Kombinationsorgel

Kombinationsorgel
Orgel
engl.: organ, ital.: organo
Orgel der Frankfurter Katharinenkirche

Orgel der Frankfurter Katharinenkirche
Klassifikation
Aerophon
Tasteninstrument
Tonumfang
Gesamter Hörbereich,
selten auch Infraschall bis zu 8,2 Hz
Verwandte Instrumente
Portativ, Positiv, Regal
Klangbeispiel
siehe unten
Musiker
Orgelbauer
Kategorie:Orgelbauer,
Liste der Orgelbauer
Forschung
Instrumentenkunde („Organologie“)
Exemplare
Kategorie:Disposition einer Orgel
Liste von Orgeln

Die Orgel (griechisch ὄργανον órganon „Werkzeug, Instrument, Organ“) ist ein über Tasten spielbares Musikinstrument. Der Klang wird durch Pfeifen erzeugt, die durch einen Orgelwind genannten Luftstrom angeblasen werden. Zur Abgrenzung gegenüber elektronischen Orgeln wird sie daher auch Pfeifenorgel genannt. Sie gehört zu den Aerophonen. Die meisten Orgeln enthalten mehrheitlich Labialpfeifen, bei denen die Luftsäule im Innern durch Anblasen eines Labiums (Schneidentöne) zum Schwingen gebracht und damit der Ton erzeugt wird. Sie werden durch Lingualpfeifen ergänzt, bei denen die Tonerzeugung durch ein schwingendes Zungenblatt erfolgt.

Von einem Spieltisch aus kann der Organist einzelne Pfeifenreihen verschiedener Tonhöhe und Klangfarben (Register) ein- oder ausschalten, sodass sich verschiedene Klangfarben erzeugen lassen. Die Pfeifen werden über eine oder mehrere Klaviaturen, Manuale und gegebenenfalls das Pedal, angesteuert, denen die Register jeweils fest zugeordnet sind. Dabei wird der Druck auf die Taste über die Traktur mechanisch, pneumatisch oder auch elektrisch zu den Ventilen unter den Pfeifen geleitet.

Orgeln sind seit der Antike bekannt und haben sich besonders im Barock und zur Zeit der Romantik zu ihrer heutigen Form entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Ausführungen und Aufbau

Schwalbennestorgel im Trierer Dom

Orgeln finden sich in unterschiedlichen Ausführungen und Größen meist in Kirchen, aber auch in Konzertsälen und Privathäusern (Hausorgel). Eine kleine, einmanualige Orgel ohne Pedal bezeichnet man als Positiv oder – bei entsprechend kompakter Bauweise – als Truhenorgel. Tragbare Kleinstorgeln bezeichnet man als Portativ. Eine Spezialform hiervon ist das nur mit Zungenpfeifen disponierte Regal.

Aufstellung und Akustik

Der Orgelbauer hat die schwierige Aufgabe, das Instrument akustisch, optisch und funktional möglichst optimal aufzustellen, was jedoch oftmals durch bauliche Gegebenheiten nur begrenzt möglich ist. Idealerweise sollte der Orgelklang in jedem Punkt des Raumes ausgeglichen und transparent sein. Der Nachhall sollte das Klangbild nicht zu sehr verschleiern.

In Kirchen verrät die Aufstellung einer Orgel oft viel über ihre liturgische Bestimmung und ihre Einsatzmöglichkeiten. Während die ältesten Instrumente oftmals in der Nähe des Chores oder als Schwalbennestorgeln erscheinen, so wird ab dem 17. Jahrhundert die Orgel an der Westwand gebräuchlich. Traditionell war die Chororgel (oder in Italien/Spanien das Evangelien/Epistel-Orgelpaar) für eine katholische Liturgie bestimmt, die sich großteils im Chorraum der Kirche abspielte. Als nach der Reformation der Gemeindegesang an Bedeutung gewann, wanderte die Orgel an die Westwand und wurde auch tendenziell größer und lauter, denn nun musste sie eine in einer gefüllten Kirche singende Gemeinde führen können. In kleinen Kirchenräumen oder solchen mit besonderen architektonischen Eigenheiten muss die Orgel oft unabhängig von ihrer liturgischen Bedeutung an die Architektur angepasst aufgestellt werden.

Die Größe der Orgelempore sagt viel über die Bestimmung der Orgel aus. So war es beispielsweise in den großen Kirchen Mitteldeutschlands im 18. Jahrhundert oft üblich, auf der Orgelempore Chor und Instrumentalensemble zu platzieren, wodurch die Hauptorgel auch als Begleitinstrument zu ihrem Recht kam.

In Konzertsälen ist die Orgel meist an der Wand über dem Orchesterpodium angebracht.

Erscheinungsbild

Große Orgeln bestimmen mit der Gestaltung ihres Gehäuses und der Front (Orgelprospekt) die Wirkung des Raumes, in dem sie aufgestellt sind. In der Renaissance, mehr noch in der Zeit des Barock, zeigte sich die Bedeutung, die dem optischen Aspekt beigemessen wurde, daran, dass nicht selten die Kosten für das Orgelgehäuse (mit Skulpturenschmuck, Ornamentschnitzwerk, Gemälden und Vergoldung) jene des eigentlichen Orgelwerkes überstiegen. Der Orgelprospekt diente oft zusammen mit der weiteren skulpturalen und malerischen Ausstattung und Ausgestaltung der Kirche einem architektonischen Gesamtkonzept.

Technische Anlage

Ein vereinfachter Funktionsquerschnitt einer kleinen einmanualigen Orgel mit mechanischer Spieltraktur und zwei Schleifladen: Manual und Pedal (gelb), Traktur (rot), Windladen (grün), Schleifen in den Windladen (orange), Pfeifen (blau), Windwerk (oliv). Nicht dargestellt sind der Balg und die Registersteuerung.
Funktionsprinzip und Bezeichnungen

Windwerk

Die zugeführte komprimierte Luft, der so genannte Wind, wurde bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch große Blasebälge (Schöpf- und Keilbälge) erzeugt, die mit den Füßen getreten wurden. Je nach Orgelgröße benötigte man bis zu zwölf Kalkanten (Balgtreter). Danach wurden zunehmend elektrische Gebläse (Winderzeuger) eingesetzt. Dazu ist aber in jedem Fall ein Magazinbalg zur Regulierung und Stabilisierung des Winddrucks nötig. Von diesem Balg aus wird der Wind durch meist hölzerne Windkanäle weiter in die Windladen geleitet. Auf einen Magazinbalg kann bei Orgeln mit Falten- oder Keilbälgen unter Umständen auch verzichtet werden (bei Nachrüstung mit elektrischem Winderzeuger), oder wenn (bei kleineren Orgeln) die Stabilisierung des Spielwindes durch Ladenbälge unter den Windladen erfolgt.

Im gegenwärtigen Orgelbau werden weiterhin elektrische Gebläse verwendet. Bei Restaurierungen vormoderner Instrumente und bei Neubauten in einem vormodernen Orgelstil finden zunehmend auch die dem jeweiligen Instrumententypus historisch entsprechenden Balganlagen Verwendung. Dabei besteht die Möglichkeit, zusätzlich ein elektrisches Gebläse einzubauen oder die Bälge über einen Elektromotor statt eines Bälgetreters zu bewegen. Für ältere Musik wird die so erzielte Lebendigkeit und Ruhe (Wirbellosigkeit) des Orgelwindes – oft als Atmen der Orgel beschrieben – geschätzt, für Musik seit dem fortgeschrittenen 19. Jahrhundert hingegen absolute Windstabilität.

Siehe auch den Hauptartikel Windwerk.

Spieltisch

Spieltisch

Eine Orgel wird vom Spieltisch aus gespielt. Größere Orgeln setzen sich aus Teilwerken zusammen, denen meist jeweils eine eigene Klaviatur zugeordnet ist. In großen Orgeln sowie iberischen Barockorgeln gibt es aber oft mehr Teilwerke als Manuale. Die nicht fest mit einem Manual ausgestatteten Teilwerke werden dann an ein Manual mittels Sperrventilen oder Koppeln angeschaltet. Im englischsprachigen Raum werden solche Teilwerke als floating divisions (kurz: floating) bezeichnet. Der Organist bedient die Manual genannten Klaviaturen mit den Händen, während das Pedal mit den Füßen gespielt wird.

Die Manuale heutiger Orgeln haben meist einen Tonumfang von C bis g3 (bei Neubauten nur noch selten bis f3), aber gelegentlich auch bis a3 oder c4. Das Pedal weist in der Regel einen Tonumfang von C bis f1, manchmal auch bis g1 oder a1 auf. Orgeln der vergangenen Jahrhunderte haben oft einen kleineren Tonumfang. So ist bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Tonumfang im Manual bis c3 oder d3, im Pedal bis c1 oder d1 die Regel. In der Basslage ist bei alten Orgeln häufig die kurze oder die gebrochene Oktave zu finden. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde oft noch auf das tiefe Cis verzichtet. Die Manuale werden in der Regel mit römischen Zahlen abgekürzt und von unten nach oben durchgezählt. Kleine Orgeln haben ein oder zwei Manuale, mittlere Orgeln zwei oder drei sowie große Orgeln drei bis fünf (vereinzelt auch sechs oder sieben) Manuale. Iberische Barockorgeln mittlerer Größe verfügen gelegentlich nur über ein Manual. Ein Pedalwerk ist in sehr kleinen Orgeln nicht immer vorhanden. Im historischen Orgelbau (z. B. Niederlande, 17. und 18. Jahrhundert) gab es auch große, mehrmanualige Instrumente ohne selbstständiges Pedal.

Windlade

Querschnitt einer gewöhnlichen Schleiflade mit Windkanal (unten), Tonkanzelle (Mitte) und Registerschleifen (oben)

Das Herz der Orgel bilden die Windladen, auf denen die Pfeifen stehen. Vom Spieltisch aus werden die Bewegungen der Tasten mechanisch, pneumatisch oder elektrisch über die Traktur an die Windlade geleitet. Dort befinden sich unter den Pfeifen Ventile, die sich entsprechend öffnen oder schließen. Wird eine Taste gedrückt, kann der Wind aus der Windlade durch das Ventil in die Pfeife strömen und diese zum Klingen bringen. Zusätzlich gibt es noch einen Absperrschieber oder ein Ventil mit der Aufgabe, den Wind für die nicht gezogenen Register zu blockieren.

Es gibt verschiedene Bauformen von Windladen. Grundsätzlich unterscheidet man – je nach Reihenfolge der Ventile für Ton und Register – zwischen Tonkanzellenladen (Schleiflade, Springlade) und Registerkanzellenladen (Kegellade, Taschenlade, Membranlade) und Kastenladen (ohne Kanzellen). Bei einer Tonkanzellenlade stehen alle zu einer Taste gehörenden Pfeifen auf einer Kanzelle, bei der Registerkanzellenlade alle, die zu einem Register gehören, und bei der Kastenlade stehen alle Pfeifen auf einer nicht in Kanzellen geteilten Windlade. Die älteste Windladenbauform mit einzeln registrierbaren Pfeifenreihen ist die Schleiflade, die wegen ihrer Robustheit und klanglichen Vorteile inzwischen auch bei modernen Orgeln wieder nahezu ausschließlich zum Einsatz kommt.

Siehe auch den Hauptartikel Windlade.

Werkstoffe

Der traditionelle Hauptwerkstoff für den Bau einer Orgel ist Holz. Aus Holz werden das Gehäuse, die Windladen, die Tasten und ein Teil der Pfeifen gefertigt. Bei mechanisch gesteuerten Instrumenten findet Holz oft auch für die Mechanik Verwendung. Für die Metallpfeifen kommen meist Zinn-Blei-Legierungen zum Einsatz (sogenanntes Orgelmetall), seit dem 19. Jahrhunderts auch Zink und im 20. Jahrhundert Kupfer (vereinzelt auch Porzellan, Plexiglas und Kunststoffe). Die weißen Tasten der Klaviatur wurden meist mit Blättchen aus Rinderknochen belegt, bei wertvollen Orgeln auch mit Elfenbein, die schwarzen sind oft aus massivem Ebenholz oder geschwärztem Birnbaum, heute oft Grenadill. Alte Orgeln haben oft schwarze Untertasten und weiß belegte Obertasten, später war es umgekehrt. Bei neuen Orgeln finden sich beide Bauweisen.

Register

Verschiedene Register einer Orgel: Mixtur, Gemshorn 2′, Gedacktflöte 4′, Gedackt 8′ (v.l.n.r.)

Eine Orgel hat mehrere Pfeifenreihen, die jeweils aus Orgelpfeifen gleicher Bauart und Klangfarbe bestehen. Eine Pfeifenreihe (manchmal auch mehrere) wird zu einem Register zusammengefasst, das vom Spieltisch aus an- und abgeschaltet werden kann. Die Bedienung der Register erfolgt meist über Registerzüge oder Manubrien genannte Knäufe, die man zum Einschalten herausziehen und zum Abschalten wieder hineinschieben muss (mechanische Traktur); daher rühren die alten Bezeichnungen „Ziehen“ und „Abstoßen“ für das Ein- und Ausschalten von Registern.

Durch planvolles Kombinieren verschiedener Register, die so genannte Registrierung, können unterschiedliche Klangfarben und Lautstärken eingestellt werden. Die Kunst des Organisten besteht darin, aus dem vorhandenen Klangbestand eine Registrierung zu finden, die der zu spielenden Musik am besten entspricht. Jede Epoche bevorzugte ein jeweils eigenes, spezielles Klangbild, das man als Organist kennen sollte. Man kann daher nicht auf jedem Instrument jedes Stück wirklich gut interpretieren. Trotz der Möglichkeit einer gewissen „Typisierung“ gibt es keine zwei gleichen Orgeln, da jedes Instrument in Größe und Ausführung an seinen Aufstellungsraum angepasst oder vom Geschmack der Zeit seiner Entstehung abhängig ist.

Die Zusammenstellung der Register einer Orgel einschließlich der Spielhilfen (Koppeln etc.), nennt man die Disposition einer Orgel. Sie wird vom Orgelbauer beim Erstellen des Instrumentes mit dem Auftraggeber abgesprochen und bestimmt die Einsatzmöglichkeiten der Orgel.

Siehe auch den Hauptartikel Register sowie die Liste von Orgelregistern.

Unterscheidung nach Tonhöhe

Obertonsynthese der Orgel: gespielte Töne (oben), erklingende Töne (unten)

Die Register können verschiedene Tonhöhen haben, wobei die Tonhöhe durch die sogenannte Fußtonzahl angegeben wird. So bezeichnet man ein Register in Normallage (d. h. die Taste c1 bringt den Ton c1 zum Klingen) als 8′-Register, da die Länge der tiefsten Pfeife, groß C, eines offenen Labialregisters ungefähr 8 Fuß beträgt (1 Fuß = ca. 30 cm). Ein um eine Oktave tieferes Register ist ein 16′-Register, 4′ bezeichnet ein um eine Oktave höheres Register. Quinten haben die Fußtonzahlen 22/3′ oder 11/3′, Terzen zum Beispiel 13/5′.

Die verschiedenen Tonlagen bilden die Obertonreihe ab. Durch Kombination eines Grundregisters (in der Regel 8′-Lage) mit einem oder mehreren Obertonregistern (etwa 22/3′ oder 13/5′) werden fehlende Obertöne hinzugefügt oder vorhandene verstärkt, wodurch sich die Klangfarbe ändert.

Unterscheidung nach Bauart

Die Register unterscheiden sich neben der Tonhöhe (Fußlage) auch durch ihre Bauart und damit durch Tonansatz, Obertonanteil (Klangfarbe) und Lautstärke.

Nach der Art der Tonerzeugung unterscheidet man zwischen Lippenpfeifen oder Labialen (Tonerzeugung wie bei der Blockflöte) und Zungenpfeifen oder Lingualen (Tonerzeugung wie bei einer Klarinette). Labialpfeifen können offen oder gedackt sein, die gedackten Pfeifen klingen bei gleicher Länge eine Oktave tiefer. Weitere Unterschiede gibt es bei Materialien, Pfeifenform und der Mensur (den Verhältnissen der verschiedenen Pfeifen-Abmessungen). Daneben gibt es die gemischten Stimmen. Dabei handelt es sich um Register, bei denen für jede Taste mehrere Pfeifen erklingen. Dazu gehören etwa die Klangkronen (oder Mixturen) und Farbregister wie die Sesquialtera.

Die physikalischen Erklärungen zum Einfluss der Bauform der Pfeifen auf die Klangfarbe sind im Artikel Orgelpfeife genauer ausgeführt.

Nebenregister

Bei den Registerzügen eingeordnet ist der Tremulant. Er verändert periodisch den Winddruck und sorgt so für ein Schwingen des Tones, meist als kombiniertes Tremolo und Vibrato. In Orgeln neuerer Zeit ist die Geschwindigkeit der Schwingung mitunter einstellbar. Der Tremulant wirkt auf alle Register des Werkes, in dem er eingebaut ist. Bei alten Orgeln gibt es manchmal einen Tremulanten für die gesamte Orgel, bei manchen Orgeln auch einen nur auf ein bestimmtes Register wirkenden (etwa Schwebeflöte, Vox humana).

Spezielle Effektregister, wie Glockenspiele oder Pauken, ergänzen bei manchen Orgeln die Disposition.

Spielhilfen

Spielhilfen an einem Spieltisch

Spielhilfen sind zusätzliche Funktionen, die dem Organisten das Spiel erleichtern, indem sie beispielsweise schnelles Umregistrieren ermöglichen.

Koppeln

Koppeln erlauben das gleichzeitige Spiel von verschiedenen Werken auf einem Manual oder das Spiel der Manualregister im Pedal. So ist es möglich, die Register verschiedener Manuale zugleich zu spielen und eine größere Lautstärke, aber auch zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten zu erreichen. Durch sogenannte Suboktav- oder Superoktavkoppeln werden die Töne mitbetätigt, die eine Oktave unter beziehungsweise über den gespielten liegen. Sogar Quintkoppeln wurden zeitweise gebaut.

Koppeln werden bezeichnet, indem zuerst das hinzugekoppelte Manual angegeben wird und dann das Manual, auf das die Koppel wirkt, z. B. „II–I“ (zweites Manual wird an das erste gekoppelt) oder „HW/Ped“ (Hauptwerk wird an das Pedal gekoppelt). Bei Oktavkoppeln kann die Versetzung in Fußzahlen angegeben werden, z. B. „III–I 4′“ (drittes Manual wird eine Oktave höher spielend an das erste gekoppelt).

Registrierhilfen

Als Registrierhilfen bezeichnet man Einrichtungen an der Orgel, die dem Organisten die Möglichkeit bieten, Registrierungen flexibel zu ändern. Vor allem Orgeln der Romantik verfügen häufig über feste Kombinationen. Damit lassen sich vom Orgelbauer festgelegte Registerkombinationen auf Knopfdruck abrufen. Feste Kombinationen sind meist nach Lautstärkegraden abgestuft, etwa p, mf, f, ff.

Zur gleichen Zeit kamen die einstellbaren freien Kombinationen auf. Größere pneumatische Orgeln bieten in der Regel zwei oder drei freie Kombinationen, moderne Orgeln haben oft elektronische Setzer, auf denen eine größere Anzahl an Registrierungen einprogrammiert werden kann. Die Registerfessel blockiert die sofortige Änderung der Registrierung, so dass der Spieler eine neue Registrierung vorbereiten kann, die dann auf Knopfdruck realisiert wird.

Für romantische Orgelmusik gibt es den Registerschweller (Generalcrescendo, Walze, Rollschweller), der die Register der Reihe nach einschaltet (nach Lautstärke geordnet), bis alle Register erklingen (Tutti). Damit ist bei großen Orgeln ein nahezu stufenloses Crescendo und Decrescendo zwischen Pianopianissimo und Fortefortissimo möglich.

Weitere Registrierhilfen sind die vor allem im französischen Orgelbau der Romantik vorkommenden Einführungstritte oder Gruppentritte, mit denen sich bestimmte Gruppen von Registern gemeinsam zu- oder abschalten lassen. Sperrventile finden sich schon in alten Orgeln um die Windzufuhr zu ganzen Werken abzustellen. Im deutschen romantischen Orgelbau finden sich Abschalter wie z. B. „Zungen ab“ oder „Crescendo ab“, um einzelne Registergruppen oder Spielhilfen abstoßen zu können.

Schwellkasten

Orgel mit geöffnetem Schwellkasten unterhalb des Hauptwerks (Schwellwerk) durch das Schließen von Jalousien oder Klappen stufenlos dämpfen. Diese Einrichtung wurde in der Zeit der Romantik vor allem in größere Orgelwerke eingebaut, um eine dem Orchesterklang angepasste Möglichkeit der Dynamik zu erhalten. Ein Vorläufer des Schwellwerkes waren die Echokästen spanischer Orgeln des 18. Jahrhunderts. Schwellkästen befinden sich meistens innerhalb der Orgel, selten sind sie wie auf dem Bild im Prospekt angebracht, dies kommt aber auch nur bei modernen Prospekten vor. Schwellen und Schwellkästen sind in der Regel aus Holz gebaut, selten werden auch andere Materialien verwendet, um eine höhere Wirkung zu erhalten, Beispiel: Rieger-Orgel der Basilika Vierzehnheiligen (Quarzsand)

Geschichte

Die Entwicklung der Orgel gliedert sich in die Gesamtanlage der Orgel (Disposition), in die künstlerische Gestaltung des Orgelgehäuses (siehe auch Prospekt), in die klangliche Gestaltung und in die technische Anlage (siehe Windlade, Traktur, Windwerk und Spieltisch).

Antike

Das erste orgelartige Instrument wurde um 246 v. Chr. von Ktesibios, einem Ingenieur in Alexandrien, konstruiert. Der Name des Instrumentes war „Hydraulis“ (von altgriechisch ὕδωρ (hydor) „Wasser“ und (aulos) „Rohr“), da mit Hilfe von Wasser ein gleichmäßiger Winddruck erzeugt wurde und Metallröhren aus Bronze die Spielpfeifen bildeten. Die Winderzeugung durch Blasebälge kam erst später auf. Die Römer übernahmen die Orgel von den Griechen als rein profanes Instrument und untermalten Darbietungen in ihren Arenen mit Orgelmusik. Von den frühen Christen wurde die Orgel noch nicht verwendet.

Bei archäologischen Ausgrabungen in der Nähe von Budapest, dem früheren römischen Aquincum, Provinz Pannonien, wurden Reste einer Orgel aus dem Jahr 228 n. Chr. gefunden. Außerdem wurden Teile einer Orgel aus spätrömischer Zeit in Avenches (damals Aventicum) entdeckt. Im makedonischen Dion ausgegrabene Fragmente scheinen sogar von einer Orgel aus dem ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zu stammen.

Mittelalter

Ein Portativ (Gemäldeausschnitt „Die Heilige Cäcilie spielt auf der Orgel“ aus der Mitteltafel des „Bartholomäusaltars“ vom Meister des Bartholomäus-Altars, 1501)

Im weströmischen Reich der Völkerwanderungszeit (um 400 n. Chr.) ist der Gebrauch von Orgeln nicht belegt. Das byzantinische Reich erhob die Orgel jedoch zu einem wichtigen Instrument für die kaiserlichen Zeremonien. Damit rückte sie auch in die Nähe der kirchlichen Feierlichkeiten. In den karolingischen Chroniken wird berichtet, dass in den Jahren 757 und 812 jeweils eine Gesandtschaft vom byzantinischen Kaiserhof an den fränkischen Hof kam und für Pippin den Jüngeren oder für dessen Sohn und Nachfolger Karl den Großen eine Orgel mitbrachte. Der Sohn Karls des Großen, Kaiser Ludwig der Fromme, ließ 826 eine Orgel für seine Pfalz in Aachen von einem aus Venedig stammenden Priester namens Georg anfertigen, vermutlich seit mehreren Jahrhunderten die erste in Westeuropa hergestellte Orgel.[1]

Im Laufe des 9. Jahrhunderts begannen die ersten (Bischofs-)Kirchen in Westeuropa, sich Orgeln anzuschaffen, Klosterkirchen wohl erst ab dem 11. Jahrhundert. Die Kirchenorgel war zunächst ein Statussymbol, erst mit der Gotik entwickelte sie sich allmählich zum Hauptinstrument der christlichen Liturgie. Die früh- und hochmittelalterlichen Orgeln waren sogenannte Blockwerke, d. h. man konnte noch nicht einzelne Register ab- und zuschalten: Wenn man einen Ton auslöste, erklangen automatisch alle Pfeifen, die diesem Ton zugeordnet waren. Es gab auch noch keine Tastaturen oder Manuale. Ein Ton wurde ausgelöst, indem man mit der ganzen Hand eine Holzlatte, die sogenannte „Schleife“, herauszog und so die Windzufuhr zu den Pfeifen für diesen Ton freigab.

Im Mittelalter entstand auch die erste Kleinorgel, das Portativ.

Renaissance

Paul (III.) Lautensack an seiner Hausorgel, einem Orgelpositiv ohne Pedal, 1579

Das 14. und 15. Jahrhundert brachte wichtige Neuerungen: Nun kamen einzeln wählbare Register, Manual-Tastaturen und einzelne (Teil-)Werke auf. Durch den damals gebräuchlichen Ausdruck „die Orgel schlagen“ festigte sich später die Annahme, diese Instrumente seien schwer zu spielen gewesen und die Tasten wären mit viel Kraftaufwand, manchmal sogar mit Fäusten wie bei Glockenspielen betätigt worden. Die aus jener Zeit erhaltene Orgelmusik lässt jedoch den Schluss zu, dass auch verhältnismäßig leichtgängige Orgeln existierten, die ein schnelles Spiel erlaubten. In der Tat gibt es Abbildungen von Tasten dieser Orgeln, die vermutlich wirklich mit der ganzen Hand bedient wurden, was aber nicht auf ein kräftiges Schlagen mit den Fäusten hinweisen muss. Z. B. zeigen die Abbildungen im Syntagma musicum des Michael Praetorius die Klaviaturen der Domorgel zu Halberstadt von 1361 mit solchen Tasten. Mit dem Wort „Schlagen“ ist vielmehr das „Anschlagen“ der Tasten gemeint. So wurde etwa auch die Laute „geschlagen“.

Die Orgeln der Frührenaissance erinnern noch an die Zeit der Wiedereinführung der Register im ausgehenden Mittelalter (Stimmscheidung). Sie enthalten recht wenige Register (z. B. Prästant, Oktave, Hintersatz und Zimbel aus dem gotischen Blockwerk, dazu ein bis zwei Flöten, Trompete und das Regal) und verfügen oft nur über ein Manual und ein angehängtes Pedal. Ein vorhandenes Regalregister wird oft leicht zugänglich über dem Spieltisch angeordnet, da dessen Pfeifen häufig nachgestimmt werden müssen. Aus dieser Anordnung entwickelte sich später das Brustwerk, in dem die Regalpfeifen immer noch leicht zugänglich ganz vorn stehen. In dieser Zeit entstanden auch die beiden Kleinorgeltypen Positiv und Regal.

In der Hochrenaissance entwickelten sich voll ausgebaute Orgeln. Das Klangideal orientiert sich an der damals üblichen Ensemblemusik auf gleichartigen Instrumenten. So stehen Prinzipale, Mixtur und Zimbel für den eigentlichen „Orgelklang“. Dazu kommen zahlreiche Register, die den Klang der damals üblichen Instrumente, nachahmen sollen, vor allem der Blasinstrumente. Bei den Lingualregistern sind dies z. B. Trompete, Posaune, Zink, Schalmei, Dulzian, Ranckett, Krummhorn und Sordun, bei den Labialregistern z. B. Blockflöte, Querflöte (meist nicht als überblasendes Register) und Gemshorn. Es werden zwischen einem und drei Manualen gebaut, von denen jedes ein eigenes Werk ansteuert. Dazu kommt in der Regel ein eigenständiges Pedalwerk. Auf solchen Orgeln lässt sich neben Sakralmusik auch sehr gut die weltliche Musik der Renaissance wiedergeben. In der Spätrenaissance begannen sich erste regionale Unterschiede im Orgelbau heraus zu bilden.

Barock

Im 17. und 18. Jahrhundert erreichte der Orgelbau in einigen europäischen Ländern eine große Blüte. Für Orgeln aus der Barockzeit kann man die Register je nach Klangfarbe und Verwendung in drei funktionelle Gruppen einteilen, die aber gleichermaßen auf die gesamte Orgel verteilt werden:

  • Die erste Gruppe bildet mit dem typischen „Orgelklang“ hervortretende Stimmen, die auf einen kräftigen Gesamtklang, das so genannte Plenum, ausgelegt sind. Hierzu gehören die Prinzipale, Oktaven, Quinten in Prinzipalmensur und Mixturen, aber auch vollbecherige Zungenstimmen, die zum Plenum gezogen werden oder ein eigenständiges Lingualplenum bilden.
  • Die zweite Gruppe hat eher sanfte, flötenartige Töne, die sich hervorragend mischen lassen. Es sind die weiten offenen, die konischen, die Gedackten Stimmen in all ihren Variationen.
  • Die dritte Gruppe sind die Stimmen, die am besten solistisch zu verwenden sind, wie Aliquotregister, Zungenstimmen und einzelne Streicher.

Werkaufbau

Schematischer Werkaufbau („Hamburger Prospekt“) einer Orgel. (PW=Pedalwerk, OW=Oberwerk, HW=Hauptwerk, BW=Brustwerk, RP=Rückpositiv)

Ein typisches Merkmal barocker Orgeln einiger Kulturlandschaften, besonders des norddeutsch-hanseatischen Raumes, ist das sogenannte Werkprinzip: Jedes Teilwerk der Orgel (z. B. Hauptwerk, Rückpositiv, Oberwerk, Brustwerk, Pedalwerk) ist als selbstständige und gegenüber den anderen Teilwerken gleichwertige Orgeleinheit konzipiert. Jedes Teilwerk verfügt über ein Plenum und erlaubt Solo- und grundstimmige Begleitregistrierungen; die Teilwerke unterscheiden sich nur durch die Klangcharakteristik. Eine weitere dynamische oder funktionelle Unterteilung (Hauptwerk, Schwellwerk, Nebenwerk, Echowerk) oder Vermischung (mehrere Werke in einem Gehäuse) entwickelt sich erst in der Romantik.

Aufgrund der rein mechanischen Spieltraktur kommt es zu weiteren Besonderheiten:

  • Manualanordnung: Bei einer dreimanualigen Orgel mit Rückpositiv, Hauptwerk und Brustwerk ist das Hauptwerk immer das mittlere Manual, da sich anderenfalls die Spieltrakturen der Werke kreuzen würden.
  • Werkgröße: Jedes zusätzliche Register auf einer Windlade erhöht bei der damals verwendeten mechanischen Traktur das Spielgewicht der Taste. Dadurch sind hier natürliche Höchstgrenzen gesetzt, da eine Orgel sonst nicht spielbar wäre. Im norddeutschen Barock findet man daher zum Beispiel nur sehr wenige Orgeln mit mehr als zehn bis zwölf Registern auf einer Windlade.
  • Koppeln: Bei einer dreimanualigen Orgel beschränken sich die Manualkoppeln vom III. auf das II. sowie vom I. auf das II. Manual. Eine Koppel zwischen dem III. und dem I. Manual war technisch noch nicht realisierbar, da meist Schiebekoppeln verwendet wurden.

In den Barockorgeln auf der iberischen Halbinsel wird das Werkprinzip oft anders realisiert. Diese auf Schleifladen stehenden Instrumente haben oft nur ein Manual, immer mit Schleifenteilung bei c1/cis1. Die verschiedenen Werke (üblich sind: organo mayor (Hauptwerk), cadereta exterior (Rückpositiv), cadereta interior (inneres Positiv im Schwellkasten), Trompetería (Horizontalzungenbatterie) werden in diesem Fall über Sperrventile angeschaltet. In diesen Orgeln sind bis zu 15 Register auf einer Windlade keine Seltenheit. Das Stummel- oder Knopfpedal ist angehängt oder verfügt nur über wenige Register in 16′- und 8′-Lage, vereinzelt auch in 32′-Lage. Kleinere Instrumente verzichten auf eine Unterteilung in mehrere Werke.

Im Vordergrund der barocken Orgel steht die Durchsichtigkeit des Klanges. Daher waren hohe Register sowie Aliquotregister als Soloregister weit verbreitet. Bei den Aliquoten war allerdings bei der großen Terz (Fünftelfußmaß) Schluss. Im Klangideal sollten sich die einzelnen Pfeifen nicht angleichen, was sich vor allem bei polyphoner Musik positiv auswirkte.

 Klangbeispiel einer spanischen Barockorgel mit mitteltöniger Stimmung (1765)?/i

Orgellandschaften

Die Orgel der Hauptkirche St. Jacobi (Hamburg), erbaut 1688–1693 von Arp Schnitger

Die Orgel in ihrer klassischen Ausführung ist aufgrund ihrer Größe und ihrer konstruktiven wie akustischen Abstimmung auf den Aufstellungsraum ortsgebunden. Auch war das Wirken der Orgelbauer meist auf eine Region begrenzt. Da zudem der Austausch von Klangvorstellungen vor der elektrischen Aufzeichnung von Musik nur durch mündliche oder schriftliche Beschreibungen möglich war, unterscheiden sich Orgeln regional sehr stark. Da eine große Anzahl von Orgeln oder zumindest von Dispositionen seit dem Barock erhalten sind, können anhand nationaler oder regionaler Eigenheiten sogenannte Orgellandschaften unterschieden werden:

  • England: In England gab es nur kleine Orgeln, meist ohne Pedal, da bis 1660 die Benutzung der Orgel im Gottesdienst verboten war (puritanischer Calvinismus). Erste Schwellwerke bilden sich hier bereits im 18. Jahrhundert heraus.
  • Norddeutschland/Niederlande/Dänemark: Diese Orgeln sind vor allem durch den konsequenten Werkaufbau und den klar gegliederten Prospekt (genannt „Hamburger Prospekt“ nach der Arp-Schnitger-Orgel in St. Jacobi, Hamburg) geprägt. Es wurden viele Register (Zungenstimmen und Flöten) der Hochrenaissanceorgel übernommen. Die Klangkronen bestehen überwiegend aus Quinten und Oktaven, was den „Silberglanz“ des Mixturplenums unterstreicht. Ein typisches Soloregister ist die Terzzimbel, alle Manuale wurden plenumfähig gebaut. Bekannte Orgelbauer sind Hans Scherer, Gottfried Fritzsche und Arp Schnitger. In den Niederlanden verbot der Calvinismus lange die Verwendung der Orgel im Gottesdienst, später war sie nur zur Unterstützung des Psalmengesangs erlaubt. Die repräsentativen Orgeln in den Hauptkirchen niederländischer Städte waren daher hauptsächlich weltliche Instrumente der Stadtgemeinde, auf denen zur Unterhaltung gespielt wurde.

 Klangbeispiel: vom Prinzipal bis zum Plenum?/i

  • Süddeutschland/Österreich: Charakteristisch sind die vollständig ausgebauten Prinzipalchöre; im Verhältnis zum norddeutschen Orgelbau sind die Instrumente wesentlich weicher im Klang. Die Klangkronen sind oft terzhaltig („Goldglanz“ des Prinzipalplenums), freistehende Spieltische sind möglich. Typisch sind außerdem die gebrochene oder kurze Oktave und ein 18-Tasten-Pedal. Bekannte Vertreter sind Johann Christoph Egedacher, Joseph Gabler und Johann Nepomuk Holzhey.
  • Frankreich: In Frankreich setzt relativ früh eine Vereinheitlichung der Disposition ein. Das Hauptwerk enthält einen vollständigen Prinzipalchor, oft auf 16′-Basis, mit Mixturen in verhältnismäßig tiefer Lage (plein jeu) sowie vollbecherige Zungenstimmen, die zusammen mit dem Cornet ein eigenes Lingualplenum (grand jeu) bilden. Jedes Werk enthält zudem einen Weitchor mindestens bis zur Terz (jeu de tierce). Das Pedalwerk enthält nur einige Grundstimmen sowie eine sehr kräftige Trompette 8′ für Tenor-cantus firmi, die sich gegen das Plein Jeu des Hauptwerks durchsetzen kann (Plein chant). Die Pedalklaviatur hat nicht selten bis zu 30 Tasten. Klassische Solostimmen sind Trompette, Cromorne und Cornet. Die Klangkronen enthalten nur Quinten und Oktaven. Die Vereinheitlichung der Disposition führte zur Komposition von Orgelstücken für bestimmte Registrierungen. Bekannte Orgelbauer sind François Thierry, Robert Clicquot (1645–1719), Claude Parisot (1704–1784) und François-Henri Clicquot (1732–1790).

 Klangbeispiel: jeu de tierce?/i

  • Italien: Die italienischen Orgeln bestanden fast nur aus offenen Pfeifen mit Prinzipalmensur. Mehrchörige Klangkronen waren unüblich, stattdessen waren Einzelregister (Oktaven und Quinten) bis in die höchsten Lagen vorhanden (unter anderem auch repetierende Einzelregister). Terzhaltige Register und Zungenstimmen kommen selten vor. Typisches Register sind die Voce umana oder das Fiffaro (schwebend gestimmter Prinzipal). Bekannte Orgelbauer waren Graziadio und sein Sohn Costanzo Antegnati.
  • Iberische Halbinsel: Üblich war die chromatische Schleiflade, häufig mit kurzer großer Oktave. Typisch ist die Teilung in Bass und Diskant einheitlich bei c1/cis1. Die Pedalwerke sind eher rudimentär und nur zur Ausführung einzelner langgehaltener Töne (Orgelpunkt) geeignet. Echokästen (keine Schwellwerke!) zur Klangbeeinflussung einzelner Register (Echokornett, Echotrompete) waren üblich. Weitere typische Merkmale sind die Horizontalzungenbatterien (Spanische Trompete, Chamade), die auch als Trompetería oder Lengüetería bezeichnet werden sowie halbe Register und unsymmetrische Register. Die einheitliche Teilung in Bass und Diskant führte zur Komposition von speziellen Orgelstücken (Tiento de medio registro). Bekannter Vertreter sind Jordi Bosch und Joseph de Echevarría.

 Klangbeispiel: trompetería?/i

Die meisten alten Orgeln Südeuropas und vereinzelt auch der süddeutschen Orgellandschaft befinden sich im Gegensatz zu denjenigen des Nordens und Frankreichs nicht auf einer Westempore, sondern im Chorraum beidseits des Altars, und zwar vom Kirchenschiff aus gesehen links die Epistelorgel und rechts die Evangelienorgel. Englische Orgeln wurden dagegen meistens auf dem Lettner aufgestellt.

Romantik

Neugotischer Prospekt in der Basilika Notre-Dame Montréal

Nachdem die Orgel in der Zeit der frühen Klassik zunehmend an Aufmerksamkeit verlor (bekannte Komponisten der Klassik wie Mozart und Beethoven haben äußerst wenig für Orgel komponiert), entstand im 19. Jahrhundert mit der romantischen Orgel ein neues, vollkommen anderes, orchestrales Klangideal, das auch zu einer Art Globalisierung im Orgelbau führte. Im Gegensatz zur Barockorgel ist hier die 8′-Lage, im Pedalwerk auch die 16′-Lage, mehrfach mit verschiedenen, Orchesterinstrumente nachahmenden Stimmen besetzt, die höheren Lagen treten dafür deutlich zurück. Im Vordergrund stand das Ideal der „Vermischung“ – die Orgel sollte wie ein Orchester klingen, es sollten keine Brüche im Klang mehr erkennbar sein. Daher tauchen in romantischen Orgeln gehäuft Streicher und überblasende Flöten auf. Streicherstimmen sind sehr eng mensurierte Pfeifen, in deren Obertonspektrum der zweite Teilton (die Oktave) vorherrscht. Streicher können auch eine Schwebung bilden, Vox coelestis („himmlische Stimme“) genannt, bei der bewusst zwei leise Pfeifenreihen leicht gegeneinander verstimmt werden, wodurch ein schwebender Ton entsteht. Überblasende Flöten sind weit mensurierte offene Lippenpfeifen, die doppelt so lang sind wie normale offene Pfeifen derselben Tonhöhe. Ihr Klang ist besonders füllig. Auch Lingualregister tauchen immer häufiger auf, in größeren romantischen Orgeln besonders des angelsächsischen Kulturkreises trifft man auch oft sogenannte Hochdruckregister an wie z. B. Tuba mirabilis, Stentorgambe oder -flöte oder Royal Trumpet.

  •  Klangbeispiel einer barocken Orgel (Bader, II/25, um 1750)?/i
  •  Klangbeispiel einer romantischen Orgel (Rensch, III/28, historisch orientierter Nachbau von 1992)?/i

Es handelt sich bei dem Beispiel um den Beginn der ersten Sonate d-Moll op. 11 von August Gottfried Ritter (1811–1885).

Zu den größten Meistern des romantischen Orgelbaus zählen der Franzose Aristide Cavaillé-Coll, sein deutsch-belgischer Konkurrent Merklin & Schütze sowie die Orgelbauer und Orgelbaufirmen Eberhard Friedrich Walcker, Friedrich Ladegast, Wilhelm Sauer, Henry Willis, Steinmeyer, Gebr. Link, P. Furtwängler & Hammer, Harrison & Harrison, Norman & Beard, Fa. Weigle und viele andere.

In der Romantik fanden oftmals Umbauten älterer Orgeln statt. Barocke Orgeln, die als zu „schreiig“ empfunden wurden, wurden romantisiert, indem dort streichende oder andere romantische Register anstelle hoher Aliquoten eingebaut und die Intonation verändert wurde. Bis in die 1930er Jahre wurden wertvolle ältere Orgeln „pneumatisiert“ oder elektro-pneumatisch umgebaut.

Spielhilfen der Romantik und der Spätromantik

Außerdem verfügen alle größeren romantischen Orgeln über zahlreiche Spielhilfen und technische Besonderheiten. Typisch ist das so genannte Schwellwerk: Ein Teil der Pfeifen befindet sich innerhalb der Orgel in einem Kasten mit jalousieartigen Schwelltüren, die mittels eines Fußtrittes am Spieltisch geöffnet oder geschlossen werden können. Dies macht erstmals eine stufenlose Veränderung der Dynamik möglich. Viele romantische Orgeln verfügen zudem über eine Crescendowalze, die es ermöglicht, mittels einer mit dem Fuß zu bedienenden Walze oder eines Balanciertritts nach und nach alle Register der Orgel zuzuschalten, ohne die entsprechenden Registerknöpfe einzeln von Hand bedienen zu müssen. Viele romantische Komponisten und deren Orgelwerke setzen eine Crescendowalze voraus (z. B. Max Reger). Außerdem verfügt die romantische Orgel häufig über Sub- und Superoktavkoppeln.

20. Jahrhundert

Orgeln außerhalb von Sakralbauten

Spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt Orgeln in Konzertsälen und Anfang des 20. Jahrhunderts auch in den mit dem Stummfilm aufkommenden Lichtspielhäusern, dort als Kinoorgel bezeichnet, gebaut. Die Orgeln für Konzertsäle zeigten bereits erste Tendenzen der Universalorgel. Die Kinoorgel hingegen orientierte sich noch am Klangbild der romantischen Orgel. Hinzu kamen aber vermehrt Zungenstimmen, die trotz ihrer teilweise alten Bezeichnungen mitunter neu oder erheblich umkonstruiert wurden, und vor allem diverse Effektregister (Trommeln, Glocken, Klingeln, Xylophon und weitere Geräusche, wie zum Beispiel auch „Telefonklingeln“) die sich in anderen, vor allem in Sakralbauten stehenden Orgeln, nicht finden.

Siehe auch den Hauptartikel Kinoorgel.

Spieltisch der Wanamaker-Orgel im Lord & Taylor Department Store in Philadelphia

Zahlreiche technischen Neuerungen (Pneumatik, Elektrik und neue Baumaterialien) machten es möglich, immer größere Instrumente und auch Fernwerke zu bauen. In diese Zeit fällt auch der Bau einiger Riesenorgeln, die teilweise an recht ungewöhnlichen Orten zu finden sind. So entstanden in dieser Zeit die beiden bis heute größten Pfeifenorgeln der Welt in einer Veranstaltungshalle und einem Kaufhaus. Es seien hier als Beispiele genannt: Die Orgeln des Domes St. Stephan in Passau (erbaut 1924 bis 1928, 1981 von Eisenbarth größtenteils erneuert, heute 239 Register, die berühmte Wanamaker-Orgel in Philadelphia (Lord & Taylor Department Store, erbaut 1904 bis 1930, 357 Register) und die nominell größte Orgel der Welt, die Orgel der Atlantic City Convention Hall, in der Boardwalk Hall (erbaut 1929 bis 1932, jedoch bis heute nicht vollständig funktionstüchtig) mit 337 Registern bei 449 Pfeifenreihen (ranks) und rund 32.000 Pfeifen.

Ein selbstständiger nordamerikanischer Orgelbau ist erst im 20. Jahrhundert zu finden. Besonders die Konzert- und Kinoorgeln heben sich vom Klang der europäischen Sakralorgeln ab. In Großorgeln sind Kino- und Sakralorgel vom Registerbestand her oft in einem Instrument vereint. Insgesamt neigt der nordamerikanische Orgelbau zu Extremen (skurrile Prospektgestaltungen, Riesenorgeln, 64′-Register im Pedal und 32′-Register im Manual, extrem laute Hochdruckregister, Spieltische mit bis zu sieben Manualen).

Multiplexorgeln

Gleichzeitig wurde mit sogenannten Multiplexorgeln versucht, Kosten und Platz beim Orgelbau zu sparen. Dieses Prinzip finden wir bei vielen Kinoorgeln der 1920er und 1930er Jahre. Da hier aus einer Pfeifenreihe im Transmissions- und Extensionsverfahren verschiedene Register erzeugt wurden, konnte das Konzept musikalisch nicht überzeugen, weil die Eigencharakteristik der einzelnen Register nicht mehr gegeben war. Zudem bestand das Problem, dass bei mehrstimmigem Spiel bei Oktavzusammenklängen und bei Quintextensionen aus derselben Pfeifenreihe auch bei Quintzusammenklängen weniger Pfeifen gleichzeitig als bei anderen Intervallzusammenklängen erklangen, wodurch der Gesamtklang dünn und unausgewogen erschien.

Das Extensionsverfahren kommt heute noch bei sehr tiefen Pedalregistern (64′, 32′, 211/3′) aus Platz-, Gewichts- und Kostengründen zur Anwendung. Da in solchen Fällen baugleiche, eine Oktave höher klingende Register ohnehin vorhanden sind, müssen nur die zwölf Pfeifen für die tiefste Oktave des Registers hinzugefügt werden, der Rest des Registers nutzt die vorhandenen Pfeifen des eine Oktave höher klingenden Registers. In diesen extrem tiefen Lagen kann man das Problem des Verlustes der Eigencharakteristik der Register vernachlässigen.

Die Orgelbewegung

Die sogenannte Orgelbewegung hat ihren Vorläufer in der Elsässisch-Neudeutschen Orgelreform des frühen 20. Jahrhunderts. Diese kritisierte die Orgelneubauten im Deutschland der Gründerzeit und in Mitteleuropa als unkünstlerisch in der Klanggestaltung, dazu mit Spielhilfen überladen („Fabrikorgel“). Positiv bewertet wurden hingegen die Orgeln der französischen Spätromantik (Aristide Cavaillé-Coll), aber auch deutsche und englische Instrumente bis etwa um 1860. Ausgelöst wurde die Reform zudem wesentlich durch die Wiederentdeckung der Qualitäten der Barockorgeln, beispielsweise der Instrumente von Johann Andreas Silbermann im Elsass. Führende Köpfe der elsässischen Orgelreform waren Albert Schweitzer, Émile Rupp und Franz Xaver Matthias. In Deutschland wurde die Idee einer Rückbesinnung auf die frühbarocke (norddeutsche) Orgel in den 1930er Jahren aufgegriffen, unter anderem von Hans Henny Jahnn und vor allem von Karl Straube. Instrumente romantischen Klangcharakters wurden nun meist grundsätzlich als „Fabrikorgeln“ abgewertet. Gleichzeitig begann jedoch die Beschäftigung mit den in Vergessenheit geratenen barocken Klangidealen und Prinzipien des Orgelbaus, was zur Entwicklung „neobarock“ ausgerichteter neuer und zum Erwachen des Interesses an der Restaurierung alter Orgeln führte.

In den 1930er bis 1950er Jahren waren die Mensuren zum Teil übertrieben weit, jedoch fanden sich wieder barocke Register in den Dispositionen. Die Intonation entsprach noch der der Romantik, und die Rückkehr zur mechanischen Schleiflade war noch nicht vollzogen, auch wenn der Orgelbauer Paul Ott sich bereits wieder dieser Technik zuwandte.

Freipfeifenprospekt (St. Mariä Himmelfahrt, Bettemburg in Luxemburg)

Doch die von den Initiatoren gut gemeinten Absichten (Rückkehr zu handwerklicher Fertigung), wurden völlig falsch verstanden. In den 1950er bis 1970er Jahren (Neobarock) mussten viele romantische Orgeln neuen Instrumenten mit steiler Disposition (wenig Grundton, viel Oberton) weichen. Da außerdem im Krieg viele Instrumente verloren gegangen oder unbrauchbar geworden waren und die beiden großen Konfessionen vermehrt Kirchenneubauten unternahmen, setzte in Westdeutschland ein regelrechter „Orgelboom“ ein, der teilweise in einer tatsächlich „fabrikmäßigen“ Serienproduktion unter Verwendung von minderwertigen Materialien (Windladen aus Sperrholz, Spieltrakturen unter Verwendung von Aluminium oder Plastik) mündete. Durch die fabrikmäßige Fertigung kann kaum ein Register seinen Klang entfalten, da sie (wenn überhaupt) bloß ein bisschen 'zurechtintoniert' wurden. Viele romantische, ja auch spätbarocke und süddeutsch-barocke Werke, deren Disposition nicht barock genug erschien, wurden in dieser Zeit zunehmend „barockisiert“. Ihre Disposition wurde z. B. dadurch verändert, dass die verpönten Streicherstimmen durch hohe Aliquote ersetzt wurden. Oft sind Methode (Ein typisches Beispiel ist das „Absägen“ eines Violoncello 8′ im Pedal zum Choralbass 4′) und vor allem Erfolg als fragwürdig zu bezeichnen, da sie am Ende weder für Romantik noch für Barock gut geeignet waren und bereits in der heutigen Zeit Unmengen von Geld für die Wartung verschwendet werden, da die Materialien minderwertig sind. Stellenweise wurden in dieser Zeit hohe, dissonante Aliquote (Septime, None) verwendet, die in originalen Barockdispositionen nicht vorhanden waren. Die Mensuren waren deutlich, wenn nicht sogar in übertriebenem Maße enger als die der Vorbilder. Die Intonationsweise war völlig neu und hatte mit der barocken nicht mehr viel gemein.

Die daraus resultierenden Orgeln zeichnen sich im Gegensatz zu denen des Barock oft durch einen spitzen, teilweise sogar schrillen und schreienden Klang, schwaches Bassfundament und fehlende Kraft in der Mittellage aus. Die Orgelbewegung ist somit aus heutiger Sicht zwar weit über ihr Ziel hinaus geschossen, hat aber auch die historische Aufarbeitung der Orgelgeschichte erheblich beeinflusst und teilweise überhaupt erst initiiert.

  •  Prinzipalplenum einer Orgel des Spätbarock (Euler, 1845)?/i
  •  Prinzipalplenum einer neobarocken Orgel (Steinmann, 1966)?/i

Deutlich von der Orgelbewegung geprägt war vor allem der deutschsprachige Raum. Demgegenüber hielt man im anglo-amerikanischen Bereich lange an der registerreichen, sinfonisch-orchestralen Orgel mit elektrischen Trakturen fest. In Frankreich bildete sich in den 1920er Jahren der neoklassizistische Orgeltypus heraus (l’orgue néoclassique), der bei elektrischen Trakturen die Registerausstattung der französischen Spätromantik mit Einzelaliquoten und Mixturen sowie teilweise historisierenden Zungenstimmen anreicherte. Damit glaubte man ein universelles Instrument für Bach und die alten deutscher Meister wie für die gesamte französische Schule gefunden zu haben. Erst mit den 1970er Jahren traten in Frankreich verstärkt Instrumente auf, die sich an der französischen Klassik oder am norddeutschen Barock zu orientieren suchten.

Universal- und Stilorgel

Die Ausweitung des Organistenrepertoires, die vertiefte Beschäftigung mit Instrumenten anderer Länder und die nostalgische Wahrnehmung des 19. Jahrhunderts führten seit den 1970er Jahren zu einer Kritik der von der Orgelbewegung geprägten Instrumententypen.

Wert und Berechtigung romantischer Orgeln und ihrer spezifischen Musik sind wieder stärker ins Bewusstsein gekommen. In neuester Zeit geht der Trend dahin, bei Generalüberholungen von „barockisierten“ Orgeln des 19. und frühen 20. Jahrhunderts diese in den Originalzustand zurückzuführen. Auch ist die Anzahl der Neubauten zum Ende des 20. Jahrhunderts angestiegen, da viele übereilt gebaute oder schlechte Nachkriegsinstrumente langsam ersetzt werden. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass auch bedeutende Orgeln aufgegeben werden.

Seit den 1980er Jahren wird bei Neubauten vermehrt mit einer Art „Universalorgel“ experimentiert, die für alle Arten und Stile von Orgelliteratur bestmöglich geeignet sein soll. Bei größeren Orgeln (ab drei Manualen und ca. 40 Registern) kommt man zu brauchbaren musikalischen Ergebnissen, indem man ein neutrales Hauptwerk zum Beispiel mit einem barocken Rückpositiv und einem französisch-romantischen Schwellwerk verbindet. In der Disposition erinnert das Ergebnis an die Elsässisch-neudeutsche Reform oder den französischen Neoklassizismus. Allerdings lassen sich die technischen und die klanglichen Eigenschaften verschiedener Zeit- oder Regionalstile nur bedingt in einem Instrument vereinen. Bei kleineren Orgeln erweist sich die Vermischung von Stilelementen verschiedener Epochen als noch problematischer.

Dem in Deutschland vorherrschenden Ideal einer Orgel der stilistischen Synthese tritt mit der wachsenden Bedeutung der historischen Aufführungspraxis zunehmend das des stilgetreuen Instruments gegenüber. Detaillierte wissenschaftliche Kenntnisse über den älteren Instrumentenbau und stetig gewachsene Erfahrungen durch sorgfältige Restaurierungen bieten dem heutigen Orgelbau die Möglichkeit, neue Instrumente nach Vorbildern aus verschiedenen Epochen und Kunstlandschaften anzubieten. Ein Beispiel für den Neubau im Stil einer spanischen Barockorgel ist die sogenannte Spanische Orgel in der Hof- und Stadtkirche St. Johannis in Hannover. Auch Rekonstruktionen untergegangener Instrumente werden versucht (Orgel von Johann Andreas Silbermann in Villingen-Schwenningen). Die gegensätzlichen Positionen – stilreine Orgel oder Universalorgel – prallten besonders deutlich beim Streit um die Gestaltung der Orgel in der wieder aufgebauten Dresdner Frauenkirche aufeinander.

21. Jahrhundert

Nennenswerte technische Fortschritte gibt es im Bereich der Spielhilfen und der elektrischen Traktur. Die Elektronik hat größere Setzeranlagen ermöglicht, teilweise sind auch schon Kirchenorgeln midifiziert worden, so dass diese mit einem PC verbunden und über diesen gesteuert werden können. Auch die Verbindung mit externen Klangerzeugern wie Synthesizern ist so möglich, wodurch sich neue Impulse für Komposition und Improvisation ergeben. Weiterhin wird geforscht, wie sich eine Art „Anschlagsdynamik“ auf der Orgel realisieren und wie sich das interaktive Verhalten einer mechanischen Traktur mechatronisch bei elektrischen Trakturen nachbilden lässt. Wo sich mechanische Trakturen nicht errichten lassen, verdrängen Lichtwellenleiter die elektrischen Trakturen in Orgelneubauten.

In kleinen Orgeln (bis etwa 15 Register) wird vermehrt die Wechselschleife eingesetzt, die es ermöglicht, Register eines Werkes von diesem unabhängig auf einem anderen spielbar zu machen.

Digitalorgeln

Eine weitere Variante, die sich mit dem Fortschritt der Digitaltechnik zunehmend ihren Platz erobert hat, ist die Digitalorgel (oder digitale Konzert- und Sakral-Orgel). Sie ist vor allem als Übungsinstrument in Privathäusern sowie in kleinen Kirchen und Kapellen zu finden. Die mittlerweile überzeugende Klang- und Reproduktionsqualität macht digitale Sakralorgeln auch zunehmend zu einer ernstzunehmenden Alternative für größere Kirchen und Konzertsäle. Allerdings kann eine Pfeifenorgel in ihrer Interaktion mit dem Spieler und in ihrer „natürlichen“ Ungleichmäßigkeit von einer Digitalorgel nicht erreicht werden. Besonders nahe am Instrument verliert eine Digitalorgel an räumlicher Tiefe und Plastizität, was von vielen Organisten und Zuhörern als unbefriedigend empfunden wird. Bei Aufnahmen lassen sich aktuelle Digitalorgeln jedoch kaum noch von klassischen Pfeifenorgeln unterscheiden.

2006 wurde im Berliner Dom eine Digitalorgel während der viermonatigen Renovierungsarbeiten an der „echten“ Orgel als Gottesdienst- und Konzertinstrument eingesetzt.[2] Selbst bekannte Organisten wie zum Beispiel Matthias Eisenberg spielen mittlerweile Konzerte auf Digitalorgeln.[3]

Versuche, „echte“ Orgeln mit Digitalorgeln zu kombinieren („Kombinationsorgel“), haben sich bis jetzt aufgrund naheliegender Probleme (Stimmung, Vermischungsfähigkeit) nicht durchsetzen können. Besonders in den USA werden jedoch des Öfteren teure Bassregister und Lingualregister digital ausgeführt.

Siehe auch den Hauptartikel Elektronische Orgel.

Historische Orgeln

Orgel der Basilique de Valère in Sion (Schweiz) aus spätgotischer Zeit, um 1435

Es gibt nur wenige ältere Instrumente, die in ihrer originalen Substanz im Wesentlichen erhalten sind. Orgeln wurden in der Vergangenheit immer wieder umgebaut, erneuert und dem jeweiligen Zeitgeschmack (Disposition, Intonation, Stimmung, Technik) angepasst. Manchmal sind nur noch Spuren der ursprünglichen Technik zu entdecken, und oft sind überhaupt nur Teile des Pfeifenwerks erhalten – womöglich in modifizierter Form. Äußerst selten wurden Werke in ihrer historischen ungleichstufigen Stimmung belassen. So kommt es beispielsweise häufig vor, dass sich hinter einem barocken Orgelprospekt Technik des 20. Jahrhunderts verbirgt.

Bei der Wiederherstellung historischer Orgeln spricht man entweder von Restaurierung (wenn das vorhandene Material den angestrebten Zustand noch erkennen lässt) oder von Rekonstruktion (wenn große Teile des Werkes der Zielvorstellung entsprechend neu gebaut werden müssen). Regelmäßig entstehen dabei Konflikte mit dem Grundsatz des Denkmalschutzes, dass die Erhaltung des vorhandenen „gewachsenen“ Zustandes der Rückgewinnung eines verlorenen vorzuziehen ist.

Zu den ältesten noch spielbaren Orgeln der Welt zählt die Orgel der Basilique de Valère in Sion (Schweiz) aus spätgotischer Zeit (um 1435) sowie die Orgeln in Rysum, Ostönnen[4] und St. Dionysius und Valentinus in Kiedrich; ferner die Epistelorgel (linkes Instrument des Orgelpaares) der Basilika San Petronio in Bologna. Sie enthalten jedoch jeweils nur Teile aus der ältesten Epoche ihrer Baugeschichte.

Selbst bestimmte Orgeln aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts können schon als historisch und erhaltenswert angesehen werden. Diskutiert wird zur Zeit in Einzelfällen, ob sogar Orgeln des Neobarock als erhaltenswert gelten können und sollten.

Stimmungen

Siehe auch den Hauptartikel Stimmung (Musik).

Es ist davon auszugehen, dass die ersten Orgeln die Pythagoreische Stimmung genutzt haben. Erst durch die zunehmende musikalische und technische Entwicklung der Orgel konnte sich eine modifizierte reine Stimmung durchsetzen. Dabei führte man, um dem syntonischen Komma aus dem Weg zu gehen, leicht verkleinerte Quinten ein, von denen vier aufeinander geschichtet eine reine große Terz bilden. Die mitteltönige Stimmung entstand im 16. Jahrhundert und wurde bis ins 18. Jahrhundert als Orgelstimmung verwendet.

Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde die Beschränkung auf zentrale Tonarten zunehmend als störend empfunden. Es entstanden die sogenannten Wohltemperierten Stimmungen. Beispiele hierfür sind die Stimmungen von Andreas Werckmeister, insbesondere die so genannte Werckmeister-III-Temperatur oder die Stimmungen des Orgelbauers Gottfried Silbermann. Dennoch waren viele Orgeln bis weit ins 18. Jahrhundert hinein mitteltönig gestimmt. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich die gleichstufige Temperatur schließlich allgemein als Standard durch.

Heute gibt es wieder vermehrt Diskussionen darüber, wie Orgeln gestimmt werden sollen. Viele historische Kompositionen gehen von unterschiedlichen Klangeigenschaften verschiedener Tonarten und Akkorde aus, die auf gleichstufig gestimmten Instrumenten nicht reproduzierbar sind; dieses ist insbesondere für die historische Aufführungspraxis von Bedeutung. Orgeln werden daher heute oft – als Kompromiss – in einer gemäßigten Temperierung gestimmt.

Die Stimmtonhöhe war zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Regionen Europas sehr verschieden. Eine Tendenz zur Vereinheitlichung setzte im 17. Jahrhundert ein. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden Orgeln meist entweder im Kammerton (etwa einen Halbton tiefer als heute), im Chorton (bis zu einer kleinen Terz höher als heute) oder im dazwischen liegenden Cornet-Ton gebaut und gestimmt. Seit 1858 galt als Standard a1 = 435 Hz. 1935 wurde die heutige Stimmtonhöhe von a1 = 440 Hz (bei 18 °C) festgesetzt.

Die Stimmtonhöhe der Orgel ist auch abhängig von der Lufttemperatur. Die Verstimmung beträgt zwar nur wenige Cent pro Grad Celsius, kann aber unter Umständen sogar einen Viertelton betragen. Selbst die Wärmeabgabe des Gebläsemotors, Sonneneinstrahlung oder Berührung (zum Beispiel beim Stimmen) können zu Verstimmungen der Orgelpfeifen führen. Auch Luftdruck und Luftfeuchtigkeit spielen dabei eine Rolle.

Orgelmusik

Siehe auch den Hauptartikel Orgelmusik.

Historischer Überblick

Als älteste, schriftlich überlieferte Orgelmusik gilt die Musik aus dem Robertsbridge Codex (Appendix um 1350). Einige wenige Quellen stammen aus spätgotischer Zeit, so der Codex Faenza (um 1420), die Orgelstücke aus der Predigtsammlung aus Winsen (1431), die Oldenburger Orgeltabulatur des Magister Ludolf Lying (1445) und die Tabulatur des Adam Ileborgh aus Stendal (1448). Aus der Zeit des musikalischen Umbruchs vom Mittelalter zur Renaissance stammt das für damalige Verhältnisse sehr umfangreiche Buxheimer Orgelbuch (1460/1470). Im 16. Jahrhundert erschienen bereits zahlreiche, in Tabulaturen erfasste Orgelstücke. Die Orgelmusik erlebte ihre erste Blütezeit. Bekannte Vertreter dieser Epoche sind u. a. Arnolt Schlick (~ 1460~1521), Leonhard Kleber (~1495–1537), Hans Kotter (~ 1485–1541), Antonio de Cabezón (1510–1566) und Jacob Paix (1556–1623?). Durch den Dreißigjährigen Krieg sind jedoch in einem nicht mehr nachvollziehbaren Maße Quellen und Orgeln aus Mittelalter und Renaissance verloren gegangen.

In der Zeit des Barock erlebte die Orgelmusik ihren zweiten Höhepunkt. Die in jener Zeit voll ausgebildeten, regional stark unterschiedlichen Orgeltypen führten zu entsprechend vielfältiger und ebenso unterschiedlicher Orgelmusik. Orgelmusik aus der Zeit des Barock ist heute noch fester Bestandteil vieler Orgelkonzerte, was auch damit zu tun hat, dass aus dieser Zeit sehr viele Quellen, aber auch etliche Orgeln, bis heute überdauert haben. Die berühmtesten Vertreter dieser Epoche sind Heinrich Scheidemann (1596-1663), Franz Tunder (1614-1667), Johann Adam Reincken (1623-1722), Dietrich Buxtehude (1637–1707), Vincent Lübeck (1654-1740), Georg Böhm (1661-1733) und Nicolaus Bruhns (1665-1697) im norddeutschen Raum, Samuel Scheidt (1587-1654), Johann Pachelbel (1653–1706), Johann Kuhnau (1660-1722), Friedrich Wilhelm Zachow (1663−1712), Johann Gottfried Walther (1684–1748) und nicht zuletzt Johann Sebastian Bach (1685–1750) im mitteldeutschen Raum, Johann Jakob Froberger (1616-1667), Johann Caspar Ferdinand Fischer (~1665–1746) und Gottlieb Muffat (1690–1770) im süddeutschen Raum, Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) in den Niederlanden, François Couperin (1668–1733) in Frankreich und Juan Bautista José Cabanilles (1644–1712) in Spanien.

Mit dem Ende der Barockzeit Mitte des 18. Jahrhunderts ließ das Interesse an der Orgel stark nach. Nach einer längeren Pause in der Klassik erlebte die Orgelmusik ihren dritten Höhepunkt in der Zeit der Romantik, in der sich neben dem wiedererwachten Interesse an alten Formen, die mit der neuen Tonsprache verbunden wurden, auch die sinfonische Orgelmusik herausbildete. Berühmte Vertreter dieser Epoche sind u. a. Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847), Johannes Brahms (1833–1897) und Max Reger (1873–1916) in Deutschland sowie César Franck (1822–1890), Jacques-Nicolas Lemmens (1823-1881), Alexandre Guilmant (1837-1911) und Charles-Marie Widor (1844–1937) in Frankreich.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand eine besondere neobarocke Schule (Siegfried Reda, Johann Nepomuk David), andererseits fand eine Weiterentwicklung der sinfonischen Musik für Orgel (Sigfrid Karg-Elert, Louis Vierne, Maurice Duruflé, Jean Langlais) statt. Auch Komponisten der dodekaphonen (Arnold Schönberg) und nachfolgend der seriellen Musik (Olivier Messiaen) schrieben für die Orgel. Der verstärkte Orgelbau außerhalb von Sakralbauten (Kinoorgel, Orgel im Konzertsaal) führte dazu, dass nun auch wieder vermehrt weltliche Musik auf der Orgel gespielt wurde. Mit dem Aufkommen elektromechanischer Orgeln und später elektronischer Orgeln wurde jedoch der Großteil dieser neuen weltlichen Orgelmusik auf diese Instrumente verlagert. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden auch experimentelle Elemente und neue kompositorische Verfahren verwendet (Cluster bei György Ligeti, Graphische Notation bei Mauricio Kagel). Daneben fließen aber auch Elemente älterer (Gregorianik, Mittelalter, Renaissance, Barock) und genrefremder (Blues, Jazz, Rock) Musikrichtungen in die Orgelmusik ein. Auch Anleihen bei der Filmmusik sind zu beobachten, wobei es hier primär nicht um die Wiederbelebung der alten Kinoorgeltradition geht.

Orgellandschaften und Funktionen der Orgelmusik

Ein zweites Unterscheidungskriterium neben der historischen Zuordnung ist das der Orgellandschaft, da Orgelmusik, oft gebunden an ihren Entstehungsort, von ganz bestimmten Instrumenten oder Instrumententypen inspiriert wurde.

Ein drittes Unterscheidungskriterium ist der Unterschied zwischen „geistlicher“ und „weltlicher“ Orgelmusik. Als Geistliche Orgelmusik gilt, was im Rahmen von religiösen Zeremonien gespielt wird oder auf religiösem Liedgut basiert. Dazu gehört z. B. bis auf wenige Ausnahmen die Orgelmusik, die im Rahmen eines christlichen Gottesdienstes gespielt wird. Als Weltliche Orgelmusik gilt religionsunabhängige Musik, z. B. die antike Orgelmusik auf der Hydraulis, die Bearbeitungen von Tänzen und weltlichen Liedern in der Zeit der Renaissance, die üblicherweise auf Hausorgeln, Positiven und Regalen wiedergegeben wurden, oder auch die Stummfilmbegleitung auf der Kinoorgel.

Im Bereich der geistlichen Orgelmusik ist darüber hinaus eine Differenzierung zwischen „choralgebundener“, also auf einem geistlichen Lied basierender, und „freier“ Literatur üblich.

Solistisches Orgelspiel und Improvisation

Am künstlerisch bedeutsamsten ist das solistische Orgelspiel. Seit dem Barock sind dessen wichtigste Formen: Präludium, Toccata, Fantasie, Voluntary, Tiento, Chaconne, Passacaglia, Ricercar, Fuge, Variation, Suite, Sonate, Triosonate und Orgelsinfonie; wobei auch die Kombination einer Fuge mit einem vorangehenden weiteren Stück (zum Beispiel Präludium, Toccata oder Fantasie) häufig vorkommt. Diese Orgelstücke werden als „freie“ Orgelmusik bezeichnet, weil ihnen vom Komponisten frei verfasste Themen zugrunde liegen. Hinzu kommen choralgebundene Kompositionen über liturgische Themen: Gregorianische Gesänge beziehungsweise protestantische und katholische Kirchenlieder, die teilweise auch in den zuvor beschriebenen Formen komponiert sind. Eine häufige Form der Orgelbearbeitung eines meist protestantischen Kirchenliedes ist das Choralvorspiel.

Siehe auch: Liste von Orgelkomponisten

Die Improvisation ist mit der Orgel eng verbunden. Dies liegt unter anderem daran, dass ein Musiker auf der Orgel eine mehrstimmige Improvisation allein, also ohne Zusammenwirken mit anderen Instrumenten, gestalten kann. Zum anderen ist gerade beim Kontakt mit einer dem Musiker unbekannten Orgel die Improvisation eine sehr gute Möglichkeit, das Instrument kennenzulernen, ohne durch mit komponierten Stücken verbundene Klangvorstellungen eingeengt zu sein.

Die Improvisation ist in der geistlichen Orgelmusik äußerst wichtig und in jeder kirchenmusikalischen Ausbildung fester Bestandteil der Lehre; sie ist ebenfalls in Form von Choralvorspielen und Intonationen fester Bestandteil des liturgischen Orgelspiels und entstand aus den eher funktionalen Ansprüchen an die Musik im Gottesdienst.

Siehe auch: Liturgisches Orgelspiel

In der weltlichen Orgelmusik ist die Improvisation seit je her ein Begleiter der Orgel. Ein Beispiel dafür ist die musikalische Untermalung von Stummfilmen auf der Kinoorgel. Hierbei wird fast immer improvisiert, wobei der ausführende Musiker dies in Echtzeit zum laufenden Film zu bewerkstelligen hat. Normalerweise ist das nur möglich, wenn der Musiker den Film bereits kennt.

Kammer- und Orchestermusik

Die Orgel in der hier beschriebenen Form spielt in der Kammermusik keine große Rolle. Kleinere Orgeln sind seit dem Barock besonders als Basso-Continuo-Instrument verbreitet. Orchestermusik mit Orgel wurde zunächst im Barock besonders in den Orgelkonzerten Georg Friedrich Händels, seltener zur Zeit der Klassik, sowie dann mit großer Orgel vereinzelt in der Romantik gepflegt – im letzteren Fall, um den gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer riesigeren Orchestern noch mehr Klangfarbenvielfalt zu geben und den Tonraum bis in die Subkontraoktave (32′-Register der Orgel) zu erweitern.

Spielpraxis

Spieltechnik

Ein möglicher historischer Fingersatz (oben) und eine moderne Variante (unten)
Der Beginn eines Orgelsatzes aus dem „Fundamentbuch“ von Hans Buchner (Komponist), Tabulatur und Transkription mit originalem Fingersatz
Unterschiedliche Pedaltechnik: „barocker“ (oben) und „romantischer“ Fußsatz (unten)

Für die Technik des Manualspiels ist der Druckpunkt der Tasten entscheidend. Bei mechanischen Orgeln liegt er eher am Beginn des Tastenweges (wie beim Cembalo), da zunächst der auf dem Ventil lastende Luftdruck überwunden werden muss. In diesem Fall kann durch unterschiedliches Angehen des Druckpunktes auch die An- und Absprache der Pfeife beeinflusst werden. Hier ist ein deutlicher Unterschied zum Klavier festzustellen, bei dem die Saite erst am Ende des Tastenweges angeschlagen wird und der Schwung der Taste für die Qualität des dabei entstehenden Klanges entscheidend ist. Daher wird bei der Orgel, anders als beim Klavier, das Spiel aus den Fingern bevorzugt, wenn der jeweils benötigte Kraftaufwand es zulässt, und die Hand nicht von den Tasten abgehoben, um Schwung für einen Anschlag zu holen.

Bei pneumatischen oder elektronischen Trakturen hingegen ist der Druckpunkt nicht spürbar, da der Gegendruck der Taste nicht vom Ventil herrührt, sondern durch eigene Federn hergestellt wird. Der Kraftaufwand ist gering, so dass vollgriffige Musik leichter umgesetzt werden kann. Allerdings kann der Vorgang der Ventilöffnung nicht beeinflusst werden. Pneumatische Trakturen erschweren zudem durch ihre langsame Reaktion das Artikulieren und erfordern eine Gewöhnung des Spielers. Auf der Orgel wird in der Regel stärker phrasiert und artikuliert als auf Tasteninstrumenten mit Saiten, da der Ton nicht verklingt.

Das Pedalspiel kann sowohl mit den Spitzen als auch mit den Hacken (Absatz) beider Füße erfolgen. Dadurch kann bis zu vierstimmig gespielt werden, was in der Praxis jedoch selten vorkommt. Ein wichtiges Mittel ist das Vor- oder Hintersetzen eines Fußes, auch das Gleiten von Taste zu Taste wird eingesetzt. Der Fußsatz kann wie der Fingersatz durch spezielle Zeichen in die Noten eingetragen werden, die jedoch nicht von allen Organisten gleich verwendet werden. Bis ins 19. Jahrhundert wurde von vielen Organisten das Spiel mit der Spitze bevorzugt, oft schon wegen der Bauform der Pedaltasten, die den sinnvollen Gebrauch des Absatzes nur bei Kombinationen zwischen Unter- zu Obertasten ermöglichte. Die Germani-Technik (nach Fernando Germani) stellt Spitze und Absatz gleich, womit erstmals ein strenges Legato auch im Pedal möglich war.

Beim Spiel Alter Musik wird heute wieder auf historische Finger- und Fußsätze sowie auf eine sensible Artikulation Wert gelegt. Auch die Ausführung der Ornamentik spielt dabei eine große Rolle.

  •  „barocke“ Spielweise?/i
  •  „romantische“ Spielweise?/i

Es handelt sich bei dem Beispiel um den Beginn des Orgelchorals „Wer nur den lieben Gott läßt walten“ (BWV 642) von Johann Sebastian Bach, gespielt auf einer Kleinorgel von Bruno Cristensen & Sønner (I/7, 1980)

Pädagogik

Im Gegensatz zu vielen anderen Instrumenten kann man das Orgelspiel in der Regel nicht an Musikschulen erlernen. Neben den Konservatorien oder Musikhochschulen unterrichten in erster Linie hauptamtliche Kirchenmusiker. Da auch ein Übungsinstrument benötigt wird, ist, wenn kein spezielles Übungsinstrument (etwa in einer Hochschule) zur Verfügung steht, meistens eine enge Zusammenarbeit mit einer örtlichen Kirchengemeinde vonnöten. Als Gegenleistung fordert diese häufig Mithilfe an der musikalischen Gottesdienstgestaltung. Seit dem Aufkommen der digitalen Sakralorgel stehen jedoch auch Übungsinstrumente für den Hausgebrauch zur Verfügung, wodurch sich die in früheren Zeiten bestehende Abhängigkeit von einer Kirchengemeinde relativiert. Oft spielen angehende Organisten schon ausreichend Klavier, wobei die erheblichen Unterschiede in der Spieltechnik nicht unterschätzt werden dürfen. Ein Studium am Klavier kann die Orgel, nicht nur wegen des fehlenden Pedals, nicht ersetzen. Auch wird von vielen Pädagogen das Klavierspiel als Voraussetzung für das Orgelspiel gefordert. Aus spieltechnischer Sicht ist die Beherrschung des Klavierspiels zum Erlernen des Orgelspiels nicht notwendig.

Systematische Schulwerke sind erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts überliefert. Zu den bekanntesten Werken zählen die „Orgelschulen“ von Karl Straube, Ernst Kaller, Marcel Dupré oder Rolf Schweizer, die sich allerdings fast nur mit dem Literaturspiel beschäftigen. Im Bereich der Improvisation gibt es nur wenig etablierte Literatur, so dass Improvisation weitestgehend im Unterricht und fächerübergreifend in den Bereichen Tonsatz, Komposition sowie Musiktheorie weitergegeben wird.

Anschaffung und Wartung

Vormontierter Pfeifenstock in einer Orgelbauwerkstatt …
… und das dazugehörige Gehäuse, in dem er zum Einsatz kommen wird.

Die Anschaffung einer Orgel ist ein Großprojekt, das in etwa mit einem Hausbau vergleichbar ist. Lediglich bei Instrumenten bis zur Größe etwa einer Hausorgel fallen die Dimensionen des Projekts kleiner aus. Alleine die Planungsphase, also bevor überhaupt an der Orgel gearbeitet wird, ist selten innerhalb eines Jahres abgeschlossen. In dieser Phase werden in Zusammenarbeit von Investor (etwa Kirchengemeinde, Betreiber einer Konzerthalle, Hochschule), Organist(en) und Orgelbauer sowie gegebenenfalls Sachverständigen und Ämtern (Denkmalschutz, Kirchenamt) die Disposition sowie das Aussehen der Orgel festgelegt und ein Finanzierungsplan entwickelt. Sind die Parameter einer Orgel festgelegt, dauert der eigentliche Bau einer mittelgroßen Orgel noch einmal ein bis zu anderthalb Jahre (etwa 4000 Arbeitsstunden). Dieser endet meist damit, dass die Orgel in der Orgelbauwerkstatt komplett montiert wird. Der Aufbau im Aufstellungsraum vor Ort nimmt noch einmal etwa zwei Monate in Anspruch, dazu kommen etwa vier bis sechs Wochen für die klangliche Anpassung an den Aufstellungsraum (siehe auch: Intonation). Ein einzelnes Orgelregister kostet als Neubau je nach Größe, Material und Bauart derzeit zwischen 5.000 und 20.000 Euro.

Orgeln werden meist jährlich gestimmt, wobei oft nur alle zwei Jahre eine Komplettstimmung (inklusive Mixturen) erfolgt. Die Zungenstimmen werden von den Organisten je nach Bedarf selbst nachgestimmt. Die Stimmung einer mittelgroßen Orgel (20 bis 30 Register) dauert etwa einen Tag und kostet bis zu eintausend Euro. Etwa alle 15 bis 25 Jahre muss eine Orgel „ausgereinigt“ werden, da Staub- und Schmutzablagerungen die technische Zuverlässigkeit beeinträchtigen und zum Beispiel offene, kleine Pfeifen nicht mehr stimmbar sind. Bei einer Ausreinigung werden das gesamte Pfeifenwerk sowie alle Windladen ausgebaut und generalüberholt. Bei einer mittelgroßen Orgel dauern diese Arbeiten etwa zwei Monate und kosten, soweit keine weiteren Instandsetzungsarbeiten notwendig sind, 20.000 bis 30.000 Euro.

Seit Mitte der 1990er Jahre gewinnt bei kleinen und mittelgroßen Instrumenten der Gebrauchtmarkt zunehmend an Bedeutung, da sowohl im Ausland als auch im deutschsprachigen Bereich vermehrt vor allem kleinere und mittelgroße Kirchen geschlossen oder umgewidmet werden und daher das Angebot entsprechend groß ist (siehe auch Kirchenschließung). Dieses ist vor allem für finanzschwache Betreiber eine interessante Alternative, da eine Umsetzung trotz des erheblichen Aufwandes für die Anpassung immer noch deutlich günstiger ist als ein entsprechender Neubau.

Auch auf der Seite der Orgelbauer besteht ein relativ großes Interesse an historischen Einzelregistern, die für Rückführungen oder Restaurationen genutzt werden. Dies liegt vor allem daran, dass die durch die damaligen, aus heutiger Sichtweise unvollkommenen Herstellungsprozesse entstandenen Verunreinigungen und Ungleichmäßigkeiten im Orgelmetall nur aufwändig zu rekonstruieren sind.

In Deutschland gibt es momentan etwa 170 Orgelbaufirmen mit 2500 Beschäftigten.[5] In der Orgeldatenbank Berlin (Forschungsstelle für Orgeldokumentation) sind zur Zeit 53.000 Orgeln in Deutschland erfasst.[6] Zum Vergleich: Die katholische Kirche besitzt in Deutschland etwa 24.500 Kirchengebäude.[7]

Hörbeispiele

Bei den Beispielen handelt es sich um das „Tema variato“ von Josef Rheinberger (1839–1901).

 Thema?/i
  • Positiv: Rohrflöte 8′
 1. Variation?/i
  • Schwellwerk: Holzflöte 8′, Gambe 8′
  • Hauptwerk (linke Hand, Thema): Principal 8′, Flûte Harm. 8′, Salicional 8′
  • Pedal: Subbass 16′, Koppel an Schwellwerk (Ende mit Koppel an Hauptwerk)
 2. Variation?/i
  • Positiv: Rohrflöte 8′
  • Schwellwerk: Holzflöte 8′, Gambe 8′, Flûte octav. 4′
  • Hauptwerk: Flûte Harm. 8′, Salicional 8′, Koppel an Schwellwerk
  • Pedal: Principalbaß 16′, Subbaß 16′, Flûte 8′, Koppel an Schwellwerk und Positiv
 3. Variation?/i
  • Hauptwerk: Principal 8′, Flûte Harm. 8′, Salicional 8′, Gemshorn 4′
  • Pedal: Subbaß 16′, Flûte 8′
 4. Variation?/i
  • Hauptwerk: Principal 8′, Flûte Harm. 8′, Gemshorn 4′, Superoctave 2′
  • Pedal: Principalbaß 16′, Flûte 8′, Flûte 4′, Koppel an Hauptwerk
 5. Variation?/i
  • Positiv: Rohrflöte 8′
  • Schwellwerk: Holzflöte 8′, Koppel an Positiv
  • Hauptwerk: Principal 8′, Flûte Harm. 8′, Octave 4′, Superoctave 2′, Mixtur IV
  • Pedal: Principalbaß 16′, Flûte 8′, Flûte 4′, Koppel an Hauptwerk (am Ende ohne Koppel)
 6. Variation?/i
  • Positiv: Rohrflöte 8′
  • Schwellwerk (Echo): Holzflöte 8′, Gambe 8′, Koppel an Positiv
  • Hauptwerk: Principal 8′, Flûte Harm. 8′, Salicional 8′, Octave 4′, Gemshorn 4′, Superoctave 2′ (am Ende mit Bourdon 16′)
  • Pedal: Principalbaß 16′, Subbaß 16′, Flûte 8′, Flûte 4′, Koppel an Hauptwerk (am Ende mit Bombarde 16′ und Trompete 8′)

Die Aufnahmen entstanden an der 1996 erbauten Orgel in St. Maria Königin, Kerpen-Sindorf, Rheinland.

Zitate

„Die orgl ist doch in meinen augen und ohren der könig aller instrumenten.“

Wolfgang Amadeus Mozart in einem Brief an seinen Vater vom 18. Oktober 1777

„Versäume keine Gelegenheit, dich auf der Orgel zu üben. Es gibt kein Instrument, das am Unreinen und Unsauberen im Tonsatz wie im Spiel alsogleich Rache nähme als die Orgel.“

Robert Schumann in Musikalische Haus- und Lebensregeln

„Orgelspielen heißt, einen mit dem Schauen der Ewigkeit erfüllten Willen offenbaren.“

Charles Marie Widor

„Die Pfeifenorgel soll in der lateinischen Kirche als traditionelles Musikinstrument in hohen Ehren gehalten werden; denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben.“

Konstitution über die heilige Liturgie – Sacrosanctum Concilium, Kapitel VI: Die Kirchenmusik, 120

Quellenangaben

  1. Reichsannalen zum Jahr 826, in: R. Rau (Hg.), Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, Bd 1. Darmstadt 1968, S. 144–147. Astronomus: Vita Hludowici (Das Leben Kaiser Ludwigs), Kap. 40. Hg. von E. Tremp (MGH SS rer. Ger. in usum scholarum separatim editi 64), Hannover 1995, S. 432–435; dort sind auch S. 433 Anm. 562–563 weitere Quellen genannt (Einhard, Ermoldus Nigellus, Walahfried Strabo).
  2. Bericht auf der Firmenhomepage von Rogers, Zugriff am 5.11.2006
  3. Sächsische-Orgelakademie, Zugriff am 5.11.2006
  4. Restaurationsbericht, NMZ, Zugriff am 6.11.2006
  5. FAQ Orgel, Zugriff am 5. November 2006
  6. Homepage des ORDA-Projektes, Zugriff am 5. November 2006
  7. Deutsches Liturgisches Institut, Zugriff am 5. November 2006

Siehe auch

Portal
 Portal: Orgel – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Orgel

Die Erklärungen einiger Fachbegriffe rund um die Orgel sind im Orgel-Glossar zu finden.

In der Kategorie:Disposition einer Orgel befinden sich Artikel über einzelne Orgeln. Diese enthalten neben genauen Dispositionsangaben teilweise auch Hörbeispiele.

Varianten und verwandte Instrumente

Sonstiges

Literatur

Allgemeines

  • Hermann J. Busch, Matthias Geuting (Hrsg.): Lexikon der Orgel, Laaber-Verlag, Laaber 2007, ISBN 978-3-89007-508-2.
  • Douglas E. Bush und Richard Kassel (Hrsg.): The organ: An encyclopedia. Routledge, Taylor & Francis Group, New York/London 2006, ISBN 978-0-415-94174-7. 
  • Chris Riley: The Modern Organ Guide. Xulon Press, 2006, ISBN 9781597816670. 
  • Nicholas Thistlethwaite und Geoffrey Webber: The Cambridge companion to the organ. Cambridge University Press, Cambridge 1998, ISBN 9780521575843. 

Orgelbau

  • Wolfgang Adelung: Einführung in den Orgelbau. 2., überarb. u. erw. Auflage, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1992, ISBN 978-3-7651-0279-0
  • Hans Klotz: Das Buch von der Orgel. 13. Auflage, Bärenreiter, Kassel 2000, ISBN 978-3-7618-0826-9
  • Michael Bosch, Klaus Döhring, Wolf Kalipp: Lexikon Orgelbau. Bärenreiter, Kassel 2007, ISBN 978-3-7618-1391-1
  • Alfred Reichling (Hrsg.): Orgel. MGG Prisma. Bärenreiter, Kassel u. a. 2001, ISBN 978-3-7618-1622-6
  • Bernhard Ader: Orgelkunde. In: Hans Musch (Hrsg.): Musik im Gottesdienst. Band 2, ConBrio, Regensburg 1994, S. 256ff. ISBN 978-3-930079-22-3
  • Winfred Ellerhorst: Handbuch der Orgelkunde. Einsiedeln 1936, Frits Knuf, Buren 1986 (3. Repr.), ISBN 90-6027-519-5
  • Bédos de Celles, Dom François. L’art du facteur d’orgues. Band/Tome I: 1766; Band/Tome II: 1770; Band/Tome III: 1778; Faksimile-Nachdruck hrsg. v. Christard Mahrenholz. Bärenreiter, Kassel, 1976/1977

Orgelmusik

  • Klaus Beckmann: Repertorium Orgelmusik: Komponisten, Werke, Editionen; 1150–1998; 41 Länder; eine Auswahl = A bio-bibliographical index of organ music. Schott, Mainz 1999, 2., neu bearb. und erw. Aufl., ISBN 3-7957-0358-1
  • Rudolf Faber, Philip Hartmann (Hrsg.): Handbuch Orgelmusik. Komponisten, Werke, Interpretation. Bärenreiter, Kassel 2002, ISBN 3-476-01877-6
  • Victor Lukas: Reclams Orgelmusikführer. Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-150-08880-1
  • Arnfried Edler (u. Mitarb. von Siegfried Mauser): Geschichte der Klavier- und Orgelmusik, in 3 Bänden, Laaber-Verlag, Laaber 2007, ISBN 978-3-89007-674-4
  • Hermann J. Busch: Zur Interpretation der französischen Orgelmusik, Verlag Merseburger, Kassel 1986, ISBN 3-87537-214-X

Geschichte der Orgel

  • William Harrison Barnes: The Contemporary American Organ - Its Evolution, Design and Construction. Read Books, 2007, ISBN 978-1406760231. 
  • Sonnaillon, Bérnard: L’orgue. Instrument et musiciens. Office du Livre, Editions Vilo. Paris 1984, ISBN 2-7191-0211-3
  • Orpha Caroline Ochse: The History of the Organ in the United States. Indiana University Press, 1988, ISBN 9780253204950. 
  • William Leslie Sumner: The Organ. Its Evolution, Principles of Construction and Use. St. Martin’s Press. New York 1981
  • Craig R. Whitney: All the Stops. Perseus Books Group, 2004, ISBN 9781586482626. 
  • Curt Sachs: The History of Musical Instruments. W. W. Norton & Company, Inc. Publishers. New York, 1968 (Titel der deutschen Originalausgabe: Geist und Werden der Musikinstrumente, 1929)
  • Peter Williams: The Organ in Western Culture 750–1250. Cambridge University Press, Cambridge 1993, ISBN 0-521-61707-3 (engl.)

Weblinks



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