Königskinder (Oper)

Königskinder (Oper)
Werkdaten
Titel: Königskinder
Originaltitel: Königskinder
Form: Märchenoper
Originalsprache: deutsch
Musik: Engelbert Humperdinck
Libretto: Ernst Rosmer (= Elsa Bernstein)
Uraufführung: 23. Januar 1897
Ort der Uraufführung: München
Spieldauer: ca. 3½ Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Hellawald und Hellabrunn, Mittelalter
Personen
  • Der Königssohn (Tenor)
  • Die Gänsemagd (Sopran)
  • Die Hexe (Alt)
  • Der Spielmann (Bariton)
  • Der Holzhacker (Bass)
  • Der Besenbinder (Tenor)
  • Die Tochter des Besenbinders (Sopran)
  • Der Ratsälteste (Bariton)
  • Der Wirt (Bass)
  • Die Tochter des Wirts (Mezzosopran)
  • Der Schneider (Tenor)
  • Die Stallmagd (Alt)

Königskinder ist eine Oper in drei Akten von Engelbert Humperdinck. Das Libretto stammt von Elsa Bernstein, die es allerdings unter dem Pseudonym Ernst Rosmer schrieb. Die Uraufführung der ersten Fassung der Oper als Melodram fand mit Erfolg am 23. Januar 1897 am Münchener Hoftheater statt. Da das Werk jedoch nach der ersten erfolgreichen Saison kaum mehr ins Repertoire der Opernhäuser übernommen wurde, überarbeitete Humperdinck das Werk in den Jahren 1907 bis 1910 eingehend als Oper und reduzierte es auf ein einfaches Handlungsgerüst. Am 28. Dezember 1910 wurde die zweite überarbeitete Fassung in New York an der Metropolitan Opera unter der Leitung von Alfred Hertz uraufgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Erster Akt

(Orchestervorspiel: „Der Königssohn“)

Tief im Wald wächst die junge Gänsemagd bei der Hexe auf, die sie für ihre Großmutter hält. Sie träumt von der Welt und den Menschen außerhalb des Waldes, den sie noch nie verlassen konnte, da rings um die Hütte Baum und Strauch sie in Bann halten. Vergeblich versucht die Alte, das Mädchen die dunklen Hexenkünste zu lehren. Eines Tages heißt sie die Gänsemagd ein Zauberbrot zu backen, das demjenigen, der „es hälften isst“, „ganzen Tod“ bringen soll. Die Gänsemagd segnet jedoch das Brot mit den Worten: „Wer davon isst, mag das Schönste seh'n, so er wünscht, sich zu gescheh'n.“

Als die Hexe zum Pilzesammeln im Wald verschwunden ist, kommt vom Hellaberge der Königssohn herab. Er hat das Schloss seiner Väter verlassen, um unerkannt Welt und Menschen kennenzulernen. Die Gänsemagd, die noch nie zuvor einen Menschen gesehen hat, findet schnell Gefallen an dem Jüngling. Als beide aus dem Brunnen trinken, berühren sich ihre Lippen. Da weht ein Wind der Gänsemagd ihren Blumenkranz vom Haar. Bei dem Versuch, ihn für sich zu behalten, zerreißt der Königssohn den Kranz. Dafür bietet er der Gänsemagd seine Krone an, und gemeinsam wollen sie fliehen. Jedoch den Zauberbann der Hexe vermag das Mädchen nicht zu brechen. Der Königssohn, der sie für feige hält, stürzt enttäuscht in den Wald. Gerade noch rechtzeitig kann die Gänsemagd die Krone vor der heimkehrenden Hexe verbergen, nicht aber ihre Begegnung mit einem Menschen. Wütend sperrt die Hexe sie in der Hütte ein. Da erscheinen, geführt vom Spielmann, zwei Bürger – Holzhacker und Besenbinder – aus der nahen Stadt Hellabrunn. Dort ist, so berichten sie, der alte König gestorben, ohne einen Nachkommen hinterlassen zu haben. Man wolle nun den weisen Rat der Waldfrau einholen, wer künftig in Hellabrunn regieren soll. Voller Hohn antwortet die Hexe, dass derjenige, der morgen zum Hellafest um Schlag Zwölf das Stadttor betritt, „sei es ein Schalk oder Wechselbalg“, ihnen zum König bestimmt sei. Mit dieser Nachricht eilen Holzhacker und Besenbinder wieder zurück in die Stadt, nicht aber der Spielmann, der durch das Fenster die Gänsemagd erspäht hat. Die Hexe berichtet nun, die Gänsemagd sei das Kind eines Mörders und einer Dirne. Der Spielmann aber beruhigt die verzweifelte Gänsemagd: ihre Eltern seien in „Lieben und Leiden [...] königsecht“ gewesen. Somit sei sie selbst ein „Königskind“. Die Gänsemagd ruft ihre Eltern an, sie mögen ihr helfen, den Bann der Hexe zu brechen. Da fällt ein Stern vom Himmel und bricht den Zauberbann. Die Gänsemagd eilt, gefolgt vom Spielmann, in den Wald.

Zweiter Akt

(Orchestervorspiel: „Hellafest und Kinderreigen“)

In Hellabrunn bereiten sich die Bürger auf das Hellafest und das Erscheinen des neuen Königs vor. Der Königssohn, der mittlerweile in der Stadt eingetroffen ist, kann sich beim Wirt als Schweinehirt verdingen. Unter großem Jubel halten die Ratsherren Einzug. Als die Mittagsglocke schlägt, wird das Stadttor geöffnet. Draußen steht die Gänsemagd, die Krone des Königssohns auf dem Haupt. Als dieser sie als seine Königin begrüßt, bricht das Volk in Hohnlachen aus. Der Spielmann, der versucht, die wütende Menge zu beruhigen, wird in den Turm geworfen, und Königssohn und Gänsemagd werden aus der Stadt gejagt. Nur das kleine Töchterchen des Besenbinders weiß es besser: „Das sind der König und seine Frau gewesen!“

Dritter Akt

(Orchestervorspiel: „Verdorben! Gestorben! – Spielmanns letzter Gesang“)

Der Winter ist über das Land gekommen. In der zerstörten Waldhütte der Hexe, die von den wütenden Bürgern von Hellabrunn auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, haust nun der verkrüppelte Spielmann. Ihn suchen Besenbinder und Holzhacker zusammen mit einigen Kindern der Stadt auf. Diese bitten den Spielmann, mit ihnen nach den verschwundenen Königskindern zu suchen. Aber die Suche wäre im kalten Winterwald vergebens, weiß der Spielmann. Während Holzhacker und Besenbinder sich in der Hütte aufwärmen, zieht der Spielmann mit den Kleinen los, die übrigen Kinder, die noch am Waldrand warten, abzuholen.

Da erscheinen, dem Hunger- und Kältetod nahe, die beiden Verlorenen. Für den Preis seiner Krone kann der Königssohn von Holzhacker und Besenbinder einen Laib Brot erbetteln, den diese in der Hütte gefunden haben. Es ist jenes Zauberbrot, welches einst die Gänsemagd im Auftrag der Hexe gebacken hatte. Fluch und Segen erfüllen sich an den beiden: Sie träumen von ihrer ersten Begegnung, dann schlafen sie ein. Der Schnee deckt die beiden Toten zu. So werden sie vom zurückkehrenden Spielmann und den Kindern gefunden. Unter dem letzten Gesang des Spielmanns werden die Königskinder zu Grabe getragen.

Rezeption und Forschung

Die Rezeption von Humperdincks Werk war wechselhaft. Die Urfassung des Kunstmärchens Königskinder mit der melodramatischen Schauspielmusik (Melodram) war bei der Uraufführung am Münchner Hoftheater 1897 von vielen Kritikern ablehnend kommentiert worden. Die Kritik bezog sich allerdings eher auf Humperdincks Experiment der musikalisch notierten Sprechstimmen und auf den als schwülstig empfundenen Dramentext als auf die Musik. Das Melodram Königskinder wurde in den folgenden Jahren auch in anderen Metropolen (z.B. Wien, London) aufgeführt, erwies sich aber auf Dauer als nicht lebensfähig.

Hohe Anerkennung dagegen erfuhr die Opernfassung von 1909, die im Jahr 1910 auf Betreiben des Impresario Giuglio Gatti-Casazza an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt wurde. Die New Yorker Uraufführungskritiken bescheinigten dem Werk, die „wertvollste Oper der nachwagnerschen Zeit“ zu sein.

Weshalb auch das auskomponierte Musikdrama „Königskinder“ sich nicht dauerhaft ins Standardrepertoire der Opernhäuser eingliedern ließ, darüber lässt sich nur spekulieren. Sicherlich galt nach dem Ersten Weltkrieg die Fin-de-Siècle-Gattung des Kunstmärchens als überholt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen im Zuge der allgemeinen Kritik an der Verherrlichung deutscher Kultur wohl Vorbehalte gegen das latent Deutsche des Sujets zum Tragen. Der gesellschaftskritische Subtext (die Thematisierung hoher und niederer sozialer Herkunft), den die Dichterin dem Drama eingeschrieben hatte, blieb dabei größtenteils unberücksichtigt.

Erst in jüngster Zeit gab es im deutschsprachigen Raum nachhaltige Anstrengungen einer Wiederbelebung der Oper. Wichtige Aufführungen stammen von Andreas Homoki und Fabio Luisi (München 2005, Gänsemagd: Annette Dasch, Königssohn: Robert Gambill, Spielmann: Roman Trekel) sowie Jens-Daniel Herzog und Ingo Metzmacher (Opernhaus Zürich 2007, Gänsemagd: Isabel Rey, Königssohn: Jonas Kaufmann, Spielmann: Oliver Widmer). Einen weiteren Erweis der Tragfähigkeit von Humperdincks Oper erbrachte eine konzertante Aufführung durch das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) unter Ingo Metzmacher 2008 mit einer modellhaften Sängerbesetzung (Gänsemagd: Juliane Banse, Königssohn: Klaus Florian Vogt, Spielmann: Christian Gerhaher).

Die Musikwissenschaft hat sich des Werkes, seiner Entstehungsgeschichte und seiner Wertung bisher nur zaghaft gewidmet. Den Veröffentlichungen der Komponistenenkelin Eva Humperdinck verdanken wir die umfangreiche Publizierung der meisten wichtigen Quelltexte. Die bisher umfassendste Untersuchung zu Text und Musik dieser Oper, die sich, nicht zuletzt wegen der reichen Bebilderung, auch als Quelle reichhaltiger Informationen über Elsa Bernstein und Engelbert Humperdinck eignet, ging aus einem Stipendium der Richard-Wagner-Stipendienstiftung, Bayreuth, hervor. Die Veröffentlichung des Musik- und Literaturwissenschaftlers Bernd Distelkamp ist das Ergebnis eines interdisziplinären Forschungsprojekts am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln in den Jahren 1999 bis 2003 und wurde als Festschrift zum 150. Geburtstag Engelbert Humperdincks publiziert. Dem Autor standen zahlreiche bis dahin unveröffentlichte Text- und Bilddokumente zur Verfügung. In dieser Publikation sind erstmals alle Textfassungen des Werkes synchronoptisch gegenübergestellt, sowie zahlreiche Szenenfotos historischer Aufführungen enthalten. Eine in die Biographie des Komponisten eingebettete Sicht auf die „Königskinder“ findet sich im einschlägigen Kapitel in der Biographie des Humperdinck-Sohnes Wolfram, der den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit allerdings gar nicht erst erhebt.

Tonträger

Der Königssohn: Peter Anders – Die Gänsemagd: Käthe Möller-Siepermann – Der Spielmann: Dietrich Fischer-Dieskau – Die Hexen: Ilsa Ihme-Sabisch – Der Holzhacker: Fritz Ollendorff – Der Besenbinder: Walter Jenckel – Sein Töchterchen: Karl-Heinz Welbers – Der Ratsälteste: Heinrich Nillius – Der Wirt: Heiner Horn – Die Wirtstocher: Hanna Ludwig – Der Schneider: Walter Kassek u.a. – Der Kölner Rundfunkchor – Kölner Rundfunk-Sinfonie Orchester – Richard Kraus 1952

Literatur

  • Wolfram Humperdinck: Engelbert Humperdinck. Das Leben meines Vaters. Kramer, Frankfurt am Main 1965 (Frankfurter Lebensbilder 17, ZDB-ID 222193-7).
  • Eva Humperdinck: Königskinder. Briefe und Dokumente zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der zweiten und größeren Märchenoper von Engelbert Humperdinck. Görres, Koblenz 1993, ISBN 3-920388-25-9.
  • Eva Humperdinck: Die Entstehung des Melodram „Königskinder“ von Engelbert Humperdinck im Spiegel seines Briefwechsels. In: Andrea Korte-Böger, Jost Nickel (Hrsg.): Engelbert Humperdinck zum 70. Todestag. Schmidt, Siegburg 1992, ISBN 3-87710-153-4, S. 7–166 (Veröffentlichung des Geschichts- und Altertumsvereins für Siegburg und den Rhein-Sieg-Kreis 18), Neuausgabe als Monographie:
  • Eva Humperdinck: Königskinder. Ein Märchen in drei Akten von Ernst Rosmer. Musik von Engelbert Humperdinck. Briefe und Dokumente zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Melodrams „Königskinder“. Görres, Koblenz 2003, ISBN 3-935690-15-0.
  • Bernd Distelkamp: „Eine innige Verschmelzung von Wort und Musik ...“. Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte der Märchenoper „Königskinder“ von Elsa Bernstein und Engelbert Humperdinck. Rheinlandia, Siegburg 2003, ISBN 3-935005-81-4 (Veröffentlichung des Geschichts- und Altertumsvereins für Siegburg und den Rhein-Sieg-Kreis 24), (Zugleich: Köln, Univ., Diss., 2003).
  • Notenausgabe: Engelbert Humperdinck: „Königskinder“. Klavierauszug von Rudolf Siegel mit deutschem und französischem Text. Enthält ein Grußwort von Eva Humperdinck sowie ein wissenschaftliches Vorwort von Bernd Distelkamp. Brockhaus, Rolandswerth 2006.

Weblinks


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