Lambert von Maastricht

Lambert von Maastricht
Dieser Artikel beinhaltet das Leben des Heiligen Lambertus; zu anderen Bedeutungen siehe Lambertus.
Darstellung des Martyriums des hl. Lambert (15. Jh.)
St. Lambertus, Statue in Mingolsheim, mit Schwert als ikonographisches Zeichen für die Art seines Martyriums

Lambert von Lüttich, auch Lambert von Maastricht genannt und als Hl. Lambertus verehrt, (* um 635 in Maastricht; † 17. September um 705 in Lüttich) war Bischof von Tongern-Maastricht, Märtyrer. Seine Verehrung ging aus von der um 718 in Lüttich errichteten Kathedralkirche mit seinem Mausoleum.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lambert (auch Lamprecht oder Landibert genannt), ein Sohn aus gräflicher Familie, trat im Jahr 670 als Bischof von Maastricht die Nachfolge des ermordeten Theodar an, seines Onkels und Lehrers. Als der fränkische Hausmeier Ebroin nach dem Tode des merowingischen Regenten Childerich II. im Jahre 675 erneut an die Macht gelangte, verbannte er mehrere austrasische Persönlichkeiten; auch Lambert wurde als Bischof abgesetzt und bis zu Ebroins Tod 682 in das Kloster Stablo verbannt. Pippin der Mittlere, Ebroins Nachfolger, setzte ihn wieder in sein Bischofsamt ein.

Bischof Lambert soll auch mit dem hl. Willibrord zusammengearbeitet haben bei der Erneuerung der Diözese und der Ausbreitung des christlichen Glaubens in Brabant und Kempen, u.a. in der Landschaft Toxandrien.

Weil Bischof Lambert die Immunitätsrechte der Kirche gegenüber der Staatsgewalt konsequent verteidigte, ließ man ihn am 17. September, wahrscheinlich im Jahr 705, in seinem Haus in Lüttich (Leodium) erschlagen. Bestattet wurde er zunächst im Grab seines Vaters in der Ecclesia sancti Petri in Maastricht, aber um 717 von seinem Nachfolger Bischof Hubertus anlässlich der Verlegung des Bischofssitzes nach Lüttich an den Sterbeort zurückübertragen. Schon früher, im Jahr 714, wird in den Quellen eine „Basilika des hl. Martyrers Lambert“ erwähnt, die wohl am Ort der Ermordung in Lüttich errichtet worden war. Über dem Lütticher Haus und dem Grab Lamberts entstand die 718 vollendete neue Basilica sancti Landiberti, in der schon bald eine besondere Verehrung des Bischofs Lambert einsetzte. Die in den folgenden Jahrhunderten immer wieder vergrößerte Kathedralkirche (karolingischer Bau, ottonische Basilika, gotische Kathedrale) und das Lambert-Mausoleum bestanden bis zur vollständigen Zerstörung in den Wirren nach der Französischen Revolution (1794).

Quellen

Die Lambert-Vita ist in fünf mittelalterlichen Quellen enthalten, von denen die älteste zu Beginn des 8. Jahrhunderts entstand:

  • Vita vetustissima, bereits in den Jahren nach 730 von einem Lütticher Kleriker (Gottschalk?) aufgeschrieben.
  • Vita des Bischofs Stephan von Lüttich (ca. 901–920) mit einer Neubearbeitung der ersten Lebensbeschreibung in gehobener Sprache sowie mit Gebeten und Hymnen.
  • Carmen de Sancto Lamberto: poetische Version der Vita des Bischofs Stephan, die er zur Verbreitung des Lambert-Kults hat schreiben lassen.
  • „Das Leben und Leiden des hl. Bischofs und Martyrers Lambert“, aufgeschrieben von dem Benediktiner Sigebert von Gembloux (ca. 1030–1112).
  • Vita des Kanonikers Nikolaus aus Lüttich, verfasst im Auftrag von Abt Wederich von Lissies (Nordfrankreich).

Verehrung

Die um das Jahr 718 von Bischof Hubertus veranlasste feierliche Exhumierung der sterblichen Überreste seines Vorgängers und deren zeremonielle Übertragung nach Lüttich waren zu dieser Zeit die üblichen Riten der Kanonisierung, die einer förmlichen Heiligsprechung gleichkamen. Die Verehrung des hl. Lambert verbreitete sich schnell im Herrschaftsgebiet der Karolinger, im Kölner Raum, am Mittelrhein, in Westfalen, Südwestdeutschland und Bayern. Erwähnenswert erscheint vor allem:

  • 779 wird Lambert in dem karolingischen Reichskloster Lorsch verehrt und zum Patron der Mainzer Hofkirche dieses Klosters erhoben.
  • Um 800 sollen die Benediktiner auf der Insel Reichenau unter Abt Hatto I. eine Kapelle zu Ehren des hl. Lambert errichtet haben, um darin seine Reliquien aufzubewahren.
  • 805 wird Lambert als zweiter Kirchenpatron einer Marienbasilika in Dachau genannt.
  • Im 9. und 10. Jahrhundert entstehen viele, dem hl. Lambert geweihte Kirchen im Rheingebiet und in Westfalen.
  • 994 wird das von Graf Aribo I. gegründete Benediktinerkloster Seeon (nördlich des Chiemsees) dem hl. Lambert geweiht.
  • 1065 gelangen Reliquien des hl. Lambert nach Schaffhausen, und zwar anlässlich der Weihe des Kreuzaltars im dortigen Benediktinerkloster Allerheiligen.
  • 1109 erhält das Benediktinerkloster Zwiefalten Lambertsreliquien für den Hochaltar, ebenso wie
  • 1134 das Benediktinerkloster Petershausen in Konstanz.
  • 1191 gelangt ein Kopfreliquiar des hl. Lambert nach Freiburg im Breisgau.

Das Fest des hl. Lambert wird am 17. September gefeiert und ist in allen Martyrologien enthalten.

Etwa 450 Jahre nach der Beisetzung Bischof Lamberts in der neuen Kathedralkirche von Lüttich wurde ein Freiburger zum Bischof von Lüttich ernannt: Rudolf von Zähringen, ein Sohn von Herzog Konrad von Zähringen und seiner Frau Clementia von Luxemburg-Namur, war von 1168 bis 1191 Bischof von Lüttich. Er brachte 1191 eine Kopfreliquie des hl. Lambert nach Freiburg im Breisgau, die nach seinem Tod zunächst in der oberen Burgkapelle auf dem Freiburger Schloßberg und ab 1366 im Freiburger Münster aufbewahrt wurde. Seit dieser Zeit wird Bischof Lambert von Lüttich als Stadtpatron von Freiburg (neben dem älteren Stadtpatron St. Georg) verehrt.

In der Stadt Lambrecht (Pfalz) befindet sich in der ehemaligen Klosterkirche der Dominikanerinnen eine der ältesten Darstellungen des hl. Lambert als Secco-Wandmalerei. Hier wurde der hl. Lambert bereits in dem früheren Benediktinerkloster seit 977 verehrt. In Grafschaft (Rheinland)-Lantershofen (Kreis Ahrweiler) ist das auf den Namen des heiligen Lambert geweihte Studienhaus St. Lambert, ein interdiözesanes Priesterseminar für spätberufene Priesteramtskandidaten und das größte Seminar Deutschlands.

Brauchtum

Bischof Lambert steht in vielen Gemeinden im Münsterland für das bekannte Lambertussingen (auch als Käskenspiel bekannt) am Lambertstag, dem 17. September. Einige Bauernregeln lauten: „Auf Lambert hell und klar, folgt ein trocken Jahr." "Bringt Lambertus Regen, folgt ein Herbst mit wenig Segen." Das Singen findet manchmal nur im kleinen Kreis eines Wohngebiets statt. Die Kinder (und Eltern) laufen herum und rufen mit dem Reim „Kinder kommt runter, Lambertus ist munter“ die anderen Kinder heraus, die dann mitkommen. Meist wird eine spitze Holzpyramide aufgebaut und mit grünen Zweigen geschmückt. Die Kinder bringen – zum Teil selbst gebastelte – Laternen mit, die dann in die Pyramide gesteckt werden. Dann wird mit Unterstützung der Eltern kräftig gesungen. Eines der beliebtesten Lieder, das auch als Spiel aufgeführt wird, ist „O Buer, wat kost’ dien Hai ...“ (plattdeutsch). Ein als Bauer (Buer) verkleideter Mann (oder eine Frau), zieht seine Runden im Kreis und sucht sich aus den Umstehenden nacheinander eine Frau, ein Kind, eine Magd, einen Knecht, einen Hund (auch ein Kind), einen Knochen (auch ein Kind) und einen Pottlecker (oft ein Erwachsener) aus. Am Ende des Liedes wird der „Buer“ von den Kindern gejagt. Meist hat er einen Korb voller Äpfel mit, die am Ende verteilt werden.

Bekannte Lambert-Kirchen

siehe unter Lambertuskirche.

Ikonographie

Lambert von Lüttich, Bischof von Tongern-Maastricht, ist in der bildenden Kunst häufig dargestellt worden, auf Miniaturen, Siegeln und Münzen, auf Gemälden und Glasfenstern, als graphisches Werk, Skulptur und Goldschmiedearbeit. Darunter finden sich Einzelbildnisse des Heiligen mit seinen Attributen: Bischofsornat mit Mitra und Krummstab, Schwert, Lanze oder Pfeil als Mordinstrumente, vereinzelt auch mit Kirchenmodell als Hinweis auf seine zahlreichen Kirchengründungen. Außerdem gibt es szenische Darstellungen wie die Ermordung des Heiligen während der Messfeier, das Geleit des von Engeln gekrönten Martyrers oder Erhebung und feierliche Übertragung des Leichnams nach Lüttich. Vereinzelt kommen auch Zyklen vor; das älteste Beispiel war ein Freskenfries (um 1260) an den Chorschranken in der Westapsis des Trierer Doms ; diese zehn Darstellungen aus dem Leben des hl. Lambert sind nicht mehr erhalten. Besondere Erwähnung verdienen: Die Glasfenster mit dem hl. Lambert aus Köln um 1300 (Germanisches Museum) und aus der Freiburger Kartause um 1515 (heute im Historischen Museum der Stadt Basel) sowie die beiden Büsten-Reliquiare in Lüttich (1512) und Freiburg im Breisgau (1514). Bekannt ist auch der Holzschnitt von Hans Holbein der Jüngere auf der Rückseite des Titelblatts der Freiburger Stadtrechtsausgabe von 1520, auf dem die beiden Stadtpatrone Georg und Lambert bei der Publikation des Neuen Stadtrechts gleichsam als Schirmherren assistieren, in ihrer Mitte die Gottesmutter mit Kind als Patronin des Freiburger Münsters.

Literatur

  • Philipp Engelbrecht: Divi Lamberti episcopi traiectensis, martyris & magni apud Friburgensis Brisgoicos Patroni vita. Basel 1519 (Universitätsbibliothek Freiburg)
  • Johann Sattler: Chronicke der Stadt Freyburg im Brisgay. Freiburg 1698 (Universitätsbibliothek Freiburg)
  • Matthias Zender: Räume und Schichten mittelalterlicher Heiligenverehrung in ihrer Bedeutung für die Volkskunde - Die Heiligen des mittleren Maaslandes und der Rheinlande in Kultgeschichte und Kultverbreitung. Düsseldorf 1959, S. 27-60
  • Matthias Werner: Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit - Untersuchungen zur Geschichte einer karolingischen Stammlandschaft. Göttingen 1980, S. 241-318
  • Karl Suso Frank: St. Lambertus, der importierte Stadtpatron. In: Karl Suso Frank (Hg.): Die Zähringer in der Kirche des 11. und 12. Jahrhunderts, München 1987, S. 7 ff.
  • Wolfgang Braunfels: Lexikon der christlichen Ikonographie. 7. Band, Freiburg 1994, Spalte 363 ff.
  • Benoît Van den Bossche: La cathédrale gothique Saint-Lambert à Liège - Une église et son contexte, Liège 2005
  • Georg Gresser in: Lexikon für Theologie und Kirche, 6. Band, 3. Aufl. Freiburg 2006, Spalte 618, mit weiteren Nachweisen
  • Hans Georg Wehrens: Die Stadtpatrone von Freiburg im Breisgau, Freiburg 2007, S. 26 ff.

Weblinks



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