Kolberg (Film)

Kolberg (Film)
Filmdaten
Originaltitel Kolberg
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch, Französisch
Erscheinungsjahr 1945
Länge 111 Minuten
Altersfreigabe FSK 16 (Neufassung)
Stab
Regie Veit Harlan
Drehbuch Veit Harlan
Alfred Braun
Thea von Harbou
Produktion Wilhelm Sperber
Musik Norbert Schultze
Kamera Bruno Mondi
Schnitt Wolfgang Schleif
Besetzung

Der Film Kolberg des Regisseurs Veit Harlan wurde am 30. Januar 1945, dem 12. Jahrestag der nationalsozialistischen „Machtübernahme“, gleichzeitig in Berlin und in der umkämpften Atlantikfestung La Rochelle uraufgeführt.

Der Agfacolor-Film der UFA basiert auf dem Schauspiel Kolberg Paul Heyses und der Autobiografie Joachim Nettelbecks. Er sollte als Propagandafilm in der letzten Phase des Zweiten Weltkrieges den Durchhaltewillen der Deutschen stärken.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Im Herbst 1806 belagern Napoleons Truppen nach einem erfolgreichen Feldzug in Deutschland die Festung Kolberg. Die Franzosen haben Berlin besetzt und der Ortskommandant Loucadou will kapitulieren.

Doch der couragierte Bürgerrepräsentant Nettelbeck gibt nicht auf und organisiert Bürgerwehren, damit die gesamte Bevölkerung sich am Kampf beteiligen kann. Der aufopferungsvolle Bauer Werner brennt aus strategischen Gründen den eigenen Hof nieder. Werners Tochter Maria verliebt sich in den heldenhaften Major Schill, muss aber schließlich auf ihn verzichten, da er neue Aufgaben vor sich hat.

Der junge Major Gneisenau wird neuer Stadtkommandant und feuert die Bevölkerung zum heldenhaften Kampf an. Daher beschießt die französische Armee die Festung mit Artillerie. Doch die Bevölkerung gibt nicht auf, und so geht diese schließlich als Sieger aus dem Kampf hervor, als die französischen Generäle untereinander in Streit geraten.

Um die Belagerung Kolbergs als historisches Beispiel für einen erfolgreichen Endkampf zu deuten, wurde eine Rahmenhandlung (zu Beginn und am Ende des Films) in das Jahr 1813 gelegt. Darin überzeugt Gneisenau den preußischen König Friedrich Wilhelm III. durch die Schilderung der Rettung Kolbergs davon, mit dem Aufruf An Mein Volk den Kampf gegen Napoleon im Sinne der Einheit von Volk und Armee zu beginnen.

Produktion

Reichspropagandaminister Goebbels ordnete bereits in einem Schreiben an Harlan vom 1. Juni 1943 den Film an und führte dabei die gewünschte propagandistische Funktion des Films aus:

„Hiermit beauftrage ich Sie, einen Großfilm ‹Kolberg› herzustellen. Aufgabe dieses Films soll es sein, am Beispiel der Stadt, die dem Film den Titel gibt, zu zeigen, daß ein in Heimat und Front geeintes Volk jeden Gegner überwindet. Ich ermächtige Sie, alle Dienststellen von Wehrmacht, Staat und Partei, soweit erforderlich, um ihre Hilfe und Unterstützung zu bitten und sich dabei darauf zu berufen, daß der hiermit von mir angeordnete Film im Dienste unserer geistigen Kriegführung steht.“[1]

Der Farbfilm wurde mit 8,8 Millionen Reichsmark Produktionskosten der teuerste Film in der Zeit des Nationalsozialismus. Es wirkten tausende Wehrmachtssoldaten als Statisten sowie mehr als tausend Pferde mit, was angesichts der schwierigen Kriegslage einen gewaltigen Aufwand bedeutete.[2][3] Um das Drehen von Schneeszenen im Sommer zu ermöglichen, wurden einmal 100 Eisenbahnwaggons mit Salz an den Drehort in Pommern gebracht.

Goebbels hat den Film nach Fertigstellung erheblich gekürzt, weil er in Anbetracht der verheerenden Bombenangriffe auf deutsche Städte die aufwändigen Szenen, in denen Kolberger Bürger von der übermächtigen Artillerie Napoleons dahingemetzelt werden, dem deutschen Zuschauer nicht zumuten wollte. Dem Schnitt fiel auch die Todesszene des Prinzen Louis Ferdinand zum Opfer, was im gedruckten Programmheft[4] in der Eile der Fertigstellung nicht mehr berücksichtigt werden konnte, denn dort werden sein Name und der des Darstellers Jaspar von Oertzen noch genannt.

Rezeption

Zeitgenössisch

Die Premiere, fand am 30. Januar 1945 zugleich in dem von den Alliierten eingeschlossenen U-Boothafen La Rochelle und im Tauentzienpalast in Berlin statt. Später kam der Film in den eingeschlossenen Städten Königsberg, Breslau, Danzig und anderen Großstädten in die Kinos. Er wurde ebenfalls in den Jugendfilmstunden der HJ sowie vor Rekruten der Wehrmacht und der Waffen-SS gezeigt. In Berlin lief der Film wie auch Münchhausen bis in den April hinein in zwei Großkinos mit über 2000 Plätzen, wurde aber im Unterschied zu diesem immer weniger besucht. Im März 1945 kamen am 31. Spieltag in den 1053 Plätze fassenden Berliner Tauentzien-Palast zur Vormittagsvorstellung nur 91 Besucher und am Nachmittag nur 204, während jede Vorstellung von Münchhausen ausverkauft war.[5] Der Inhalt des Films interessierte das Publikum nicht. Kolberg kam offenbar zu spät, um die erhoffte Propagandawirkung zu erzielen. Als sowjetische und polnische Truppen am 18. März 1945 Kolberg eroberten, untersagte Goebbels, dies im Wehrmachtbericht zu erwähnen.

Im Film sieht man marschierende Menschen, die in Anlehnung an das Gedicht Männer und Buben von Theodor Körner singen: „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los!“. Fast dieselben Worte benutzte Goebbels am Ende seiner Sportpalastrede: „Nun, Volk, steh' auf, und Sturm, brich los!“.

Kolberg war der letzte Film, der mit dem Prädikat „Film der Nation“, der höchsten Auszeichnung für Filme im nationalsozialistischen Deutschland, ausgezeichnet wurde.

Nachkriegszeit

Der Film wurde nach 1945 in allen vier Besatzungszonen verboten und ist bis heute ein Vorbehaltsfilm. 1965 kam der Film unter dem Titel Kolberg – Der 30. Januar 1945 neu in die Kinos. Die Neufassung war mit dokumentarischen Einschüben versehen, die dem Publikum an den entsprechenden Stellen die Parallelen zur nationalsozialistischen Propaganda deutlich machen sollten. Im Begleitmaterial wurde Veit Harlan mit unwahren Behauptungen zur Entstehung des Films (angebliche direkte Weisung Hitlers, Verschweigen der Vorlage von Paul Heyse), zur Zahl der Statisten (angeblich 187.000 Mann oder 18 Wehrmachtsdivisionen) und zum historischen Hintergrund (angebliche Besetzung Kolbergs durch die Franzosen nach dem Tilsiter Frieden) zitiert, die seither in anderen Veröffentlichungen ungeprüft weitergegeben werden. Der Film wurde nach kurzer Zeit infolge zahlreicher Proteste abgesetzt. In einer Fernsehausstrahlung des Senders ARTE wurde die Originalfassung des Films am 22. März 1998 gezeigt.

Kolberg kann nur mit Zustimmung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung gezeigt werden. Die Stiftung stellt für die Interessenten „Arbeitsmaterialien“ zur Verfügung, die sich auf das Begleitmaterial von 1965 stützen. Im Text wird die unwahre Behauptung vom „anschließenden Einzug der Franzosen“ in Kolberg nach dem Ende der Belagerung wiederholt.[6]

Literatur

  • Paul Heyse: Kolberg. Historisches Schauspiel in 5 Akten. 446.-450. Tausend. Cotta, Stuttgart 1935
  • Rolf Giesen, Manfred Hobsch: Hitlerjunge Quex, Jud Süß und Kolberg, die Propagandafilme des Dritten Reiches; Dokumente und Materialien zum NS-Film. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2005, ISBN 3-89602-471-X
  • Klaus Kreimeier: Die Ufa-Story. Geschichte eines Filmkonzerns. Hanser, München/Wien 1992, ISBN 3-446-15214-8
  • Drewniak, Boguslaw: Der deutsche Film 1938-1945, Düsseldorf 1987, S. 196
  • ATLAS-Filmhefte,Doppelheft 61 (1965)
  • Noack, Frank, Veit Harlan "Des Teufels Regisseur", München 2000
  • Günter Brittinger: Ferdinand von Schill in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Für die Freiheit - gegen Napoleon. Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation. Hg. v. Veit Veltzke. Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2009 ISBN 978-3-412-20340-5, S.305-339, bes. 309-322 (mit zahlreichen Abb.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach Erwin Leiser: „Deutschland, erwache!“ Propaganda im Film des Dritten Reiches. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1968, S. 104f.
  2. Filmhistoriker Gert Koshofer in der Dokumentation Münchhausen – Ein Mythos in Agfacolor, enthalten auf der DVD Münchhausen. Transit Classics – Deluxe Edition
  3. Auch Artikel auf www.dhm.de und [1] sprechen von 5.000 Soldaten.
  4. http://www.jenspeterkutz.de/IFK_2.jpg
  5. Drewniak (siehe Literaturliste), S. 196
  6. Beitrag von Gehard Schoenberner, S. 122 in: Friedemann Beyer (Hrsg.): Arbeitsmaterialien zum Nationalsozialistischen Propagandafilm: Kolberg, Zusammenstellung und Text Dr. Gerd Albrecht, Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden 2006 (Compactdisc)

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