Lancia Stratos

Lancia Stratos
Lancia Stratos HF Stradale
Lancia Stratos HF Stradale

Der Lancia Stratos HF ist ein Automobil des italienischen Herstellers Lancia. Er war das erste ausschließlich für den Rallye-Einsatz konzipierte Fahrzeug und in diesem Motorsport überaus erfolgreich. Unter anderem gewann Lancia mit dem Stratos in direkter Folge die Rallye-Weltmeisterschaften der Jahre 1974, 1975 und 1976, die damals noch einzig als Wertung für Konstrukteure ausgefahren wurden.

Inhaltsverzeichnis

Von der Studie zur Serie

Bertone Lancia Stratos 0
Motor des Lancia Stratos HF

Im Jahr 1970 präsentierte Bertone auf dem Turiner Autosalon die Designstudie Lancia Stratos 0 mit dem Vierzylindermotor der Lancia Fulvia als Mittelmotor vor der Hinterachse.[1] Es ist nicht naheliegend, das Konzept dieses Entwurfs mit Rallyes in Verbindung zu bringen. Der Fahrer ist extrem weit vorn platziert, so dass sich seine Knie zwischen den Vorderrädern befinden.[2] Die aufklappbare Windschutzscheibe ist die einzige Tür.

1971 wurde der Lancia Stratos HF mit dem Sechszylindermotor des Ferrari Dino 246 GT vorgestellt.[3] Im Unterschied zum Stratos 0 ist der Motor nicht längs, sondern wie im Ferrari quer zur Fahrtrichtung eingebaut. Mit 2160 mm Radstand, 3670 mm Länge, 1700 mm Breite und 1080 mm Höhe ist der Wagen sehr kompakt.[4] Der Fahrer sitzt nicht so weit vorn wie im Stratos 0, aber der Fußraum ist außerordentlich eng. Um Reparaturen zu erleichtern, ist die gesamte Frontpartie nach vorn und die gesamte Heckpartie nach hinten aufklappbar. Beide Partien bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff, während die restliche Karosserie aus Stahl besteht.

In der Straßenversion Stradale hat der Motor 2,4 l Hubraum, einen 12-Ventil-Zylinderkopf und eine Höchstleistung von 190 PS. Das Auto erreicht aus dem Stand in 6,8 Sekunden die 100-km/h-Marke und eine Höchstgeschwindigkeit von 248 km/h.

Der Lancia Stratos HF wurde bei Bertone in einer Kleinserie produziert, um seine Homologation in der Gruppe 4 der FIA zu erreichen. Dazu waren letztendlich 400 Stück erforderlich, nachdem die ursprünglich von der FIA geforderte Stückzahl von 500 Exemplaren gesenkt worden war. Wie viele Exemplare tatsächlich hergestellt wurden, ist deswegen unbekannt. Bertone selbst schätzt, dass es etwa 495 Stück waren.[5] Seinerzeit sollen die letzten Neufahrzeuge in Deutschland für weniger als 15.000 DM verkauft worden sein. Heutzutage muss man für dieses seltene Sammlerstück mindestens 100.000 Euro bezahlen.

Als Geburtshelfer des Stratos können der damalige Lancia-Sportchef Cesare Fiorio und Rallye-Werksfahrer Sandro Munari betrachtet werden – für die Technik steht jedoch der Name des britischen Rennfahrers und Ingenieurs Mike Parkes hinter dem gesamten Autosport-Projekt Lancia Stratos HF. Das HF wurde als Kürzel für High Fidelity (engl. für hohe Treue) gewählt. Diese zwei Buchstaben übernahm das Lancia-Werk (laut einer Lancia-Pressemitteilung des Jahres 1971) mit vorheriger Genehmigung von der 1963 gegründeten HF Squadra Corse, einem Club von Lancia-Rennfahrern, und verwendete sie auch später noch mehrfach für besonders sportliche Modelle.

Rennsporthistorie

1972 setzte Lancia den Stratos erstmals bei Rallyes ein, war mit ihm aber zunächst nicht konkurrenzfähig. Anfang 1974 stieß Mike Parkes zu Lancia und trug maßgeblich dazu bei, den Wagen wettbewerbsfähig zu machen. [6]

In Rallye-Ausführung (Gruppe 4) und mit einem 24-Ventil-Zylinderkopf bestückt verfügte der Stratos über rund 280 PS – beim Giro d'Italia (eher ein Rennen als eine Rallye) soll Markku Alén 1978 sogar einen 420 PS starken Stratos zum Sieg gesteuert haben.

Die beiden einzigen vom Werk für Rundstreckenrennen hergestellten Stratos nach dem Gruppe-5-Reglement hatten einen Turbolader und waren damit etwa 560 PS stark. 1976 und 1977 war jeweils ein Lancia-Stratos-Team bei den 24 Stunden von Le Mans am Start. 1976 erreichte das französisch-italienische Damenteam Christine Dacremont und Lella Lombardi den 20. Gesamtrang. Ein Jahr später stoppte nach zwei Stunden Renndauer ein Motorschaden die Ambitionen des französischen Duos Christine Dacremont und Marianne Hoepfner.

1976 wurde der Österreicher Franz Wurz mit einem Lancia Stratos HF Rallycross-Europameister. Für das Jahr 1977 erhielt er von Mike Parkes ein Triebwerk, das durch eine Prototyp-Kurbelwelle des Werksteams über einen Hubraum von knapp drei Litern und eine Höchstleistung von gut 320 PS verfügte. Sein Landsmann und Teamkollege Andy Bentza übernahm diesen Wagen Ende 1977, wurde mit ihm 1978 Rallycross-Europameister der neugeschaffenen GT-Division, fuhr damit noch bis weit in die 1980er-Jahre hinein in Wettbewerben und hat den einzigen 3-Liter-Stratos bis heute in seinem Besitz.

1977 beschnitt der Fiat-Konzern, zu dem Lancia damals schon gehörte, das Rennsportbudget von Lancia zu Gunsten des Werksteams mit Fiat 131 Abarth. Lancia nahm in diesem Jahr nur noch an vier Rallyes teil. Nachdem 1978 der Sponsor Alitalia von Lancia zu Fiat-Abarth gewechselt war, bestritt Lancia nur noch Wettbewerbe in Europa. Ab 1979 gab es das Stratos-Werksteam nicht mehr. [7]

Fenomenon NewStratos

Fenomenon NewStratos

Im Frühjahr 2005 stellte das Designstudio Fenomenon Ltd. aus London, zu dessen Eigentümern der Stratos-Sammler Christian Hrabalek gehört, auf dem Genfer Auto-Salon eine vom Lancia Stratos inspirierte Studie vor.[8] Fenomenon nannte sie zunächst Stratos, später NewStratos. Das Fahrzeug war für vermögende Kunden in Entwicklungsländern konzipiert, denen es ermöglichen sollte, unbefestigte Straßen mit einem Supersportwagen zu befahren.[9] Es fanden sich keine Investoren zur Finanzierung der angekündigten Serienfertigung.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gruppo Bertone. Abgerufen am 15. Februar 2009.
  2. Lancia Stratos Supersite. Abgerufen am 15. Februar 2009.
  3. Gruppo Bertone. Abgerufen am 18. Februar 2009.
  4. Gruppo Bertone. Abgerufen am 18. Februar 2009.
  5. Gruppo Bertone. Abgerufen am 18. Februar 2009.
  6. Michael Johnson Parkes official site. Abgerufen am 22. Februar 2009.
  7. Michael Johnson Parkes official site. Abgerufen am 22. Februar 2009.
  8. Fenomenon Ltd.. Abgerufen am 7. Februar 2009.
  9. Car Design News. Abgerufen am 7. Februar 2009.
  10. CARtoday.com. Abgerufen am 7. Februar 2009.


Zeitleiste der Lancia- und Autobianchi-Modelle von 1945 bis heute
Typ Lancia, bis 1969 unabhängig 1969 von Fiat gekauft, seitdem Typennummernkreis von Fiat
Autobianchi, Gemeinschaftsunternehmen zwischen Bianchi, Fiat und Pirelli ab 1967 100 % Teil des Fiat-Konzerns 1982–1995 im Ausland als Lancia, in Italien als Autobianchi vermarktet
1940er 1950er 1960er 1970er 1980er 1990er 2000er
5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
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