Libysche Sibylle

Libysche Sibylle
Michelangelo, Die libysche Sibylle

Die Libysche Sibylle ist eine der nach Varro, einem römischer Historiker des 1. Jahrhunderts v. Chr., von Laktanz unterschiedenen zehn Sibyllen, die jeweils mit einem geographischen Epithet versehen sind.[1].

Inhaltsverzeichnis

Die Libysche Sibylle der Antike

Eine einzelne als Libyerin bezeichnete Sibylle ist im 5. Jahrhundert v. Chr. schon bei Euripides im Satyrspiel Busiris nachweisbar, wo sie als Tochter des Zeus und der Lamia dargestellt wird. Der Original-Text ist verloren, aber in Zitaten bei anderen Autoren überliefert.

Die libysche Sibylle als Motiv der Kunst

Ulm, Libysche Sibylle

Die libysche Sibylle wird in der Kunst der Gotik und Renaissance meist in Anlehnung an Varro als eine unter einer Reihe von Sibyllen dargestellt, oft in Gegenüberstellung zu einer oft gleichen Anzahl von Propheten des Alten Testaments. Die wohl bekannteste bildliche Darstellung ist die Libica des Michelangelo im Fresko an der Decke der Sixtinischen Kapelle, wo insgesamt 5 Sibyllen alternierend mit 7 Propheten stehen. Sie ist dargestellt, während sie mit einer Drehbewegung ihres Körpers ein hinter ihr liegendes Buch nimmt oder ablegt.

Weitere Darstellungen der libysche Sibylle sind u.a. an folgenden Orten zu finden:

  • Siena, Mosaikboden des Domes, als eine von mehreren Sibyllen
  • Ulm, Halb-Plastik im Chorstühl im Chor des Münster, als eine von zehn Sibyllen, im Gesamtkunstwerk mit zahlreichen antiken Gelehrten und Propheten

Eine moderne Darstellung der Libyschen Sibylle findet sich in der Kirche der Erzabtei Sankt Ottilien im Weg der Sibyllen und Propheten (Bodenplatten in Messing und Muschelkalk).[2]

Die "Weissagungen" der libyschen Sibylle

Ab dem Mittelalter wurden den einzelnen Sibyllen gerne christlich inspirierte Prophezeiungen namentlich zugeordnet. So sind einige der libyschen Sibylle zugesprochenen "Weissagungen" im Mosaik des Doms von Siena in folgender lateinischer Inschrift abgebildet:

  • In manus iniquas veniet. Dabunt deo alapas manibus incestis. Miserabilis et ignominiosus miserabilibus spem praebebit. [3]

Die Buchinschrift der Libica des Michelangelo lautet:

  • Colaphos accipiens tacebit. Dabit in verbera innocens dorsum. [4]

Ähnliche Worte sind auch (auf Deutsch) der Sibylle in St. Ottilien als Inschrift mitgegeben.

Anmerkungen

  1. Des Lucius Caelius Firmianus Lactantius Schriften. Aus dem Lateinischen übersetzt von Aloys Hartl. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 36) München 1919. 5. Kapitel
  2. vgl. Claudius Bals: DIE ERZABTEI ST. OTTILIEN Missionarisches Mönchtum, St. Ottilien 2004,ISBN 3-8306-7189-X
  3. deutsch: „Er wird in ungerechte Hände gelangen. Sie werden Gott mit unzüchtigen Händen Backenstreiche geben. Der Beklagenswerte und Geschändete wird den Beklagenswerten Hoffnung geben.“
  4. deutsch: „Obwohl er Faustschläge erhält, wird er schweigen. Zum Auspeitschen wird der Unschuldige seinen Rücken darbieten.“

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