Klassenzahl

Klassenzahl

Sei K ein algebraischer Zahlkörper. Dann ist seine Klassenzahl hK die Ordnung der (stets endlichen) Idealklassengruppe von K.

Eine Primzahl p heißt regulär, wenn p \nmid h_{\mathbb{Q}(\zeta_p)}, wobei ζp eine p-te Einheitswurzel ist.

Inhaltsverzeichnis

Zahlentheoretische Bedeutung

Möchte man eine Gleichung F(x) = 1 über einem Zahlkörper lösen, so ist eine mögliche Strategie, die Gleichung über der Idealgruppe IK und der Idealklassengruppe ClK zu lösen. Ist 1 die einzige Lösung über der Idealklassengruppe, so ist jedes Ideal  \mathfrak{a} mit  F(\mathfrak{a})=1 ein Hauptideal:  \mathfrak{a}=(\alpha) . Diese Zahl α löst die ursprüngliche Gleichung modulo Einheiten.

Um die Gleichung über ClK zu lösen, genügt es, die Struktur von ClK als abelsche Gruppe zu kennen. In den meisten Fällen genügt sogar die Kenntnis der Primfaktorzerlegung von hK. (z. B.  x^n = 1 \Rightarrow x=1 für (n,hK) = 1, oder: xn = 1 falls hK | n .)

Aus diesem Grund ist die Bestimmung der Idealklassenzahl eine der zentralen Aufgaben der Zahlentheorie.

Beispiel (Spezialfall von Fermats letztem Satz)

Sei p eine ungerade reguläre Primzahl. Dann hat die Gleichung x^p+y^p=z^p,\quad (xyz,p)=1 keine ganzzahligen Lösungen.

Beweisskizze: Die Gleichung lässt sich umschreiben zu \prod_{i=0}^{p-1} (x+\zeta_p^i y) = z^p . Geht man jetzt zu den Idealen von  \mathbb{Q}(\zeta_p) über, erhält man, da die Ideale auf der linken Seite teilerfremd sind, die Gleichungen x+ \zeta_p^i y = \mathfrak{a}^p. Da die Abbildung x \mapsto x^p auf der Idealklassengruppe von  \mathbb{Q}(\zeta_p) injektiv ist, erhalten wird daraus die Gleichungen x+ \zeta_p^i y = (\mathrm{Einheit}) \cdot \alpha^p, die man zum Widerspruch führen kann.

Eigenschaften

  • Klassenzahlformel: Für die Klassenzahl hK gilt:
 \lim_{s\to 1} (s-1)\zeta_K(s)=\frac{2^{r_1}\cdot(2\pi)^{r_2}\cdot h_K\cdot \operatorname{Reg}_K}{w_K \cdot \sqrt{\mid D_K \mid}}
Dabei ist wK die Anzahl der Einheitswurzeln in K, DK die Diskriminante der Erweiterung K/\mathbb{Q} und \operatorname{Reg}_K der Regulator von K.
Die Klassenzahlformel eignet sich zur praktischen Berechnung der Klassenzahl.
  • Sei K | k eine \mathbb{Z}_p-Erweiterung, d.h. k=k_0 \subset k_1 \subset \cdots \subset K und G(k_n|k)\cong \mathbb{Z}/p^n\mathbb{Z}. Sei  p^{e_n} der p-Anteil der Klassenzahl h_{k_n}. Dann gibt es von n unabhängige natürliche Zahlen λ, μ, ν, so dass en = λn + μpn + ν für hinreichend großes n. (Siehe: Iwasawa-Theorie)
  • Vermutung von Vandiver (nicht allgemein bewiesen, für p< 12\cdot 10^6 verifiziert):
Sei K^+:= \mathbb{Q}(\zeta_p)^+ = \mathbb{Q}(\zeta_p) \cap \mathbb{R}. Dann ist p kein Teiler von h_{K^+}.
  • Für K=\mathbb{Q}(\zeta_p) gilt: p|h_K \Leftrightarrow p|B_j für ein j\in \{2,4,\ldots,p-3\}
  • Sei n > 0. Dann gilt:  p|h_{\mathbb{Q}(\zeta_p)} \Leftrightarrow p|h_{\mathbb{Q}(\zeta_{p^n})}

Literatur


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