Kloster Kamieniec

Kloster Kamieniec
Zisterzienserabtei Kamenz
Lage: Polen
Woiwodschaft Niederschlesien
Ordnungsnummer
(nach Janauschek):
630
Patrozinium:
Gründungsjahr: 1247
Jahr der Auflösung/
Aufhebung:
1810
Mutterkloster: Kloster Leubus
Tochterklöster: keine

Das Kloster Kamenz (lateinisch Camencium; polnisch Kamieniec; tschechisch Klášter Kamenec) ist eine ehemalige Zisterziensermönchsabtei in Kamieniec Ząbkowicki in der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Sie entstand 1247 anstelle einer Augustiner-Chorherren-Propstei aus dem Jahre 1210.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zur Sicherung der böhmischen Landesgrenze errichtete Herzog Břetislav II. 1096 die Burg Kamenz, die Anfang des 13. Jahrhunderts im Besitz der schlesischen Adelsfamilie Pogarell war. Sie gründete 1210 unterhalb der Burg als Familienstiftung eine Augustiner-Chorherren-Propstei. Die Gründung wurde vom Breslauer Bischof Lorenz, der möglicherweise selbst ein Pogarell war, genehmigt. Die Leitung der Propstei übernahm der Augustiner-Chorherr Vinzenz von Pogarell, der bis dahin dem Breslauer Sandstift angehörte. Wegen Verfall der geistlichen Disziplin und Misswirtschaft wurden die Augustiner 1246 gegen ihren Widerstand aus dem Kloster entfernt und 1247 durch Zisterzienser aus dem Kloster Leubus ersetzt, das eine Filiation der Primarabtei Morimond war.

Kloster Kamenz

Aufgrund eines Siedelprivilegs, das die Pogarell schon 1230 vom Herzog Heinrich I. erhalten hatten, entfalteten die Zisterzienser eine rege Wirtschafts- und Siedlungstätigkeit, die zu einer Erweiterung des Klosterbesitzes führte. Weiteren Besitz erlangten sie 1325, als der Ritter Hanß von Wustehube dem Kloster zahlreiche Dörfer seiner mährischen Herrschaft Goldenstein überließ. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbauten die Zisterzienser die Kirche und die Klostergebäude neu, die sie mit Mauern und Türmen umgaben. 1334 verlieh der Münsterberger Herzog Bolko II. dem Kloster die oberen Herrschaftsrechte, zu denen u. a. die weltliche Gerichtsbarkeit über das Stiftsland gehörte.

Zwischen 1425 und 1428 wurde das Kloster mehrfach von den Hussiten überfallen und verwüstet, so dass die Ordensleute fliehen mussten. Nach den Hussitenkriegen kam es zu Bedrückungen durch den einheimischen Adel und den böhmischen Landesherrn. Auch durch die Reformation im 16. Jahrhundert und die Auswirkungen des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Entwicklung des Klosters gehemmt. Hinzu kam 1633 noch die Pest, so dass der Konvent erneut fliehen musste. Bei Abschluss des Westfälischen Friedens 1648 war das Stiftsland verwüstet und wirtschaftlich ausgeblutet. Nur ein Drittel der Bevölkerung von Kamenz überlebte die Kriegswirren.

Eine geistliche Erneuerung und ein wirtschaftlicher Aufschwung setzten erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter den Äbten Kaspar Kales, Augustin Neudeck (1681–1702) und Gerhard Woywoda (1702–1732) ein. Die Klostergebäude wurden 1682–1685 neu errichtet und die gotische Abteikirche um 1700 barockisiert und reich ausgestattet. Zudem entstand ein Brauhaus, eine Backstube, das Pfortengebäude mit der steinernen Brücke über den Mühlgraben, ein weiteres Vorwerk und der Dorfkretscham. In den zum Stiftsland gehörenden Ortschaften Wartha, Maifritzdorf, Follmersdorf und Gierichswalde wurden neue Kirchen errichtet.

1741 kam es während des Ersten Schlesischen Krieges zum Gefecht bei Baumgarten, in dessen Folge der Preußenkönig Friedrich der Große in das Kloster Kamenz flüchtete und durch den Abt vor der Gefangennahme durch die Österreicher gerettet wurde. Im Bayerischen Erbfolgekrieg drang 1778 eine österreichische Patrouille nach Kamenz vor und entführte den amtierenden Abt.

Am 30. Oktober 1810 erließ König Friedrich Wilhelm III. das Säkularisationsedikt und schon am 22. November d. J. erfolgte die Aufhebung des Stiftes, das zu dieser Zeit 31 Ortschaften besaß. Die 38 Konventualen verließen unter Führung des Abtes Placidus Hoffmann das Kloster. Kunstschätze, Archiv und Bibliothek wurden teilweise in die staatlichen Sammlungen in Breslau verbracht, von den in Kamenz verbliebenen Schätzen wurde ein Teil verschleudert. Die Abteikirche diente nachfolgend als katholische Pfarrkirche von Kamenz.

Die Klostergebäude und die Stiftsherrschaft kamen 1812 an Prinzessin Friederike Louise Wilhelmine, eine Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. und spätere Königin der Niederlande. 1817 brannten Kirche und Klostergebäude ab. Während die Kirche wiederhergestellt werden konnte, wurden die Klostergebäude bis auf den Prälatenflügel abgerissen.

Bauten und Anlage

Fassade der Klosterkirche
  • Die Klosterkirche „Mariä Himmelfahrt“ entstand als spätgotischer Ziegelbau in drei Etappen: der Chor 1315, das Querschiff um 1330 und das Langhaus vor 1350. Es ist eine kreuzförmige dreischiffige Hallenkirche mit dreijochigem Chor, dreijochigen, einschiffigen Kreuzarmen und sechsjochigem Langhaus. Die Kreuzgratgewölbe stammen aus der Zeit um 1400. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Kirche barockisiert und reich ausgestattet:
    • Den zweigeschossigen Hauptaltar mit den Figuren der Heiligen Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas schuf der Breslauer Bildhauer Christoph Königer, die Altargemälde Mariä Himmelfahrt und Hl. Dreifaltigkeit der Maler Michael Willmann.
    • Die Gemälde des St.-Benedikt-Seitenaltars und des St.-Bernhard-Seitenaltars schuf Willmanns Stiefsohn Johann Christoph Lischka.
    • Die Wandfiguren der Vierzehn Nothelfer und der Heiligen Joachim, Anna, Josef und Johannes Nepomuk stammen vom Breslauer Schnitzer Thomas Weisfeld.
    • Die Kanzel mit der Darstellung Jakobs auf dem Schalldeckel schuf Christoph Königer, von dem auch der Altar der Geburt Christi in der St.-Josephs-Kapelle und der St.-Luitgard-Altar stammen.
    • Den Schnitzaltar der Vierzehn Nothelfer schuf der Grüssauer Bildhauer Georg Schrötter.
  • Die Klostergebäude aus dem 14. Jahrhundert wurden 1682–1685 unter teilweiser Verwendung des mittelalterlichen Mauerwerks im Stil des Frühbarocks von Matthias Kirchberger und Simon Wiedemann neu erbaut. Nach dem Brand von 1817 wurden sie abgerissen. Erhalten ist der Prälatenflügel, in dem sich seit den 1990er Jahren eine Außenstelle des Staatlichen Archivs Breslau (Archiwum Państwowe Wrocław) befindet.

Literatur

  • Hugo Weczerka: Handbuch der historischen Stätten Schlesien. Stuttgart 1977, ISBN 3-520-31601-3, S. 213–215
  • Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen Schlesien. München·Berlin 2005, ISBN 3-422-03109-X, S.
  • Ambrosius Schneider: Lexikale Übersicht der Männerklöster der Cistercienser im deutschen Sprach- und Kulturraum. In: Schneider/Wienand/Bickel/Coester (Hrsg.): Die Cistercienser, Geschichte – Geist – Kunst. Wienand Verlag Köln 1986, S. 666, ISBN 3-87909-132-3.
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, 2. Bd. Nordostdeutschland, 2. Aufl., bearb. v. J. Kohte, 1922, S. 217–218, ohne ISBN.
  • Petzak: Beiträge zur Baugeschichte der Zisterzienserklöster Heinrichau und Kamenz. In: Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Schlesiens, 52, 1918, S. 165–170;
  • Kalinowski: Barock in Schlesien, 1990, S. 117.
  • Żmudzki: Das Kloster Leubus und seine Filiationen. In: Knefelkamp/Reddig (Hrsg.): Klöster und Landschaften, Zisterzienser westlich und östlich der Oder. 2. Aufl. 1999, S. 159, 163f.

Weblinks

50.51916666666716.8813888888897Koordinaten: 50° 31′ 9″ N, 16° 52′ 53″ O


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