Legio II Adiutrix

Legio II Adiutrix

Die Legio II Adiutrix („die Helferin“) war eine Legion der römischen Armee, die von Kaiser Vespasian im Jahr 70 aus Flotteneinheiten in Ravenna aufgestellt wurde. Berichte über sie an der Rheingrenze reichen bis ins 4. Jahrhundert. Die Symbole der Legion waren ein Capricorn[1] (mythologische Gestalt: halb Steinbock, halb Fisch) oder Eber[2] und Pegasus. Die Legion wurde mehrfach durch ehrende Beinamen ausgezeichnet: Legio II Adiutrix ter Pia ter Fidelis Constans[3] („dreimal treu, dreimal ergeben und beständig“).

Legionsdenar des Kaisers Septimius Severus aus dem Jahr 193
IMP CAE L SEP SEV PERT AVG
LEG II ADIVT, TR P COS

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Legion

Vierkaiserjahr und Flavische Dynastie

Zunächst wurde die Legion in Ulpia Noviomagus Batavorum (Nijmegen) in Germania inferior stationiert. Die erste Aufgabe der II Adiutrix war die Niederschlagung des Bataveraufstandes. Zu diesem Zweck wurde sie wohl überhaupt gebildet: Nach dem Bürgerkrieg des Vierkaiserjahres fehlte es zeitweilig an regulären Truppen, weshalb man zu der Notmaßnahme griff, Flottensoldaten zu Legionären zu machen. Nach der Niederschlagung der Rebellion wurde die II Adiutrix im Jahr 71 von der Legio X Gemina abgelöst und folgte ihrem Feldherrn Quintus Petilius Cerialis nach Britannien, um dort den Aufstand der Briganten unter deren König Venutius niederzuschlagen. Sie war vermutlich zunächst in Lindum Colonia (Lincoln) stationiert, wo sie die Legio VIIII Hispana[4] ablöste. In den nächsten Jahren blieb die II Adiutrix auf den britischen Inseln, um von ihrem Basislager, das um 78 n. Chr.[5] wahrscheinlich nach Deva (Chester) verlegt wurde, rebellische Stämme in Wales zu unterwerfen. An der Unterwerfung der Ordovicer und der Besetzung der Insel Mona (Anglesey) war die Legion direkt beteiligt. Später, als der Statthalter Gnaeus Iulius Agricola versuchte, Schottland zu erobern, scheint sie als Reserve in Wales geblieben zu sein.[1]

Möglicherweise war die Legion seit 83/84[5] kurzzeitig im Pinnata Castra (Inchtuthil) am Fluss Tay stationiert, bevor sie im Jahr 87 auf den Kontinent zurückgeholt wurde. Sie wurde in Acumincum (am Zusammenfluss von Theiss und Donau) oder in Sirmium (Sremska Mitrovica) in der Provinz Moesia stationiert, um an den Kriegen des Kaisers Domitian in Dakien teilzunehmen.[1] Unter dem Feldherrn Lucius Tettius Iulianus nahm die Legion im Jahr 88 an der Schlacht von Tapae teil.[6] Zwischen 94 und 95, immer noch in Dakien, diente der spätere Kaiser Hadrian als Militärtribun bei der II Adiutrix. In dieser Zeit diente Quintus Marcius Turbo, der spätere Statthalter von Pannonia (117-118), als Centurio in der Legion.[1]

Inschrift von Trenčín (179 n. Chr.), (CIL 3, 13439)
Victoriae / Augustoru(m) / exercitus cui Lau/garicione sedit mil(ites) / l(egionis) II DCCCLV / [M(arcus) Val(erius) Maximi]an(u)s leg(atus) leg(ionis) II Ad(iutricis) cur(avit)
„dem Sieg der Kaiser gewidmet von 855 Legionären der Legio II des in Laugaricio (Trenčín) stationierten Heeres. Errichtet unter Aufsicht von Marcus Valerius Maximianus, Legat der Legio II Adiutrix“

Adoptivkaiser und Antoninische Dynastie

Während Trajans Dakerkriegen in den Jahren 101 bis 106 waren die Legio II Adiutrix und Legio IIII Flavia Felix in Singidunum (Belgrad) stationiert. Danach wurde die Legion nach Aquincum (Budapest) in die Provinz Pannonia inferior verlegt, wo in den nächsten Jahrhunderten ihr Basislager bleiben sollte. Der Statthalter Quintus Marcius Turbo führte mit der II Adiutrix 118 einen erfolgreichen Feldzug gegen die Sarmaten im östlichen Ungarn.[1] Das Holz-Erde-Kastell Ulcisia Castra („Wolfslager“, Kastell Szentendre) wurde in spättrajanischer Zeit von der Cohors I Thracum („1. thrakische Kohorte“) sowie einer Bauabteilung der Legio II Adiutrix in ein Steinkastell umgebaut.

Auch zivile Tätigkeiten, wie z. B. der Bau eines öffentlichen Gebäudes in Mursa (Osijek) oder Verwaltungsaufgaben am Sitz des Statthalters, wurden von Angehörigen der Legion ausgeführt. Während der Herrschaft des Antoninus Pius (138-161) war die Lage an der Donau weitgehend ruhig, sodass eine Vexillatio nach Mauretania verlegt wurde, um gegen die Mauren zu kämpfen. Unter Kaiser Lucius Verus (162-166) wurde die II Adiutrix in Budapest von der IIII Flavia Felix abgelöst und nach Osten verlegt, um unter dem Befehl des Legaten Quintus Antistius Adventus Postumius Aquilinus[7] am Partherfeldzug teilzunehmen. In den Markomannenkriegen Mark Aurels erlitt die Legion so große Verluste, dass sie durch Teile der afrikanischen Legio III Augusta aufgefrischt werden musste. Im Winter 179/180 überwinterte Valerius Maximianus mit einigen Truppenkontingenten der II Adiutrix bei Laugaricio (Trenčín) in der heutigen Slowakei.[1] Lucius Artorius Castus, den manche für das Urbild des legendären Königs Artus halten, war um 170 Centurio der Legion.[8]

Zweites Vierkaiserjahr und Severer

Im zweiten Vierkaiserjahr 193 unterstützte die II Adiutrix Septimius Severus (193–211), den Statthalter der Pannonia superior, auf seinem Weg auf den Thron. In den Jahren 193/194 nahm sie vermutlich am Feldzug gegen den Usurpator Pescennius Niger in Thrakien und Kleinasien, sowie an den Partherkriegen 195 und 197/198 teil.[1] Im Jahr 202 kehrte die Legion nach Aquincum zurück.[9] Die Legion oder zumindest Vexillationem (Detachements) von ihr nahmen 213 an den Feldzügen Caracallas (211–217) gegen die Alamannen und 214 bis 217 gegen die Parther teil. Zu dieser Zeit baute die Legion eine Straße von Singidunum (Belgrad) nach Aquincum (Budapest).[1] Teile der Legion waren im 3. Jahrhundert in Cirpi (Kastell Dunabogdány)[10] und im Burgus Szentendre-Hunka[11] stationiert.

Soldatenkaiser

Im Vordergrund liegt das Kastell Lugio/Florentia; auf der gegenüberliegenden Flussseite, an der kleinen Lichtung des Ufersaums, befand sich der Burgus contra Florentiam

238 war die Legion wohl am Feldzug Gordians III. (238–244) gegen die Sassaniden beteiligt. Am Dakerkrieg des Kaiser Maximinus Thrax (244–249) nahm die Legio II Adiutrix gemeinsam mit der Legio II Italica teil.[1] Gallienus (253–268) ehrte die Legion durch Münzprägungen.[12] Im Jahr 268 baute die Legio II Adiutrix Claudiana unter ihrem praefectus Aurelius Frontinus die Thermae maiores („Große Thermen“) in Aquincum wieder auf[13] Sie kämpfte für Claudius II. Gothicus 269 gegen die Westgoten.[1]

Spätantike

Eine vexillatio war zur Zeit des Constantius Chlorus (293-306) in Mogontiacum (Mainz) stationiert.[1] Wohl um 395 wurden die Acincenses, benannt nach dem Garnisonsort Aquincum, aus der Legion herausgelöst und als Pseudocomitatenses dem magister equitum Galliarum bzw. als Milites dem Dux Mogontiacensis unterstellt.[14] Im frühen 5. Jahrhundert unterstand die II Adiutrix als Limitanei (Grenzheer) dem dux der Provinz Valeria ripensis (Westungarn) und war unter jeweils einem praefectus auf die Standorte Alisca (vielleicht im vermuteten Kastell Szekszárd oder im nahen Kastell Őcsény-Szigetpuszta), Florentia (Dunaszekcső), Aquincum (Budapest), Tautantus/Teutanus, Cirpi (Kastell Dunabogdány) und Lussonium (Dunakömlőd) aufgeteilt.[15]

Literatur

Weblinks

 Commons: Legio II Adiutrix – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Jona Lendering: Legio II Adiutrix In: Livius.org (englisch).
  2. Yann Le Bohec: Die römische Armee von Augustus zu Konstantin d. Gr., Steiner, Stuttgart 1993, ISBN 3-515-06300-5, S. 286.
  3. AE 1953, 12.
  4. Anthony Richard Birley: The Roman government of Britain, Oxford University Press, 2005, ISBN 978-0-19-925237-4, S. 67.
  5. a b Anthony Richard Birley: The Roman government of Britain, Oxford University Press, 2005, ISBN 978-0-19-925237-4, S. 228.
  6. Graham Webster: The Roman Imperial Army of the first and second centuries A.D., University of Oklahoma Press, 1998, ISBN 9780806130002, S. 52.
  7. AE 1893, 88.
  8. CIL 3, 1919.
  9. Claude Lepelley (Hrsg.): Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit, Bd. 2: Die Regionen des Reiches, de Gruyter, München 2001, ISBN 3-598-77449-4, S. 296.
  10. AE 1982, 800 = AE 1983, 776c (Abbildung).
  11. CIL 3, 3742.
  12. Yann Le Bohec: Die römische Armee von Augustus zu Konstantin d. Gr., Steiner, Stuttgart, 1993, ISBN 3-515-06300-5, S. 225.
  13. CIL 3, 3525.
  14. Jürgen Oldenstein: Kastell Alzey. Archäologische Untersuchungen im spätrömischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat (Habilitations-Schrift der Universität Mainz), 1992, S. 298–299 (PDF (14,5 MB)).
  15. Notitia dignitatum Occ. XXXIII.

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