Latenzwärmespeicher

Latenzwärmespeicher
Bekannter Vertreter eines Latentwärmespeichers: regenerierbare Handwärmer, links im flüssigen und rechts im kristallisierten Zustand
Ein „Taschenwärmer“

Ein Latentwärmespeicher ist eine Einrichtung, die thermische Energie verborgen (latent vom Lateinischen latere = verborgen sein, deshalb auch die Bezeichnung Latente Wärme), verlustarm, mit vielen Wiederholzyklen und über lange Zeit zu speichern in der Lage ist.

Man nutzt sogenannte phase change materials (PCM, „Phasenübergangsmaterialien“), deren latente Schmelzwärme, Lösungswärme oder Absorptionswärme wesentlich größer als die spezifische Wärmekapazität der gleichen Menge eines Stoffes ohne Phasenumwandlung ist.

Beispiele sind Wärmekissen, Kühlakkus oder mit Paraffin gefüllte Speicherelemente in den Tanks von solarthermischen Anlagen.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsprinzipien

Latentwärmespeicher funktionieren durch die Ausnutzung der Enthalpie reversibler thermodynamischer Zustandsänderungen eines Speichermediums, wie z.B. des Phasenübergangs fest−flüssig (Schmelzen/Erstarren).

Die Ausnutzung des Phasenübergangs fest-flüssig ist dabei das am häufigsten genutzte Prinzip. Beim Aufladen des Inhalts kommerzieller Latentwärmespeicher werden meist spezielle Salze oder Paraffine als Speichermedium geschmolzen, die dazu sehr viel Wärmeenergie, die Schmelzwärme, aufnehmen. Da dieser Vorgang reversibel ist, gibt das Speichermedium genau diese Wärmemenge beim Erstarren wieder ab.

Merkmale

Der Vorteil dieser Wärmespeichertechnik beruht darauf, in einem durch die Schmelztemperatur des eingesetzten Speichermaterials genau festgelegten Temperaturbereich möglichst viel Wärmeenergie in möglichst wenig Masse zu speichern. Die Nutzung eines Phasenübergangs ist dabei wesentlich effektiver als das bloße Erwärmen des Mediums.

Beispiele

Wasser

So wird beispielsweise beim Erstarren bzw. Gefrieren von Wasser, dem Phasenübergang vom flüssigen Wasser zum festen Eis bei 0 °C, ungefähr soviel Wärme frei, wie zum Erwärmen derselben Menge Wasser von 0 °C auf 80 °C benötigt wird. Die spezifische Phasenumwandlungsenthalpie ist also im Vergleich zur spezifischen Wärmekapazität relativ hoch (für Wasser: Schmelzenthalpie 334 kJ/kg· K, spezifische Wärmekapazität ca. 4,19 kJ/(kg·K), wodurch die Energiedichte erheblich größer ist als bei Heisswasserspeichern.

Paraffin

Um größere Wärmemengen zu speichern, eignen sich Wasser-/Eisspeicher wegen der Schmelztemperatur von 0 °C weniger.

Hartparaffin-Speicher dagegen eignen sich mit einer Schmelztemperatur von etwa 60 °C gut zur Warmwasserbereitung. Die Schmelzwärme liegt zwar mit Werten zwischen 200 und etwa 240 kJ/kg um etwa ein Drittel niedriger als diejenige von Wasser, jedoch immer noch deutlich höher als die Speicherkapazität von flüssigem Wasser (etwa 4,19 kJ pro Kelvin und kg).

Vereinfachte Isolierung

Ein weiterer Vorteil ist, dass bei geeigneter Wahl des Speichermediums die Wärme auch in einem Behälter gespeichert werden kann, dessen Inhalt die gleiche Temperatur aufweist wie die Umgebung, so dass auch bei langfristiger Speicherung keine Wärmeverluste auftreten.

Chemische Wärmespeicher

Einem ähnlichen Prinzip folgt die Ausnutzung der Enthalpie reversibler chemischer Reaktionen, so z.B. von auf Chemisorption beruhenden Absorptions- und Desorptionsprozessen. Das geschieht in sogenannten thermochemischen Wärmespeichern, die eine noch höhere Energiedichte ermöglichen.

Anwendungen

Für technische Anwendungen flüssigkristalliner Latentwärmespeicher ist in der Regel eine Rekristallisation kurz unterhalb der Schmelztemperatur erwünscht. Dafür müssen dem Material geeignete Keimbildner zugesetzt werden, die eine Unterkühlung der Schmelze verhindern.

Moderne Latentwärmespeichermaterialien auf Salz- oder Paraffinbasis haben für verschiedene Anwendungen entwickelte physikalische Eigenschaften und sind für nahezu alle Temperaturbereiche erhältlich. Sie finden Einsatz in Warmhalteplatten für die Gastronomie, in Latentwärmespeichern für Kraftfahrzeuge, in denen überschüssige Motorwärme gespeichert wird, um sie beim Kaltstart wieder freizusetzen, oder auch in der Heizungs- und Baustoffindustrie als wärmepuffernde Baustoffe, z.B. Micronal® PCM.

Phase change materials (PCM) finden zunehmend Anwendung in Funktionstextilien. Diese können dadurch die Körper- oder Umgebungswärme aufnehmen, speichern und wieder abgeben. Damit ermöglichen sie das Abpuffern der Temperatur eines „Wohlfühlbereiches“ nach unten wie oben.

Bei Einsatz von Latentwärmespeichern zur Solarwärmespeicherung der Heizenergie für den Winter sind die Investitionen zwar höher, das System jedoch deutlich platzsparender und wegen der Ausnutzung der Latentwärme gleichmäßiger als die Nutzung von Wassertanks oder Kies. Vor der Anwendung eines Latentwärmespeichers in einem klassisch beheizten Haus ist vorrangig die Gebäudedämmung zur Minderung des Wärmebedarfes zu verbessern.

Ein Rechenbeispiel soll die Größenordnungen verdeutlichen. Zur Beheizung eines gut gedämmten Hauses mit einem Energiebedarf von 100 kWh/m²/a und 89 m² Wohnfläche werden 890 Liter Heizöl oder 890 m³ Erdgas benötigt (siehe den Artikel „Heizwert“). Das entspricht einem Jahres-Wärmebedarf von 32.000 MJ. Um diese Wärmemenge im Sommer durch Solarabsorber zu erzeugen, werden bei angenommenen 100 Sonnentagen und einem Ertrag von 4 kWh/m²/Tag etwa 23 m² Solarabsorberfläche nötig. Um die durch Solarabsorber im Sommer erzeugte Wärmemenge von 32.000 MJ für den Winter in Form von Latentwärme zu speichern, werden ca. 20 m³ Paraffin in einem Tank benötigt. Im Jahre 2008 sind einzelne, mit Paraffin gefüllte Kleinbehälter in einem Wassertank üblich. Die 20  m³ entsprechen einem Rundtank mit 2 Meter Höhe und einem Durchmesser von gut 3,5 Meter. Mit den in einen solchen Tank passenden 20.000 Liter Heizöl könnte das gleiche Haus allerdings 22,5 Jahre lang beheizt werden.

In Wärmekissen wird häufig Natriumacetat-Trihydrat verwendet[1]. Im Wasserbad (bei Verwendung von Mikrowellen können die Kissen platzen) wird das Salzhydrat bei einer Schmelztemperatur von 58 Grad Celsius verflüssigt und bleibt auch noch bei viel tieferen Temperaturen - unter Umständen bis –20 Grad Celsius - flüssig, als unterkühlte Schmelze in einem metastabilen Zustand. Genauer gesagt löst sich das Salz in seinem Kristallwasser, da die Wassermoleküle eine Art eigenes Kristallgitter bilden, das sich zuerst auflöst.

Wird nun ein Metallplättchen (ähnlich einem Knackfrosch) im Wärmekissen gedrückt, löst das die Kristallisation aus. Das Kissen erwärmt sich dabei auf 58 Grad, wobei die vollständige Kristallisation und damit die Freigabe der latenten Wärme sich über eine längere Zeit erstrecken kann.

Als Ursache für die Kristallisation kommt die Druckwelle in Frage, die durch das Drücken des Metallplättchens in der übersättigten Lösung ausgelöst wird, oder die dabei verursachte Freisetzung von Kristallisationskeimen, die sich bei jeder Kristallisation in kleinen Ritzen des Metalls festsetzen[2]. Ein Problem der Erklärung durch die Druckwelle ist jedoch, dass die Kristallisation im Experiment durch Schallwellen, selbst durch Ultraschall, nicht ausgelöst wird[3].

Andere Salzhydrate können ebenfalls verwendet werden, z.B. Glaubersalz mit einem Schmelzpunkt von 32,5 Grad Celsius und Alaunsalz

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Seminarvortrag Daniel Oriwol "Natriumacetat als Latentwärmespeicher", 2008, pdf Datei
  2. M.Rogerson, S. Cardoso „Solidification in heat packets“, AlChE Journal, Bd. 49, 2003, S.505
  3. Rüdiger Blume zum Wärmekissen

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