten Nationen eingerichteten Anklagebehörde in Osttimor (Serious Crime Unit) untersucht wurden. Der Fall war der erste, der vor Gericht zur Anklage kam. Das Gerichtsverfahren wurde vor der Sonderkammer (Special Panels for Serious Crimes SPSC) unter den Richtern Benfeito Mosso Ramos (Kap Verde, Vorsitzender), Antero Luís (Portugal) und António Helder (Osttimor) abgehalten. Das Verfahren wurde in fünf Sprachen gehalten: Portugiesisch, Englisch, Indonesisch, Tetum und Tokodede, die örtliche Sprache um Liquiςa. Vor Gericht machten die Angeklagten detaillierte Zeugenaussagen über die Beteiligung der Besi Merah Putih Miliz, inklusive Berichte über Zeremonien der Miliz, bei denen sie angeblich dazu gezwungen wurden, einen Cocktail aus Alkohol, Tierblut und Drogen zu trinken, bevor sie am Angriff auf die Kirche von Liquiςa teilnahmen.

Ursprünglich waren die internationalen Ermittler verwundert, dass keines der Opfer geflohen ist. Dann wurde bekannt, dass die indonesische Armee die Kirche umzingelt hatte. Sie nahm zwar nicht an dem Angriff teil, hinderte aber die Opfer daran zu fliehen. Weitere Zeugenaussagen deuten auf die unmittelbare Teilnahme indonesischer Soldaten hin, die angeblich Zivilkleidung trugen, um sich als Milizionäre zu tarnen.

Leoneto Martins, Tomé Diogo, Eurico Guterres und João Tavares waren die Hauptverdächtigten und gelten als Anführer beim Massaker. Sie alle sind Osttimoresen. Eurico Guterres wurde am 27. November 2002 vom Menschenrechtsgerichtshof in Jakarta zu zehn Jahren Haft verurteilt. Erst im Mai 2006 musste Eurico Guterres schließlich seine zehnjährige Haftstrafe antreten, wurde dann aber im April 2008 wieder vom Obersten Gericht Indonesiens freigesprochen.

Siehe auch

Quellen

  1. Gender-Selective Atrocities in East Timor (4)

Weblinks


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