Les Demoiselles d'Avignon

Les Demoiselles d'Avignon

Les Demoiselles d’Avignon (Öl auf Leinwand, 245 × 235 cm) ist ein 1907 von Pablo Picasso geschaffenes Gemälde. Es ist eine Darstellung von fünf Prostituierten in einem Bordell in der Carrer d’Avinyó von Barcelona. Das Gemälde gilt als Wendepunkt in der Entwicklung des Primitivismus und ist eine der wichtigsten und bahnbrechendsten Arbeiten des sich ankündigenden Kubismus. Es befindet sich im Besitz des Museum of Modern Art in New York City.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Reaktionen

Picasso arbeitete zwischen 1906 und 1907 mehr als neun Monate an dem Werk, bevor es im Sommer 1907 in seinem Atelier in Paris, dem Bateau-Lavoir auf dem Montmartre, nach circa 450 Teilstudien und Zeichnungen, fertig gestellt wurde. Das Gemälde wurde der Öffentlichkeit jedoch erst 1916 unter diesem Namen, der von seinem Freund, dem Schriftsteller und Kunstkritiker André Salmon, stammt, vorgestellt. Picasso, der diesem Namen nicht positiv gegenüberstand, enthielt sich jeglicher Namensgebung. Im Atelier wurde das Bild oft scherzhaft „Das Bordell von Avignon“ genannt. Das Wort Avignon im Namen bezieht sich nicht auf die französische Stadt Avignon, sondern vielmehr auf eine Straße in Barcelona, die für ihre Bordelle berühmt war und in deren Nähe Picasso lebte. Es existiert eine weitere Version des Gemäldes, welches Picasso jedoch als nicht zufriedenstellend aufgab.

Die Reaktionen waren bei der Erstausstellung überwiegend negativ. Das Bild wurde weitgehend als unmoralisch angesehen und von vielen, selbst engen Freunden Picassos, heftig kritisiert oder als Parodie angesehen. Guillaume Apollinaire, Félix Fénéon, Andre Derain, Georges Braque und Henri Matisse lehnten das Gemälde stark ab, Picasso soll sogar einige Freunde in diesem Zusammenhang verloren haben.

Das Bild wurde schließlich Ende 1923 von dem Kunstsammler Jacques Doucet erworben. 1925 erschien das Bild in der Zeitschrift La Révolution Surréaliste. 1937 ging Les Demoiselles d’Avignon in den Besitz des Museum of Modern Art in New York über.

Das Gemälde

Les Demoiselles d’Avignon zeigt fünf nackte, weibliche Figuren, deren Körper und Gesichter zu verwinkelten Formen reduziert sind. Man sieht die Figuren aus verschiedenen Blickwinkeln, wie etwa das Gesicht von vorne und die Nase im Profil.

Es besteht ein Bruch zwischen den drei Figuren auf linken Bildseite und den zwei Figuren auf der rechten Seite. Die beiden Frauen rechts, für deren Darstellung Picasso afrikanische Masken als Vorbild dienten, tragen extrem missgestaltete, nahezu schimärische Züge. Die Gesichter sind eher dunkel gehalten. Eine der Frauen hat anstelle des Auges ein schwarzes Loch. Die andere der beiden Frauen sitzt mit dem Rücken zum Betrachter, den Kopf in unnatürlicher Weise zu ihm verdreht. Die Augen und der Mund sind falsch angeordnet. Sie stützt ihren Kopf auf ihre überdimensionale Hand. Die Figuren links, die den Einfluss iberischer Formen sichtbar machen, sind klarer und weicher gezeichnet. Zwei Frauen haben die Arme über den Kopf gehoben und präsentieren sich vor dem Betrachter.

Im Bildhintergrund befindet sich ein Vorhang. Er wird von der Frau auf der linken Seite aufgehalten, womit sich der Eindruck des Präsentiertwerdens der Frauen in der Mitte verstärkt. Zwischen den unterschiedlich dargestellten Frauen links und rechts befindet sich eine leicht trennende Linie von dunkelblauen Flächen.

Im Bildvordergrund ist Obst auf einem Tisch zu erkennen, das in seiner farblichen Gestaltung und seinen Schattierungen geometrische Andeutungen enthält.

Ein kubistisches Merkmal besteht darin, dass das vorhandene Stillleben dem Gesetz der Gravitation nicht gehorcht. Das gesamte Gemälde verweigert sich jeglichem Sinn für Perspektive und Tiefe; außerdem bietet es keine realistischen Proportionen.

Die Farben bieten einen Kontrast zwischen kaltem, eisigem Blau und warmen Brauntönen. Das Gemälde vermittelt jedoch ein Gefühl von Unbehagen, weil es zum einen sämtliche traditionellen Regeln der Kunst bricht, zum anderen weil es eine beunruhigende Szene widerspiegelt, für die sich keine sinnliche Interpretation anbietet; die Demoiselles sind nicht schön, sie sehen kaum menschlich aus, und ihre entstellten Gesichter können als Zeichen von Krankheit interpretiert werden.

Einflüsse und Interpretation

Es ist bekannt, dass das Gemälde von den Werken verschiedener anderer Künstlern wie Gauguin, Paul Cézanne und Ingres beeinflusst wurde. Picasso wurde auch stark von André Derains Baigneuses und Henri Matisses Nu Bleu beeinflusst.

Starke Einflüsse auf das Bild hatte auch insbesondere die afrikanische und die iberische Kunst. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Picasso 1907 das Musée d’Ethnographie am Pariser Trocadéro besucht und danach die Figuren auf der rechten Seite radikal umgearbeitet hat.

Letztendlich spiegelt das Gemälde auch persönliche Unruhen im Leben von Picasso wider – vom Suizid seines Freundes Carlos Casagemas über den Besuch Prostituierter bis hin zum schwierigen Verhältnis zu Fernande Olivier, seiner damaligen Lebensgefährtin. Darüber hinaus ist im Bild ein Misstrauen gegenüber Frauen spürbar, der in dieser Zeit unter den symbolistischen Malern weit verbreitet war, die die Frauen als unheilvoll und gefährlich ansahen.

Eine Vielzahl durchgeführter Studien zur Interpretation zeigt die Komplexität des Werkes. Les Demoiselles d’Avignon spiegelt Picassos radikalen Ekel gegenüber der Gesellschaft in der Belle Epoque wieder, die er als heuchlerisch und korrupt empfand. In gewisser Weise ist das Bild eine Allegorie auf Picassos Wahrnehmung der Gesellschaft, die er als eine Art monströses Bordell ansah. Durch die Abwendung von den traditionellen Regeln für Form und Perspektive zeigt Picasso seine Weigerung, den gesellschaftlichen Regeln seiner Zeit zu folgen. Durch die neue abstrakte Darstellungsweise zerstört Picasso die geltenden gesellschaftlichen Konventionen, um von Grund auf eine freie und intensive künstlerische Sprache zu entwickeln. So bietet er eine grobe Darstellung dieser Gesellschaft, die nicht weiter Bestand haben kann. Les Demoiselles d’Avignon ist eine Botschaft an die Gesellschaft, ein Spiegel ihrer Dekadenz, dem sich der Betrachter nicht entziehen kann, so dass bei ihm der Eindruck entsteht, während des Betrachtens selbst betrachtet zu werden.

Aufgrund des Bildes wird Picasso oftmals als erster amerikanischer Maler interpretiert, der durch den engen Dilettantismus die Lösung bringt und kein europäisch mystisches Werk vollbrachte.

Literatur

  • Helmut Kindler u. a.: Kindlers Malerei Lexikon, München, 1964–1971
  • Marie-Laure Bernadac, Paul de Bouchet: Picasso – Abenteuer Geschichte, Paris (Gallimard) 1986
  • Klaus Herding: Pablo Picasso: Les Demoiselles d’Avignon. Die Herausforderung der Avantgarde., Frankfurt a. M. 1992 ISBN 3-596-10953-1

Weblinks


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