Kleitarchos (Historiker)

Kleitarchos (Historiker)

Kleitarchos aus Kolophon war ein antiker griechischer Geschichtsschreiber, der Ende des 4./Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. lebte.

Leben und Werk

Über das Leben des Kleitarchos ist außer der Tatsache, dass er der Sohn des Geschichtsschreibers Dinon von Kolophon war, nur sehr wenig bekannt. Kleitarchos verfasste irgendwann zwischen 323 und etwa 283 v. Chr. (vermutlich um 310 v. Chr.) eine Geschichte über die Taten Alexanders des Großen in wenigstens 12 Büchern. Es ist unbekannt, ob Kleitarchos den Makedonenkönig noch kennengelernt hat oder ob er am Alexanderzug teilgenommen hat; wenigstens letzteres ist aber sehr unwahrscheinlich. Obwohl das Werk des Kleitarchos nur fragmentarisch erhalten ist (Die Fragmente der griechischen Historiker Nr. 137), entfaltete es eine erstaunliche Wirkungsgeschichte hinsichtlich einiger späterer Alexanderhistoriker.

Das Geschichtswerk ist die Quelle der sogenannten Vulgatatradition. Dies bedeutet, dass Kleitarchos den populär-romanhaften und dramatischen Episoden (siehe auch Alexanderroman) den Vorzug gab vor einer – wenigstens ansatzweisen – kritischen Durchsicht der von ihm benutzten Quellen. Gerade die romanhafte Ausschmückung und die dramatisierende effektvolle Darstellung, die gezielt den Leser erstaunen sollte, sorgte aber wohl für den Erfolg des Werks, für die „Gegenrichtung“ steht hingegen die Anabasis Arrians. Kleitarchos schilderte denn auch nicht nur die rein militärischen Geschehnisse, sondern flocht ebenso ethnographische und geographische Darstellungen ein. In seiner Schilderung gab er aber nicht selten der Wirkung den Vorzug vor der historischen Realität.

Kleitarchos benutzte unter anderem die Geschichte des Kallisthenes von Olynth sowie Berichte von Teilnehmern des Alexanderzugs, darunter auch einfachen Soldaten. Das Geschichtswerk des Kleitarchos wurde von vielen späteren Historikern benutzt. So basiert das 17. Buch von Diodors Weltgeschichte weitgehend auf Kleitarchos, der auch die Hauptquelle für Pompeius Trogus und Quintus Curtius Rufus darstellt, möglicherweise vermittelt über eine Zwischenquelle.

Kleitarchos hat zwar wohl viel Unglaubhaftes niedergeschrieben, aber auch manch interessante Episode bewahrt, wobei Alexander nicht immer positiv bewertet wird; vielmehr schrieb er Alexander auch tyrannenhafte Züge zu. Es ist jedoch wenigstens zweifelhaft, dass Kleitarchos ausschließlich eine negative Charakterisierung Alexanders beabsichtigte, denn er spricht diesem durchaus mehrere Herrschertugenden wie Milde, Tapferkeit und Großzügigkeit zu. Das Werk des Kleitarchos stellte wohl die am meisten gelesene antike Alexandergeschichte dar. Es war noch in späterer Zeit sehr beliebt, was etwa Plinius der Ältere in seiner Naturalis historia festhielt (Plinius 10, 70, 136),

Literatur

  • Felix Jacoby: Kleitarchos 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XI,1, Stuttgart 1921, Sp. 622–654. (grundlegend)
  • Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 212ff.
  • Luisa Prandi: Fortuna è realtà dell’ opera di Clitarco. Stuttgart 1996.
  • Gerhard Wirth: Kleitarch. In: H. H. Schmitt, E. Vogt (Hrsg.): Kleines Lexikon des Hellenismus. 2. Auflage, Wiesbaden 1993, S. 224f.

Weblinks


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