Landespflegeanstalt Brandenburg

Landespflegeanstalt Brandenburg

Die nach 1939 eingerichtete NS-Krankenmord-Anstalt wurde „Landes-Pflegeanstalt Brandenburg a. H.“ genannt und diente während der Zeit des Nationalsozialismus nur als vorgeblich „Euthanasie“-, in Wirklichkeit als Massentötungsanstalt der Aktion T4.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Die Tötungsanstalt befand sich in Brandenburg an der Havel im alten Zuchthaus in der Neuendorfer Straße 90c.[1] In den Gebäuden war von August 1933 bis Februar 1934 das KZ Brandenburg untergebracht.

Bereits im Januar 1940 war in Brandenburg die Tötung von Menschen durch Kohlenstoffmonoxid erprobt worden. Ab Februar wurde die Heilanstalt Brandenburg zur „Euthanasie“-Anstalt, in der bis zum Oktober 1940 fast 9.000 psychisch Kranke und geistig Behinderte aus Nord- und Mitteldeutschland in der Gaskammer ermordet wurden. Die Gaskammern waren als Duschen getarnt. Unter den Opfern befanden sich auch Kinder und jüdische Patienten.

Die Opfer waren zuvor in Heil- und Pflegeanstalten zusammengezogen worden. Von dort waren am 27. September 1940 zum Beispiel aus Wunstorf 158 Juden aus Norddeutschland nach Brandenburg deportiert worden. Offiziell ging ihre „Verlegung“ in eine Nervenheilanstalt in Cholm bei Lublin. Dieser Ort existiert, aber es gab dort nie eine derartige Anstalt.

Leiter der Anstalt war der Arzt Irmfried Eberl. Im Oktober 1940 wurde die „Euthanasie“-Anstalt nach Bernburg verlegt.

Opferzahlen

Nach einer internen T4-Statistik wurden in der Tötungsanstalt Brandenburg in nur elf Monaten zwischen Februar und Dezember 1940 insgesamt 8.989 Menschen in einer Gaskammer ermordet:

1940 Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober Summe
105 495 477 974 1.431 1.529 1.419 1.382 1.177 8.989

(Quelle: Hartheimer Statistik. In: Ernst Klee (Hrsg.): Dokumente..., Dok. 87, S. 232)

Tötungsärzte

Die T4-Organisatoren Viktor Brack und Karl Brandt ordneten an, dass die Tötung der Kranken ausschließlich durch das ärztliche Personal erfolgen durfte, da sich das Ermächtigungsschreiben Hitlers vom 1. September 1939 nur auf Ärzte bezog. Die Bedienung des Gashahns war somit Aufgabe der Vergasungsärzte in den Tötungsanstalten. Allerdings kam es im Laufe der Aktion auch vor, dass bei Abwesenheit der Ärzte oder aus sonstigen Gründen, der Gashahn auch vom nichtärztlichen Personal bedient wurde. Alle Ärzte traten im Schriftverkehr nach außen nicht mit ihrem richtigen Namen auf, sondern verwendeten Tarnnamen. In Brandenburg waren als Tötungsärzte tätig:

  • Leiter: Irmfried Eberl („Dr. Schneider“): 1. Februar 1940 bis November 1940
  • Stellvertreter: Aquilin Ullrich („Dr. Schmitt“): 15. März 1940 bis November 1940
  • Stellvertreter: Heinrich Bunke („Dr. Rieper“): August 1940 bis November 1940

Literatur

  • Ernst Klee: Euthanasie" im NS-Staat. Die "Vernichtung lebensunwerten Lebens. Fi-TB 4326, Frankfurt/M. 1985, ISBN 3-596-24326-2 (Probevergasung, Hungerkost)
  • Ernst Klee (Hrsg.): Dokumente zur "Euthanasie". Fi-TB 4327, Frankfurt/M. 1985, ISBN 3-596-24327-0

Weitere Literaturhinweise siehe Hauptartikel: Die Euthanasiemorde in der NS-Zeit oder Aktion T4

Weblinks

Fußnoten

  1. Klee, Euthanasie, S.126. Das Gebäude ist nicht identisch mit dem Zuchthaus Brandenburg bzw. der Landesanstalt Görden.

52.41070812.5505557Koordinaten: 52° 24′ 38,5″ N, 12° 33′ 2″ O


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hans Heinze — (* 18. Oktober 1895 in Elsterberg im Vogtland; † 4. Februar 1983 in Wunstorf) war ein deutscher Psychiater, Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Berlin und als Leiter der Landesheilanstalt Brandenburg Görden sowie als… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Juden in Osnabrück — Abbildung der Alten Synagoge (1906–1939) auf einer Gedenktafel am Gebäude der ehemaligen Bezirksregierung …   Deutsch Wikipedia

  • Haus Tenge — mit dem Restaurant „la vie“ Das Haus Tenge ist ein unter Denkmalschutz stehendes klassizistisches Wohn und Geschäftshaus mit Steinwerk in Osnabrück (Niedersachsen). Der Stahlunternehmer und RWE Vorstandsvorsitzende Jürgen Großmann betreibt …   Deutsch Wikipedia

  • Gerhard Ruhenstroth-Bauer — (* 2. Juni 1913 in Troppau/Sudetenland; † 2. August 2004 in München) war ein deutscher Biochemiker und Mediziner. Ruhenstroth Bauer wurde 1943 von der Friedrich Wilhelms Universität Berlin zum Dr. rer. nat. promoviert. Seine Habilitationsschrift… …   Deutsch Wikipedia

  • Burg Tapiau — Die Burg Tapiau war eine deutsche Ordensburg in Tapiau in Ostpreußen, heute (russisch) Gwardeisk. Die Lage markiert das südöstliche Ende des Samlands, da sich hier die Deime vom Pregel scheidet. Die Burg war im Herzogtum Preußen zweite Residenz… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”