Küche Vietnams

Küche Vietnams

Als vietnamesische Küche bezeichnet man die eigenständige und vielseitige Kochtradition Vietnams, die zahlreiche typische Gerichte hervorgebracht hat. Sie ist historisch bedingt stark von der chinesischen Küche beeinflusst, weist aber im Süden zahlreiche Einflüsse der Thai, der Khmer und der indischen Küche auf. Darüber hinaus hat der Buddhismus zu einer reichen vegetarischen Küche beigetragen. Trotz der erbitterten nationalen Befreiungskriege hat die vietnamesische Bevölkerung auch viele westliche Einflüsse beibehalten, darunter Baguettes, Croissants und Kaffee, die von den Franzosen eingeführt und in abgewandelter Form übernommen wurden.

Als Grundnahrungsmittel werden in Vietnam Reis und Reisnudeln und eine große Zahl verschiedener Arten von Gemüse gegessen. Fisch und Fleisch spielen in der Massenernährung eine untergeordnete Rolle. Eine historische Besonderheit ist hingegen die Vielzahl der möglichen Fleischgerichte, die fast alle genießbaren Tiere und auch einige Insektenarten einschließt. Anders als in vielen anderen nationalen Kochtraditionen sind Speisetabus in Vietnam weitgehend unbekannt. Es gibt sie jedoch unter den Buddhisten. Gewürze werden sehr vielseitig verwendet, jedoch weniger scharf als in der angrenzenden thailändischen oder indischen Küche. Es dominieren eher subtile Kombinationen von Gewürzen vieler Kulturkreise, darunter auch Gewürz-Zimt und Anis in Verbindung mit den zahlreichen Fleischsorten.

Inhaltsverzeichnis

Gerichte

Vietnamesische Gerichte werden typischerweise extrem heiß und kurz gebraten, auf Pfannen mit offenem Feuer (Wok) zubereitet und sind oft nur oberflächlich geröstet und innerlich gegart. Gaskocher, aber auch angeblasene Holzkohlefeuer sind auch heute noch im ländlichen und städtischen Bereich die Regel. Hiermit lassen sich fast alle festen Speisen, darunter Nudeln, Gemüse, Obste und Fleischernes rösten, frittieren oder kurz anbraten. Elektrisch betriebene Kochstellen nach westlichem Standard haben sich in Vietnam als unattraktiv erwiesen, obgleich sie wirtschaftlich billiger und praktischer sind.

Bekannt ist Vietnam beispielsweise für Frühlingsrollen, die roh, gebraten oder frittiert gegessen und manchmal auch (mit Hilfe von Stäbchen) in Salatblätter eingewickelt werden. Die Füllungen sind regional sehr unterschiedlich und umfassen ein lieblich-süßes bis hin zu scharf-herzhaftem Spektrum.

Daneben gibt es viele Arten von Nudelsuppen, die mit Gemüse, Fleischstücken, Fisch oder Eiern entweder als Imbiss, zum Frühstück oder als ganze Mahlzeit gegessen werden. Die Zutaten dieser Suppen werden oft erst kurz vor dem Verzehr mit dem wässrigen Sud versetzt, weshalb die servierte Suppe abwechslungsreich, bissfest und vielseitig auf den Tisch kommt. Diese gehaltvollen aromatischen Suppen werden den ganzen Tag über, auch bereits zum Frühstück serviert. Eine typischer Morgenspezialität Vietnams ist die Phở, eine sprudelnd heiße Nudelsuppe, die gerne als deftige Tagesbasis genommen wird, z.B. mit dünnen Rindfleischscheiben als Pho Bo oder mit Hühnchenfleisch als Pho Ga. Es ist wichtig, die reichhaltige Suppe aus der Schale völlig auf zunehmen, um zu zeigen, dass es besonders gut geschmeckt hat. Andernfalls wird sofort eine weitere Portion serviert.

Allerhand Exotisches findet man ebenfalls, wobei der Verzehr teilweise auch in Vietnam offiziell verboten ist; jedenfalls müssen höhere Kosten veranschlagt und spezielle Restaurants aufgesucht werden. Gegessen wird fast alles, Schlangen, Schildkröten, Skorpione und jede Sorte Wild. Eine Spezialität sind angebrütete Enteneier, genannt Balut. Verbote von Gerichten sind in Vietnam nur juristisch oder vom Artenschutz bestimmt, aber die eigentliche vietnamesische Kochtradition kennt keine Nahrungstabus. Vor allem im ländlichen Bereich haben sich die in den zahlreichen Kriegsjahren und Notzeiten gebildeten Kochgewohnheiten weitgehend erhalten. Alle genießbaren Pflanzen- und Tierarten werden auch verwendet.

Restaurants

Garküche in Hội An
Mobile Nudelsuppen-Garküche in Ho-Chi-Minh-Stadt
Garküche in Đà Nẵng

In Vietnam dominieren kleine Straßenstände, wobei je nach Angebot des Koches oder Wünschen des Gastes gekocht wird. Der Gast nimmt auf Hockern auf der Straße oder in einem zur Straße hin offenen Raum Platz. Serviert wird direkt aus der Pfanne oder aus den Sudkesseln, die im Hintergrund brodeln. Die Straßenköche haben jedoch meist nur wenige Gerichte zur Auswahl und schließen, wenn die Zutaten ausgehen. Aufgrund der großen Zahl dieser Stände ergibt sich bis in die späten Abendstunden ein reichhaltiges Angebot, das kaum Wünsche offen lässt.

Es gibt in Vietnam aber auch westlich orientierte Restaurants, jedoch meist nur da, wo viele Touristen unterwegs sind. Die Restaurants werden fast ausschließlich von Touristen oder den wenigen wohlhabenden Vietnamesen frequentiert. Sie haben in der Regel auch westliche Gerichte im Angebot, die jedoch die gewohnten westlichen Geschmacksvorstellungen nicht immer treffen. Serviert werden auch hybride Gerichte, vor allem sehr reich an raffinierten Gemüse-Kombinationen, mitunter überladen mit massiven Fleischbeilagen, die ansonsten landesuntypisch sind.

Getränke

Getrunken wird in Vietnam vor allem Tee, der allgegenwärtig ist und eine Großteil des im tropischen Klimas benötigten Wasserbedarfs deckt. Mineralwasser spielt im Gegensatz zu den arabischen Kulturen eine vernachlässigbare Rolle; auch die typisch indischen Trinkwasserbrunnen sind eher unbekannt. Tee gibt es praktisch überall in unbegrenzter Menge, von Straßengeschäften über Einkaufsläden bis in zu staatlichen Behörden. Im häuslichen Bereich bekommt der Gast traditionellerweise immer eine Tasse grünen Tees und es gilt als unhöflich, nicht zumindest einen Schluck zu trinken. Die Schale wird immer wieder aufgefüllt, es wird jedoch nicht erwartet, alles zu trinken, was ausgeschenkt wird. In Restaurants wird grüner Tee in der Regel gratis serviert, aufgrund des Klimas immer kalt. Spezielle Teesorten müssen jedoch bezahlt werden. Darüber hinaus ist auch koffein-freier Artischocken-Tee verbreitet, der gemeinhin aus einem Pulver-Zucker-Gemisch gebrüht wird. Auch dieser Tee ist allgemein verbreitet, doch er wird vor allem von Kindern getrunken.

Cà phê auf gezuckerter Kondensmilch, sehr stark

Kaffee (Cà phê) wird in Vietnam ebenfalls konsumiert – in kleinen Mengen und sehr stark; Ausländern wird häufig heißes Wasser zum Verdünnen gereicht. Der Kaffee weicht aufgrund seines eigenen, aufwändigen Herstellungsverfahrens deutlich vom europäischen Geschmack ab, hat ein kakaoähnliches Aroma und wird in acht Qualitätsstufen gehandelt, wobei "8" die höchste und geschmacksintensivste ist. Auch zum Kaffee wird die obligatorische Tasse Tee gereicht, was den ausländischen Gast verwundern mag. Er wird auch als Erfrischungsgetränk kalt getrunken. Vietnamesen trinken den starken Kaffee zumeist mit gezuckerter Kondensmilch und der doppelten Menge Eis (Cà phê sữa đá). Der Kaffee wird dann immer wieder gerührt und durch das Eis verdünnt. Das fertige Produkt weicht stark vom europäischen Geschmack ab, wird in dieser Form auch industriell in Dosen abgefüllt als Erfrischungsgetränk vertrieben.

Bier wird unter Lizenz ausländischer Braukonzerne gebraut, es gibt aber auch vietnamesische Marken, deren Geschmack sehr typisch ist. Erhältlich sind fast überall die internationalen Marken Heineken, Tiger und Saigon-Bier, wobei das Saigon-Bier leicht vom westlichen Geschmack abweicht. Heinecken wird in der alkoholreduzierten asiatischen Charge vertrieben. Bier wird aus geräumigen Gläsern mit riesigen Eisstücken serviert. Es wird sehr schnell kalt und verdünnt. Ist das Eis geschmolzen, wird vielerorts direkt nachgeschenkt. Die lokalen Biersorten sind auf Basis von Reis gebraut. Sie sind sehr weich und mild, aber auch feinsinnig im Geschmack. Eine staatliche Beschränkung der Zutaten (Reinheitsgebot) gibt es nicht. Der Alkoholgehalt vietnamesischen Biers ist meist geringer und durch die Serviergewohnheiten und die Eiszugabe zusätzlich verringert. Anders als bei Vietnamesen führt vietnamesisches Bier bei Europäern selten zum Rauschzustand.

Höherprozentiges gibt es jedoch auch, wie den bekannten Schlangenschnaps, der als alkoholischer Aufguss auf in einer Flasche gefangene Schlangenkörper (verschiedener Arten) eher einem sonderbaren Likör gleicht und für den europäischen Gaumen gewöhnungsbedürftig ist. Die Schlangen werden nach dem Leeren der Flasche erneut aufgegossen. Er gilt in Vietnam als betont männlich und potenzfördernd, ohne dass es einen wissenschaftliche Nachweis gibt. In Apotheken sind auch alkoholische Aufgüsse von Körperteilen anderer Tiere erhältlich. In den Städten Vietnams sind fast alle international vertriebenen herkömmlichen Alkoholika erhältlich.

Früchte

Beliebte Früchte in Vietnam sind Jackfrucht, Mangostane, Sauersack, Longiane, Durian, Guave, Lychee, Drachenfrucht und die Kokosnuss. Daneben werden im ländlichen Bereich viele Beeren- und Baumfrüchte genossen, die in Europa gänzlich unbekannt sind. Auch gezuckerte Gemüse sind üblich. Sie bilden im Trockenbereich den Übergang zu den Süßwaren, die in Vietnam vor allem fruchtbasiert sind. Fett- oder zuckerbasierte Süßigkeiten wie Schokoriegel oder Bonbon sind meist nur in den Städten erhältlich. Manche Obstsorten, wie die Mango werden auch gern unreif mit etwas Salz verspeist oder in Salzwasser eingelegt.

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