Kreuzweg Bamberg

Kreuzweg Bamberg
E = Elisabethenkirche
A = Aufseesianum
M = Michelsberg
G = St. Getreu
Bamberger Kreuzweg

Der Bamberger Kreuzweg aus dem Jahr 1503 ist der älteste vollständig erhaltene Kreuzweg in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Bamberger Kreuzweg geht auf Stiftungen des Ritters Heinrich Marschalk von Ebneth zu Raueneck zurück, der in geschäftlichen Beziehungen zur Benediktinerabtei Michelsberg stand. der Überlieferung zufolge hat er bei einer Wallfahrt in Jerusalem die Zahl der Schritte zwischen den einzelnen Stationen aufgeschrieben und auf Bamberg übertragen. Auf jeder Station ist die Entfernung vom Pilatushaus in Schritten eingraviert.

Adam-Kraft-Kreuzweg in Nürnberg

1519 vermachte Heinrich Marschalk von Rauheneck einen Jahreszins von fünf Gulden zur Erhaltung der Figuren vom Sandtor zu Sankt Getreu. Damit ist anzunehmen, dass er auch der Stifter des Kreuzwegs ist.

In den Jahren 1500 und 1503 stiftete Marschalk von Rauheneck Freitagsmessen in der Elisabethekapelle und in der St. Getreukirche. Wohl in diese Zeit fällt die Bildhauerarbeit des Kreuzwegs durch einen nicht bekannten Bildhauer. Möglicherweise war es der Meister des an der Oberen Pfarre 1502 angebauten Ölbergs. Sicherlich derselbe Heinrich Marschalk von Rauheneck stiftete den durch Adam Kraft gestalteten Kreuzweg in Nürnberg, von dem nur noch wenige Stationen erhalten sind.

Nach der letzten Restaurierung des Bamberger Kreuzwegs im Jahre 1975 durch Hermann Leitherer stellte dieser die These auf, dass der sitzende Soldat in der letzten Station vor St. Getreu ein Selbstbildnis des Bildhauers ist. Der Bildhauer ist unbekannt. Zahlreiche Erhaltungsmaßnahmen im Lauf der Jahrhunderte verwischten den Originalzustand. Schon im Bauernkrieg des Jahres 1525 wurde der Kreuzweg stark beschädigt. Dazu kommt noch, dass ein so genannter „Nasenchirurg" bei der Restaurierung des Jahres 1907 den Figuren Einheitsnasen verpasste.

Beschreibung

Der Kreuzweg führt in sieben Stationen von der Spitalkirche St. Elisabeth bis zur Propsteikirche St. Getreu und sollte den Gläubigen den Leidensweg Christi in Jerusalem nachempfinden lassen. Bei den ersten spätmittelalterlichen Kreuzwegen war es üblich, die Entfernungen zwischen den einzelnen Stationen der Via Dolorosa in Jerusalem auf örtliche Verhältnisse zu übertragen, um den Gläubigen das Nachschreiten des Leidenweges im Gebet zu ermöglichen.

Stationen

Von den traditionellen 14 Stationen (siehe Kreuzweg) sind in Bamberg nur neun ausgeführt.

Station Nr. hier Beschreibung Bibelstelle
1 fehlt Jesus wird zum Tode verurteilt. Evangelium nach Matthäus: 27, 22-23.26
2 1. Station Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern. Evangelium nach Matthäus: 27, 27-31
3 6. Station Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz. -
4 2. Station Jesus begegnet seiner Mutter. -
5 3. Station Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz tragen. Evangelium nach Matthäus: 27, 32
6 5. Station Veronika reicht Jesus das Schweißtuch. -
7 fehlt Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz. -
8 4. Station Jesus begegnet den weinenden Frauen. Evangelium nach Lukas: 23, 28-31
9 fehlt Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz
10 fehlt Jesus wird seiner Kleider beraubt. Evangelium nach Matthäus: 27, 33-36
11 fehlt Jesus wird ans Kreuz geschlagen. Evangelium nach Matthäus: 27, 37-42
12 7. Station Jesus stirbt am Kreuz. Evangelium nach Matthäus: 27, 45-50, 54
13 8. Station Jesus wird vom Kreuz genommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt. Evangelium nach Johannes: 19, 38
14 9. Station Der Leichnam Jesu wird ins Grab gelegt. Evangelium nach Matthäus: 27, 59-61

Jesus verlässt das Haus des Pilatus und wird zur Kreuzigung abgeführt

  • Inschriften
    • Linke Säule: „Hir wirt Cristus ausgefuhrt von pilatus haws sein kreutz tragend“
    • rechte Säule: „pilatushaws“
  • Standort
    • Sandstraße, neben St. Elisabeth in der Grundstücksmauer der Justizvollzugsanstalt

Die erste Station zeigt, wie Jesus nach seinem Todesurteil zur Kreuzigung abgeführt wird. Im Evangelium nach Johannes (19, 16-17) heißt es: :„Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur so genannten Schädelstätte, die hebräisch Golgatha heißt.“ Pilatus verfolgt in der Türe seines Hauses interessiert die Szene, hinter ihm drängen sich als Zeichen seiner Macht fünf Soldaten.

Fünf Folterknechte zwingen Jesus, sich das Kreuz aufzuladen. Der erste schaut mit fragendem Blick zurück, ob man endlich zur Hinrichtung schreiten könne. Er trägt einen Hammer sowie einen Korb mit Zange und Nägeln, die Kreuzigungswerkzeuge. Der zweite Folterknecht will an dem Seil zerren, mit dem Jesu angebunden ist, doch ein weiterer Folterknecht grätscht mit den Beinen darüber. Dieser und ein weiterer Mann schlagen auf Jesus ein und ziehen ihn an den Haaren. Als Letzter folgt ein Mann, der ein Beil zum Zuspitzen des Kreuzesbalkens trägt.

Jesus erträgt mit der Dornenkrone auf dem Haupt geduldig und gekrümmt unter der Last des Kreuzes die Anfeindungen.

Das Relief wird auf beiden Seiten von einer symbolischen Stadtarchitektur begrenzt. Der linke Pfeiler stellt ein Stadttor dar. Der rechte Pfeiler bildet das Haus des Pilatus, aus dem dessen Frau mit ihren beiden Töchtern das Geschehen verfolgt.

Jesus begegnet seiner weinenden Mutter

Maria wird ohnmächtig, als sie ihrem Sohn auf dem Weg zu seiner Hinrichtung begegnet. Nach der Berechnung des Stifters sind es vom "Haus des Pilatus" bis zu dieser Stelle 200 Schritte. Inschrift:

Hir begeget Cristus seiner wirdigen lieben muter die vor grosem hertzenleyd amechtig wird. iic. schrit von pilatus haus

Standort: im unteren Drittel der Aufseßgasse

Die Entfernungsangabe „iic schrit" (200 Schritte) ist wohl unter dem Einfluss der arabischen Ziffern entstanden.

Im apokryphen Nikodemus-Evangelium wird berichtet, dass Jesus seiner weinenden Mutter begegnet, die daraufhin in Ohmacht fällt. Hier wird gezeigt, wie sie in Ohnmacht fällt und ihr rechter Arm kraftlos herab hängt. Sie wird dabei von Jesu Lieblingsjünger Johannes und von einer Frau, vermutlich Maria Magdalena aufgefangen, die beide Jesus besonders nahe standen. Eine weitere Begleiterin hält sich verzweifelt einen Gewandzipfel vor den Mund.

In der Bildmitte hebt ein Scherge seine Hand zum Schlag gegen Jesus. Der zweite Scherge hält einen Hammer in der rechten Hand. Ein kleines Detail zeigt, wie ein Mann Jesus mit seinem Schuh auf den Fuß tritt, damit er es noch schwerer hat.

Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

Inschrift:

Hir wird Symon gezwungen Cristo sein kreutz helfen tragen. iic /xxxxv. schrit von pilatus haws.

Standort: Mitte der Aufseßgasse

Simon von Kyrene war ein Bauer, der bei der Heimkehr vom Feld gezwungen wird, das Kreuz zu tragen helfen und der auffällig klein dargestellt wird. Mit der rechten Hand trägt Simon den Kreuzbalken, mit der linken wehrt er sich gegen den vor ihm stehenden Schergen, der ihn an der Schulter packt und mit der rechten Faust auf ihn einschlägt.

Jesus begegnet den weinenden Frauen von Jerusalem

Inschrift:

He sprach Cristus jr Töchter von Jherusalem nit weinet über mich sondern über euch und eur Kinder IIIC lxxx schritt v. p. haus.

Standort: im oberen Drittel der Aufseßgasse

Auf dem Weg nach Golgatha beweinen Jerusalemer Frauen Jesu Schicksal. Jesus wendet sich ihnen zu und fordert sie auf, sich selbst und ihre Kinder zu beweinen. Jesu Miene demonstriert auch in Todesnot sein Interesse am Los seiner Mitmenschen. Drei Frauen trocknen ihre Tränen, während eine vierte die Hände ringt. Diese Frau könnte Jesu Mutter Maria darstellen. Diese Vermutung wird bestätigt durch einen Vergleich mit der zweiten Station. Der dort dargestellte Johannes hat übrigens dieselbe Haartracht und ähnliche Gesichtszüge.

Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

Veronika reicht Jesus das Schweißtuch, auf dem sich der Abdruck seines Antlitzes erhält. Inschrift:

Hir hat Cristus sein heiliges angesicht der Frawen Feronica in jren slayr gedrückt vor kein haws. Vc schilt von pilatus haws

Standort: an der Einmündung der Aufseßgasse in den Michelsberg

Die fünfte Station bezieht sich auf die Legende des 4. Jahrhunderts, nach der eine der weinenden Frauen Jesus ein Schweißtuch reichte. Jesus drückte das Tuch an sein Gesicht, und es blieb ein Abdruck seines Antlitzes zurück. Dieses Schweißtuch der Veronika wird in einem Kuppelpfeiler des Petersdoms aufbewahrt und galt im Mittelalter als größte Reliquie der Christenheit.

Jesus stürzt unter der Last des Kreuzes

Inschrift:

Hie velt Cristus vor großer amacht unter dem kreutz ernider uff die erden her Eilfhundert schritt vo pilatus haus

Standort: in St. Getreu (Südwand)

Jesus ist zusammengebrochen und liegt hingestreckt auf dem Boden, während die Schergen versuchen, ihn in unterschiedlichen Richtungen zu ziehen.

Jesus stirbt am Kreuz

Nach Johannes 19,19-22 ließ Pilatus am Kreuz Jesu eine Tafel mit der Inschrift „Jesus von Nazareth, König der Juden" in Hebräisch, Griechisch und Latein anfertigen. Die Inschrift enthält in der griechischen und hebräischen Version etliche Fehler. Standort: Mauer des ehemaligen Friedhofes von St. Getreu

Die lateinische Abürzung I.N.R.I. ist auf vielen Kruzifixen zu finden. Die griechische und hebräische Version der Inschrift enthält allerdings etliche Fehler. Nach dem Johannesevangelium (19, 25-27) standen bei dem Kreuz Johannes und seine Mutter sowie drei weitere Frauen (die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala). Das Lukasevangelium berichtet außerdem, dass mit ihm zwei Verbrecher gekreuzigt wurden, von denen der rechte seine Übeltaten bereute, während der andere verstockt blieb.

Die Jahreszahl am Kreuzesschaft verweist darauf, dass dieser Teil des Kreuzweges schon im Jahr 1500 fertiggestellt war. Er war Teil des Kreuzweges auf dem Friedhof von St. Getreu, der 1838 aufgelassen wurde und dessen Kreuzgruppe dann in die Kirche versetzt wurde.

Jesus scheint bereits tot zu sein. Der linke Schächer blickt zu Jesus auf, während der rechte sich von Jesus abwendet und sein linkes Bein vor dem rechten hat.

Beweinung des toten Jesus

Inschrift:

Zum Grab will das Hertz. allein. Mein Hertz soll dann sein Ruhstatt sein.

Standort: St. Getreu (integriert in die Kreuzigungsgruppe)

Die Beweinung des toten Jesus wird in der Bibel nicht beschrieben, es wird nur von der Abnahme vom Kreuz berichtet. Der Leichnam Jesu wird der knienden Maria in den Schoß gelegt.

Jesus wird ins Grab gelegt

Inschrift:

Nicodemus iustus („Nikodemus der Gerechte"; am Mantelsaum des linken Mannes)

Standort: in St. Getreu, hinter dem Kreuzaltar

Josef von Arimathäa und Nikodemus kümmerten sich um die Bestattung Jesu in einem Felsengrab. Nikodemus und Joseph von Arimathäa sind dabei, den Leichnam Jesu in den Sarkophag zu senken. Hinter dem Sarkophag beugt sich Maria über Jesus.

Die Station ist in einem guten Zustand, da sie nie der Witterung ausgesetzt war. Die lateinischen Inschriften erwähnen nach elf Leiden die „propitiatio", die Versöhnung Gottes mit dem sündigen Menschen.

Bedeutung

Der Bamberger Kreuzweg ist nicht nur von kunsthistorischer, sondern auch von aktueller religiöser Bedeutung. So wird er einmal im Jahr von Gläubigen der Dompfarrei betend abgeschritten, womit das Anliegen des Stifters auch nach 500 Jahren noch erfüllt wird.

Literatur

  • Johannes Otto Först / Annette Glück-Schmidt: Der Bamberger Kreuzweg. Bamberg: Kaiser-Heinrich-Gymnasium, 2006
  • Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, bürgerliche Bergstadt, Band VI, Seite 1621

Weblinks


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