Les Contes d’Hoffmann

Les Contes d’Hoffmann
Werkdaten
Titel: Hoffmanns Erzählungen
Originaltitel: Les Contes d'Hoffmann
Originalsprache: französisch
Musik: Jacques Offenbach
Libretto: Jules Barbier
Uraufführung: 10. Februar 1881
Ort der Uraufführung: Paris
Spieldauer: zwischen 2 1/2 und 3 1/2 Stunden, je nachdem, welche Fassung gespielt wird
Ort und Zeit der Handlung: Deutschland und Italien um 1800
Personen
  • Hoffmann (Tenor)
  • la Muse / Nicklausse (Sopran oder Mezzosopran)
  • Olympia, Giulietta, Antonia, Stella (Sopran – laut Partitur von nur einer Sängerin zu singen)
  • Lindorf, Coppélius, Dapertutto, Dr. Miracle (Bariton – laut Partitur von nur einem Sänger zu singen)
  • Andrès, Cochenille, Pitichinaccio, Frantz (Spieltenor – laut Partitur von nur einem Sänger zu singen)
  • Luther (Bass)
  • Hermann (Bariton)
  • Nathanaël (Tenor)
  • Spalanzani (Tenor)
  • Crespel (Bass)
  • Stimme von Antonias Mutter (Mezzosopran)
  • Schlemil (Bariton)
  • Unsichtbare Geister, Kellner, Studenten, Gäste Spalanzanis, Mädchen und Gäste bei Giulietta (Chor und Ballett)

Hoffmanns Erzählungen (frz. Originaltitel: Les Contes d'Hoffmann) ist eine Phantastische Oper in 5 Akten (früher: in 3 Akten, einem Vor- und einem Nachspiel) von Jacques Offenbach. Als Libretto diente ein von Jules Barbier und Michel Carré verfasstes und 1851 uraufgeführtes Stück, das auf verschiedenen Erzählungen E. T. A. Hoffmanns basiert, wie auf Der Sandmann, Rath Krespel und Abenteuer in der Silvesternacht. Hoffmann ist in der Oper selbst der Held der Erzählungen – im Gegensatz zu den literarischen Werken Hoffmanns, in denen die männlichen Helden andere Namen tragen oder fiktive Ich-Erzähler sind. Les Contes d'Hoffmann wurde am 10. Februar 1881 in Paris uraufgeführt. Die Spieldauer beträgt je nach Fassung/Bearbeitung zwischen 2½ und 3½ Stunden.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Bearbeitungen

Les Contes d'Hoffmann ist Offenbachs einzige erfolgreiche Oper und sein letztes Werk, an dem er bis kurz vor seinem Tode arbeitete. Er hatte bereits vorher eine große Oper komponiert, Les Fées du Rhin (Die Rheinnixen), die am 4. Februar 1864 an der Wiener Hofoper in deutscher Sprache uraufgeführt wurde. Aus diesem Werk übernahm er die Barcarole sowie das Trinklied im ersten Akt.

Der Tod in der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober 1880 hinderte den Komponisten daran, die endgültige Form der Oper Hoffmanns Erzählungen festzulegen. Zu diesem Zeitpunkt war er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht darüber im Klaren, wie der 5. Akt (beziehungsweise der Epilog) enden sollte, jedenfalls sind bisher noch keine Skizzen oder fertige Nummern dieses Teils entdeckt worden. Zuvor hatte er in einer privaten Soiree am 18. Mai 1879 vor 300 Personen neun Szenen der Oper in Begleitung eines Pianos und eines Harmoniums mit Gesangssolisten aufführen lassen.

Ernest Guiraud erhielt nach Offenbachs Tod von der Familie, der Pariser Opéra-Comique und dem Verleger Choudens den Auftrag, aus Offenbachs Aufzeichnungen und Skizzen eine aufführbare Fassung zu erstellen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte Offenbach aus verschiedenen Gründen von manchen Nummern (Nr. 1, Nr. 7, Nr. 19 u. a.) zwei Fassungen hinterlassen. Guiraud sichtete das Material und schuf für die Opéra-Comique eine Dialogfassung. Für die deutsche Fassung und eine eventuelle Aufführung an der Grand Opéra erstellte Guiraud (wie vorher für Carmen von Georges Bizet) eine durchkomponierte Oper mit Rezitativen (statt Dialogen). Weil die Oper als zu lang empfunden wurde, entfiel sowohl bei der Uraufführung als auch bei der deutschen Erstaufführung in Wien (Ringtheater, 7. Dezember 1881) der Giulietta-Akt.

Weitere Fassungen erstellten Raoul Gunsburg und André Bloch (Monte Carlo, 1904, in der erstmals die berühmte Spiegelarie und das Septett erklangen), Hans Gregor und Maximilian Moris (Komische Oper Berlin, 1905), Otto Maag und Hans Haug (1944), Walter Felsenstein und Karl-Fritz Voigtmann (1958).

Neuerer Forschungsstand

Eine endgültige, von Offenbach autorisierte Partitur liegt nicht vor, dagegen existieren zahlreiche Manuskriptseiten mit Varianten. Da Offenbachs Witwe aus Gefälligkeit und Geldnot immer wieder einzelne Teile des Autographs an Freunde und Sammler verschenkte beziehungsweise verkaufte, bleibt unklar, wieweit Offenbachs Komposition fortgeschritten war. Auf vielen Blättern finden sich auch offensichtliche Eintragungen von fremder Hand (wahrscheinlich von Guiraud), weil Offenbach teilweise nur die Sing- und die wichtigsten Orchesterstimmen skizziert hatte. Ein Teil der Manuskripte befindet sich in diversen Pariser Archiven (Bibliothèque Nationale Paris, Bibliothèque de l’Opéra, aber auch im Privatbesitz) sowie in der Pierpont Morgan Library New York. 1998 gelang es Jean-Cristophe Keck, das Finale des Giulietta-Aktes auf einer Pariser Auktion zu erwerben.

Als Fritz Oeser im Jahre 1977 eine erste quellenkritische Neuausgabe publizierte (Bärenreiter Verlag, Kassel), konnte er sich auf 1250 Manuskriptseiten aus unterschiedlichen Entstehungsphasen der Oper stützen, die der Offenbach-Experte Antonio de Almeida zusammengetragen hatte. Die Schwäche dieser Ausgabe besteht darin, dass Oeser Abweichungen vom Originaltext und eigene Ergänzungen nicht immer deutlich gekennzeichnet hat. Michael Kaye legte in den 1990er Jahren eine neue Gesamtausgabe der Oper vor, in der sämtliche bis dahin bekannte Varianten, Fassungen, verworfene Nummern und abweichende Deutungen integriert wurden. Daraus schuf er eine Neufassung, die jedoch mit der Auffindung weiterer Manuskriptseiten wiederum veraltet war. So wurde am 24. Januar 1999 der kurz zuvor von Jean-Christophe Keck entdeckte Schluss des „Giulietta-Aktes“ nach Offenbachs originalem Manuskript in Hamburg uraufgeführt. Ein weiteres Dokument, das bis dahin immer übersehen worden war, entdeckte Josef Heinzelmann: das 1880/81 eingereichte Zensur-Libretto. Dieses stellt wohl die verlässlichste Quelle für die dramaturgische Konzeption vor Offenbachs Tod dar.

Der Schott-Verlag Mainz stellt zur Zeit den Theatern eine Ausgabe auf Basis aller bisher bekannten Quellen zur Verfügung (meist als Keck-Kaye-Fassung bezeichnet). Diese Ausgabe ist eine Zusammenführung der von Jean-Christophe Keck betreuten Pariser Bestände und der von Michael Kaye betreuten Quellen der Pierpont Morgan Library. Ebenso sind die von der Uraufführungsfassung abweichenden Entwürfe Offenbachs und spätere, von anderen Komponisten hinzugefügte Nummern berücksichtigt. Anhand dieser Ausgabe können sich die Theater eine ihrer Konzeption entsprechende Version erarbeiten.

Von den verschiedenen Fassungen liegen Einspielungen vor: Die ältere Guiraud-Fassung zum Beispiel unter André Cluytens, die Felsenstein-Bearbeitung als Film, die Oeser-Fassung unter Sylvain Cambreling und die auf den jüngeren Forschungsergebnissen beruhende Kaye-Fassung unter Jeffrey Tate und Kent Nagano. Bei den letztgenannten drei Einspielungen sind die Werkanalysen in den Beiheften lesenswert.

Werkbeschreibung

Les Contes d'Hoffmann hat keine Ouvertüre im eigentlichen Sinn. Die Oper beginnt mit wenigen Takten einer einleitenden Musik, deren Thematik sich in der ganzen Oper nicht wiederholt, und mündet direkt in den 1. Akt, in welchem die "Muse" den Zuhörer darüber in Kenntnis setzt, dass sie beabsichtigt, Hoffmann von seinem unglücklichen Liebesleben abzulenken und zur Literatur zurückzuführen. Auf diesen erklärenden 1. Akt folgen die drei "Mittelakte" mit den voneinander inhaltlich unabhängigen Erzählungen Hoffmanns. Der "rote Faden" ist hierbei der kompositorische Kniff, die Protagonisten der Erzählungen jeweils von denselben Interpreten singen zu lassen (die vier Geliebten Hoffmanns, die vier Widersacher sowie die vier Dienerrollen). Den Abschluss der Oper bildet der 5. Akt, welcher sich zeitlich an den ersten anschließt. Hier besinnt sich Hoffmann auf die Kunst und gibt sich der Muse hin.

Handlung

„Hoffmanns Erzählungen“

Die Oper greift nach dem ersten Akt hauptsächlich auf drei Erzählungen E. T. A. Hoffmanns zurück, „Der Sandmann“, „Rat Crespel“ und „Die Geschichte vom verlorenen Spiegelbild“. Die Protagonisten dieser Erzählungen, nämlich Nathanael, der Komponist B. und Erasmus Spikher werden in der Oper indessen von der Person des E. T. A. Hoffmann ersetzt.

Erster Akt (früher: Prolog)

Protagonist der Oper ist der Schriftsteller E. T. A. Hoffmann, Ort der Handlung im ersten Akt Hoffmanns Stammkneipe „Lutter & Wegner“. Während Hoffmann dort mit Studenten zecht, um seinen Kummer über die unberechenbaren Launen seiner Geliebten (Ex-Geliebten ?), der Sängerin Stella, zu vergessen, tritt diese in Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni als Donna Anna auf. Auf die schöne Sängerin hat es auch Hoffmanns Rivale, der personifizierte Teufel Stadtrat Lindorf abgesehen. Er kauft Stellas Boten einen Liebesbrief ab, der an Hoffmann gerichtet ist. Darin ist auch ein Schlüssel für ihre Garderobe. Unterdessen fordern die Studenten Hoffmann auf, das Lied von „Kleinzack“, (eigentlich: Klein Zaches aus dem gleichnamigen Märchen) zu singen. Hoffmann beginnt und verliert sich in der dritten Strophe in eine Traumwelt. Denn als es um die Gesichtszüge des Kleinzack geht – „quant aux traits de sa figure“ – sieht er plötzlich die seiner Stella und gerät in leidenschaftliches Schwärmen. Die Studenten, erschrocken über die Wendung des Liedes, holen ihn in die Gegenwart zurück, so dass er die Ballade von „Kleinzack“ vollenden kann. Durch diesen Vorfall kommt das Gespräch auf die zahlreichen unglücklichen Liebschaften, die Hoffmann schon durchlebt hat. Da die Aufführung des „Don Giovanni“ noch lang währt, beginnt Hoffmann zu erzählen. Die Szene wechselt in den zweiten Akt:

Zweiter Akt (Olympia)

Die im zweiten Akt vorgestellte Geschichte um seine große Liebe Olympia beruht auf Hoffmanns Erzählung Der Sandmann aus den „Nachtstücken“, die auch Leo Delibes als Grundlage für sein Ballett Coppélia diente.

Olympia, ein Besitzstück des sich als Physiker ausgebenden Spalanzani, ist eine lebensgroße, bezaubernd aussehende mechanische Puppe. Ebenfalls vor Ort ist der mysteriöse Coppelius, der Spalanzani aus seinem eigentümlichen Sortiment an Optikartikeln lebende Augen verkauft hat (Arie „J'ai des vrais yeux, des beaux yeux“). Spalanzani schuldet dem Coppelius deswegen noch Geld und speist ihn mit einem Wechsel ab. Bevor Coppelius abtritt, verkauft er Hoffmann eine Brille, durch die die Welt in euphorischem Licht erscheint. Hoffmann betrachtet Olympia durch diese Brille, erkennt nicht, dass sie eine Puppe ist, und verliebt sich in sie. Vergebens versucht Niklaus, ihm die Augen zu öffnen. Eine Gesellschaft mit skurril anmutenden Gästen, der Olympia zum ersten Mal vorgestellt wird, tritt auf. Das von ihr intonierte Lied „Les oiseaux dans la charmille“ („die Vögel im Laubengang“) hat nicht nur einen dümmlichen Text und klingt im Ausdruck wie mechanisch vorgetragen, sondern wird zudem zweimal unterbrochen, weil die Puppe neu aufgezogen werden muss. Hoffmann merkt gleichwohl nichts. Unter großem Lob der Gäste wird Olympia wieder hinausgeführt. Mittlerweile ist Coppelius wutentbrannt zurückgekehrt, denn der von Spalanzani ausgestellte Wechsel ist geplatzt. Aus Rache zerstört Coppelius die Puppe Olympia. Im Trubel der Aufregung flieht der erschütterte Hoffmann vom Ort. Die Szene wechselt in den dritten Akt.

Dritter Akt (Antonia)

Die Geschichte um die Liebe zu Antonia beruht auf E. T. A. Hoffmanns Novelle „Rat Crespel“ aus dem ersten Band der Serapionsbrüder.

Antonia ist die Tochter des Rat Crespel, dessen Frau verstorben ist, weil sie das Singen nicht aufgeben wollte. Crespel sieht mit Sorge, dass die musikliebende, sängerisch begabte Antonia das gleiche Schicksal ereilen könnte. Hoffmann hat Antonias Herz gewonnen, und sie ist bereit, um der Liebe willen auf eine Karriere als Sängerin zu verzichten. Dies missfällt dem gespenstischen Doktor Mirakel, der schon Antonias Mutter zu Tode kuriert hatte. Er bewirkt, dass Antonia in die Illusion verfällt, ihre Mutter würde aus dem Jenseits zu ihr sprechen und sie zum Singen auffordern, (Arie „ma mère, ma mère, son âme m'appelle“ – „Meine Mutter, ihre Seele ruft mich“). Schließlich kann Antonia nicht anders und folgt der Aufforderung, was ihren Tod bedeutet. Ein von Verzweiflung getriebener Hoffmann flieht aus dieser Szene, es folgt der vierte Akt:

Vierter Akt (Giulietta)

Die Schilderung der Begegnung mit der Kurtisane Giulietta beruht auf E. T. A. Hoffmanns „Die Geschichte vom verlorenen Spiegelbild“ aus „Die Abenteuer der Sylvesternacht“. Die Figur des Pitichinaccio, des Dieners der Giulietta, entstammt Hoffmanns Novelle Signor Formica, einer Erzählung über den Maler Salvator Rosa. Hoffmanns Rivale Schlemihl dagegen, der seinen Schatten verloren hat, geht auf Adalbert von Chamissos Peter Schlemihl zurück.

Handlungsort ist Venedig. Dementsprechend beginnt die Szene mit der berühmten Barcarole „Belle nuit, oh nuit d'amour“ („Schöne Nacht, du Liebesnacht“). Bei einer Feier im Haus der Kurtisane Giulietta treten außer Hoffmann und Niklaus auch sein Nebenbuhler Schlemihl sowie der dämonische Dapertutto auf. Dapertutto hat sich die Zuneigung Giuliettas durch einen funkelnden Diamanten erkauft. Während die Gäste Pharo spielen, beschwört er die Macht des Steines in dem Lied „Scintille diamant“ („Funkle Diamant“). Giulietta, die aus Gier nach Diamanten dem teuflischen Dapertutto bereits den Schatten von Peter Schlemihl besorgt hat, verspricht, ihm das Spiegelbild von Hoffmann zu verschaffen. Der Coup gelingt. Aus Liebe zu Giulietta schenkt ihr Hoffmann sein Spiegelbild. Als er jedoch im Gegenzug ihre Liebe einfordern will, stößt er auf den Widerstand von Schlemihl. Dieser fordert Hoffmann zum Duell. Da Hoffmann keine Waffe besitzt, leiht ihm Dapertutto seinen Degen. Ein Duell mit des Teufels Degen kann man nicht verlieren, Hoffmann verletzt Schlemihl tödlich. Niklaus will Hoffmann zur Flucht überreden, doch dieser ist gelähmt vor Entsetzen über den Verlust seines Spiegelbildes. Als ihn Giulietta verhöhnt, ersticht er ihren missgestalteten Diener Pitichinaccio, die einzige Person, die sie wirklich liebte. Giulietta bricht zusammen. (Nach Keck ersticht Hoffmann auch Giulietta.)

Fünfter Akt (früher: Epilog)

Handlungsort des fünften Akts ist wieder die Kneipe von Lutter & Wegner. Die Studenten singen ein melancholisches Lied über die Liebe (der Entr'acte und dieses Lied stammen wohl noch von Offenbach selbst oder sind zumindest von ihm skizziert worden, der Schluss dagegen wurde von Guiraud oder anderen ergänzt). Hoffmann ist betrunken. Die Vorstellung des Don Giovanni ist zu Ende, und als Stella erscheint, weist Hoffmann sie ab. Niklaus (die Muse) triumphiert : "Er gehört mir!". Bevor Stella mit Lindorf davongehen kann, verspottet Hoffmann Lindorf mit einer auf den Geheimen Rat gemünzten Strophe des Liedes vom Kleinzack. Die Studenten singen den Chorus.

Nach dem Zensurlibretto endet hier die Oper. Nach dem ursprünglichen Theaterstück dagegen folgt in den rekonstruierten Fassungen noch Hoffmanns Apotheose durch die Muse, in die alle Figuren der Rahmenhandlung einstimmen.

Zur Musik

Dass Offenbach das Werk zumindest für die Uraufführung als Opéra comique, das heißt als Nummernoper mit gesprochenen Dialogen, konzipierte, zeigt die Tatsache, dass die meisten Solostücke Couplets sind, also Arien in Strophenform mit Refrain, teilweise auch mit parodistischem Einschlag wie die Arie der Olympia Nr. 9 oder des Franz Nr. 14. Dagegen kontrastieren Momente expressiver Dramatik, wie etwa der mit wenigen Takten illustrierte Stimmungsumschlag im Lied von Kleinzack, das Finale des Antonia-Aktes oder die kaleidoskopartigen Stimmungs- und Blickwechsel im Giulietta-Akt. Das spannungsvolle Neben- und Gegeneinander von karikierend-komischen und expressiv-tragischen Elementen ist kennzeichnend für Offenbachs Musik – entsprechend der Erzähl- und Fabulierkunst E. T. A. Hoffmanns.

Aufführungsgeschichte

Schon bei der Planung der Uraufführung der Oper „Hoffmanns Erzählungen“ im Februar 1881 in Paris gab es die Befürchtung, das Stück sei zu lang. Aus diesem Grund wurde der Giulietta-Akt einfach gestrichen. Da man aber auf die beliebte Barcarole – die Offenbach aus seiner früheren romantischen Oper Les fées du Rhin übernommen hatte – nicht verzichten wollte, wurde diese in den Antonia-Akt eingebaut. Wegen dieses Musikstückes spielte der Akt in dieser Fassung nicht in München, sondern in Venedig.

In der Aufführung von Monte Carlo 1904 erklangen erstmals das Septett sowie die dämonische Spiegelarie ‘‘Scintille diamant‘‘, deren Melodie auf der Ouvertüre zu Offenbachs Operette Die Reise auf den Mond (nach Jules Verne) beruht.[1] Wegen ihrer Beliebtheit wird die Arie auch heutzutage meist in dieser Fassung gebracht, obwohl seit der Wiederentdeckung der Originalmanuskripte zwei Fassungen Offenbachs in Couplet-Form vorliegen.

Sowohl an der Opéra-Comique als auch am Wiener Ringtheater kam es während beziehungsweise nach einer Aufführung von Hoffmanns Erzählungen zu verheerenden Theaterbränden. Gerüchte machten den Umlauf, dass es bei einem Werk, in dem in jeder Szene der Teufel sein dämonisches Handwerk betreibt, kein Wunder sei, wenn es zu solchen Unglücken käme. Deshalb wurde die Oper bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein nur selten gespielt. Dazu trug auch bei, dass das nationalsozialistische Regime Offenbachs Musik wegen dessen jüdischer Herkunft boykottierte.

Seit etwa 1960 ist Les Contes d'Hoffmann jedoch eine der am meisten gespielten Opern des Repertoires, nicht zuletzt, weil das Stück durch den Werkstattcharakter mit dem offenen Schluss sehr modern erscheint und zu immer neuen Deutungen und szenischen Umsetzungen einlädt.

Allein im Jahr 2007 gab es im deutschsprachigen Raum Aufführungen an den Theatern in Annaberg/Buchholz, Berlin (Komische Oper), Bremen, Flensburg, Hagen/Detmold, Hannover, Kassel, Regensburg, Stralsund (Festspiele), Wien (Staatsoper und Volksoper), Zwickau/Plauen in jeweils eigenen Inszenierungen zu sehen.

Diskographie (Auswahl)

Guiraud-Fassung

  • 1948: Gesamtaufnahme in französischer Sprache [ Columbia / EMI ]
    Choeurs & Orchestre du Théâtre National de l'Opéra-Comique, Dir.: André Cluytens
    Raoul Jobin (Hoffmann), Renée Doria (Olympia), Vina Bovy (Giulietta), Géori Boué (Antonia)
  • 1958: Gesamtaufnahme in deutscher Sprache [ Musical Masterpiece Society ]
    Chor & Sinfonie-Orchester Radio Frankfurt, Dir.: Pierre-Michel LeConte
    David Garen (Hoffmann), Mattiwilda Dobbs (Olympia), Lotte Laufer (Giulietta), Uta Graf (Antonia)
  • 1958: Gesamtaufnahme in französischer Sprache [ Guilde International du Disque / Urania ]
    Choeurs & Orchestre des Concerts de Paris, Dir.: Pierre-Michel LeConte
    Léopold Simoneau (Hoffmann), Mattiwilda Dobbs (Olympia), Uta Graf (Giulietta), Mattiwilda Dobbs (Antonia)
  • 1972: Gesamtaufnahme in französischer Sprache [ London / Decca ]
    Choeurs de la Radio de la Suisse Romande & Orchestre de la Suisse Romande, Dir.: Richard Bonynge
    Plácido Domingo (Hoffmann), Joan Sutherland (Olympia, Giulietta, (Antonia)
  • 1972: Gesamtaufnahme in französischer Sprache [ ABC Records / Westminster ]
    John Alldis Chorus & London Symphony Orchestra, Dir.: Julius Rudel
    Stuart Burrows (Hoffmann), Beverly Sills (Olympia, Giulietta, Antonia)
  • 1979: Gesamtaufnahme in deutscher Sprache [ EMI ]
    Chor des Bayerischen Rundfunks & Münchner Rundfunkorchester, Dir.: Heinz Wallberg
    Siegfried Jerusalem (Hoffmann), Jeanette Scovotti (Olympia), Norma Sharp (Giulietta), Julia Varady (Antonia)

Oeser-Fassung

  • 1988: Gesamtaufnahme in französischer Sprache [ EMI ]
    Choeurs & Orchestre Symphonique de l'Opéra National du Théâtre Royal de La Monnaie, Bruxelles, Dir.: Sylvain Cambreling
    Neil Shicoff (Hoffmann), Luciana Serra (Olympia), Rosalind Plowright (Antonia), Jessye Norman (Giulietta)

Kaye-Fassung

Verfilmungen

Einzelnachweise und Literatur

Einzelnachweise

  1. Antonio de Almeida, im Beiheft seiner Einspielung mit dem Philharmonia Orchestra, Philips 1987

Literatur

  • P. Walter Jacob, Jacques Offenbach, Rowohlts Monographien, Reinbek 1969
  • J. Offenbach. Hoffmanns Erzählungen. Texte, Materialien, Kommentare (Hg.: A. Csampai, D. Holland). Reinbek 1984 (rororo-Opernführer).
  • A. Langer, Die Eröffnungsinszenierung der Komischen Oper Berlin (1905) im Kontext der Editions- und Aufführungsgeschichte von Hoffmanns Erzählungen im deutschsprachigen Raum, in: Offenbach und die Schauplätze seines Musiktheaters, hg. von R. Franke, Laaber 1999, S. 215–256.
  • Les Contes d'Hoffmann, Programmheft der Hamburgischen Staatsoper, 1999, mit Beiträgen von Michael Kaye und Robert Didion.
  • Peter Hawig: Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach. Legenden, Malheure und Glücksfälle einer Oper. Bad Emser Hefte, Nr. 232. Verein für Geschichte, Denkmal- und Landespflege e. V. Bad Ems, Bad Ems 2003, 38 S.
  • Jacques Offenbach, HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN. Textbuch fz/dt, übersetzt und herausgegeben von Josef Heinzelmann (mit ausführlichem Nachwort, grundlegend für die Entstehungsgeschichte) (Reclam UB 18329), 2005.

Weblinks

Auf der Seite www.jacques-offenbach.de erscheinen jährliche Besprechungen der meisten europäischen Inszenierungen, z.B. 12 Produktionen von 2008: http://www.jacques-offenbach.de/detail-brett-08.html


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