Kyrios (Christentum)

Kyrios (Christentum)

Der Kyrios-Titel (deutsch: Herr) wird im Sprachgebrauch des Neuen Testaments sowohl für Gott als auch für Jesus Christus verwendet. In liturgischen Texten ist noch heute die griechische Anrede Kyrie bzw. Herr! für Jesus geläufig.

Inhaltsverzeichnis

Hebräische Bibel bzw. Altes Testament

Die Verwendung des biblischen Gottesnamens unterliegt im Judentum strengen Reglementierungen, weshalb als Schutz vor versehentlichem Aussprechen der hebräische Konsonantentext JHWH meist mit den Vokalen für das Wort Adonaj ("(mein) Herr") unterlegt wurden. Die Übersetzung ins hellenistische Griechisch (Septuaginta) verwendet in derselben Tradition mehr als 6000-mal das Wort Κύριος anstelle des Gottesnamens (die Anrede als "Gott" bleibt davon unberührt).

Entsprechend dem durch den Begriff "Herr" angedeuteten Machtverhältnis bezeichnen sich die Menschen gegenüber Gott häufig als "Diener" oder "Knecht" - ähnlich dem Verhältnis zwischen einem Machthaber und seinem Untertanen.

Neues Testament

Im Neuen Testament wird die Tradition der Septuaginta aufgegriffen, so dass Gott als κύριος angesprochen wird. Daneben ist mit dem Begriff weiterhin die profane Bezeichnung eines Herrn und Gebieters in einem Haus präsent.

Zusätzlich wird allerdings die Autorität Jesu, die für Christen über die eines religiösen Lehrers ("Meister", "Rabbi") weit hinaus geht, durch den Kyrios-Titel ausgedrückt. Das ist umso leichter möglich, als Jesus mit der bis dahin seltenen Anrede Gottes als "Vater" ein verändertes Gottesverhältnis propagiert.

Der Titel "Kyrios" wird in der Verwendung für Jesus insofern neu interpretiert, als damit einerseits seine Gottesnähe (vgl. den Gedanken der Auferweckung) betont wird, andererseits aber gerade der Dienstcharakter seines Auftretens gegenüber den Menschen zur Begründung für diese Anrede wird (vgl. z.B. Hebr 2,9). Ein weiterer Begründungsstrang verbindet den Titel mit einer königlichen Autorität Jesu - sei es im Sinne eines gottgesalbten Retter-Königs für Israel (Messias) oder als Weltenrichter im Dienste einer neuen, göttlichen Gerechtigkeit.

Christentumsgeschichte

Der Kyrios-Titel wurde im Christentum jahrhundertelang für Gott und Jesus zugleich verwendet; in einzelnen liturgischen Texten wie dem Kyrie eleison blieb der griechische Wortlaut auch dann erhalten, als die meisten Elemente des Gottesdienstes in lateinischer Sprache oder in Muttersprachen gestaltet wurden.

Im europäischen Mittelalter ist die Vorstellung eines Verhältnisses zwischen Gott und Menschen wie dem zwischen einem Gebieter und einem Knecht noch unproblematisch. Ab der Aufklärung und danach im Zeitalter der Emanzipation werden der Titel und seine Verwendung zu einem grundsätzlichen Problem. In der deutschsprachigen "Bibel in Gerechter Sprache" von 2006 wird insbesondere aufgrund feministischer Kritik der Versuch unternommen, sowohl in der Hebräischen Bibel wie im Neuen Testament zumindest den Gottesnamen durch wechselnde Platzhalter für verschiedene Anreden offen zu halten.

Literatur


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