Annihilationismus

Annihilationismus

Der Annihilationismus ist eine von mehreren Ansichten über die Hölle innerhalb des Christentums. Er besagt, dass der endgültige Zustand der Gottlosen (siehe den Eintrag Sünder) die vollständige Vernichtung ist. Er verwirft die traditionelle Ansicht, dass die Hölle ein Ort der nie endenden Qual und/oder ewigen Trennung von Gott ist.

Inhaltsverzeichnis

Lehre

Im Unterschied zur traditionellen Auffassung, die besagt, dass die Gottlosen auf ewig gequält werden, und im Gegensatz zur Allversöhnung, die besagt, dass alle Menschen gerettet werden, vertritt der Annihilationismus die Auffassung, dass Gott die Gottlosen in der Hölle komplett (also einschließlich Leib, Seele und Bewusstsein) vernichten (engl.: to annihilate, v. lat.: annihilare) wird. Hierbei werden die Gottlosen ggf. vor ihrer Vernichtung ein gewisses Maß an Bestrafung bewusst erleben, das ihren Sünden entspricht. Nach dieser Ansicht erleben nur die Gerechten ein ewiges Leben in Unsterblichkeit.

Diese Ansicht ist oft, aber nicht immer, mit der Ansicht der „bedingten (konditionellen) Unsterblichkeit“ verbunden, der Ansicht, dass die Seele nicht aus sich selbst heraus unsterblich ist. Hierbei führt der Tod bei den Gerechten wie bei den Gottlosen in einen Zustand der Nichtexistenz (oder des Schlafs), aus dem sie zum Jüngsten Gericht auferweckt (oder neu erschaffen) werden. Gott, der allein unsterblich ist, verleiht den Gerechten dann nach dem Gericht die Unsterblichkeit zu einem ewigen Leben im Himmel oder auf einer paradiesischen Erde, während die Gottlosen einen zweiten Tod sterben, der ihre ewige Auslöschung bedeutet.

Geschichte

Die große Mehrheit der christlichen Theologen von Tertullian bis Luther haben die traditionelle Ansicht über die Hölle vertreten. Die annihilationistische Sicht wurde jedoch im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder vertreten. Frühe Formen der bedingten Unsterblichkeit finden sich in den Schriften von Justin dem Märtyrer († 165) und Theophilus von Antiochien († 185). Amobius († 330) war der erste, der den Annihilationismus ausdrücklich verteidigte. Das Zweite Konzil von Konstantinopel und später das Fünfte Laterankonzil verurteilten diese Lehre. Seit der Reformation ist der Annihilationismus von Zeit zu Zeit zutage getreten, so z. B. in dem Glaubensbekenntnis der General Baptists von 1660.

Heute wird diese Lehre zumeist mit Gruppen assoziiert, die William Miller und der Adventbewegung entstammen, dazu gehören die Siebenten-Tags-Adventisten, die Bibelforscherbewegung und einige weitere, kleinere Gruppen. In neuerer Zeit haben einige evangelikale Theologen, darunter der prominente anglikanische Autor John Stott, für diese Lehre ein gewisses Maß an Sympathie gezeigt. Dies führte innerhalb der Evangelikalen zu großen Diskussionen.

Rechtfertigung

Grundlegend für die annihilationistische Sicht sind die Begriffe der göttlichen Gerechtigkeit und der göttlichen Liebe. Annihilationisten vertreten die Auffassung, dass das Konzept eines Orts der ewigen Qual abstoßend und dass dies auch eine ungerechte unendliche Strafe für die endlichen Sünden eines endlichen Erdenlebens sei. Sie meinen auch, dass es kaum vorstellbar sei, dass die Gerechten ein glückliches Leben führen können, wenn sie wissen, dass ihre geliebten Angehörigen (soweit sie im Gericht verurteilt wurden) zur selben Zeit im ewigen Feuer brennen. Traditionalisten antworten hierauf, dass nur Gott befugt sei, festzulegen, was göttliche Gerechtigkeit ist, und vermuten, dass die Annihilationisten hier dem Druck der Moderne nachgeben.

Annihilationisten vertreten auch die Auffassung, dass die traditionellen Ansichten über die Hölle auf dem Konzept der unsterblichen Seele aus der griechischen Philosophie basieren, das fälschlicherweise in die Bibel hineingetragen wurde. Traditionalisten halten dies für unwichtig und verweisen auf Bibelverse, mit denen sie ihre Ansicht der unsterblichen Seele aus der Bibel begründen.

Annihilationisten verteidigen ihren Standpunkt auch dadurch, dass sie sagen, die Vorstellung der ewigen Qual sei ein Missverständnis von bestimmten Bibelversen. Einige meinen sogar, das Konzept der unsterblichen Seele sei nichts anderes als eine Umschreibung der Lüge der Schlange im Garten Eden, die den Menschen predigte „Ihr werdet nicht sterben“.

Sowohl Traditionalisten als auch Annihilationisten meinen, dass ihre Ansichten den biblischen Aussagen über die Hölle entsprechen. Ein Großteil der Diskussion dreht sich um Terminologie und die Symbolik der Offenbarung. Annihilationisten meinen, dass diejenigen Passagen, die von einer Vernichtung der Gottlosen sprechen (z. B. Johannes 3,16 oder Matthäus 10,28, in englischen Übersetzungen steht hier zumeist „destroy“, was den Gedanken der Vernichtung stärker ausdrückt als das deutsche „Verderben“), oder vom Schlaf der Toten (z. B. Johannes 11,11 oder Prediger 9,5+6+10), wörtlich verstanden werden sollten, während Passagen aus dem Buch der Offenbarung über eine ewige Qual bildlich zu verstehen seinen. Traditionalisten sehen dies genau andersherum.

Seit den 1960ern hat der Annihilationismus innerhalb der protestantischen Theologie eine Reihe von Anhängern gewonnen, er ist aber weiterhin nur die Auffassung einer Minderheit.

Siehe auch

Weblinks


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