Kraftwerk Kaprun

Kraftwerk Kaprun
Übersicht
Übersicht Längsschnitt
Möllpumpwerk
Oberstufe schematische Darstellung
Schematische Darstellung Hauptstufe
Querschnitt einer 2-düsigen Freistrahlturbine der Hauptstufe

Das Kraftwerk Kaprun ist eine Gruppe von Wasserkraftwerken in den Hohen Tauern im Kapruner Tal in der Gemeinde Kaprun im Bundesland Salzburg in Österreich.

Errichtet wurde das Kraftwerk Kaprun von der ehemaligen Tauernkraftwerke AG, seit 1999 gehört es zur Erzeugungstochter des Verbund, der Verbund-Austrian Hydro Power AG.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Das Elektrizitätswerk Kaprun ist ein Speicherkraftwerk mit der Möglichkeit des Pumpbetriebes und erzeugt elektrischen Strom zur Abdeckung der Spitzenlast. Die Elektrizitätswerke werden von der Zentralwarte in Kaprun aus überwacht und fernbedient. Die elektrische Energie wird über zwei 220-kV-Leitungen zum Umspannwerk Tauern geleitet, wo die Einspeisung in das überregionale Hochspannungsnetz erfolgt.

Die Kraftwerksgruppe besteht aus:

Sie verfügt derzeit über eine installierte Leistung von 330 MW zur Stromerzeugung und 130 MW für den Pumpbetrieb. Das Regelarbeitsvermögen beträgt jährlich 742 Millionen kWh (einschließlich Pumpwälzbetrieb).

Das Wasser, das in den Kraftwerken zur Stromerzeugung genutzt wird, ist großteils Schmelzwasser des Pasterzengletschers des Großglockners, des höchsten Berges Österreichs. Dieses Wasser wird im Stausee Margaritze gesammelt und durch den 11,6 km langen Möll-Überleitungsstollen in den Speicher Mooserboden, abhängig von dessen Wasserspiegel, geleitet oder gepumpt. Es durchtunnelt damit die Wasserscheide des Alpenhauptkamms zwischen Drau/Mur und Salzach/Inn. Nach der Nutzung in der Oberstufe wird das Wasser im Stausee Wasserfallboden gespeichert und nochmals in der Hauptstufe abgearbeitet. Durch die nördlich und südlich des Alpenhauptkamms liegenden Einzugsgebiete können Niederschlagsereignisse verschiedener klimatischer Zonen erfasst und genutzt – und auch für den Hochwasserschutz reguliert – werden.

Im Jahr 2011 wurde das Pumpspeicherkraftwerk Limberg II in Betrieb genommen.[1] Dadurch erhöhte sich die installierte Turbinen- und Pumpleistung der Kraftwerksgruppe um 480 MW. Die in Kaprun installierten Anlagen werden dann ausreichen, um 10 % des österreichischen Strombedarfs zu Verbrauchsspitzenzeiten zu decken.

Oberstufe

Limberg

Das Krafthaus Limberg steht direkt am Fuße der Limbergsperre und benutzt das Wasser aus dem Stausee Mooserboden zur Erzeugung von elektrischem Strom. Im Pumpbetrieb wird Wasser vom Stausee Wasserfallboden in den Stausee Mooserboden gepumpt.

Limberg II

Das Pumpspeicherkraftwerk Limberg II wurde von 2007-2010 parallel zum bestehendem Kraftwerk Limberg errichtet. Die Anlagen sind komplett unterirdisch in Kavernen untergebracht.

  • Kraftwerkstyp: Pumpspeicherwerk
  • Max. Leistung Turbinenbetrieb: 480 MW
  • Max. Leistung Pumpbetrieb: 480 MW
  • Pumpvermögen: 137 m³/s
  • Maschinensätze: 2 Pumpturbinen mit vertikaler Welle und bürstenlosem Motorgenerator
  • Mittlere Rohfallhöhe: 365 m
  • Ausbauwassermenge: 144 m³/s
  • Inbetriebnahme: 2011[2]

Hauptstufe

Das Wasser des Speichers Wasserfallboden strömt durch 7,7 km lange Stollen und weiter durch eine 1.200 Meter lange, viersträngige Druckrohrleitung zum Maschinenhaus, wo vier Generatorsätze Strom produzieren.

Schematische Darstellung Kraftwerk Klammsee

Kraftwerk Klammsee

Das Kraftwerk Klammsee dient der Eigenbedarfsversorgung der Kraftwerksgruppe Kaprun.

Geschichte

Idee und erste Konzepte zum Projekt Kaprun-Großglockner entstanden 1928 bei der Firma AEG in Berlin unter dem Titel Tauernkraftwerk oder „Zentralisationsprojekt“. Aufgrund technischer und finanzieller Schwierigkeiten zu Beginn der Weltwirtschaftskrise wurde die Idee Anfang der 1930er Jahre zunächst verworfen und erst 1938 von den Nationalsozialisten wieder aufgegriffen.

Nach dem für umfangreiche Propagandazwecke durchgeführten Spatenstich begann mit der Begehung und Vermessung des Geländes 1938/39 die eigentliche Arbeit. Aufgrund des Mangels an Erfahrungswerten waren zahlreiche Entnahmen und Analysen von Gesteinsproben für die Planung notwendig.

Der Erschließungsbeginn der künftigen Baustelle waren die ersten sichtbaren Aktivitäten. Im schwierigen Gelände wurden Zufahrtswege und kleinere Brücken errichtet. Zudem wurden Baracken für die deutschen Ingenieure aufgestellt und einige Verankerungen für Materialseilbahnen betoniert.

Obwohl unter den Nationalsozialisten kein einziges Fundament gelegt und hauptsächlich im Sommer gearbeitet wurde, gab es dennoch unter den für hochalpine Bedingungen unzureichend ausgerüsteten und schlecht ernährten Zwangsarbeitern zahlreiche Verletzte und auch Tote. Bis 1945 sind von bis zu 83 verunglückten 56 Todesfälle dokumentiert (zwischen 1946 und 1951 kamen insgesamt 78 Arbeiter bei Unfällen oder Lawinenabgängen ums Leben). Das Leiden der jüdischen Zwangsarbeiter und das Verdrängen dieser Geschichte im Nachkriegsösterreich wurden auch Thema des Theaterstückes "Das Werk" von Elfriede Jelinek (2003).

Von Anfang an litt das Projekt unter Mangel an Maschinen und geeigneten Ingenieuren. Die Bauarbeiten entwickelten sich schleppend. Bezeichnenderweise kam die Organisation Todt in Kaprun nicht zum Einsatz. Im Winter 1942/43 wurde das Projekt praktisch stillgelegt. Rüstungsminister Speer hatte neue Prioritäten gesetzt. Die Zwangsarbeiter wurden in der Rüstungsindustrie (z.B. Bau von unterirdischen Stollen für Munition- Panzer- und Flugzeugbau) gebraucht, und die wenigen noch einsatzfähigen Geräte wurden von Kaprun abgezogen. Deshalb wurde mit dem Bau des Maschinenhauses und der Limbergsperre erst nach 1945 begonnen (Beginn der Betonierung der Limbergsperre: 8. September 1948).

Wegen der Kürze des vollen Arbeitseinsatzes und des Mangels an Baugerät sowie kompetentem Personal kann die Arbeit der Nationalsozialisten – wenn man schon schätzen muss – mit allerhöchstens fünf Prozent des Gesamtaufwandes der ersten Ausbaustufe bis 1955 beziffert werden. Oft genannte (viel) höhere Schätzungen entbehren jeder Grundlage. Die von der Union-Baugesellschaft ausführlich fotografisch dokumentierte Baustelle zeigt deutlich erkennbar die Gesamtsituation 1948.

Wie damals üblich erfolgte bei komplexen Projekten die Detailplanung schrittweise, zumal bei diesem Hochgebirgsprojekt ohne entsprechende Erfahrung. So fanden die Österreicher nach Kriegsende wenige Detailpläne vor. Deshalb war es nach 1945 ohne viel Aufwand möglich, das Konzept an mehreren Stellen zu ändern bzw. zu verbessern und den wesentlich großzügigeren finanziellen Nachkriegsmitteln anzupassen.

Nachdem 1947 die Finanzierung gesichert war, wurde von den Österreichern unverzüglich mit dem Bau begonnen, da schon früh der hohe Identität stiftende und propagandistische Wert für die Wiederaufbaudynamik der Zweiten Republik erkannt wurde. Unter den vorerst wenigen Baumaschinen bei der Ingangsetzung 1946/47 waren auch einige von den USA gestiftete, darunter einer der legendären „Erie-Bagger“.

Ab 1947 wurde das Projekt mit enormen Mitteln aus dem ERP-Fonds gefördert (1,43 Mrd. Schilling). Beim Bau des Oberstufenkraftwerks (Mooserboden) bremsten die US-Experten zunächst die Vergabe weiterer ERP-Kredite, weil sie die Wirtschaftlichkeit des Projekts anzweifelten. Sie forderten stattdessen den Bau einer Hochspannungsleitung über den Arlberg, um die Energie der Vorarlberger Illwerke AG im eigenen Land zu nutzen. Für Österreich war Kaprun aber zu einer so wichtigen Prestigefrage geworden, dass sich die amerikanischen Partner umstimmen ließen. Am 23. September 1955 wurde das Kraftwerk mit einer Gleichenfeier in Betrieb genommen.

Schon in der NS-Zeit propagandistisch unterstützt, entwickelte sich Kaprun in den Nachkriegsjahren, vielmehr aber noch nach seiner Eröffnung, zu einem Sinnbild des österreichischen Wiederaufbaus, das sich durch bestimmte Faktoren auszeichnete:

  • In Kaprun arbeiteten alle zusammen, alle waren Kameraden, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrer Aufgabe auf der Baustelle. Ob Minenarbeiter oder führender Ingenieur, sie kämpften Seite an Seite für die gemeinsame Sache.
  • Kaprun wurde als Krieg inszeniert. Der Mensch kämpfte gegen die Natur, die schließlich mit Hilfe der Technik erfolgreich bezwungen wurde. Der zahlreichen Opfer wurde wie Gefallenen gedacht, die im Kampf für die gemeinsame Sache ihr Leben gelassen hatten. Auf dem Denkmal für die verunglückten Bauarbeiter ist zu lesen: „Aus Arbeit und Opfer ein Werk“

Die Kriegsmetaphern boten für die im Krieg sozialisierte Bevölkerung, ähnlich der Opferthese, ein breitenwirksames Identifikationspotential. Die Erzählung von den geeinten Arbeitern erinnert in ihrer Rhetorik stark an die nationalsozialistische Volksgemeinschaft, hatte aber auf die neu zu schaffende Identität eine einigende Wirkung. Vor der Kulisse der Alpen konnte so der Sieg eines geeinten Volkes über einen scheinbar übermächtigen, naturgegebenen Gegner inszeniert werden. Ein Sieg, der sowohl 1938 als auch 1945 verwehrt blieb.

In den 1970ern ist eine Transformation des Mythos festzustellen, die Technik (die riesigen Staumauern und das Krafthaus) tritt auf den Photographien immer weiter in den Hintergrund, die Aufmerksamkeit richtet sich fast ausschließlich auf die Landschaft. Der Sieg des Menschen über die Natur ist nicht mehr erstrebenswert (vgl. Besetzung der Hainburger Au), die Alpen und die dort geschaffene „Gedächtnislandschaft“ kann aber nach wie vor ihre Wirkung entfalten.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Pumpspeicherwerk Limberg II feierlich in Betrieb genommen. 405 Mio. Euro Investition in Ausbau der grünen Batterie. VERBUND, 5. Oktober 2011, abgerufen am 20. Oktober 2011 (Pressemitteilung).
  2. ORF Salzburg - Kaprun: Limberg II produziert erstmals Strom

Literatur

Weblinks

 Commons: Kraftwerk Kaprun – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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