Laienkelch

Laienkelch

Die Darreichung des konsekrierten Weines in der kirchlichen Feier der Eucharistie wird Kelchkommunion genannt. Eher ein Kampfbegriff der Reformationszeit ist Laienkelch: die Darreichung des Kelches auch an die nicht zum Klerus gehörenden Gläubigen.

Schon in der Alten Kirche ging die Häufigkeit des Empfangs der Kommunion der Laien in der Messe im Osten wie im Westen zurück. Die Gründe dafür waren vielfältig, unter anderem die zeitweise verbreitete Verschiebung der Taufe auf ein hohes Lebensalter, die damals Getauften nur einmal im Leben eingeräumte Möglichkeit der Vergebung schwerer Schuld, der geforderte Verzicht auf ehelichen Verkehr mehrere Tage vor dem Kommunionempfang, schließlich auch die Angst, durch versehentliche Verunehrung des eucharistischen Leibes und Blutes Christi schuldig zu werden.

Im Mittelalter suchte man in der Westkirche die Kelchkommunion der Gläubigen mehr und mehr zu vermeiden, weil deren Andrang an den inzwischen nur wenigen Kommuniontagen des Jahres lebhaft und damit die Gefahr versehentlichen Verschüttens gegeben war. Statt des konsekrierten Weines gab man den Laien weithin Ablutionswein zu trinken, also gewöhnlichen Wein, den man nach dem Kommunionempfang zur schützenden Bedeckung der heiligen Gestalten zu trinken pflegte, damit keine Partikel der Hostie im Mund verblieb. Theologisch wurde dieses Verhalten durch die Lehre gestützt, dass Christus in jeder der beiden Gestalten ganz gegenwärtig sei und empfangen werde. So wurde das Trinken aus dem Abendmahlskelch im abendländischen Spätmittelalter zunehmend als Vorrecht der Priester empfunden, das sie besonders augenfällig von den Laien unterschied.

Ein offizielles Kelchverbot für Laien wurde jedoch erst 1415 auf dem Konzil von Konstanz erlassen – als Reaktion auf die Forderung der Hussiten nach Kommunion unter beiderlei Gestalt (communio sub utraque specie). Doch wurden auch später noch Ausnahmen zugelassen, so zeitweise für Teile der deutschsprachigen katholischen Länder, bis weit in die Neuzeit für den deutschen Kaiser und den französischen König.

Im 16. Jahrhundert wurde die Kelchkommunion beim Abendmahl zu einem wichtigen Anliegen und Kennzeichen aller reformatorischen Bewegungen. Darin drückte sich die evangelische Auffassung aus, den Willen zum Gehorsam gegenüber der biblischen Aufforderung Christi: „trinket alle daraus“ zu erfüllen.

Kelchkommunion

In der römisch-katholischen Kirche ist die Kelchkommunion der Laien heute wieder erlaubt und sogar sehr empfohlen (IGMR/GORM Nr. 85), und zwar nicht allein in Werktags- und Gruppenmessen. Für die Gemeindemesse am Gründonnerstag ist sie im Messbuch ausdrücklich vorgesehen, für die Feier der Osternacht vom Vatikan dringend angeraten. Fast überall erhalten in den Eucharistiefeiern, bei denen Kommunionhelfer, Lektoren oder erwachsene Ministranten am Altar mitwirken, auch diese den Kelch. Die Kelchkommunion besitzt ihre eigene sakramentliche Zeichenhaftigkeit, die auch für die Laien gilt. Sie gehört nicht zu den liturgischen Adiaphora, die man gleich gut nutzen oder lassen kann.

Die Ostkirchen haben die Kelchkommunion durchgehend beibehalten, sodass sich dort nie eine Kontroverse um dieses Thema entwickeln konnte. Je nach kirchlicher oder regionaler Tradition reicht man den Gläubigen den Kelch direkt oder spendet ihnen den heiligen Wein mit Hilfe eines liturgischen Löffels, wobei nicht selten das zerteilte Brot zuvor in den Kelch gegeben wird, also beide eucharistischen Gestalten gleichzeitig ausgeteilt und empfangen werden. Kleinkinder erhalten hier das heilige Blut sogleich nach ihrer Taufe mit Hilfe des in den Kelch getauchten Daumens des taufenden Priesters.

In der altkatholische Kirchen ist die Kelchkommunion innerhalb der Eucharistiefeier die Regel. Wird mehr Wein benötigt als ein Kelch zu fassen vermag, so wird eine Karaffe mit Wein an den Rand des Korporale gestellt und mit dem Kelch konsekriert. Nachkonsekration in der gleichen Messfeier aufgrund erhöhten, aber vorher nicht richtig eingeschätzten Bedarfs, wie es in evangelischen und einigen anglikanischen Kirchen üblich ist, gehört nicht zur liturgischen Praxis. Bei der Spendung der Krankenkommunion, der Wegzehrung und in Kommunionfeiern kann die Austeilung der Kommunion sub utraque specie unterbleiben.

Literatur

  • Heinrich Spaemann (Hrsg.), „… und trinket alle daraus“. Zur Kelchkommunion in unseren Gemeinden. Herder, Freiburg i. Br. 1986, ISBN 3-451-20840-7
  • G. Constant, Concession à l'Allemagne de la communion sous les deux espèces. Étude sur les débuts de la Réforme catholique en Allemagne (1548-1621). Paris 1923.
  • R. Pacik: Wer darf wann die Kommunion unter beiden Gestalten empfangen? Die Römischen Regelungen vom Zweiten Vatikanischen Konzil bis heute. In: Recht - Bürge der Freiheit, Festschr. J. Mühlsteiger. Berlin 2006, 827-844.

Weblinks


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