Kurzhalsgeige

Kurzhalsgeige

Die Kurzhalsgeige ist eine Variante der Violine, die in Südwestböhmen und vor allem im Egerland Verwendung fand.

Sie zeichnet sich durch einen verkürzten Hals und eine dementsprechend höhere Tonlage aus. Der Steg wurde oft sehr nahe am ebenfalls verkürzten Griffbrett positioniert und zusätzlich abgeflacht, um zwei bis drei Saiten gleichzeitig streichen zu können. Durch den in Normalgröße ausgeführten Korpus konnte bei hoher Grundstimmung eine durchdringende Lautstärke erreicht werden.

Die Kurzhalsgeige wurde ausschließlich als Partnerinstrument zum böhmischen Dudelsack verwendet, daher auch die häufige Benennung als "Dudlgeige" oder "Dudelsackgeige". Ihre Aufgabe war, die Melodie, die auf dem Dudelsack gespielt wurde, in der Sext oder teilweise sogar der Oktave darüber zu begleiten.

Die Stimmung erfolgte folgendermaßen: Die tiefste Saite wurde unisono mit der Tonika der Dudelsackspielpfeife gestimmt, die übrigen Saiten jeweils in aufsteigenden Terz-Schritten. Für eine Kurzhalsgeige, die mit einem Dudelsack in B zusammen spielt, dessen Spielpfeife die Tonika auf b´ hat, ergibt sich damit folgende Stimmung: b´ d´´ f´´ a´´. Durch diese Stimmung war es auch möglich, in Terzparallelen zu spielen.

Eine weitere Möglichkeit (unter ca. 30 verschiedenen Varianten) waren Quartintervalle. In diesem Fall wurde die höchste Melodiesaite eine Oktave über dem Grundton des Dudelsacks gestimmt. Quint-Intervalle sind nur selten belegt, letztere wurden oft von Spielern verwendet, die ursprünglich die klassische Violine gespielt und dann zur Kurzhalsgeige gewechselt hatten. Üblicherweise war die Stimmung dann (ähnlich dem Violino piccolo) b f´ c´´ g´´, sie konnte aber sogar bis h´ fis´´ cis´´´ gis´´´ gehen.

Die Wahl von kleineren Intervallen als Quinten erklärt sich nicht nur aus dem leichteren harmonischen Spiel, sondern auch aus der Tatsache, dass den Spielern bei den mitunter extrem verkürzten Mensuren - oft wurde auch der Steg in Richtung Griffbrett verschoben bzw. der Sattel versetzt - ein genaues Greifen bei Quintintervallen unmöglich gewesen wäre.

Die beliebte hohe Stimmung der Dudelsäcke (Tonika meistens zwischen d´´ und e´´) führte somit zu mitunter extrem hohen Stimmungen der Kurzhalsgeigen, was sie sehr geeignet für eine laute Umgebung machte. Damit erklären sich auch Begriffe wie "Brüllgeige" oder "Pfiffgeige". Mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts und dem damit veränderten Musikgeschmack wurde die Kurzhalsgeige von der normalen Geige verdrängt.


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