Kula (Ritual)

Kula (Ritual)

Kula ist ein Begriff aus der Sozialanthropologie (Ethnologie).

Es handelt sich dabei um ein rituelles Gabentausch-System mit verzögerter Reziprozität bei den Bewohnern der Trobriand-Inseln. Getauscht werden zwischen den grob kreisformig angeordneten melanesischen Inseln im Uhrzeigersinn soulava, das sind Halsketten aus kleinen roten Muschelplättchen, in der anderen Richtung (im Mühlensinn) mwali, das sind Armreife aus einem weißen Muschelring. Die einzelnen Ketten und Reife haben sakralen Charakter, je ihre eigene mündlich tradierte Geschichte und müssen nach einer Weile weitergetauscht werden.

Das Wort Kula bedeutet ein rituelles Tausch- und Prestigeobjekt ohne unmittelbaren Nutzen für den, der es bekommt. Mit dem Erhalt geht die Verpflichtung einher, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes dem Gebenden etwas Entsprechendes zu schenken. Die soziale Funktion dieses komplexen, nicht profitorientierten Austauschhandels ist es, die sozialen Bande zwischen den akephal verbundenen Trobriandern zu verstärken und realen Gütertausch rituell zu flankieren. Geber und Nehmer stehen dabei in einer ständigen (erblichen) Position des Gastfreundes zueinander.

Der Anthropologe Bronisław Malinowski hat das Kula-System in seinem Buch Argonauten des westlichen Pazifik 1922 detailliert beschrieben und in den europäischen Sozialwissenschaften bekannt gemacht.

Marcel Mauss hat sich in seinem Werk „Die Gabe“ noch ausführlicher mit dieser komplexen Thematik befasst und interkulturelle Vergleiche über den Geschenketausch angestellt.

Die Erkenntnis von Malinowski, dass es auch Wirtschaften ohne Profit gibt, beeinflusste die gesamte Wirtschaftsethnologie, aber auch das westliche ökonomische Denken.

Siehe auch

Literatur

  • Bronisław Malinowski; Fritz Kramer (Hrsg.): Argonauten des westlichen Pazifik. Ein Bericht über Unternehmungen und Abenteuer der Eingeborenen in den Inselwelten von Melanesisch-Neuguinea. 2. Auflage. Klotz, Eschborn bei Frankfurt am Main 2001 (Originaltitel: Argonauts of the western Pacific, übersetzt von Heinrich Ludwig Herdt), ISBN 3-88074-450-5 (Original 1922).
  • Marcel Mauss: Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften. 2. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994 (Originaltitel: Essai sur le don, übersetzt von Eva Moldenhauer), ISBN 3-518-28343-X (Original 1924).

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