Landesteil Schleswig

Landesteil Schleswig
Glücksburger Schloss

Südschleswig (dänisch: Sydslesvig) bezeichnet den heute deutschen Teil Schleswigs. Als die nördlichste Landschaft Deutschlands erstreckt es sich von der Eider und dem östlichen Teil des Nord-Ostsee-Kanals im Süden bis zur deutsch-dänischen Grenze im Norden. Der Begriff Südschleswig wird vorwiegend seitens der dänischen Minderheit bzw. im geschichtlichen Kontext von Nordschleswig und Südschleswig verwendet, ansonsten spricht man offiziell heute in den meisten Fällen von Schleswig oder vom Landesteil Schleswig innerhalb Schleswig-Holsteins. Es umfasst eine Fläche von rund 5300 km².

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Der Landesteil Schleswig erstreckt sich vom Unter- und Mittellauf der Eider und der Kieler Bucht bis zur Flensburger Förde. Schleswig stellt keine administrative Einheit dar, sondern besteht aus den Kreisen Schleswig-Flensburg und Nordfriesland, der kreisfreien Stadt Flensburg sowie dem Nordteil des Kreises Rendsburg-Eckernförde.

Die Zugehörigkeit der Stadt Rendsburg, die ursprünglich auf einer Insel der Eider lag und sich heute auf beiden Ufern ausbreitet, zu Schleswig oder Holstein ist seit dem 13. Jahrhundert umstritten.

An der Ostseeküste liegen die fruchtbaren Landschaften Angeln (zwischen Flensburger Förde und Schlei), Schwansen (zwischen Schlei und Eckernförder Bucht) und Dänischer Wohld (zwischen Eckernförder Bucht und Kieler Förde).

Zur historischen Landschaft der Friesen, die etwas kleiner als der heutige Kreis Nordfriesland war, gehören an der Westküste die Halbinsel Eiderstedt, die nordfriesischen Inseln (früher Uthlande) Sylt, Föhr, Amrum, Pellworm, Nordstrand und kleinere Halligen sowie die Küstenlandschaft dahinter. Die dünner besiedelte Schleswigsche Geest im Landesinneren stellt ein nicht genau abgegrenztes Gebiet dar. Ganz im Süden liegt zwischen den Flüssen Eider und Treene die Landschaft Stapelholm und im Südosten der Naturpark Hüttener Berge.

Historischer Hauptort ist die Stadt Schleswig, die bis 1945 auch Hauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein war und heute Sitz des Oberlandesgerichts, des Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgerichts und Landessozialgerichts sowie des Oberverwaltungsgerichts ist. Heute hat jedoch das einwohnerstärkere Flensburg die Rolle als Oberzentrum übernommen.

Sprachen

Im Landesteil Schleswig wird neben Hochdeutsch auch Niederdeutsch, Dänisch, Südjütisch (Sønderjysk) und Nordfriesisch gesprochen, daneben außerdem noch die Mischsprachen Petuh und Missingsch. Der Grund für die außergewöhnliche Sprachenvielfalt liegt darin, dass im Landesteil Angehörige von zweien der vier nationalen Minderheiten Deutschlands ansässig sind: die Nordfriesen und die dänische Minderheit. Allerdings fallen Alltags- bzw. Muttersprache(n) und Bekenntnis zu nationaler Zugehörigkeit nicht immer zusammen.

Zur Kultur- und Sprachpflege der dänischen Minderheit betreibt der Dänische Schulverein für Südschleswig 55 Kindergärten und 48 Schulen, darunter zwei Gymnasien (das zweite seit 29. Febr. 2008) und ein Internat mit zusammen 5.612 Schülern sowie 1.796 Kindern in den Kindergärten (in 2007) [1]. In all diesen Bildungsstätten wird – außer im Fach Deutsch – auf Dänisch unterrichtet, aber zu Abschlüssen geführt, die auch vom deutschen Bildungssystem anerkannt werden.

Viele Ortsnamen im östlichen (zum Beispiel in Angeln und Schwansen) und zentralen Landesteil sind dänischer, viele im westlichen friesischer Herkunft. Viele Ortsnamen haben eine hochdeutsche, eine niederdeutsche und eine dänische, in der Westhälfte zusätzlich eine friesische Form. Südlich vom Danewerk bei Schleswig und Eckernförde sind die Ortsnamen bis auf wenige Ausnahmen sächsischer (niederdeutscher) Herkunft, da die Besiedlung dieser Region erst im Hochmittelalter von Holstein aus erfolgte.

Siehe auch: Schleswigsche Ortsnamen

Politik

Neben den üblichen deutschen Parteien tritt auch die Regionalpartei Südschleswigscher Wählerverband als Sprachrohr der dänischen Minderheit und der Nationalen Friesen an, deren Verein Friisk Foriining etwa 600 Mitglieder hat. Nach SPD und CDU ist der SSW drittstärkste Partei im Landesteil - er erzielte bei den letzten Landtagswahlen bei den Erststimmen rd. 16 % in Flensburg und Umland, rd. 8 % in Nordfriesland, rd. 9 % um Schleswig und um 5 % im südlichen Schleswig zwischen Eckernförde und Rendsburg. Daneben gibt es in der Kommunalpolitik zahlreiche Wählergemeinschaften. Die „Wählergemeinschaft Nordfriesland“ ist auch im Kreistag von Nordfriesland vertreten.

Wirtschaft

Der Landesteil Schleswig ist eine strukturschwache Region. Einen besonderen Stellenwert nehmen die Landwirtschaft und der Tourismus ein. Gerade die Küsten Nordfrieslands und die vorgelagerten Inseln und Halligen sowie die Schleiregion sind beliebte Urlaubsziele. In Flensburg und Rendsburg bestehen größere Werftbetriebe. Eine große Zahl an Militärstützpunkten schaffte einen bedeutenden Anteil an Arbeitsplätzen, die jedoch infolge von Standortschließungen seit Ende des Kalten Krieges seitdem stark zurückgegangen sind.

Religion

Über 60 % der Schleswiger sind Mitglied der evangelischen (Nordelbischen Kirche). Daneben gibt es Katholiken, eine dänische Kirche (ebenfalls evangelisch-lutherisch), Freikirchler, Muslime und Juden.

Region Schleswig/Südjütland

Um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu fördern, wurde 1997 der Regionalrat Schleswig-Sønderjylland gegründet (Vereinbarungstext: [1]). An der Zusammenarbeit nehmen die Kreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, die Stadt Flensburg und der dänische Bezirk Sønderjyllands Amt teil. Der Kreis Rendsburg-Eckernförde ist dem Regionalrat nicht beigetreten und arbeitet stattdessen in der KERN-Region (Großraum Kiel) mit.

Geschichte

Bis 1864 war die Eider und der damalige Eiderkanal noch Grenze zwischen dem Königreich Dänemark bzw. ab etwa 1200 dem Herzogtum Schleswig und dem Herzogtum Holstein (Teil des Deutschen Bundes und vorher des Heiligen Römischen Reiches).

Der Landesteil Schleswig ist der heute deutsche Teil des Herzogtums Schleswig, das sich um 1200 [2] als königlich-dänisches Lehen herausbildete und bereits seit 1386 in herrschaftlicher Verbindung mit Holstein stand und seit dem Vertrag von Ripen von 1460 durch eine Personalunion mit Dänemark verbunden war (Sekundogenitur). Beide Herzogtümer wurden von der "Deutschen" bzw. "Schleswig-Holsteinischen Kanzlei" in Kopenhagen verwaltet, während das eigentliche Königreich von der "Danischen Kanzlei" in dänischer Sprache verwaltet wurde. Holstein war seit 1815 Teil des deutschen Bundes, Schleswig jedoch nicht.

Schleswigs Stellung zwischen Dänemark und einem künftigen vereinigten Deutschland war in der Zeit der Ausbildung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert wiederholt umstritten. 1830 veröffentlichte der Sylter Landvoigt und Jurist Uwe Jens Lornsen einen Vorschlag zu einer liberalen schleswig-holsteinischen Verfassung. Lornsen wurde beim Kriminalgericht Gottorf wegen Hochverrats abgesetzt und zu einem Jahr Haft verurteilt, was der Ansatzpunkt einer deutsch eingerichteten Bewegung war, die die Vereinigung der beiden Herzogtümer in einem deutschen Staat forderten.

Unter dem Eindruck der französischen Revolution 1848 änderte König Friedrich VII. die Verfassung Dänemarks und erklärte unter dem Druck der bürgerlichen Revolution in Kopenhagen Schleswig 1848 zum Teil des dänischen Nationalstaates, repräsentiert durch ein eiderdänisch orientiertes Ministerium. Weite Teile der schleswigschen Bevölkerung begehrten, wohl aus unterschiedlichen Beweggründen, aber mit Unterstützung Preußens dagegen auf und so kam es zum Aufstand gegen Dänemark, dem ersten Schleswigschen Krieg von 1848 bis 1851, in dem sich schließlich Nationalliberale beider Seiten gegenüberstanden. Die Eiderdänen forderten den Anschluss des ganzen Herzogtums Schleswigs an Dänemark, die deutsche Mehrheit der beiden Herzogtümer dagegen den Anschluss Schleswigs an den Deutschen Bund. Unter dem Druck der europäischen Großmächte wurde der Krieg jedoch letztlich mit dem für beide Seiten unbefriedigenden Status-quo ante beendet, in dem die nationale Zugehörigkeit Schleswigs unbeantwortet blieb. Schleswig blieb als dänisches Lehen weiter ein selbständiges Herzogtum und durfte nicht mit dem Königreich Dänemark vereinigt werden Londoner Protokoll (1851), blieb aber ebenfalls weiterhin unter dänischer Herrschaft. Im November 1863 nahm der dänische Reichsrat eine auch Schleswig umfassende Verfassung an, die auch vom neuen dänischen König Christian IX. unterzeichnet wurde; in diesem Zusammenhang verlor beispielsweise Theodor Storm seine Akkredition als Rechtsanwalt in Husum wegen unzureichender Dänischkenntnisse. Diesen Bruch des Londoner Protokolls nahmen Preußen und Österreich zum Anlass, Dänemark den Krieg zu erklären. Während eines Waffenstillstandes im Frühjahr 1864 geführte Verhandlungen über eine Teilung Schleswigs führten nicht zum Erfolg, weil Dänemark auf einer Grenzziehung entlang einer gedachten Eider-Danewerk-Eckernförde-Verbindung bestand - was nahezu der dänischen Vorkriegsforderung von einer kompletten Inkorporation Schleswigs in das Königreich entsprach - und eine nördlicher liegende Teilung Schleswigs basierend auf Vorschlägen der siegreichen Preußen, auf einem schiedsrichterlichen Spruch eines neutralen Dritten wie England oder auf einer Volksabstimmung selbst ablehnte [3].

Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 fiel Schleswig an Preußen und bildete ab 1867 gemeinsam mit Holstein die preußische Provinz Schleswig-Holstein. Im Prager Frieden von 1866 wurde eine Abstimmung über die nationale Zugehörigkeit Schleswigs vereinbart, die aber 1879 aus dem Vertrag gestrichen wurde. Nach Lösung der Optantenfrage im Jahr 1907 wurde die Grenzziehung von 1864 auch von Kopenhagen anerkannt [4] [5].

Nach dem von Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieg, in dem Dänemark neutral geblieben war, setzte der Versailler Friedensvertrag eine Volksabstimmung fest. Die Teilung des Abstimmungsgebietes in zwei Zonen, deren nördliche en-bloc gewertet wurde, das heißt aus der Gemeinden mit deutscher Mehrheit nicht herausgetrennt werden sollten, führte zu einer leichten Bevorzugung der dänischen Seite.

– siehe Artikel Volksabstimmung in Schleswig -

Zone für Dänemark für Deutschland
Stimmen Prozent Stimmen Prozent
I 75.431 74,9 25.329 25,1
II 12.800 19,8 51.742 80,2
zusammen 88.231 53,4 77971 46,6


Seither entspricht die deutsch-dänische Grenze fast genau der Grenze zwischen den beiden damaligen Abstimmungszonen. Der südliche Teil Schleswigs, der aus der 2. Abstimmungszone sowie den für eine Abstimmung nicht vorgesehenen südlichen Landstrichen Schleswigs bestand, blieb bei Deutschland und bildet zusammen mit dem Landesteil Holstein seit 1946 das Land Schleswig-Holstein.

Literatur

  • Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins. C.H. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-50891-2.
  • John Christensen u.a.: 1864: fra helstat til nationalstat. Emil, Fårevejle 1998
  • Ulrich Lange (Hg.): Geschichte Schleswig-Holsteins. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wachholtz, Neumünster 2003²
  • Wolfgang Laur (Hg.): Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein. Veröffentlichungen des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs Bd. 28, Neumünster 1992²
  • Roar Skovmand/Vagn Dybdahl/Erik Rasmussen: Geschichte Dänemarks 1830-1939. Die Auseinandersetzungen um nationale Einheit, demokratische Freiheit und soziale Gleichheit. Karl Wachholtz, Neumünster 1973 ISBN 3-529-06146-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dansk Skoleforening for Sydslesvig
  2. Grenzlandportal: Die Grafschaft Holstein und das Herzogtum Schleswig entsteht 1100-1300
  3. Historiecenter Dybbøl Banke: Was geschah 1864
  4. Zepelin-Museum: Der Deutsch Dänische Krieg
  5. Flensburg-Online: Von der deutschen Niederlage zur Teilung Schleswigs (1)

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