Kleister

Kleister
Tapetenkleister

Kleister sind Klebstoffe in Form eines wässrigen Quellungsproduktes aus Stärke oder organischen Celluloseethern. Meist handelt es sich um Methylzellulose. Sie bestehen zu 2–20 % aus nachwachsenden Rohstoffen und zu 80–98 % aus Wasser. Kleister binden durch Verdunstung des Wassers physikalisch ab; sie sind kalt härtend (s. Kaltleim) und einfach in der Verarbeitung.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften/Arten

Vliestapetenkleister wird direkt auf die Wand aufgetragen. Um sicherzustellen, dass der gewünschte Wandbereich mit Tapetenkleister benetzt ist, gibt es spezielle, zunächst farbige, Vliestapetenkleister. Diese Verfärbung dient der Auftragskontrolle und verschwindet nach kurzer Zeit unter Einwirkung der Raumluft.

Kleister bilden schon in geringsten Konzentrationen eine hochviskose, nicht fadenziehende Masse. Aufgrund der vielfältigen Tapetentypen bietet die Industrie verschiedene Arten von Tapetenkleister mit teils sehr unterschiedlichen Eigenschaften an. Entscheidend für die Auswahl des Kleisters sind die Verarbeitungshinweise der Tapetenhersteller, die im Einleger der Tapetenrolle vermerkt sind.

Im Handel werden Kleister hauptsächlich in Pulverform als Normal- oder Spezialkleister angeboten:

Normalkleister
Viele Papiertapeten können mit Normalkleistern auf Stärkebasis oder auf Basis modifizierter Celluloseether verklebt werden. Sie sind auch in kaltem Wasser klumpenfrei löslich und besitzen ein hohes Wasserbinde- und Wasserrückhaltevermögen. Normalkleister bestehen also zum größten Teil aus nachwachsenden Rohstoffen, sie können aber auch Zusätze enthalten, die die Zubereitung des Kleisters beschleunigen oder vor Pilzbefall schützen.
Reine Methylzellulose ohne Zusätze wird deutlich seltener als Fertigkleister angeboten. Sie sollte am Vortag angesetzt werden, dafür ist sie lagerstabiler und ergiebiger. Um Kleister aus reiner Stärke herzustellen, muss zuerst die Stärke mit kaltem Wasser angerührt und dann – je nach Stärkesorte – mit kochendem Wasser überbrüht oder durchgekocht werden.
Zum Basteln und Modellieren wie z. B. bei der Herstellung von Pappmaché, sind pH-neutrale Kleister auf Basis reiner Methylcellulose geeignet.
Spezialkleister
Für schwerere Tapeten (Vinyl-, Präge- oder Rauhfasertapeten) werden dem Kleister zusätzlich Kunstharze und gegebenenfalls weitere chemische Bestandteile wie Weichmacher oder Biozide hinzugefügt, da die Klebekraft der reinen Celluloseether nicht ausreicht.
Vliestapetenkleister
Tapetenkleister für Vliestapeten weist eine besondere Konsistenz auf, er ist spritzarm eingestellt, so dass er als Direkt-Kleister für den direkten Auftrag auf die Wand mit einer Kurzhaarrolle geeignet ist. Da die Weichzeit entfällt, werden die Vliestapeten trocken in das Kleisterbett eingelegt. Damit die Tapete beim Anbringen auf die Wand sicher hält, muss der Vliestapetenkleister eine hohe Anfangshaftung haben.
Tapeziergerätekleister
Für die gängigsten Papiertapeten sowie Rauhfaser konzipierter Kleister, der durch seine sämige Konsistenz speziell für die Verwendung in Kleistermaschinen angepasst wurde. Speziell angepasste Tapeziergerätekleister ermöglichen heute auch die Verklebung von Vliestapeten bzw. sogenanntem Saniervlies.

Qualitätsunterschiede

Seit 1953 bestehen hochwertige Tapetenkleister aus den auf natürlichen Stoffen basierenden Substanzen Methylzellulose und Stärke. Beide sind ungiftig und werden zusätzlich oft mit Harzen und anderen Stoffen vermischt, die die Anwendung erleichtern, den Tapetenkleister stärker oder haltbarer machen. Tapetenkleister, die einen sehr geringen bzw. keinen Methylzelluloseanteil sondern Stärke als Hauptbestandteil haben, können günstiger produziert werden. Dadurch reduziert sich Klebkraft und die Gesamthaftung. Weil auch der Kunstharzanteil oft gering ist, reduziert sich bei qualitativ minderwertigen Tapetenkleistern meist die Anfangshaftung und die Feuchtfestigkeit beim anschließenden Anstrich.

Anwendungsgebiete

  • Kleister wird zum Ankleben von Tapeten genutzt, es lassen sich allerdings nur wasserdampfdurchlässige Tapeten damit kleben. Wasserdampfundurchlässige Tapeten wie Metallfolien- oder Vinyltapeten auf wenig bis nicht saugenden Untergründen lassen den Wasserdampf nicht entweichen und der Kleister kann nicht trocknen und somit seine Klebkraft nicht entfalten.
  • In der Buchbinderei verwendet man auch Kleister als Klebstoff.
  • Auch zur Herstellung von Pappmaché wird Kleister als Bindemittel verwendet.
  • In der Straßenkunst (Streetart) wird Kleister zum Befestigen vorgefertigter und ausgeschnittener Werke (sog. Cutouts) an Wänden benutzt.
  • Aus Meyers Konversations-Lexikon:

„Kleister (Buchbinderkleister), Klebmittel für Buchbinderarbeiten, wird aus Weizenstärke erhalten, indem man dieselbe mit etwas kaltem Wasser zu einem Brei anrührt und diesen unter starkem Umrühren in dünnem Strahl in heißes Wasser gießt, bis dasselbe die gehörige Konsistenz angenommen hat. Kochen darf man den Kleister nicht, weil er dann nach dem Trocknen leicht abspringt. Der reine Kleister wird kalt verarbeitet oder, wenn man ihn, um seine Klebkraft zu erhöhen, mit etwas Leimwasser vermischt, lauwarm. Für gröbere Arbeiten bereitet man Kleister aus Roggenmehl, und wenn man den noch heißen Kleister mit dem halben Gewicht der angewandten Stärke oder des Mehls Terpentin gut mischt, so haftet der Kleister besser, widersteht der Nässe und eignet sich besonders zum Aufkleben von neuen Tapeten auf alte. Um den Kleister haltbarer zu machen, löst man in dem Wasser, mit welchem man die Stärke brüht, den 16. Teil vom Gewicht der letztern Alaun auf oder vermischt den fertigen, kalten Kleister mit etwas Kreosot oder Benzin. Um Insekten von den mit Kleister gearbeiteten Sachen abzuhalten, kocht man das Wasser mit etwas Aloe, Wermut oder Koloquinten.“

Anwendung

Ansetzen

Tapetenkleister ist hauptsächlich als Pulver erhältlich. Zur Anwendung wird dieses in ein Gefäß mit sauberem, klarem Wasser (kein Mineralwasser) eingerührt, auch "ansetzen" genannt. Als Anmachgefäß eignet sich jeder saubere und nicht rostende Behälter. Am ehesten geeignet sind zylindrische Behälter, da in diesem besser gerührt werden kann. In welchem Verhältnis Pulver und Wasser gemischt werden müssen, lässt sich den Verarbeitungshinweisen auf der Packung entnehmen. Wichtig ist es den Tapetenkleister sehr zügig ins Wasser zu schütten, da er ansonsten klumpen kann. Anschließend muss der Tapetenkleister – je nach Kleistertyp – einige Zeit quellen.

Weichzeit

Die Weichzeit bezeichnet den Zeitraum, den der Tapetenkleister vor dem Tapezieren auf der Tapete verbleiben muss, um diese einzuweichen. Die Weichzeit unterscheidet sich je nach Stärke und Qualität des Tapetenpapiers, Hinweise dazu sind im Einleger der Tapetenrolle vermerkt. Die Weichzeit muss bei allen Bahnen etwa gleich lang sein, da unterschiedliche Weichzeiten Musterverschiebungen verursachen können. Durch das Einweichen dehnt sich die Tapete deutlich in der Breite aus, sie verändert ihre Dimension. Ist der Tapetenkleister nach dem Anbringen der Tapete an der Wand getrocknet, ist eine feste Verbindung zwischen Wand und Tapete hergestellt. Da sich die Tapete während der Trocknung versucht wieder zusammenzuziehen, kommt es zur so genannten Trocknungsspannung, durch die die Tapete den gewünschten straffen und blasenfreien Sitz an der Wand erhält.

Aufbewahrung

Fertig angerührte Kleister lassen sich, je nach Umgebungsbedingung, in der Regel bis zu 14 Tage aufbewahren, wenn sie abgedeckt sind. Ausnahme sind Normalkleister. Enthalten sie keine Konservierungsmittel, sollten sie am selben Tag verarbeitet werden.

Kleisterflecken

Eingetrocknete Kleister sind von empfindlichen Oberflächen nur sehr mühsam, manchmal auch gar nicht mehr zu entfernen und hinterlassen einen auffälligen Glanzeffekt im Gegenlicht. Sollte Tapetenkleister während des Tapezierens auf die Vorderseite der Tapete gelangen, kann er aber mit einem feuchten Lappen und klarem Wasser wieder abgetupft werden.

Tapeten ablösen

Alte Tapeten lassen sich mit so genanntem Tapetenablöser von der Wand entfernen. Qualitätsvliestapeten, die mit hochwertigem Vliestapetenkleister verklebt wurden, können auch nach Jahren trocken von der Wand abgezogen werden.

Geschichte

Jahrhundertelang wurde im Maler- und Tapezierhandwerk sogenannter Knochenleim zum Tapezieren verwendet. 1888 entwickelte der Malermeister und Dekorateur Ferdinand Sichel den ersten gebrauchsfertigen Tapetenkleister auf Basis von Pflanzenstärke und machte den Knochenleim somit überflüssig. Denn der „Sichel-Tapetenkleister SM“ musste vor der Verarbeitung nur mit heißem Wasser verdünnt und verrührt werden. Anfang der 1920er-Jahre übernahm Sichel die Herstellung der von Dr. Friedrich Supf entwickelten kaltwasserlöslichen Stärkekleister in Trockenform, die auch als Quellstärke bezeichnet werden. 1953 brachte Henkel unter der Marke Metylan einen neuartigen Tapetenkleister auf den Markt, der aus reiner Methylzellulose bestand. Das weiße Zellulosepulver wird sofort vom Wasser aufgenommen, klumpt nicht und bildet in wenigen Minuten eine homogene Lösung mit kräftiger Konsistenz. Aufgrund der leichten Verarbeitungsmöglichkeit, der hohen Klebkraft sowie der Kalk- und Zementbeständigkeit löste der neue Tapetenkleister alle bisherigen Kleistermethoden ab. Seit 2002 gibt es einige Tapetenkleister auch in der staubarmen Granulatform. 2010 entwickelte Henkel den ersten Tapetenkleister, der als flüssiges Konzentrat in Wasser eingerührt wird. Damit konnte ein klumpenfreies Anrühren und schnelle Gebrauchsfertigkeit erreicht werden.

Nachhaltigkeit

Aus ökologischer, arbeitshygienischer und gesundheitlicher Sicht gibt es keine besseren Klebstoffe als Kleister. Die Anwendung ist jedoch auf die aufgeführten Bereiche zu beschränken.[1]

Belege

  1. WECOBIS Ökologisches Baustoffinformationssystem

Siehe auch

Literatur

  • Hannoversches biografisches Lexikon
  • Spezialwissen: Perfekte Produktlösungen im Bereich Kleb- und Dichtstoffe. Verlag Siegfried Rohn. 2009
  • Menschen und Marken. 125 Jahre Henkel 1876-2001

Weblinks


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