Klauselverfahren

Klauselverfahren

Das Klauselverfahren dient im deutschen Zivilprozessrecht der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung. Rechtsgrundlage sind die §§ 723 ff. ZPO. Danach ist dem Gläubiger auf dessen (formlosen) Antrag beim Prozessgericht hin eine vollstreckbare Ausfertigung (Klausel) des Titels zu erteilen. Diese ist neben Titel, Antrag und Zustellung der Klausel an den Schuldner regelmäßig Grundvoraussetzung der Zwangsvollstreckung.

Hintergrund der Klauselerteilung ist vor allem die Formalisierung der Zwangsvollstreckung: das Vollstreckungsorgan soll sich allein auf den titulierten Anspruch verlassen können und keine in der Regel umfangreichen und juristisch schwierigen Prüfungen durchführen müssen. Es prüft nur die formellen Voraussetzungen und deren Zulässigkeit, nicht aber die (materielle) Rechtmäßigkeit des Titels. Diese wird durch das "Etikett" Vollstreckungsklausel bestätigt. Die Klausel wird daher auch als "Brücke" zwischen dem Erkenntnis- und dem Vollstreckungsverfahren angesehen.

Zur Vermeidung von Mehrfachvollstreckungen wird regelmäßig nur eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt, § 733 ZPO. Sollte diese verlustig gehen, kann dem Gläubiger, so er den Verlust glaubhaft macht, eine weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden. Die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung ist auch möglich, wenn mehrere Vollstreckungsmaßnahmen zeitnah an verschiedenen Orten, insbesondere aber gegen mehrere im Titel genannte Schuldner, geboten sind. Um keine weitere vollstreckbare Ausfertigung handelt es sich, wenn gegen Rückgabe der alten vollstreckbaren Ausfertigung (z.B. wegen Beschädigung/Alterung des Papiers/Unleserlichkeit) eine neue ausgestellt wird.

Die Klausel lautet gem. § 725 ZPO im Regelfall:

"Vorstehende Ausfertigung wird dem (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt." Amtsgericht (oder Landgericht) (Gerichtsort), Datum Unterschrift des Urkundsbeamten, Siegel

Zu unterscheiden ist zwischen der einfachen Klausel und den qualifizierten Klauseln (titelergänzende und titelübertragende Klausel). Voraussetzungen für die Erteilung einer einfachen Klausel sind:

  • Vollstreckungsfähiger Titel
  • Antrag des Vollstreckungsgläubigers
  • Nichtvorliegen der besonderen Voraussetzungen des § 726 ZPO
  • Parteiidentität

Sofern die besonderen Voraussetzungen des § 726 ZPO vorliegen, stellt der Rechtspfleger grds. eine titelergänzende Klausel aus. Sofern Parteiidentität nicht gegeben ist, stellt der Rechtspfleger grds. eine titelübertragende Klausel (= titelumschreibende Klausel) aus.

Im Regelfall (einfache Klausel) ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle für die Erteilung der Klausel zuständig. Kommt im Einzelfall eine titelergänzende Klausel, § 726 ZPO, oder eine titelübertragende Klausel, § 727 ZPO, in Betracht, so ist gem. § 20 Nr. 12 RPflG der Rechtspfleger für die Entscheidung über die Erteilung der Klausel zuständig. Dies gilt auch für weitere vollstreckbare Ausfertigungen.

Für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu einem Widerrufsvergleich ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig. Dies ergibt sich aus § 795 b ZPO. Diese Vorschrift wurde am 22. Dezember 2006 in die Zivilprozessordnung eingeführt, nachdem von Inkrafttreten dieses Gesetzbuchs im Jahre 1879 bis zum Jahr 2002, also weit mehr als 100 Jahre, diese Zuständigkeit ohne jede gesetzliche Regelung niemals umstritten war.

Erst das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat Ende 2003 entschieden, dass der Rechtspfleger diese Vollstreckungsklausel zu erteilen habe (BAG NJW 2004, 701).

Das zivilprozessuale Schrifttum ist daraufhin dieser Entscheidung und ihren Gründen entgegengetreten. In einem nicht näher begründeten Beschluss hat sich der BGH im Anschluss daran dem BAG angeschlossen (BGH NJW 2006, 776).

Die neu eingeführte Vorschrift des § 795 b ZPO stellt damit den weit über einhundert Jahre geltenden Rechtszustand wieder her, wonach der U.d.G. für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu einem Widerrufsvergleich zuständig ist.

Bemerkenswert ist, dass hier durch eine klarstellende gesetzliche Vorschrift der Zivilprozessordnung die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG und des BGH eingeschränkt wird.

Die juristischen Argumente, die gegen die Entscheidung des BAG sprechen, sind von Prof. Dr. Sauer, Köln, und Prof. Dr. Meiendresch, Aachen, veröffentlicht worden (NJW 2004, 2870). Mit diesen beiden Verfassern hatte sich das BAG aufgrund einer zeitlich vorhergehenden Veröffentlichung unter namentlicher Nennung im Einzelnen auseinandergesetzt.

Damit hat eine mehrjährige, die Rechtspraxis erheblich verunsichernde Rechtslage 2006 durch eine Entscheidung des Gesetzgebers ihr Ende gefunden.

Gegen die Erteilung der Klausel kann der Schuldner den Rechtsbehelf der Klauselerinnerung einlegen, § 732 ZPO, über den das erkennende Gericht 1. Instanz entscheidet. Der Schuldner kann gegen die Erteilung der Klausel auch mit der Klauselgegenklage gemäß § 768 ZPO vorgehen. Sofern dem Gläubiger der erforderliche Nachweis der zu beweisenden Tatsachen im Fall der qualifizierten Klauseln nicht möglich ist, kann er die Erteilung im Wege der Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) gerichtlich geltend machen. In diesem Fall ist er in der Beweisführung nicht auf öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden beschränkt.

Die Kosten des Klauselverfahrens werden gem. § 788 ZPO zu den Kosten der Zwangsvollstreckung gerechnet, um die ansonsten erforderliche Titulierung zu vermeiden.

Literatur

  • Brox, Hans / Walker, Wolf-D.: Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Auflage, Carl Heymanns Verlag, Köln Berlin Bonn München 2003, ISBN 3-452-25292-2
  • Leckl, Piet: Zivilprozessrecht 2 - Zwangsvollstreckung, Richter-Verlag, Dänischenhagen 2002, ISBN 3-935150-30-X
  • Lüke, Wolfgang: Zivilprozessrecht, 8. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49534-6
  • Sauer, Meiendresch NJW2004, 2870
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