Leserbrief

Leserbrief

Ein Leserbrief ist eine schriftliche Meinungsäußerung oder Information zu einem bestimmten Thema. Er reagiert im Normalfall auf Zeitungs- und Zeitschriftenartikel (oder Beiträge eines Internetforums oder einer Newsgroup). Er greift einen Beitrag auf, stimmt zu, ergänzt oder widerspricht und stellt richtig. Die ersten Leserbriefe finden sich in der "Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, insonderheit für die lieben Landleute alt und jung", die der evangelische Pfarrer Hermann Bräß (1738 - 1797) vom 1. November 1786 an in Wolfenbüttel herausgab.

Leser verschicken solche Briefe gewöhnlich auf dem Briefweg oder als E-Mail. Sie sollen in entsprechenden Rubriken veröffentlicht werden (bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beispielsweise unter „Briefe an die Herausgeber“; in der Ära Günther Nenning der österreichischen Zeitschrift FORVM unter „Briefe gegen den Herausgeber“).

Leserbriefredaktionen wählen aus der Menge der Zuschriften nach medienspezifischen Kriterien aus (Nachrichtenwerte – d. h. Aktualität, Prominenz des Urhebers etc.; Bearbeitungsaufwand). Sie passen in der Regel unter Rückgriff auf journalistische Redaktionsprinzipien hausübliche Schreibweisen und Formalia an (z. B. Kürzungen, Umstellungen, Substitutionen, so von Zahlen). Hörertelefon oder Zuschaueranrufe in laufende Rundfunksendungen, auch Mitmachsendungen genannt, sind oft ähnlicher Natur und wie Leserbriefe teils Bürgerjournalismus.

Unseriöse Redaktionen bzw. Herausgeber schreiben sich Leserbriefe aber gelegentlich auch selbst, um für einen Artikel oder ein Thema öffentliches Interesse zu fingieren oder eine Kampagne zu starten/führen, aber für diese nicht die volle Verantwortung zu tragen, sondern an fiktive Leser abzuwälzen („redaktioneller Leserbrief“ und „Leserbriefkampagne“[1]). Die Richtlinie 2.6, die das Aufsichtsgremium Deutscher Presserat in seinem Pressecodex erlassen und zuletzt am 3. Dezember 2008 aktualisiert hat, sagen im Detail, was Redaktionen bei Leserzuschriften zu beachten haben. In aller Regel achten Redaktionen darauf, dass ihnen die Autoren der Briefe bekannt sind, so dass diese mit vollem Namen und Wohnort erwähnt werden; nur in heiklen Fällen gibt es bei anonymisierten Briefen Anmerkungen wie "Der Schreiber ist der Redaktion bekannt". Manche Redaktionen publizieren aber mehr und mehr auch Blogs und E-Mails, die als Urheber nur abgekürzte Namen, Spitznamen und Pseudonyme nennen.

Die Sprachwissenschaft ordnet den Leserbrief den „judizierenden Textsorten“ zu. Auch Hörfunk- und Fernsehsender haben für Zuschriften interne Zuständigkeiten, auch wenn es dafür in aller Regel keine spezielle Sendung gibt, in denen Zuschriften zitiert und ggf. beantwortet werden.

Weltrekordhalter im Leserbriefschreiben ist laut Guinness-Buch der Rekorde 2002 der damals 32-jährige Justizbeamte Leif Boysen aus Flensburg: Seit 1982 hatten ca. 100 verschiedenen Publikationen über 2000 seiner Briefe gedruckt. Einige besonders eifrige Schreiber haben ihre Briefe gesammelt in Buchform herausgegeben. Deutlich ist, dass Männer wesentlich häufiger Leserbriefe schreiben als Frauen.

Die Satirezeitschrift Titanic unterhält statt Leserbriefen eine Sparte „Briefe an die Leser“, in der sie – in Briefform an ihre angeblichen Leser, z. B. „Und obwohl Sie, Bastian Schweinsteiger, meist den Forschen und Unbekümmerten geben, …“ – das Verhalten von Prominenten und das öffentliche Leben kommentiert.

Literatur

  • Andrea Mlitz: Dialogorientierter Journalismus. Leserbriefe in der deutschen Tagespresse. UVK, Konstanz 2008. ISBN 978-3-86764-050-3.
  • Eckart Roloff: Hermann Bräß: Ein Landpfarrer erschafft den Leserbrief. In: Eckart Roloff: Göttliche Geistesblitze. Pfarrer und Priester als Erfinder und Entdecker. Verlag Wiley-VCH 2010, Seite 183 - 196. ISBN 978-3-527-32578-8.
  • Wolfram Bayer u. a. (Hrsg.) : Thomas Bernhard - Der Wahrheit auf der Spur. Die öffentlichen Auftritte. Reden, Leserbriefe, Interviews, Feuilletons. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2010, ISBN 978-3-518-42214-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe Literatur: Bruck.

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