Kommutator (Elektrotechnik)

Kommutator (Elektrotechnik)

In der Elektrotechnik wird mit dem Kommutator (von lat. commutare – vertauschen), Kollektor oder Stromwender eine Einrichtung zur Umpolung (Stromwendung) in elektrischen Maschinen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Funktionsprinzip
eines Kommutators (hier im Bild schwarz)

Bereits 1834 entwarf Moritz Hermann von Jacobi einen ersten technisch brauchbaren Vorläufer heutiger Stromwender[1] für seinen Motor, mit dem er am 13. September 1838 auf der Newa in Sankt Petersburg ein Schiff antrieb.

Funktion und Aufbau

Die Stromwendung erzeugt einen von Wicklung zu Wicklung des Läufers wandernden bzw. wechselnden Strom und ist für Gleichstrommaschinen notwendig, um bei Drehbewegung ein Drehmoment zu erzeugen. Da sich entgegengesetzte Pole anziehen, wechselt der Polwender, um den Motor zum Drehen zu bringen. Kommutatoren bestehen klassisch aus einem Schleifkontakt zwischen den Lamellen des Kollektors und zwei oder mehr Bürsten (→ Gleichstrommaschine)

Die Lamellen bestehen aus Kupfer und bilden im Betrieb eine graubraune Schicht. Sie sind auf eine isolierende Zylinder- oder Kreisfläche aufgeklebt und besitzen einen Luft-Zwischenraum – Der Abrieb der Bürsten kann sich somit nicht festsetzen und beeinträchtigt die Isolierung nicht. Die Bürsten bestehen aus Graphit, teilweise vermischt mit Kupferpulver, oder – bei einigen kleinen Motoren – ganz aus Metall.

Betrieb

Kommutator in einem Universalmotor (Reihenschlussmotor für Wechselspannung)

Übermäßige Funkenbildung am Kommutator muss vermieden werden, da die dabei entstehende Hitze zu Verschleiß führen würde. Dazu werden an großen Motoren Wendepole eingesetzt, die dafür sorgen, dass das Erregerfeld bei wechselnden Belastungen des Motors immer so ausgerichtet bleibt, dass die Kommutierung im Bereich geringer Spannungen zwischen den Kollektorlamellen erfolgt. Das ist auch deshalb erforderlich, da die Bürste immer zugleich an mehr als einer Lamelle anliegt und während der Kommutierung benachbarte Lamellen miteinander kurzschließt. Im Idealfall ist die Spannung zwischen den unter der Bürste hervortretenden Lamellen Null. Man verwendet daher möglichst viele Lamellen und Ankerwicklungen und möglichst schmale Bürsten. Um eine hohe Stromtragfähigkeit zu erreichen, verbreitert man den Kollektor und die Bürsten. Die Bürsten verschleißen im Betrieb und werden kürzer. Daher bringt man sie oft in metallischen Führungen unter, in denen sie eine Feder auf den Kollektor drückt. Zur besseren Kontaktgabe der Bürste mit dem Stromanschluss hat diese oft ein eingepresstes Kupferseil oder sie ist direkt an eine Bronze-Blattfeder angelötet.

Kohlebürsten sind Verschleißteile und können daher bei den meisten Motoren ausgewechselt werden. Auch die Kommutatorlamellen nutzen sich ab, jedoch wesentlich langsamer als die Kohlebürste. Bei gegebener Beanspruchung können dicke Lamellen verwendet werden, um die Lebensdauer des Motors zu erhöhen.

Vermeidung der Funkenbildung

Kommutator eines großen Elektromotors

Bei relativ langsam laufenden Motoren treten beim Betrieb mit den verbreitet vorhandenen 50 Hz Wechselstrom mehrmalige Stromrichtungswechsel in den jeweils von den Bürsten gespeisten Spulen der Ankerwicklung auf. Dabei erfolgt während dem Wechsel der jeweils aktuell stromdurchflossenen Kollektorlamellen durch die Rotation beim Durchgang durch die Bürsten in der Regel keine oder nur eine zufällige Koordination zwischen dem Moment des Lamellen-Wechsels und dem Polaritätswechsel mit dem günstigeren Spannungs-Minimum der Wechselstromwelle. Die Folge sind dann Funkenüberschläge, die besonders bei großen Motorleistungen erheblichen Verschleiß verursachen. Aus diesem Grund wurde bei elektrisch betriebenen Vollbahnen zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Frequenz des Bahnstroms auf niedrige Werte zwischen 15 und 16 ⅔ Hz bei Oberleitungs-Spannungen von 10 bis 15 kV für eine kostengünstige Fernübertragung ein betrieblich tragbarer Kompromiss gefunden.

Die bürstenlose bzw. elektronische Kommutierung arbeitet verschleißfrei. Im sogenannten Elektronikmotor werden zur Rotorlageerkennung z. B. Hallsensoren verwendet, welche die Wicklungen über Leistungstreiber (Transistoren, Thyristoren, Triacs) ansteuern.

Siehe auch

Weblinks

 Wikisource: Neuer Commutator – Quellen und Volltexte

Literatur

  • Gregor D. Häberle, Heinz O. Häberle: Transformatoren und Elektrische Maschinen in Anlagen der Energietechnik. 2. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 1990, ISBN 3-8085-5002-3.
  • Gerd Fehmel, Horst Flachmann, Otto Mai: Die Meisterprüfung Elektrische Maschinen. 12. Auflage, Vogel Buchverlag, Oldenburg/Würzburg 2000, ISBN 3-8023-1795-5.
  • Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal 1989, ISBN 3-8085-3018-9.

Einzelnachweise

  1. Erster Elektromotor von Jacobi. In: Physik-Web. 10. Klasse G9 - Rupprecht-Gymnasium, 15. Dezember 2008, abgerufen am 11. Oktober 2010.

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