Kunststricken

Kunststricken
Stricken
Gestrick einer Rundstrickmaschine rechte Seite
Gestrick einer Rundstrickmaschine linke Seite

Stricken ist die Herstellung von Maschen mit Hilfe eines Fadens sowie zweier oder mehrerer Nadeln. Gestricke sind im Vergleich mit Geweben schwerer und durchsichtiger. Dafür sind sie besser drapierbar, sie passen sich Körperformen einfach an.

Inhaltsverzeichnis

Stricken maschinell

Mit industriellen Rundstrickmaschinen lassen sich besonders feine Gestricke herstellen, Flachstrickmaschinen erzeugen mit Baumwoll-, Woll-, oder Sythetik-Garnen Kleidungsstücke wie z.B. Pullover. Wie dick das Gestrick wird und welche tragetechnischen Eigenschaften es hat, hängt dabei unter anderem von der Strickmaschine, dem verwendeten Garntyp und der Strickbindung ab.

Industrielle Strick- und Wirkmaschinen sind nicht gleichzusetzen mit Handstrickapparaten, bzw. Heimstrickmaschinen, wie sie in den 1960er und 1970er Jahren und auch in den letzten Jahren (Stand 2009) wieder vermehrt im häuslichen bzw. Hobbybereich eingesetzt werden. Die Erzeugung eines Kleidungsstücks in einem Arbeitsgang ist mit solchen Apparaten nicht möglich. Die Funktionsweise ähnelt zwar der einer industriellen Maschine, die Maschen hängen in einer Reihe auf Zungennadeln und werden mittels eines beweglichen Schlittens abgestrickt, anschließend wird das Gestrick in derselben Weise weiterverarbeitet wie beim Handstricken.

Stricken von Hand

Als Material verwendet man Handstrickgarn, das z. B. aus Seide, Wolle, Baumwolle, Viskose oder Polyacryl bestehen kann. Die Nadeln werden aus Stahl, (Bambus-) Holz, Kunststoff oder Carbonfasern angefertigt, sind 15 bis 50 cm lang, überall gleich stark (2–20 mm) und an den Enden etwas zugespitzt. Wenn man mit zwei Nadeln strickt, so sind diese an einem Ende mit einem Maschenstopper versehen, damit die Maschen nicht abgleiten können. Auf die eine Nadel werden durch Knüpfen Maschen aufgelegt; diese Nadel nimmt man in die linke Hand und legt den an der letzten Masche hängenden Faden über den Zeigefinger um die anderen Finger; mit der von der rechten Hand gehaltenen zweiten Nadel sticht man in die erste Masche, fasst mit der Nadel den straff angezogenen Faden, zieht ihn durch die Masche hindurch und lässt diese von der Nadel heruntergleiten. Da der Faden ohne Unterbrechung fortläuft, sind alle Maschen miteinander verbunden. Die Haltung der Stricknadeln unterscheidet sich zwischen den Ländern, d. h. sie ist z. B. in Deutschland anders als in Italien. Die Bilder zeigen das Vorgehen bei „englischer“ Strickweise (gebräuchlich im angelsächsischen Raum, teilweise auch in den Niederlanden und Frankreich), bei der der Faden mit der rechten Hand geführt wird. Bei „kontinentaler“ Strickweise, die im deutschsprachigen Raum gebräuchlicher ist, wird der Faden mit der linken Hand geführt und mit der rechten Nadel durch die vorhandene Masche durchgeholt.

Strickarten

Stricken mit 4 Nadeln

Man unterscheidet rechts- und linksgestrickte Maschen. Beim Rechtsstricken sticht man von vorn in die Masche und zieht den Faden von hinten nach vorn durch, beim Linksstricken ist es umgekehrt. Ist die Strickarbeit lappen- oder streifenartig, so bedient man sich zweier Nadeln und wendet jedes Mal am Ende der Nadel das Strickzeug um. Will man ein Rund stricken, so braucht man vier oder fünf Nadeln (ein so genanntes Spiel) oder eine Rundstricknadel, die aus zwei durch einen Perlondraht miteinander verbundenen Nadeln besteht. Verwendet man ein Spiel, so werden die Maschen auf vier Nadeln verteilt, die fünfte wird zum Abstricken der Maschen verwendet. Bei einer Rundstricknadel werden die Maschen fortlaufend abgestrickt, wodurch ein schlauchförmiges Gestrick entsteht. Durch die Variation von rechten und linken Maschen, Ab- und Zunahmen, Umschlägen, Verschränken der Maschen und anderen Arten von Maschenbildungen kann man verschiedene Muster in die Strickerei einbringen (Strickmuster).

Gestrickt werden können fast alle Arten von Kleidungsstücken wie z. B. Strümpfe, Pullover, Röcke, Jacken, Strickjacken, Hauben, aber auch Kunststrick-Decken, Gardinen, Teppiche etc.

Mit der so genannten Doppelstrick-Methode, die vor allem in Ostpreußen zu Hause war, werden zwei verschieden farbige Fäden verstrickt. Dadurch können Mützen, Strümpfe oder Handschuhe so hergestellt werden, dass bei kompletter Wendung der Innenseite nach außen das gleiche Muster, aber in der anderen Farbe zu sehen ist.

Geschichte

Handstricken

Das Stricken soll bereits im 13. Jahrhundert in Italien bekannt gewesen, nach anderen Quellen aber erst im 16. Jahrhundert in Spanien erfunden worden sein. Die ältesten erhaltenen Strickarbeiten wurden in Spanien (Las Huelgas) gefunden. Sie werden als arabische Arbeit angesehen, u. a. wegen einer eingestrickten Inschrift auf arabisch aus dem Grab von Fernando de la Cerda, der 1275 gestorben ist. Ein gestricktes Kissen wurde im Grab von Fernando, Sohn Alfonso X, gefunden. Fernando starb im Jahr 1283. Aus dieser frühen Zeit sind weiterhin liturgische Handschuhe erhalten, u. a. in Cluny, London, Prag, Brixen. Sowohl aus dieser Zeit als auch wesentlich früher sind Filet-Arbeiten erhalten, die Strickwaren äußerlich ähnlich sehen. Im Gegensatz zu gestrickten Arbeiten werden aber hier weder Maschen aus Schlaufen (ohne Knoten) gebildet noch wird mit zwei Nadeln (bzw. einem Nadelspiel) gearbeitet. Als eine möglicherweise notwendige Voraussetzung wird z. T. die Herstellung von Stahl(strick)nadeln genannt, da mit diesen Stricken leicht möglich ist. Dies würde auch auf eine Entstehung im arabisch-spanischen Raum hinweisen. Von hier gelangte es nach England und Schottland, und 1564 wird Lars Johann Fikert als erster Strumpfstricker in England genannt. Um dieselbe Zeit gab es in Deutschland Hosenstricker, und noch lange wurde das Stricken von Männern ausgeübt. Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts werden Strickereien vielfach durch Strickmaschinen hergestellt. Stricken ist heute eine beliebte Freizeitbeschäftigung, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt wird.

Maschinelles Stricken

Während beim Wirken die Maschenreihe mit sämtlichen Einzelmaschen auf einmal entsteht, werden beim Stricken die Maschen nacheinander gebildet. 1856 ließ der Engländer Mathew Townsend, Leicester, eine mit Gelenk versehene Nadel (Zungennadel) patentieren. Mit Hilfe dieser Nadel wurde der Maschenbildungsprozess einfacher als mit Spitzennadeln. 1881 wurde die Doppelzungennadel von Durand erfunden. Dadurch konnten jetzt von Links-Links-Strickmaschinen gebaut werden. In Bezug auf die Ausgestaltung unterscheidet man Flach- und Rundstrickmaschinen, die sowohl für den Hand- als auch für den Motorbetrieb infrage kommen.

Strickmuster

Es gibt im Grunde genommen nur zwei verschiedene Maschenarten, die rechte, bei der die neue Schlaufe von hinten kommend nach vorn durch die alte Schlaufe gezogen wird (d. h. der querlaufende Teil des Fadens liegt hinten), und die linke, bei der der Faden von vorn nach hinten durchgezogen wird, wobei der querlaufende Teil vorn zu liegen kommt. Beide bilden jeweils die Rückseite der anderen. Alle anderen „Maschen“ sind nur Abwandlungen davon. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang außer rechten und linken Maschen:

  • verschränkte/verdrehte Masche (Masche um 180° gedreht auf der Nadel)
  • Umschlag
  • mehrere Maschen zusammenstricken
  • Maschen verkreuzen (z. B. für Zopfmuster)
  • Maschen aufnehmen oder anschlagen am Anfang der Strickarbeit oder um die Maschenzahl zu erhöhen
  • Maschen abketten am Ende der Strickarbeit oder um die Maschenzahl zu verringern.

Durch Kombination dieser Maschen erhält man unterschiedliche Muster. Insbesondere beim Kunststricken, mit dem man z. B. Tischdecken stricken kann, werden Muster angewandt. Weitere Musterarten erzielt man z. B. durch das Verstricken von mehreren Farben in einer Reihe, wobei man wahlweise in rechten oder linken Maschen oder einem Gemisch aus beiden stricken kann.

Siehe auch

Literatur

  • Debbie Bliss: Stricken, Haupt, Bern 2000, ISBN 3-258-06039-8
  • Katharina Buss: Das große Strickbuch, Urania-Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-332-01434-X
  • Lisl Fanderl: Bäuerliches Stricken, Rosenheimer Verlagshaus, Rosenheim 2001
    • 1. – Alte Muster aus dem alpenländischen Raum, ISBN 3-475-52128-8
    • 2. – Strümpfe, Jacken und Westen nach alten Mustern aus Museen und Privatbesitz, ISBN 3-475-52266-7
    • 3. – Bezaubernde Strickmuster aus Bozen, Innsbruck, Wien, Laufen a.d. Salzach, Nördlingen, Eichstätt sowie aus den Klöstern Niederaltaich und Frauenchiemsee, ISBN 3-475-52402-3
  • Sylvia Greiner: Kulturphänomen Stricken. Das Handstricken im sozialkritischen Kontext, Selbstverlag, Remshalden-Grunbach 2002, ISBN 3-935383-06-1
  • Emmy Heine: Schule des Strickens, Wagner, Leipzig 1879, (Lehrbücher der Handarbeit; 1)
  • Gabriele Hillardt: Das Stricken, Hasbach, Wien 1887
  • Irena Turnau: History of knitting before mass production, Oficyna Wydawnicza „Akcent“, Warszawa 1991, ISBN 83-90021-32-3

Weblinks


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