Anthroposophie

Anthroposophie
Das Goetheanum in Dornach/Schweiz (erbaut 1928) ist der Sitz der Anthroposophischen Gesellschaft

Als Anthroposophie (von griechisch ἄνθρωπος ánthropos ‚Mensch‘ und σοφία sophίa ‚Weisheit‘) wird eine von Rudolf Steiner (1861–1925) begründete, weltweit vertretene spirituelle Weltanschauung bezeichnet. Ihr Ziel ist es, den Menschen in seiner Beziehung zum Übersinnlichen zu betrachten. Die Anthroposophie verbindet dabei Elemente des deutschen Idealismus, der Weltanschauung Goethes, der Gnosis, fernöstlicher Lehren sowie der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ihrer Zeit. Der Begriff Anthroposophie, der heute mit Steiner verbunden ist, wurde bereits früher geprägt, etwa von Ignaz Paul Vitalis Troxler und Robert Zimmermann. Steiners Anthroposophie versteht sich nicht nur als Lehre, sondern auch als eine Methode, eigenständige „Forschung“ in der „übersinnlichen Welt“ zu betreiben.

Die Impulse, die von der Anthroposophie ausgehen, wirken auf so unterschiedliche Lebensbereiche wie Pädagogik/Heilpädagogik (Waldorfschule, Camphill), Medizin (anthroposophische Medizin), Landwirtschaft (biologisch-dynamische Landwirtschaft), Soziales (Dreigliederung des sozialen Organismus), Bewegungskunst (Eurythmie), Religion (Die Christengemeinschaft) und Finanzwesen (GLS Gemeinschaftsbank, Gemeinschaft für Leihen und Schenken, Freie Gemeinschaftsbank).

Inhaltsverzeichnis

Begriff und Wirkung

Steiners Baustil war Vorbild für die Organische Architektur. Das Bild zeigt das Heizhaus des Goetheanums

Rudolf Steiner verstand unter Anthroposophie einerseits eine umfassende („kosmologische“) Anschauung des Menschen und der Welt, die er als Lehre vertrat und verbreitete, andererseits aber auch einen Erkenntnisweg bzw. eine „wissenschaftliche“ Methode zur Erforschung des Übersinnlichen („Geistigen“). Die Bezeichnung „Anthroposophie“ wählte er im Kontrast zu dem, was er unter „Anthropologie“ verstand: Letztere behandele dasjenige, was der Mensch durch seine Sinne und den an die Sinnesbeobachtung sich haltenden Verstand über die Welt erfahren könne; ersteres dagegen sei das „Wissen des Geistesmenschen“, und es erstrecke sich auf alles, was dieser in der „geistigen Welt“, d.h. im Übersinnlichen, wahrnehmen könne.

Der Architekt Frank Gehry – im Bild sein sogenannter Gehry-Tower in Hannover – bezeichnete Steiner als wichtige Inspirationsquelle

Synonym zu der Bezeichnung „Anthroposophie“ verwendete Steiner auch andere Begriffe wie „Theosophie“, „Geheimwissenschaft“ oder „Geisteswissenschaft“, um seine Lehre und seine „Forschungsmethode“ zu kennzeichnen. Von „Theosophie“ sprach er jedoch nur während seiner Tätigkeit im Rahmen der Theosophischen Gesellschaft (1902–1913). „Geisteswissenschaft“ war dagegen auch später noch eine von ihm gebrauchte synonyme Bezeichnung für seine anthroposophische Weltauffassung. Dabei knüpfte Steiner augenscheinlich an Wilhelm Dilthey, den Begründer der Lebensphilosophie, an, auf dessen „Einleitung in die Geisteswissenschaften“ er sich an verschiedenen Stellen zustimmend bezog.[1]

Im engeren Sinne wurde der Begriff „Anthroposophie“ von Steiner als Titel einer Fragment gebliebenen Schrift aus dem Jahre 1910 verwendet (Gesamtausgabe [GA] 45). In dieser Programmschrift wird die Anthroposophie in Anknüpfung an Ignaz Troxler als Mittler zwischen Theosophie und Anthropologie angesiedelt. Anthroposophie ist für Steiner dabei die Schaffung eines Bewusstseins des Menschentums. Es geht ihm um die Formulierung einer umfassenden Erkenntnistheorie zur menschlichen Bewusstwerdung. Da nach Steiner die dualistische Trennung von „Ich“ und „Welt“ im Erkenntnisakt überwunden wird[2], will seine Anthroposophie Anleitung zur „Selbst- und Welterkenntnis des Menschen“ zugleich bieten. Dies ist das monistische Programm des anthroposophischen Erkenntnisweges, das – mit Friedrich Nietzsche und Max Stirner – einen freien, individualistisch geprägten Menschen voraussetzt. Diese Spielart des Monismus vereinigt Naturerkenntnis und anthroposophische Geisterkenntnis, indem die Natur und die geistige Welt als Teilbereiche einer Welt betrachtet werden.

Die Anthroposophie hatte und hat bedeutende Anhänger überwiegend aus dem Bereich des Kulturlebens, namentlich in der Kunst, darunter die bildenden Künstler Joseph Beuys, Wassily Kandinsky, Oscar Lüthy und Franz Marc, die Komponisten Viktor Ullmann und Bruno Walter, die Schriftsteller Saul Bellow, Andrej Bely, Michael Ende und Christian Morgenstern. Sympathisanten waren etwa Albert Schweizer, Alexej (von) Jawlensky, Jorge Luis Borges, Piet Mondrian, Richard Neutra, Le Corbusier, Henry van de Velde, Frank Lloyd Wright, Eero Saarinen, Erich Mendelsohn und Hans Scharoun (siehe auch Organische Architektur). Von den heute lebenden Architekten bezeichnet vor allem Frank Gehry Steiner als Inspirationsquelle. Auch über den Kreis der direkten Anhänger hinaus ist ein Einfluss Steiners feststellbar. Hermann Hesse, der ein distanziertes Verhältnis zu Steiners Lehre hatte, veröffentlichte etwa 1926/27 verschiedene Gedichte in der Zeitschrift Individualität, die von dem anthroposophischen Gründungsmitglied und zeitweiligem Steiner-Sekretär Willy Storrer herausgegeben wurde. Auch Paul Klee rezipierte Steiner mit kritischer Distanz. Ein Teil dieses enormen und vielschichtigen Einflusses Rudolf Steiners auf verschiedene Kunstrichtungen wird erst allmählich aufgearbeitet.[3]

Begriffsgeschichte

Ignaz Paul Vitalis Troxler war der Begründer einer Anthroposophie, die er aus der Biosophie ableitete

Die Bezeichnung „Anthroposophie“ wurde bereits in der frühen Neuzeit verwendet. In einem anonymen Buch mit dem Titel Arbatel de magia veterum, summum sapientiae studium (1575), das dem Philosophen und Theologen Agrippa von Nettesheim zugeschrieben wird, wird Anthroposophie (ebenso wie Theosophie) der „Wissenschaft des Guten“ zugerechnet und mit „Kenntnis der natürlichen Dinge“ bzw. „Klugheit in menschlichen Angelegenheiten“ übersetzt.

Anfang des 19. Jahrhunderts prägte der Schweizer Arzt und Philosoph Ignaz Troxler (1780–1866) den Begriff „Anthroposophie“ in Anlehnung an seine Biosophie (Elemente der Biosophie, 1806). Im Sinne der Vorläufer der Lebensphilosophie, vor allem des Naturphilosophen Schelling, bei dem Troxler studiert hatte, sollte Biosophie „Naturerkenntnis durch Selbsterkenntnis“ bedeuten. Die Erkenntnis der menschlichen Natur nannte Troxler Anthroposophie. Die Philosophie – und alle Philosophie sei Naturerkenntnis – muss ihm zufolge zur Anthroposophie werden. Diese wird als eine „objektivierte Anthropologie“ vorgestellt, die vom „ursprünglichen Menschen“ ausgehen soll. In der menschlichen Natur vereinen sich demzufolge in einem mystischen Vorgang Gott und Welt.

Auch Immanuel Hermann Fichte verwendete das Wort Anthroposophie 1856 in Anthropologie – Die Lehre der menschlichen Seele und bezeichnete damit eine „gründliche Selbsterkenntniss des Menschen“, die „nur in der erschöpfenden Anerkenntnis des Geistes“ liege. Wahrhaft gründlich oder ergründend könne sich der „Menschengeist“ aber nicht erkennen, ohne damit der „Gegenwart oder Bewährung des göttlichen Geistes an ihm inne zu werden“.

Der Religionsphilosoph Gideon Spicker, der eine „Religion in philosophischer Form auf naturwissenschaftlicher Grundlage“ anstrebte und den Konflikt zwischen Glauben und Wissen, zwischen Religion und Naturwissenschaft als das Grundproblem seines Lebens und Denkens ansah, formulierte das Programm einer Anthroposophie, ebenfalls im Sinne „höchster Selbsterkenntnis“:

„Handelt es sich aber in der Wissenschaft um die Erkenntnis der Dinge, in der Philosophie dagegen in letzter Instanz um die Erkenntnis dieser Erkenntnis, so ist das eigentliche Studium des Menschen der Mensch selbst, und der Philosophie höchstes Ziel ist Selbsterkenntnis oder Anthroposophie.“

Die Philosophie des Grafen von Shaftesbury, 1872

Spickers Ideal umfasste in der Religion die Einheit von Gott und Welt als selbstverantwortete Erkenntnis unter Anwendung von Vernunft und Erfahrung.

Der österreichische Philosoph und Herbartianer Robert Zimmermann (1824–1898), Schöpfer der „Philosophischen Propädeutik“, wählte die Bezeichnung „Anthroposophie“ 1882 als Titel einer Programmschrift, die ein System idealer Weltsicht auf realistischer Grundlage zu beschreiben suchte (Anthroposophie im Umriß. Entwurf eines Systems idealer Weltsicht auf realistischer Grundlage, 1882). Zimmermann, bei dem Steiner Philosophie-Vorlesungen hörte, wollte in seinem System über die „Schranken und Widersprüche, die der gemeine Erfahrungsstandpunkt in sich trägt“, hinausgehen und eine „Philosophie des Menschenwissens“ errichten, die als Wissenschaft von der Erfahrung ausgeht, aber, wo es das logische Denken erfordert, über sie hinausreicht.

Rudolf Steiner verwendete den Namen „Anthroposophie“ zunächst in sehr freier Weise. So hielt er 1902 in dem von ihm geleiteten Berliner Literatenkreis Die Kommenden eine Vortragsserie mit dem Titel: Von Zarathustra bis Nietzsche. Entwicklungsgeschichte der Menschheit anhand der Weltanschauungen von den ältesten orientalischen Zeiten bis zur Gegenwart, oder Anthroposophie. Über den Inhalt dieser Vorträge ist nichts Näheres überliefert. Parallel dazu sprach er erstmals öffentlich (im Rahmen des Giordano Bruno-Bunds) über die von da an durch ihn vertretene Theosophie (Titel: Monismus und Theosophie), wobei er inhaltlich an Immanuel Hermann Fichte anknüpfte. Im Rahmen der Theosophischen Gesellschaft benutzte Steiner die Bezeichnung „Anthroposophie“ erstmals 1909, und zwar für eine erweiterte Sinneslehre, die er neben die schon existierende Theosophie stellte, „ähnlich wie im Mittelalter neben die Theologie die Anthropologie“ gestellt wurde (Anthroposophie, Psychosophie, Pneumatosophie, GA 115). Nachdem er 1902 eine historische Betrachtung von Weltanschauungen „Anthroposophie“ genannt hatte, entwickelte er jetzt unter demselben Namen also eine Sinneslehre, welche die bekannten fünf Sinne durch fünf weitere Sinne ergänzte und so eine Brücke zwischen Theosophie und Anthropologie bilden sollte. Zur Wortgeschichte merkte er dabei an: „Das Wort ist schon einmal gebraucht worden. Robert Zimmermann hat eine Anthroposophie geschrieben, aber er unternahm sie mit höchst unzulänglichen Mitteln [...]. Er hat sie herausgesponnen mit den ausgesogensten, abstraktesten Begriffen, und dieses Gespinst war dann seine Anthroposophie.“ Eine schriftliche Fassung seiner „anthroposophischen“ Sinneslehre brachte Steiner nicht zu Ende; sie wurde posthum als Fragment publiziert (Anthroposophie – ein Fragment, GA 45).

Als es 1913 zum Bruch mit der Theosophischen Gesellschaft kam (siehe unten) und Steiner eine neue Bezeichnung für das wählen musste, was er bisher als „Theosophie“ vertreten hatte, entschied er sich für „Anthroposophie“. Später (1916) schrieb er darüber:

„Als es sich vor einer Anzahl von Jahren darum handelte, unserer Sache einen Namen zu geben, da verfiel ich auf einen solchen, der mir lieb geworden war, deshalb, weil ein Philosophie-Professor, dessen Vorträge ich in meiner Jugendzeit gehört habe, Robert Zimmermann, sein Hauptwerk ‚Anthroposophie‘ genannt hat.“

Gesammelte Aufsätze, GA 35, S. 176

Anthroposophie bei Rudolf Steiner

Rudolf Steiner um 1905

„Anthroposophie“ bezeichnet bei Steiner zum einen seine Lehren, zum anderen die von ihm dafür in Anspruch genommene Forschungsmethode. Über letztere schrieb er

„Unter Anthroposophie verstehe ich eine wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der gewöhnlichen Mystik durchschaut und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewusstsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen.“

Philosophie und Anthroposophie, GA 35

Steiners anthroposophische Lehre knüpft vor allem an die christliche Mystik, an das Rosenkreuzertum und an die idealistische Philosophie an[4], übernahm aber insbesondere in den ersten Jahren auch wesentliche Elemente der stark von indischer Philosophie geprägten „anglo-indischen“ Theosophie. Aufgrund dieser Verbindung sehr unterschiedlicher Ströme wurde sie von Kritikern schon zu Steiners Lebzeiten etwa als synkretistische Weltanschauung, eklektischer Mystizismus oder Obskurantismus eingeordnet. Sie beinhaltet einen umfassenden („kosmischen“) Evolutionsbegriff sowie ein vielschichtiges Bild der Wiederverkörperung (Reinkarnation) und des Schicksals (Karma).

Steiners Erkenntnisse entstammten nach seinen Angaben einer ihm seit seiner Kindheit bewussten und von ihm methodisch vertieften geistig-übersinnlichen Schau. In seinem philosophischen Frühwerk hatte er einen erkenntnistheoretischen Monismus entwickelt, der wesentlich auf einer Auseinandersetzung mit Kant (Kritik der reinen Vernunft) und dem Neokantianismus beruhte. Steiner plädierte für einen „ethischen Individualismus“, der in Max Stirners Schriften sowie dem individualistischen Anarchismus von Benjamin Tucker und John Henry Mackay Verwandtes findet. Weitere Einflüsse sind Goethe, Hegel (Phänomenologie), J.G. Fichte (deutscher Idealismus), Nietzsche und Haeckel (Evolutionstheorie). Deren Lehren wurden von Steiner allerdings sehr selektiv, individuell bzw. eklektizistisch herangezogen und ausgelegt (Wahrheit und Wissenschaft, 1892, und Die Philosophie der Freiheit, 1894).

Ab 1902 trat Steiner im Rahmen der Theosophischen Gesellschaft eindeutig esoterisch und christlich auf. Die Frage, inwieweit dies einer Wandlung in seinem Leben (er selbst spricht von einem „Erweckungserlebnis“) zuzuschreiben ist, ist – auch unter Anthroposophen – nicht entschieden. Auch wie sich die Wende philosophisch auf Steiners Gesamtwerk ausgewirkt hat, konnte nicht abschließend geklärt werden. Steiner selbst bezeichnete seine Anthroposophie als konsequente Weiterentwicklung seines Frühwerks, nahm aber auch offen Bezug auf die christliche Mystik und das Rosenkreuzertum. Auch Elemente der Blavatskyschen Theosophie fanden zumindest vorübergehend Eingang in Steiners Darstellungen, wobei er jedoch von Anfang an betonte, seine Lehre unabhängig von der Blavatskys entwickelt zu haben.

Nach Steiner befindet sich der Mensch (und die gesamte, also auch die geistige Welt) in beständiger Entwicklung (Evolution). Das Ziel des anthroposophischen Schulungsweges sei es, durch Meditation, Selbsterziehung und Beobachtung auf einer lebenslangen „Suche“, höhere Bewusstseinsebenen zu erreichen. Dieser Schulungsweg sei individuell auszugestalten und könne von jedem Menschen beschritten werden.

Die anthroposophische Bewegung ist soziologisch, weltanschaulich-religiös und politisch sehr heterogen. Die Interpretation von Steiners Werk ist auch aufgrund der verschiedenen Themengebiete und des großen Umfangs (28 Schriften und ca. 5.900 Vorträge) innerhalb der Anthroposophie nicht einheitlich.

Geschichte

Zu Lebzeiten Rudolf Steiners

Titelblatt der Zeitschrift Lucifer-Gnosis, 1904

Im Oktober 1902 wurde in Berlin eine deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft Adyar (Adyar-TG) gegründet, einer von etlichen konkurrierenden theosophischen Gruppierungen, die in Deutschland bis dahin durch zehn „Logen“ vertreten war. Als Generalsekretär wurde der Philosoph und Goethe-Forscher Rudolf Steiner gewählt, der zuvor nur als Vortragsredner in der Berliner Theosophischen Bibliothek von Sophie Gräfin und Cay Graf von Brockdorff in Erscheinung getreten war und wohl als Kompromisskandidat herangezogen wurde, weil keines der älteren, untereinander zerstrittenen Mitglieder eine Mehrheit erhalten konnte.[5]

In Steiners Biographie stellte das eine außerordentliche Wendung dar. Er hatte sich bis dahin als Philosoph, Goethe-Herausgeber, Buchautor, Publizist, Redakteur und Vortragsredner zu vielfältigen Themen geäußert, aber zur Religion immer eine kritische Distanz gewahrt. Erst recht hatte er der stark orientalisch beeinflussten Theosophie ablehnend gegenüber gestanden.[6] Seine eigene individualistische Freiheitsphilosophie hatte Steiner zeitweilig „in vollkommener Übereinstimmung“ mit dem Werk des konsequenten Atheisten und Diesseitsdenkers Max Stirner gesehen.[7] Auch war er als begeisterter Anhänger der Religionskritiker Ernst Haeckel und Friedrich Nietzsche hervorgetreten. Jetzt aber übernahm er die Leitung der Adyar-Theosophen in Deutschland und begann, eine eigene Spielart der Theosophie auszuarbeiten, wobei er an die christliche Mystik und andere Traditionen des europäischen Geisteslebens anknüpfte, aber auch Elemente der vorhandenen theosophischen Lehre übernahm.

Diese erstaunliche Wendung im Leben Steiners gab Anlass zu vielfältigen Deutungen. Steiner selbst beschrieb in seiner Autobiographie einen „tiefgehenden Umschwung“ in seinem seelischen Erleben in den Jahren vor der Jahrhundertwende und bezeichnete diese als eine „Prüfungszeit“ mit „harten Seelenkämpfen“, die insbesondere sein Verhältnis zum Christentum betrafen.[8] Der Biograph Gerhard Wehr spricht in diesem Zusammenhang von einem „neuzeitlichen Damaskus-Erlebnis“, das mit der Bekehrung des Apostels Paulus vergleichbar sei.[9] Der Theologe Georg Otto Schmid greift Steiners autobiographische Schilderungen auf, wonach er schon seit seiner Kindheit Wahrnehmungen einer „geistigen“ Welt hatte, und meint, dass Steiner durch seine Hinwendung zur Theosophie einen weltanschaulichen Rahmen gefunden habe, „in welchen er seine Wahrnehmungen in der Geisteswelt einbringen und sie deuten kann. Die Theosophie liefert Steiner eine ausgebaute Geographie der Geisteswelt, eine geistige Welt, die bevölkert ist von geistigen Wesen aller Art, die seine Ahnungen und Wahrnehmungen plausibel deuten kann.“[10] Viele Zeitgenossen Steiners unterstellten ihm rein weltliche Motive, indem sie auf die prekären materiellen Verhältnisse verwiesen, in denen er sich in den Jahren davor befunden hatte.[11]

Steiners Tätigkeit in der TG bestand vor allem im Halten von Vorträgen, in der Herausgabe einer eigenen theosophischen Zeitschrift (Luzifer, später Lucifer-Gnosis) und im Verfassen von Büchern. Die organisatorische Arbeit übernahm Marie von Sivers, die spätere zweite Ehefrau Steiners. Neben den Vorträgen für Mitglieder der TG, in denen er in erheblichem Maß an die etablierten Lehren der Theosophie anknüpfte, hielt Steiner auch zahlreiche öffentliche Vorträge. Darin nahm er fast ausschließlich Bezug auf das mitteleuropäische (deutschsprachige) Geistesleben und versuchte, darauf aufbauend seine Theosophie zu entwickeln. Unter Steiners Leitung wuchs die Zahl der Mitglieder der Adyar-TG in Deutschland rapide: Zählte man bei der ersten Generalversammlung 1903 nur 130 Mitglieder, waren es 1912 bereits 2489.[12] Zu diesem Zeitpunkt war die TG in 54 deutschen Städten durch einen „Zweig“ vertreten.

Seine (damals noch so genannte) theosophische Lehre formulierte Steiner in zwei Büchern: Theosophie (1904) und Die Geheimwissenschaft im Umriss (1910), die er zu Lebzeiten mehrfach überarbeitete und die auch heute noch als die grundlegenden Darstellungen der Anthroposophie gelten. Ein weiteres Standardwerk ist die Aufsatzserie Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, die 1909 erstmals in Buchform herauskam.

Aufgrund zunehmender Differenzen mit der Präsidentin der internationalen Theosophischen Gesellschaft, Annie Besant, die sich besonders im Streit um die Stilisierung des jungen Jiddu Krishnamurti zu einer Art Messias durch Besant und Charles W. Leadbeater zuspitzten, kam es im Frühjahr 1913 zum Bruch mit der Theosophischen Gesellschaft.[13] Bereits Ende 1912 war in Köln die Anthroposophische Gesellschaft gegründet worden, der sich nun die meisten in Deutschland lebenden Theosophen anschlossen und die bald auch in anderen Ländern präsent war. In diesem Zusammenhang benannte Steiner seine bisherige Theosophie in „Anthroposophie“ um.

Das erste Goetheanum

Im Herbst 1913 begannen in Dornach bei Basel die Arbeiten am ersten Goetheanum, das als Veranstaltungsstätte und Zentrum der Gesellschaft dienen sollte, nachdem für ein ursprünglich in München geplantes Gebäude mehrfach die Baugenehmigung versagt worden war. Parallel dazu kam es zu vielfältigen Aktivitäten im sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Bereich. So gründete Emil Molt, Generaldirektor der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria, 1919 in Stuttgart für die Kinder seiner Arbeiter und Angestellten die erste Waldorfschule, deren Leitung Steiner selbst übernahm. 1921 wurde die Pharmafirma Weleda AG gegründet, die anthroposophische und homöopathische Arzneimittel herstellt und vertreibt. 1922 gründete eine Gruppe von Theologen die Christengemeinschaft, eine Bewegung zur Erneuerung des Christentums mit anthroposophischer Ausrichtung.

Gleichzeitig formierten sich Gegner. In der Silvesternacht 1922/23 brannte das aus Holz errichtete erste Goetheanum bis auf seine Grundmauern nieder, vermutlich von Unbekannten in Brand gesetzt. Daraufhin entwarf Steiner ein zweites, größeres Goetheanum aus Beton, das erst 1928 fertiggestellt wurde. Parallel bemühte er sich um eine Reorganisation der Anthroposophischen Gesellschaft, an deren Leitung er bis dahin als Ehrenpräsident nicht direkt beteiligt war. Als diese Bemühungen nicht den gewünschten Erfolg brachten, gründete er zu Weihnachten 1923 in Dornach ohne Bezug zur bisher bestehenden Anthroposophischen Gesellschaft die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, deren Vorsitz er nun selber übernahm. Zugleich gründete er die schon lange geplante Freie Hochschule für Geisteswissenschaft und übernahm als vorläufig einziger Dozent auch deren Leitung. Bereits während der Gründungsfeierlichkeiten erlitt Steiner jedoch einen schweren körperlichen Zusammenbruch, von dem er sich nicht mehr erholen sollte; als Ursache hierfür wird zuweilen ein Giftanschlag auf Steiner aus den eigenen Reihen vermutet. So kam von den drei geplanten „Klassen“ der Hochschule nur die erste, elementare zustande. Im Verlauf des Jahres 1924 musste Steiner seine Vortragstätigkeit zunehmend einschränken. Seinen letzten Vortrag am 28. September 1924 musste er nach kurzer Zeit abbrechen. Bis zwei Tage vor seinem Tod am 30. März 1925 arbeitete er im Krankenbett noch an diversen Publikationen, zuletzt an einem gemeinsam mit seiner behandelnden Ärztin Ita Wegman verfassten Buch zur Begründung der Anthroposophischen Medizin.

Krise nach Steiners Tod

Das zweite Goetheanum seit 1928

Für den Fall seines Ablebens hatte Rudolf Steiner in Bezug auf die Anthroposophische Gesellschaft und die Hochschule keine Anweisungen gegeben. Der fünfköpfige Vorstand der Gesellschaft, den Steiner erst gut ein Jahr zuvor berufen hatte, war ratlos und zerstritt sich bald.[14] Insbesondere konnte keine Einigkeit darüber erzielt werden, ob man Steiners Initiativen fortsetzen oder realistischerweise nur noch das Vorhandene verwalten könne. Ende 1925 wurde Albert Steffen als Vorsitzender und damit formal als Nachfolger Steiners gewählt. Auf Initiative namentlich von Ita Wegman beschloss man bald darauf, die Hochschule formal weiter bestehen zu lassen, indem man die schon unter Steiner begonnene Gepflogenheit aufgriff, dass ausgewählte Persönlichkeiten das Recht erhielten, Steiners mitgeschriebene „Klassenstunden“ andernorts zu verlesen oder frei zu rezitieren. Der Dornacher Vorstand verlor jedoch zunehmend an Bedeutung, und in mehreren Ländern spalteten sich neue Gruppierungen von der Anthroposophischen Gesellschaft ab, teils unter Beteiligung einzelner Vorstandsmitglieder. 1935 beschloss deshalb die Generalversammlung auf Betreiben Steffens, die daran beteiligten Personen – darunter die Vorstandsmitglieder Ita Wegman und Elisabeth Vreede und andere führende Anthroposophen in Deutschland, Holland und England – aus der Gesellschaft auszuschließen.

Parallel zu diesem Zerfall der Anthroposophischen Gesellschaft entwickelten sich jedoch einige der von Steiner angeregten Kulturimpulse weiter, so die Waldorfbewegung durch Gründung neuer Schulen und die künstlerischen Initiativen Steiners, die unter der Leitung Marie Steiners fortgeführt wurden.

Während des Nationalsozialismus

Verbot der Anthroposophischen Gesellschaft

Reinhard Heydrich (hier 1940), verbot die Anthroposophische Gesellschaft 1935

Am 1. November 1935 wurde die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland per Dekret Reinhard Heydrichs verboten. Die Begründung lautete:

„Nach der geschichtlichen Entwicklung der Anthroposophischen Gesellschaft ist diese international eingestellt und unterhält auch heute noch enge Beziehungen zu ausländischen Freimaurern, Juden und Pazifisten. Die auf der Pädagogik des Gründers Steiner aufgebauten und in den heute noch bestehenden anthroposophischen Schulen angewandten Unterrichtsmethoden verfolgen eine individualistische, nach dem Einzelmenschen ausgerichtete Erziehung, die nichts mit den nationalsozialistischen Erziehungsgrundsätzen gemein hat. Infolge der Gegensätze zwischen den Anschauungen der Anthroposophischen Gesellschaft und den vom Nationalsozialismus vertretenen völkischen Gedanken bestand die Gefahr, dass durch eine weitere Tätigkeit der Anthroposophischen Gesellschaft die Belange des nationalsozialistischen Staates geschädigt werden. Die Organisation ist daher wegen ihres staatsfeindlichen und staatsgefährdenden Charakters aufzulösen.“

Reinhard Heydrich[15]

Das antisemitische Hetzblatt Der Judenkenner hatte bereits einige Monate zuvor die Stoßrichtung vorgegeben: „Was wir über die gänzlich verjudete anthroposophische Bewegung und Rudolf Steiner denken, ist bekannt“, hieß es etwa in der Ausgabe vom 28. August 1935.[16]

Schon vor dem Verbot hatten alle jüdischen Mitglieder ihre Ämter in der Gesellschaft abgegeben. Ein Großteil von ihnen war ausgetreten; andere wurden zum Austritt gedrängt, um Reibungspunkte mit dem Regime zu minimieren.[17] Nach dem Verbot bemühten sich einige Anthroposophen um eine Wiederzulassung. Der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft wehrte sich gegen die Auflösung mit einem Brief an Adolf Hitler, in dem auf Steiners arische Abstammung verwiesen und die Verbindung zu jüdischen Kreisen bestritten wurde. In dem Schreiben hieß es:

„Die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, die im Jahre 1923 von Dr. Rudolf Steiner konstituiert und begründet wurde, hat zu irgend welchen freimaurerischen, jüdischen, pazifistischen Kreisen irgend welche Beziehungen oder auch nur Berührungspunkte nicht gehabt. Die arische Abstammung Rudolf Steiners ist überdies vom Rassepolitischen Amt in Berlin ausdrücklich bestätigt worden. [...] Auf das allerentschiedenste muss [...] Verwahrung dagegen eingelegt werden, dass in dem Schreiben der Geheimen Preussischen Staatspolizei aus diesen nicht zutreffenden Motivierungen auch noch die Behauptung abgeleitet wird, dass die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland ‚staatsfeindlich‘ sei. Wie aus dem Obigen und aus näheren Nachprüfungen ohne weiteres hervorgehen wird, stellt eine solche Bezeichnung eine völlig ungerechtfertigte Diskriminierung einer in wertvollster Weise für das Deutschtum eintretenden Gesellschaft dar.“[18]

Der Brief dokumentiert den Versuch, sich mit dem nationalsozialistischen Regime zu arrangieren. Einige Anthroposophen betrieben eine noch offensivere Anbiederung. Der Anthroposoph Friedrich Rittelmeyer formulierte eine explizite Anerkennung des nationalsozialistischen Staates: „Die Christengemeinschaft anerkennt den nationalsozialistischen Staat. Sie glaubt ihm den besten Dienst zu tun, wenn sie das Religiös-Christliche in möglichster Reinheit und Stärke pflegt.“[19] Guenther Wachsmuth, Mitglied des Dornacher Vorstandes der Anthroposophischen Gesellschaft, hatte im Juni 1933 seine „Sympathie“ für das bekundet, „was z. Zt. in Deutschland geschieht“.[20] In seinen Lebenserinnerungen behauptete Erich Ludendorff, dem die Anthroposophie als Teil einer jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung erschien[21], sogar eine „gefährliche“ Unterwanderung nationalsozialistischer Kreise.[22] Die Nationalsozialisten blieben bei ihrer Ablehnung der Anthroposophie, auch wenn sie einige Übereinstimmungen konstatierten. Das geht jedenfalls aus einem Gutachten hervor, das der Nazi-Pädagoge Alfred Baeumler im Auftrag des Amtes Rosenberg angefertigt hatte. In dem Gutachten hieß es:

„In der Menschenkunde, die der Methode der Waldorfschulen zugrunde liegt, sind tiefe und richtige Einsichten enthalten, die Rudolf Steiner zum größten Teil seinem äußerst fruchtbaren Studium der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes verdankt. Die nationalsozialistische Menschenkunde kann nur von der Rasse her entworfen werden. Insofern Rasse eine Naturwirklichkeit ist, scheint schon im Ansatzpunkt eine wesentliche Übereinstimmung zwischen der Menschenkunde des Nationalsozialismus und der Rudolf Steiners vorzuliegen. Denn Steiner geht ja von den bildenden Kräften der wirkenden Natur aus und gründet die Schulerziehung auf die Entwicklung der natürlichen Kräfte. Insofern könnte man seine Pädagogik ‚biologisch‘ fundiert nennen. Würde man jedoch versuchen, den Begriff der Rasse in unserem Sinne in die biologische Fundierung einzuführen, dann würde er die Menschenkunde Steiners zersprengen. Denn der Nationalsozialismus geht zwar von der Wirklichkeit des Blutes aus, aber zugleich auch von den Unterschieden, die zwischen Menschengruppen verschiedenen Blutes bestehen. Diese Unterschiede erfassen wir nicht nur biologisch-anthropologisch, sondern vor allem auch geschichtlich, indem wir uns dem zuwenden, was Menschen verschiedenen Blutursprungs geschaffen und gestaltet haben: den Staaten, Kunstwerken, Erfindungen, wissenschaftlichen Systemen usw. Zu diesem von der Erkenntnis der rassischen Wirklichkeit geleiteten geschichtlichen Denken gibt es von der Menschenkunde Steiners her keinen Zugang. Der Platz, den in unserem Weltbilde der von rassischen Kräften bestimmte geschichtlich gestaltende Mensch einnimmt, ist in der Weltanschauung Rudolf Steiners besetzt durch den über aller Geschichte thronenden Geistmenschen. Das Denken Rudolf Steiners ist nicht biologisch-rassisch, sondern biologisch-kosmisch.“[23]

Alle Versuche einer Wiederzulassung der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland scheiterten jedoch 1939, als Rudolf Heß die „Gleichbehandlung mit ehemaligen Freimaurern“ anordnete. Und das, obwohl sich anthroposophische Institutionen auch weiter kooperativ zeigten. Hohe Wertschätzung fand die biologisch-dynamische Landwirtschaft bei einigen NS-Größen, was jedoch eher auf ihre „Ursprünglichkeit“ als auf die spirituelle Begründung zurückzuführen ist. Die SS hatte zwischen 1939 und 1945 landwirtschaftliche Versuchsgüter eingerichtet, in der die biologisch dynamische Landwirtschaft erprobt wurde; eines der Güter lag in unmittelbarer Nähe des KZ Ravensbrück.[24] Das Heft 5 der Zeitschrift Demeter aus dem Jahr 1939 erschien mit einer Abbildung Hitlers und einer Grußzeile zum 50. Geburtstag auf dem Titelbild.[25] In der Septemberausgabe der Zeitschrift lag zudem ein Flugblatt bei, in dem der Herausgeber, Erhard Bartsch, die biologisch-dynamischen Landwirte zur Unterstützung des „Führers“ aufrief. Bartsch bemühte sich offenbar sogar um eine Mitwirkung an den Besiedlungsplänen der SS für den „Lebensraum im Osten“.[26]

Behinderung des Schulunterrichts und Verbot von Waldorfschulen

Die acht Waldorfschulen waren den Nationalsozialisten von Anfang an ein besonderer Dorn im Auge. Anders als andere anthroposophische Institutionen, die lange Zeit von den Behörden unbemerkt weiterarbeiten konnten, hatten die Schulen eine große Außenwirkung. Um die Schulen zu retten, nahm Elisabeth Klein, die Dresdner Schulleiterin, die eine Schlüsselstellung in den Verhandlungen mit dem Regime innehatte, Kontakt zu führenden Nationalsozialisten auf. Sie suchte den Schulterschluss, während sich die Schulen in Berlin und Altona 1936 ausdrücklich von diesen Kollaborationsversuchen distanzierten und die eigene Schließung selbst betrieben.[27] Unter den Personen, die Klein kontaktierte, war auch Rudolf Heß, dem Sympathien für die Anthroposophie nachgesagt wurden. Auch Klein ging davon aus, dass Heß seine Aufgabe darin sehe, „alle Geistesrichtungen in Deutschland zu schützen, die noch aufbauend im Geistesleben wirken können“.[28]

Gemäß einer Anordnung von Rudolf Heß durften Waldorfschulen bis 1940 keine Einschulungen mehr vornehmen. Zwei Schulen wurden sogar verboten (1938 Stuttgart und 1941 Dresden). Die restlichen mussten aus finanziellen Gründen schließen. Von den acht anthroposophischen heilpädagogischen Heimen wurden drei massiv bedroht, davon zwei geschlossen. Trotz dieser Repressionsmaßnahmen gab es auch Mitglieder, die sich dem System weiter annäherten oder sogar aktiv in den Gremien der NSDAP mitarbeiteten.

Zeit nach dem Verbot und Gesamteinschätzung

Bis zu seinem „Englandflug“ – hier das Wrack seiner Maschine – hielt Rudolf Heß seine schützende Hand über der Anthroposophie

Parallel dazu spitzte sich auch in Dornach die Situation weiter zu. Nach dem Verbot der Gesellschaft im deutschen „Mutterland“ und dem durch die Beschlüsse von 1935 bewirkten Zerwürfnis mit den wichtigen Landesgesellschaften in Holland und England war der Einfluss des Dornacher Zentrums schon weitgehend auf die Schweiz beschränkt, bevor diese mit Ausbruch des Krieges 1939 auch als Nation in eine rundum isolierte Insellage geriet. 1939 musste das Goetheanum (Hauptgebäude) aus finanziellen Gründen geschlossen werden. Personell geriet im nun noch dreiköpfigen Vorstand Marie Steiner allmählich ins Abseits, und 1942 kam es zum offenen Konflikt zwischen ihr und Albert Steffen oder vielmehr zwischen den jeweiligen Anhängern in der Mitgliedschaft. Marie Steiner, die von Rudolf Steiner testamentarisch zur Alleinerbin bestimmt worden war, machte nun diese Rechte formal geltend, indem sie einen „Nachlassverein“ gründete, der abgesondert von der Anthroposophischen Gesellschaft auch nach ihrem Tod die Werke Rudolf Steiners herausgeben sollte.

Bis 1941 hatte Rudolf Heß nach Möglichkeit versucht, seine „schützende Hand“ über anthroposophische Aktivitäten zu halten. Erst nach dem sogenannten „Englandflug“ von Heß am 10. Mai 1941, in dessen Folge er als Verräter bezeichnet und für verrückt erklärt worden war, wurden die Reste der organisierten Anthroposophie in Deutschland zerschlagen. Heß selbst war zwar, anderslautenden Gerüchten zum Trotz, kein Anthroposoph, er war aber spirituellen Vorstellungen gegenüber aufgeschlossen. Seine Frau Ilse Hess nahm im Jahre 1984 Stellung zu der Haltung ihres Mannes zur Anthroposophie:

„Mein Mann hat sich überhaupt nicht für Anthroposophie interessiert, ich ausschließlich im Zusammenhang mit der biol. dyn. Anbauweise, da ich leidenschaftliche Gärtnerin war und bin. […] Mein Mann hat nur, da er Versuchen aufgeschlossen war, eben diese seine ‚schützende Hand‘ über die Waldorfschulen und die BiolDynamischen gehalten, nach 1941 war das natürlich vorbei, da Martin Bormann genau das Gegenteil praktizierte.“

Ilse Hess[29]

Nach dem Englandflug startete der Propagandaminister Joseph Goebbels eine Kampagne gegen die spirituellen und spiritistischen Gruppen, für die sich Heß verwendet hatte.[30] In diesem Zusammenhang wurde behauptet, Heß habe aufgrund des Einflusses von Astrologen, Mesmeristen und anderer Okkultisten unter Halluzinationen gelitten. Auch von Anthroposophen wurde behauptet, sie hätten Heß okkult beeinflusst und zu seinem Flug nach England bewegt.[31] Es folgte eine Welle von Verhaftungen und Verhören. Kurz darauf wurde auch die Christengemeinschaft aufgelöst. Ihre Priester wurden inhaftiert. Zwar gab es weitere Versuche von anthroposophischer Seite, sich dem Regime im „Endkampf gegen den Bolschewismus“ anzudienen, mit dem Wegfall des Förderers Heß fehlte diesen aber der Resonanzboden.[26]

Alles in allem war das Verhältnis der Anthroposophie zum Nationalsozialismus ambivalent. Ein Gesamturteil ist schwierig. Es war zwar eine unüberbrückbare Kluft zwischen beiden Weltanschauungen vorhanden, die Anthroposophen hatten aber auf Verständigung, nicht auf Widerstand gesetzt. Der Publizist Jens Heisterkamp resümiert: „Widerstandskämpfer hat die anthroposophische Bewegung nicht hervorgebracht.“ Weiter heißt es bei Heisterkamp:

„In Deutschland bemühte man sich [seitens der Anthroposophischen Gesellschaft], den Eindruck einer harmlosen geistigen Vereinigung zu vermitteln, die dem neuen System nicht nur nicht im Wege stehen will, sondern ihm vielleicht sogar nützlich sein könnte. Sowohl für die Anthroposophische Gesellschaft als auch für die Waldorfpädagogik und erst Recht für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise gilt, daß die Unvereinbarkeit von Anthroposophie und Nationalsozialismus von den Parteivertretern weit klarer eingeschätzt – und vor allem auch ausgesprochen – wurde als von anthroposophischer Seite.“[26]

Zeit nach 1945

Nach dem Krieg wurden die im Dritten Reich verbotenen anthroposophischen Aktivitäten auch in Deutschland und Österreich bald wieder aufgenommen. Der Konflikt um die Rechte an Rudolf Steiners Werk spitzte sich jedoch weiter zu. Nach dem Tod Marie Steiners 1948 betrachtete sich der von ihr gegründete Nachlassverein (heute: Rudolf Steiner Verlag) als Alleininhaber dieser Rechte. Darüber kam es zu einem Rechtsstreit mit der Anthroposophischen Gesellschaft, der 1952 mit einem Sieg des Nachlassvereins endete. Die unterlegene Partei verbannte daraufhin alle Werke Rudolf Steiners aus der Buchhandlung im Goetheanum, woran bis 1968 festgehalten wurde. Die Rolle Dornachs als internationales Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft wurde wieder vollständig hergestellt, indem die 1935 abgespaltenen Landesgesellschaften in Holland und England sich 1960 bzw. 1963 wieder anschlossen.

Die starke Expansion der Waldorfschulen (Im Nov. 2010 laut Selbstdarstellung weltweit 999 Schulen in 59 Ländern)[32], der Anthroposophischen Medizin und der ebenfalls durch Rudolf Steiner angeregten biologisch-dynamischen Landwirtschaft (Demeter) verlief von diesen Schwierigkeiten weitgehend unberührt. 1960 wurde in Bochum auch eine Bank mit anthroposophischer Zielsetzung begründet (GLS Gemeinschaftsbank). 1969 entstand das anthroposophische Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke als erste Einrichtung dieser Art in Deutschland. 1973 wurde in Alfter die anthroposophisch orientierte Alanus Hochschule eingerichtet, seit 2002 eine staatlich anerkannte Kunsthochschule. Auch die 1983 gegründete Universität Witten/Herdecke, Deutschlands älteste Privatuniversität, hat überwiegend anthroposophische oder der Anthroposophie nahestehende Urheber (Gerhard Kienle und Konrad Schily). Zurzeit sind nach Aussagen der Anthroposophischen Gesellschaft weltweit über 10.000 anthroposophische Einrichtungen in 103 Ländern tätig.

Im Vergleich zu diesen Erfolgen diverser von Steiner angestoßenen bzw. später aus der Anthroposophie hervorgegangenen praktischen Initiativen und Anwendungen blieb das allgemeine Interesse an der Anthroposophie selbst lange eher gering. Seit den 1980er Jahren ist jedoch eine – wie Gerhard Wehr schrieb[33] – „erstaunliche Renaissance“ zu beobachten.

Menschenbild

Steiners Anthroposophie stellt den Menschen in das Zentrum ihrer Betrachtungen. So beschreibt er in seinen beiden grundlegenden Werken Theosophie (1904) und Die Geheimwissenschaft im Umriss (1910) erst ausführlich das „Wesen des Menschen“, bevor er zur sonstigen Welt übergeht.

Die Wesensglieder

Die Theosophie Helena Petrovna Blavatskys war eine wesentliche Grundlage von Rudolf Steiners Anthroposophie

Ähnlich wie Helena Petrovna Blavatsky, an deren Lehren er vor allem zu Beginn seiner Tätigkeit in der Theosophischen Gesellschaft häufig anknüpfte, unterschied Steiner verschiedene „Wesensglieder“ des Menschen. Dabei vermied er jedoch eine Festlegung auf ein bestimmtes Gliederungsschema, wie es bis dahin in der Theosophie üblich war, sondern führte ganz im Kontrast dazu oft verschiedene Schemata ineinander über, die Freiheit der Perspektive gegenüber starren Schemata betonend. Außerdem übernahm er die Inhalte seiner „Menschenkunde“ nicht wie Blavatsky aus der indischen Philosophie, sondern entwickelte sie aus Ansätzen im deutschsprachigen Geistesleben mehr oder weniger neu.

Die erste umfassende schriftliche Darstellung des anthroposophischen Menschenbilds erschien 1904 noch unter dem Titel Theosophie. Darin wählte Steiner als Ausgangspunkt Goethes erkenntnistheoretischen Essay Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt (1793) – und erhob damit implizit den Anspruch, seine „Theosophie“ inhaltlich an seine frühere Tätigkeit als Goethe-Herausgeber und als Autor einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung (1886) anzuschließen. Mit Goethe stellte er fest, dass der Mensch „in einer dreifachen Art mit der Welt verwoben ist. – Die erste Art ist etwas, was er vorfindet, was er als eine gegebene Tatsache hinnimmt. Durch die zweite Art macht er die Welt zu seiner eigenen Angelegenheit, zu etwas, was eine Bedeutung für ihn hat. Die dritte Art betrachtet er als ein Ziel, zu dem er unaufhörlich hinstreben soll“: als ein „gleichsam göttliches Wesen“ (Goethe) die Wahrheit zu erkennen und entsprechend handeln zu können. Diese drei Arten des Verhältnisses des Menschen zur Welt nannte Steiner nun „Leib“, „Seele“ und „Geist“. Dabei distanzierte er sich ausdrücklich von jeder bisherigen Belegung dieser Worte: „Wer irgendwelche vorgefassten Meinungen oder gar Hypothesen mit diesen drei Worten verbindet, wird die folgenden Auseinandersetzungen notwendig missverstehen müssen.“[34]

Diese drei Grundbegriffe der anthroposophischen „Menschenkunde“ differenzierte Steiner weiter, indem er jeweils drei leibliche, seelische und geistige Komponenten unterschied, die er Wesensglieder nannte. Als Abwandlung der daraus resultierenden neunfachen Gliederung leitete er auch ein siebengliedriges Schema ab, das mit dem bis dahin unter Theosophen gebräuchlichen, auf Blavatsky zurückgehenden Schema zu vergleichen, aber nicht mit diesem identisch ist. In der einfachsten Variante unterschied Steiner nur die drei leiblichen Wesensglieder und subsumierte alles andere unter der Bezeichnung „Ich“. Dieses viergliedrige Schema, das an die medizinische Lehre des Paracelsus erinnert und sich mit der Seelenlehre des Aristoteles vergleichen lässt[35], basiert auf der zu Steiners Zeit gültigen Klassifikation der drei Naturreiche der Mineralien, Pflanzen und Tiere und fügt als viertes „Reich“ den Menschen hinzu, der mit seinen drei Leibesgliedern an allen Naturreichen beteiligt ist, aber mit seinem Ich aus der Natur herausragt:

Physischer Leib – Ätherleib oder Lebensleib – Astralleib oder Seelenleib – Ich.

Nur der physische Leib sei mit den gewöhnlichen Sinnen wahrnehmbar. Die höheren Wesensglieder, die diesen physischen Leib durchziehen, seien aber für eine übersinnliche Anschauung als eigenständige Komponenten der menschlichen Wesenheit erforschbar. So erscheine der Ätherleib als eine „lebenerfüllte Geistgestalt“, in der „alles in lebendigem Ineinanderfließen“ sei. Steiners Begriff des Ätherleibs entspricht etwa dem der vegetativen Seele bei Aristoteles.[36] Das Vorhandensein eines Ätherleibs äußert sich nach Steiner in Lebendigkeit und Wachstum, und er sei auch der Träger der Vererbung.

Einen Ätherleib habe jedes Lebewesen. Ein Astralleib, manchmal bei Steiner auch einfach „Seele“ genannt, sei dagegen nur bei „beseelten“ Wesen vorhanden: bei Tieren und Menschen. Er verleihe ihnen ein bewusstes Innenleben, Gefühle, Begierden, aber auch unbewusste Impulse. Das entspricht ungefähr der sensitiven Seele bei Aristoteles.[36] Das 'Ich' schließlich bezeichnet in der anthroposophischen Terminologie den ewigen, unvergänglichen und nur dem Menschen zukommenden „Wesenskern“, der nach dem Tod fortbesteht und sich erneut in einem anderen Körper inkarniert und der der Träger des Karma ist. Das Ich durchdringt und verändert jedoch auch die niederen Wesensglieder; in diesem Zusammenhang spricht Steiner auch von einer gesonderten leiblichen „Ich-Organisation“. Nach Leijenhorst ist in Steiners Ich-Begriff der unbewusste Wille im Sinne Schopenhauers und Nietzsches mit Descartes' cogito vereinigt.[36]

Änderungen in der Wechselwirkung der Wesensglieder äußern sich in verschiedenen Bewusstseinszuständen.[37] Im Wachbewusststein sind alle vier Wesensglieder eng miteinander verbunden. Beim Einschlafen lösen sich Astralleib und Ich vom physischen und ätherischen Leib. Es tritt ein Zustand ein, der bei Pflanzen permanent vorliegt: der traumlose Schlaf. Dabei wirken Astralleib und Ich „von außen“ auf den schlafenden Körper ein, und dieser kann sich regenerieren. Im Zwischenzustand des Traumbewusstseins verbindet sich der Astralleib in gewisser Weise mit dem Ätherleib, nicht aber mit dem physischen Leib. Ohne Verbindung mit den physischen Sinnesorganen kann er die physische Welt nicht wahrnehmen, und auch ein volles Ich-Bewusstsein ist im gewöhnlichen Traum nicht vorhanden.

Ein vierter Zustand ist der Tod, bei dem sich die höheren Wesensglieder einschließlich des Ätherleibs vom physischen Leib trennen. Dieser ist nun allein den physikalisch-chemischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen und zerfällt. Der Zusammenhang der höheren Wesensglieder bleibt aber zunächst erhalten. Erst später löst sich auch der Ätherleib und danach der Astralleib auf, und das Ich geht in eine geistige Welt ein, in der es sich auf seine Wiedergeburt (Reinkarnation) vorbereitet.

Von Inkarnation zu Inkarnation, aber auch innerhalb eines „Erdenlebens“, entwickelt sich der Mensch als seelisches und geistiges Wesen (im anthroposophischen Sinn, vgl. oben). Als Stufen dieser Entwicklung, die aber auch nebeneinander existieren, werden die seelischen und geistigen Wesensglieder unterschieden. Das niederste Seelenglied ist die „Empfindungsseele“, benannt nach einem zu Steiners Zeit gebräuchlichen Synonym für die Sinneswahrnehmung. In diesem Seelenteil leben die bewussten Eindrücke der Sinne, aber auch Triebe, Begierden und Leidenschaften. Im Unterschied zum Astralleib, für den das ebenfalls gilt, handelt es sich auf dieser „seelischen“ Ebene um Regungen, welche über das Naturhafte und Gattungsmäßige hinausgehen, wodurch sich also der Mensch als Individualität vom Tier unterscheidet. Insofern ist die Empfindungsseele eine „individualisierte“ Metamorphose des Astralleibes, aus dem sie im Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung hervorgeht.

Das zweite Seelenglied ist die „Verstandesseele“, in der sich das Denken entfaltet. Wie die Empfindungsseele eine Metamorphose des Astralleibes ist, so ist die Verstandesseele eine Metamorphose des Ätherleibes. Die Wachstums- und Gestaltungskräfte, die zunächst den physischen Leib aufbauen und gestalten, werden später zum Teil als Denkkraft frei. Deshalb soll nach Steiner bei Kindern das eigenständige Denken erst gefördert werden, wenn alle physischen Organe vollständig angelegt sind („Zahnwechsel“). Das dritte Seelenglied schließlich wird „Bewusstseinsseele“ genannt. In ihr erhebt sich das Individuum aus der Subjektivität zum Wahren und Guten, das über die Eigenpersönlichkeit hinaus Gültigkeit hat.

Im Unterschied zu diesen Stufen der seelischen Entwicklung, die unter dem Einfluss der Erziehung und der sonstigen Sozialisation erfolgen, beschrieb Steiner die geistigen Wesensglieder als Stufen einer voll bewusst vom Ich aus betriebenen Entwicklung. Diese stecke heute aber noch in den Anfängen.

Dreigliederungs-Idee

Von diesen Gliederungs-Schemata in relativ frühen theosophisch-anthroposophischen Darstellungen Steiners ist die Idee der „Dreigliederung“ zu unterscheiden, die er erstmals 1917 in seinem Buch Von Seelenrätseln publizierte[38] und die in seinem Spätwerk und den daraus hervorgegangenen Anregungen für die Waldorfpädagogik, die Anthroposophische Medizin und für die soziale Gestaltung („Soziale Dreigliederung“) eine große Bedeutung erlangen sollte. Diese Idee basiert auf der Unterscheidung der Seelentätigkeiten Denken, Fühlen und Wollen und ordnet diesen als leibliche Grundlagen drei Organsysteme zu: dem Denken (und der sinnlichen Wahrnehmung) das „Nerven-Sinnes-System“, dem Wollen das „Stoffwechsel-Gliedmaßen-System“ und dem Fühlen das „rhythmische System“.[39]

Reinkarnation

Das Ich, der unvergängliche „Wesenskern“ des Menschen, unterliegt nach Steiner der Reinkarnation, die als „Instrument zur Vollendung des Menschen“ dienen soll.[40] Mit dem Tod hört seiner Darstellung zufolge das Bewusstsein nicht auf, sondern es folgt eine Rückschau auf das vergangene Leben und danach eine dem Fegefeuer vergleichbare Reinigung („Kamaloka“), wobei sich erst der Ätherleib und dann der Astralleib „auflösen“. Auch die alte (neuplatonische) Vorstellung des Aufstiegs der Seele durch die Planetensphären griff Steiner in diesem Zusammenhang auf. Nach einer zeitweilig rein geistigen Existenz fasst demnach das Ich den Entschluss zu einer neuen Inkarnation. Beim Herabstieg durch die Sphären gliedert sich ihm erst ein neuer Astralleib und dann ein neuer Ätherleib an, je nach den Taten und Erlebnissen während der vorangegangenen Inkarnationen oder „Erdenleben“. Hier tritt die Idee des Karmas auf, jedoch so gewendet, dass das Ich selbst anstrebt, was sich ihm als Konsequenz des in früheren Inkarnationen Getanen und Erlebten ergibt. Schließlich wählt die herabsteigende Seele ihre künftigen leiblichen Eltern aus und wirkt schon über Generationen im Voraus auf deren Erbanlagen ein. Zwischen zwei Inkarnationen vergehen dabei gewöhnlich Jahrhunderte, im Allgemeinen ist ein Wechsel des Geschlechts damit verbunden, und auch die ethnische Zugehörigkeit wechselt von Inkarnation zu Inkarnation, so dass im Laufe vieler Verkörperungen alle Aspekte des Menschseins durchlebt werden können.[41]

Steiners Reinkarnationslehre weist Übereinstimmungen mit entsprechenden theosophischen und platonischen Vorstellungen auf, zeichnet sich jedoch durch ein besonders hohes Maß an Systematisierung und durch den Versuch aus, Reinkarnation und Karma in einen christlichen Kontext zu integrieren.[42] Trotz ihrer Komplexität und auch mancher enthaltenen Widersprüche avancierte sie laut Zander „zum vermutlich wirkungsmächtigsten Reinkarnationsmodell im deutschen Sprachraum“.[43] Von vergleichbaren hinduistischen und buddhistischen Lehren unterscheidet sie sich nach Willmann wie folgt:

  • Sie betrachtet das irdische Leben als Möglichkeit, sich zu immer höheren Bewusstseins-Stufen zu entwickeln.
  • Sie bejaht die Kontinuität des Ich-Bewusstseins und versucht diese – innerhalb einer Inkarnation, aber auch von Inkarnation zu Inkarnation – zu bewahren statt zu überwinden.[40]

Steiners Christologie

Steiner vertrat eine gnostische Christologie im Geiste der Rosenkreuzer (hier: Theophilus Schweighart: Speculum sophicum Rhodostauroticum, 1604)

Ein zentrales Thema der Anthroposophie sind Steiners Darstellungen über Jesus und Christus, mit denen er sich energisch gegen die damalige protestantische Leben-Jesu-Forschung von Adolf von Harnack, David Friedrich Strauß und anderen wendete, die Jesus als historische Person betrachtete, ihm einen göttlichen Status absprach und lediglich einen Propheten in ihm sah. Steiner unterschied zwischen dem Menschen Jesus und einem als „Christus“ bezeichneten hohen geistigen Wesen, das sich bei der Taufe am Jordan in diesem Menschen inkarniert habe. Christus wird in diesem Zusammenhang als der göttliche Logos oder auch als der Geist der Sonne bezeichnet. Beim Kreuzestod auf Golgatha habe sich dieser Christus-Geist mit der gesamten Erde verbunden, und seither sei er von jedem Menschen – unabhängig von äußerlichen Konfessionen – in einer inneren, mystischen Schau erfahrbar. Dieses „Mysterium von Golgatha“ bezeichnete Steiner als das zentrale Ereignis der Menschheitsgeschichte. Die Menschheit sei den Mächten des Bösen unterworfen worden, wodurch der Mensch erst zu einem sterblichen Wesen geworden sei, und Christus habe sich selbst geopfert, indem er am Kreuz starb, um die Menschheit zu erlösen.

Als zentrales Ereignis der Menschheitsgeschichte hat das Mysterium von Golgatha laut Steiner eine komplexe und weit zurückreichende Vorgeschichte. So habe es zwei verschiedene „Jesusknaben“ mit verschiedener Herkunft gegeben, die in den Evangelien des Lukas und des Matthäus beschrieben seien. Steiner bezeichnete sie als den nathanischen und den salomonischen Jesus, nach den beiden Söhnen Davids, von denen sie abstammen sollen. Der nathanische Jesus (des Lukas-Evangeliums) sei die Wiederverkörperung des Adam Kadmon, einer Individualität, die den Sündenfall nicht mitgemacht habe und daher in völliger Unschuld verblieben sei. Der salomonische Jesus (des Matthäus-Evangeliums) dagegen sei eine Reinkarnation des Zarathustra. Dem unschuldigen nathanischen Jesus brachten die Schäfer ihre Opfer dar, dem salomonischen die drei Weisen aus dem Morgenland, die als ehemalige Schüler Zarathustras bezeichnet werden. Als beide Knaben zwölf Jahre alt waren, sei das Ich des Zarathustra auf den nathanischen Jesus übergegangen, wodurch der unschuldige Junge plötzlich einer der weisesten Menschen war (Tempelszene des Lukasevangeliums) und von seinen Eltern nicht mehr erkannt wurde.[44]

Auch das Böse tritt bei Steiner in zwei Erscheinungsweisen auf, die er als Luzifer und Ahriman bezeichnet. Luzifer versucht, die Menschheit durch eine Beschleunigung ihrer Entwicklung von der Erde zu lösen. Er wirkt durch die Macht der Fantasie, der Imagination, der Begeisterung und der Sympathie. Er ist der Teufel, der für den Sündenfall verantwortlich war, wodurch der Mensch sterblich und egoistisch wurde, aber auch die Freiheit erhielt, unabhängig von Gott Entscheidungen zu treffen. Ahriman hingegen will die Menschheit durch eine Verzögerung ihrer Entwicklung an die Erde fesseln. Er wirkt durch die Macht des kalten, materialistischen Intellekts, durch das Streben nach Herrschaft und durch Antipathie. Während Luzifer die Menschen zu Vogel- oder Engel-artigen Wesen ohne eine wirkliche Beziehung zur Erde machen will, versucht Ahriman, die Erde in eine tote Maschine zu verwandeln. Christus strebt danach, dieses zweifache Böse nicht auszulöschen, sondern zu verwandeln und zu erlösen, indem er als Welten-Ich die Gegensätze ausgleicht und in Harmonie bringt. Dieses manichäische Motiv ist auch in Steiners Holzplastik Menschheitsrepräsentant enthalten, das sich im Goetheanum in Dornach befindet. Es impliziert, dass auch das Böse eine positive Rolle in der Entwicklung der Menschheit hat. So brachte Luzifer dem Menschen die Freiheit, aber Christus eröffnet ihm die Möglichkeit, diese Freiheit zu nutzen, um willentlich Gutes zu tun. In diesem Zusammenhang unterschied Steiner auch zwischen einem höheren und einem niederen „Ich“ des Menschen. Das niedere Ich ist die Gabe Luzifers und verleiht uns das Ego-zentrierte Alltagsbewusstsein. Im höheren Ich lebt Christus als das universelle Ich, das die Menschheit wieder vereint und mit dessen Hilfe wir das neue „himmlische Jerusalem“ der Apokalypse erschaffen können. Hiermit steht Steiner dem Pelagianismus der frühmodernen spirituellen Alchemie und dem Rosenkreuzertum nahe.[45]

In ähnlicher Weise wie Jakob Böhme übernahm Steiner auch den Begriff der göttlichen Trinität (Vater, Sohn und Heiliger Geist), wobei er diese einerseits zu der Dreiheit der Seelentätigkeiten (Wollen, Fühlen und Denken) und damit zu seiner Dreigliederungs-Lehre (siehe oben) in Beziehung brachte und andererseits eine Verbindung zu den von Dionysios Areopagita übernommenen himmlischen Hierarchien herstellte. Die erste und höchste Hierarchie, bestehend aus den Thronen, den Cherubim und den Seraphim, entspricht demnach dem göttlichen Vater und dem menschlichen Willen, die zweite oder mittlere Hierarchie (Exusiai, Kyriotetes und Dynameis) entspricht dem Sohn und dem menschlichen Fühlen, die dritte und niedrigste (Archai, Erzengel und Engel) dem Heiligen Geist und dem menschlichen Denken. Besondere Aufmerksamkeit widmete Steiner der dritten Hierarchie, die dem Menschen am nächsten steht. Nach seiner Darstellung hat jeder Mensch einen persönlichen Engel, der ihn im Einklang mit seinem Schicksal führt, während die Erzengel sich um ganze Völker oder historische Zeiträume kümmern und die Archai die Entwicklung der Menschheit insgesamt lenken. Unter den Erzengeln wiederum nimmt Michael als Träger der kosmischen Intelligenz eine Sonderstellung ein. Dieser kosmische Intellekt wurde in antiker Zeit den Menschen verliehen, wodurch sie in die Lage kamen, Wissenschaft zu treiben. Ahriman, symbolisiert als der Drache, den Michael aus dem Paradies verbannte, versucht die Menschen dazu zu verleiten, diese Intelligenz nur für seine materialistischen und menschenfeindlichen Zwecke einzusetzen. Demgegenüber fordert Michael uns auf, die Intelligenz zu „christianisieren“, indem wir in Freiheit das klare Denken für die Gestaltung einer harmonischen und gerechten Welt nutzen. Im Besonderen ist Michael der führende Erzengel in der gegenwärtigen Epoche der Menschheitsentwicklung (Michael-Zeitalter), die 1879 begann und das „Finstere Zeitalter“ (Kali Yuga) ablöste, in dem es nach Steiner nur unter großen Schwierigkeiten möglich war, Zugang zur geistigen Welt zu bekommen. In diesem Zusammenhang nannte Steiner auch die Anthroposophie insgesamt „michaelisch“.[46]

Gerhard Wehr sieht in Steiners Christusanschauung den Ausgangspunkt der gesamten Anthroposophie und rechnet diese daher als ganzes zur christlichen Esoterik. Im Besonderen sei sie vergleichbar mit dem „Logos-Christentum“ des Evangelisten Johannes, der kosmischen Christologie des Apostels Paulus, der Mystik Jakob Böhmes und des Rosenkreuzertums, in neuerer Zeit vor allem mit der Mystik und Weltdeutung Pierre Teilhard de Chardins.[47]

Kosmische Evolution, Menschheitsentwicklung und Kulturepochen

Steiners Geschichtsbild war stark essentialistisch geprägt.[46] Nach seiner Auffassung ist Geschichte nicht nur in klar begrenzte Abschnitte unterteilt, sondern er schrieb ihr auch einen Sinn und einen Zweck zu. Die Entwicklung der Menschheit stellte er in den Kontext einer kosmischen Evolution, in deren Verlauf unser gesamtes Planetensystem und mit ihm die Menschheit eine Reihe von „Wiederverkörperungen“ durchmacht. Dabei orientierte sich Steiner eng an entsprechenden Darstellungen theosophischer Autoren und insbesondere Helena Petrovna Blavatskys, von der er auch die Terminologie weitgehend übernahm. Die früheren Verkörperungen des Planetensystems nannte er „Alter Saturn“, „Alte Sonne“ und „Alter Mond“, die künftigen „Jupiter“, „Venus“ und „Vulkan“. Die Entwicklung der Menschheit beginnt nach seiner Darstellung bereits in der Zeit des Alten Saturn, auf dem der physische Leib des Menschen erschaffen wurde, und setzte sich auf der Alten Sonne und dem Alten Mond mit der Erschaffung des Ätherleibes und des Astralleibes fort. Zwischen diesen kosmischen Entwicklungsstufen ging die Menschheit und das ganze Planetensystem jeweils durch Phasen rein geistiger Existenz (Pralaya) hindurch.

Auch Steiners Beschreibung der bisherigen Menschheitsentwicklung auf der Erde lehnte sich eng an theosophische Vorbilder an. Zunächst habe die Menschheit und das ganze Planetensystem die vorangegangenen Verkörperungen in gewisser Weise rekapituliert. Diese Wiederholungen nannte Steiner die polarische, die hyperboräische und die lemurische Epoche, auf welche die atlantische Epoche folgte. Unsere gegenwärtige Epoche bezeichnete er als die erste nachatlantische Epoche; dieser sollen zwei weitere Epochen folgen, bevor alles wieder in ein Pralaya übergeht. In der lemurischen Epoche habe der Sündenfall, die Verführung durch Luzifer, stattgefunden. Auch die Trennung von Erde und Mond legt Steiner in diese Zeit. In der atlantischen Zeit habe entsprechend Ahriman einen Teil der Menschheit verführt. Beide Epochen endeten daher mit einer großen Katastrophe, deren letztere Steiner mit der biblischen Sintflut gleichsetzte. Diese datierte er auf etwa 10.000 Jahre v. Chr. (was aus geologischer Sicht ungefähr dem Ende der letzten Eiszeit entspricht).

Unsere gegenwärtige erste nachatlantische Epoche untergliederte Steiner wiederum in sieben Abschnitte, welche er „Kulturepochen“ nannte. Die vier bereits vergangenen Kulturepochen bezeichnete er als die uralt-indische, die altpersische, die ägyptische und die griechisch-römische Epoche, wobei die uralt-indische und die altpersische weit vor den ältesten historischen Überlieferungen in jenen Ländern gelegen haben sollen. In der altpersischen Epoche sei die Landwirtschaft entwickelt und mit dem Bau von Städten begonnen worden. Die drei darauffolgenden Epochen parallelisierte Steiner mit der Ausbildung der drei oben beschriebenen Seelenglieder. Demnach sei in der ägyptischen Epoche die Empfindungsseele ausgebildet worden, in der griechisch-römischen Zeit die Verstandesseele, und unsere gegenwärtige Epoche, die im 15. Jahrhundert begonnen habe, bezeichnete er entsprechend als das Zeitalter der Bewusstseinsseele.

Anthroposophischer Schulungsweg

Steiner verstand unter „Anthroposophie“ in erster Linie einen „Erkenntnisweg“, nicht eine zu verbreitende Lehre. Diesen Weg der höheren, „geistigen“ Erkenntnis könne jeder „normal organisierte“ Mensch beschreiten; im Allgemeinen erfordere dies jedoch eine gründliche und systematische Schulung der notwendigen Fähigkeiten sowie die Erfüllung gewisser Voraussetzungen.[48] Da Steiner bei der Darstellung seines Schulungswegs öfters auf buddhistische und hinduistische Traditionen Bezug nahm, wurden schon zu seinen Lebzeiten vielfach asiatische Wurzeln angenommen.[49] Dagegen zeigt Zander, dass Steiner diese asiatischen Elemente teils offensichtlich, teils wahrscheinlich aus der zeitgenössischen Theosophie und deren Umfeld übernommen hatte.[50]

Im Unterschied zu vergleichbaren Praktiken, die bis dahin in der hinduistischen, buddhistischen und christlichen Tradition bekannt waren, setzte Steiner ganz auf die Freiheit des Aspiranten. Dieser sucht sich keinen Guru, um dessen Weisungen zu befolgen, sondern erhält Anleitungen zur freien Verwendung, welche Steiner sogar, so weit er dies als möglich betrachtete, schriftlich publizierte. Weitere Kennzeichen des von Steiner angeregten Weges sind, dass bei den Meditationen die Erhaltung des vollen, klaren Bewusstseins angestrebt wird und dass diese nicht von körperlichen Verrichtungen wie Atemregulierung, bestimmten Körperhaltungen oder Fastenregeln begleitet werden, sondern rein „innerlich“ ablaufen sollen. Die Voraussetzungen, die der „Geistesschüler“ schaffen soll, betreffen den Umgang mit dem eigenen Denken, Fühlen und Wollen. Bei der letztlich angestrebten „über-sinnlichen“ Erfahrung unterschied Steiner drei Stufen: die bildhafte „Imagination“, die dem Hören vergleichbare „Inspiration“ und schließlich die „Intuition“, das existenzielle Einswerden mit dem zu Erkennenden.

Kritik

Wissenschaftsanspruch der Anthroposophie

Steiner erhebt für seine Anthroposophie den Anspruch der Wissenschaftlichkeit, da seine Forschungen in der übersinnlichen Welt in methodischer Weise durchgeführt würden. Daher bezeichnet er seine Lehre an verschiedenen Stellen als „Geisteswissenschaft“ oder „Geheimwissenschaft“, seine eigene Tätigkeit als „Geistesforschung“.[51] Als Systematik, die er als wissenschaftliche Methode betrachtete, beschrieb er eine Abfolge von geheimer Unterrichtung, Initiation, Imagination, Inspiration und Intuition. Dabei erlange der Schüler sukzessive mehr hellsichtige Fähigkeiten. Mit der Bezeichnung „Geheimwissenschaft“ (Okkultismus) drückte Steiner aus, dass seine Lehre über das bloße „Verstandesdenken“ hinausgehe. An H.P. Blavatskys Secret Doctrine (Geheimlehre) anknüpfend, publizierte er 1910 unter dem Titel „Die Geheimwissenschaft im Umriss“ eine Zusammenfassung seiner bis dahin entwickelten „theosophischen“ Lehre. Fortgeschrittene Schüler seien demnach selber zu übersinnlichen Wahrnehmungen imstande. Die daraus hervorgehenden „Mitteilungen“ seien jedoch für jedermann gedanklich nachvollziehbar.

Steiner nahm für sich in Anspruch, in der so genannten Akasha-Chronik (Blavatsky) „lesen“ zu können, einer Art kosmischem Gedächtnis, in dem alles Wissen über Vergangenheit und Zukunft gespeichert sein soll. Aus dieser Quelle teilte Steiner Details über Atlantis mit, korrigierte christliche Evangelien, enthüllte Geheimnisse ägyptischer Priester oder traf Prophezeiungen, etwa über das Kommen des „Christus im Ätherischen“ in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die von ihm begründete Anthroposophie fußt somit laut Kritikern auf dem Anspruch, über Zugang zu unumstößlichen Wahrheiten zu verfügen. Diese Wahrheiten, so Steiner, stünden jedoch nicht in einem Widerspruch zur empirischen Wissenschaft. Sie seien vielmehr intersubjektiv überprüfbar. Allein an diesen beiden Proklamationen, so der schwedische Philosoph Sven Ove Hansson[52], ließen sich Steiners Aussagen falsifizieren. Erstens sei es niemandem, der auf Steiners Schulungsweg gegangen ist, bis heute gelungen, wie dieser in der Akasha-Chronik zu lesen, und zweitens ließe sich allein anhand von Steiners Aussagen über Quantenphysik und Relativitätstheorie leicht zeigen, dass seine spirituellen Erkenntnisse zu anderen Ergebnissen führten als die Experimente der modernen Wissenschaft.

Für Kritiker handelt es sich bei Steiners als synkretistisch verstandener Weltanschauung also um eine Spielart der Esoterik, die ihren Wissenschaftsanspruch zu Unrecht vertritt. Deren zentrale Postulate zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie nicht wissenschaftlich überprüfbar sind (d.h. nicht intersubjektiv, falsifizierbar, empirisch überprüfbar und allgemein zugänglich). So urteilt etwa der Kritiker Jan Badewien:

„Zur kritischen Einschätzung muss gesagt werden, dass von anderen anthroposophischen ‚Forschern‘ keine weiteren Erkenntnisse aus der Akasha-Chronik vorliegen, schon gar keine, die Steiner kritisieren oder über ihn hinausgehen. Die Standardantwort von Anthroposophen auf eine diesbezügliche Anfrage lautet: so weit sind wir noch nicht, Steiner ist uns so weit voraus, das können wir in diesem Leben nicht erfassen. Damit aber wird die ganze Anthroposophie in ihren Grundlagen zu einer sog. ‚Ein-Mann-Wissenschaft‘, deren Grundlagen nur einer ‚erkannt‘ hat, die von anderen nur nachvollzogen werden können. Steiners behauptete Schau in der von ihm definierten ‚geistigen Welt‘ (Akasha-Chronik) erhält Offenbarungsqualität. [...] Der Anspruch der Wissenschaftlichkeit täuscht eine Übereinstimmung vor, die nicht vorhanden ist, denn Steiner interpretiert den Begriff grundlegend anders als in der neuzeitlichen wissenschaftlichen Communio üblich.“[53]

Rassismusvorwürfe

Steiners Anknüpfung an die theosophische Wurzelrassenlehre – hier ein französisches Logo der Theosophie mit Davidstern, Ouroboros, positivem Swastika, Ankh und Aum – wird heute als teilweise rassistisch kritisiert

In Steiners weitausgreifendem Werk (dessen Buchausgabe allerdings überwiegend auf ungeprüften Mitschriften seiner Vorträge beruht) finden sich wiederholt Aussagen über Menschenrassen, bei denen er besonders auf die Rassentheorien Immanuel Kants und Johann Friedrich Blumenbachs Bezug nahm, wonach vier bzw. fünf Rassen vor allem aufgrund der Hautfarbe unterschieden werden. Außerdem griff Steiner zeitweilig (1904 bis 1906) die theosophische „Wurzelrassen“-Lehre auf, aus welcher er dann seine Lehre von den Epochen der Menschheitsentwicklung ableitete.

Nachdem in den 1980er Jahren verschiedene Publikationen die Rezeption der Wurzelrassenlehre in der völkischen Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts und damit in der Vorgeschichte des Nationalsozialismus untersucht hatten[54], ordnete die ehemalige Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth in ihrer 1992 erschienenen Kampfschrift Feuer in die Herzen die Anthroposophie (neben dem New Age und anderen esoterischen Strömungen) als rassistisch ein.[55] Daran knüpften seither zahlreiche Autoren an.

In den Niederlanden wurde 1996 im Auftrag der holländischen Anthroposophischen Gesellschaft die Untersuchung Anthroposophie und die Frage der Rassen in Auftrag gegeben.[56] Eine Fachkommission unter Leitung des international tätigen Menschenrechtsanwaltes Th. A. van Baarda überprüfte das gesamte 300 Bände umfassende Oeuvre mit 89.000 Textseiten systematisch auf entsprechende Aussagen hin.[57] Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass davon 67 Textstellen diskriminierenden Inhalt haben; 16 enthielten Aussagen, die in den Niederlanden heute strafbar seien.[58][59] Die Kommission urteilt insgesamt:

„Das anthroposophische Menschenbild Rudolf Steiners steht auf der Grundlage der Gleichwertigkeit aller menschlichen Individualitäten und nicht auf einer vermeintlichen Überlegenheit der einen Rasse gegenüber einer anderen.“

Es befänden sich zwar eine Reihe sehr problematischer Äußerungen in Steiners Werk, die allerdings für die Anthroposophie nicht konstitutiv seien. Den Vorwurf des Antisemitismus wies die Kommission zurück. Sie erklärte, dass sich Steiner stets gegen Antisemitismus eingesetzt, wenngleich er dessen Verbreitung anfangs schwer unterschätzt und erst um 1900 sein Urteil revidiert habe. Anfang des Jahrhunderts war Steiner Mitglied im Verein zur Bekämpfung des Antisemitismus. Steiner bezog in den Mitteilungen des Vereins, unter anderem in einer Artikelserie unter dem Titel Verschämter Antisemitismus wiederholt Stellung. Den Antisemitismus bezeichnete er als „Gefahr sowohl für Juden als für Nichtjuden“ und als „Kulturkrankheit“, die aus einer Gesinnung hervorging, „gegen die nicht deutlich genug Stellung bezogen werden kann“.[56] Insgesamt herrschen über die Tragweite der entsprechenden Textstellen geteilte Ansichten: Während Einige darin dennoch den Beweis einer antisemitischen Gesinnung Steiners sehen, argumentieren Andere, dass allein die quantitative Auflistung (< 1 Promille) zeige, dass die Äußerungen nicht zentral für Steiners Werk gewesen sein könnten, zudem habe er sich in seinem Werk an anderen Textstellen deutlich gegen antisemitische Gesinnungen ausgesprochen.

Schon lange vor der Machtergreifung bekämpften nationalsozialistische Ideologen, darunter Adolf Hitler selbst[60], die anthroposophische Weltanschauung als gegen NS rassistisch-nationalistische Prinzipien anstoßend:[61] Anthroposophie betrachte „Blut, Rasse und Volk” als primitive Instinkte, die es zu überwinden gelte.[62][63] Andererseits deuteten Neomarxisten wie Ernst Bloch Steiners Weltanschauung schon 1935 als Anzeichen für das „Vordringen“ eines „unmittelbar faschistischen Dunkelsinns“[64], also eines vernunftfeindlichen und daher anti-aufklärerischen Okkultismus. Bloch hebt in diesem Zusammenhang die Steinersche Rassenlehre hervor.[65] Später wurde ein expliziter Rassismusvorwurf erhoben.

Laut Jana Husmann-Kastein ist Steiners Rassebegriff doppeldeutig:

„Erstens versteht Steiner ‚Rasse‘ als eine der heutigen Menschheit übergeordnete Kategorie, ‚Rasse‘ erscheint hier als Bezeichnung für verschiedene Zeitalter und ‚Menschheitsstadien‘. Dafür steht das sogenannte ‚Wurzelrassensystem‘, das Steiner weitgehend von der Theosophin und Okkultistin Helena P. Blavatsky übernimmt. [...] Neben dem, der heutigen Menschheit übergeordneten Evolutionsmodell der ‚Wurzelrassen‘ versteht Steiner ‚Rasse‘ zweitens jedoch zugleich als eine Strukturkategorie der gegenwärtigen Menschheit.“

Mit Blick auf „Rasse“ als Strukturkategorie der gegenwärtigen Menschheit gehe Steiner dabei vom zukünftigen Verschwinden der angeblichen „Vererbungs- und Blutzusammenhänge“ aus. Aus dieser Hypothese ergebe sich aber zugleich die Aktualität des Rassebegriffs für die Gegenwart:

„Diese perspektivische Vergänglichkeit von ‚Rasse‘ bezieht sich auf eine Entwicklung in einigen tausend Jahren, in der der Mensch in andere Formen physischer und seelischer Verfasstheit im Prozess der Vergeistigung übergehe. In Steiners These der zukünftigen Auflösung von heutigen ‚Rassen‘ liegt so zugleich die These ihrer Bedeutsamkeit bis dahin begründet. Insgesamt korrespondieren Steiners Rassenkonstruktionen zur gegenwärtigen Menschheit mit seinem übergeordneten Entwicklungsmodell der Wurzelrassen, d.h. die Grundstruktur seines Evolutionsmodells, die mit der neognostischen Vorstellung einer Materialisierung bzw. Verstofflichung des Geistes hin zu einer erneuten Vergeistigung verbunden ist, wird auf sein Entwicklungsschema der heutigen ‚Rassen‘ angewandt. Konkret meint das: Außereuropäer werden durch die dunkle Materie, durch ‚Verhärtung‘, ‚Verknöcherung‘ und den Begriff der Degeneration gekennzeichnet, die als weiß beschriebenen Europäer stehen für geistige Potenz und die Entwicklung hin zu einer zukünftigen lichten Vergeistigung. In diesem Sinne lässt sich auch Steiners viel zitierte Aussage verstehen: ‚Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.‘“[66]

Mit Guido von List (hier 1913, Aufnahme: Conrad H. Schiffer), einem Rassenmystiker mit Wirkung auf den Nationalsozialismus, war Steiner persönlich bekannt, wahrte aber kritische Distanz

Neben der Übernahme der Wurzelrassenhypothese beschäftigte sich Steiner, wenn auch überwiegend distanziert kritisch, mit „Rassenmystikern“ wie Guido von List[67] und Lanz von Liebenfels, die er persönlich kannte. Eine zentrale Annahme in der Theosophie ist, die menschlichen Rassen seien Stufen einer Entwicklung von niederen zu immer höheren Stadien. Dieses Ideengebäude wurde später von der Ariosophie aufgegriffen, einer Denkrichtung, die mit spekulativen Herleitungen eine Überlegenheit von Rassen germanischer Abstammung gegenüber allen anderen Völkern zu beweisen suchte und laut der die „arische Heldenrasse“ die höchste Stufe zur Vollkommenheit darstelle.[68] Der Begriff „arische Wurzelrasse“ kommt in den 300 Bänden der Gesamtausgabe mit 89.000 Seiten an gerade zehn Stellen vor. Auch hatte sich Steiner bereits 1909 wieder von dem Rassenbegriff der Theosophie distanziert:

„Es ist ja durchaus begreiflich, dass eine jede Bewegung sozusagen ihre Kinderkrankheiten hat und dass man im Anfang der theosophischen Bewegung die Sache so dargestellt hat, als wenn sozusagen die Erde in sieben Zeiträume zerfiele – man nannte das Hauptrassen – und jede der Hauptrassen in sieben Unterrassen; und dass das alles sich so stetig wiederholen würde, so dass man immer von sieben Rassen sprechen könnte und sieben Unterrassen. Aber man muß über die Kinderkrankheiten hinauskommen und sich klar sein darüber, daß der Rassenbegriff aufhört eine jegliche Bedeutung zu haben gerade in unserer Zeit.“[69]

Aufgrund der rassentheoretischen Passagen in seinem Werk wird Steiner teilweise der Völkischen Bewegung zugerechnet. So schreibt etwa der Historiker Helmut Zander, Steiner habe eine Reihe seiner Begriffe dem völkischen Diskurs entnommen:

„Ein Unterschied Steiners zu Blavatsky und der englischsprachigen Theosophie besteht [...] in der Finalisierung der Rassen- und Völkergeschichte, die der deutschnational großgewordene Steiner in die ‚weiße Rasse‘, näherhin ins ‚Deutschtum‘ (GA 64, 36) verlegt. Zu einem entscheidenden Terminus wird dabei der Begriff des Volkes, die nächstkleinere Kategorie unterhalb der Rasse, dem eine Schlüsselposition zuwächst [...]: ‚Volksgeister‘ (GA 121, 24), ‚Volksgemüt‘, ‚Volksmerkmale‘ (GA 121, 75), ‚Volksseelencharakter‘, ‚Volksseelenwesen‘, ‚Volkstum‘ (GA 121, 85), ‚Völkerindividualität‘ (GA 121, 30), oder ‚Gruppen-Volks-Ich‘ (GA 103, 58) sind nur eine Auswahl aus Steiners ‚völkischem‘ Vokabular, das teilweise aus dem völkischen Diskurs entnommen ist, teilweise aber wohl auch auf Neubildungen Steiners zurückgeht (z.B. ‚Völkerindividualität‘). […] Zu den möglicherweise typisch deutschen Elementen von Steiners völkischen Ansichten gehört auch seine Integration der ‚germanisch-nordischen Mythologie‘ (GA 121). Dabei handelt es sich – um ein kurzes Beispiel zu geben – um die synkretistische Amalgamierung von Topoi der germanischen Literaturen innerhalb seines synkretistischen Evolutionsmodells: So werden mit der Begründung, die nordische Mythologie vermittle das ‚klarste Bild der Weltenevolution‘ (GA 121, 136), Baldur und Loki zu Repräsentanten von Fortschritt und Vergangenheit. In ähnlicher Manier integriert Steiner weitere, im völkischem Milieu beliebte Figuren aus der germanischen Mythologie.“

Zwar relativiert Zander die Zugehörigkeit zum völkischen Diskurs selbst wieder, sieht bei Steiner aber eine unaufgelöste Ambivalenz:

„Allerdings finden sich bei näherem Hinsehen auch vermittelnde, teilweise sogar gegenläufige Töne. Steiners Vorstellungen etwa von der Entwicklung des Individuums und vor allem von dessen Reinkarnationsgeschichte marginalisieren gesellschaftliche und biologische Faktoren massiv, weil sie mit jeder Inkarnation neu zusammengestellt werden. [...] Allerdings wäre es auch nicht schwierig, zu all diesen moderierenden Äußerungen wieder Gegenbelege zu finden, etwa diejenigen aus dem Umfeld einer vulgärmaterialistischen Blutmythologie: ‚Wir verstehen die Rassenfrage aber nur, wenn wir das geheimnisvolle Wirken des Blutes und der Blutmischung unter den Völkern verstehen.‘ (GA 55, 42) Steiners Lehre ist letztlich von einer nicht systematisierten oder hermeneutisch integrierten Ambivalenz gekennzeichnet, in der Unvereinbares und Widersprechendes stehengeblieben ist. Es hängt dabei von den Interessen der Leser ab, ob die Anthroposophie rassistisch interpretiert wird oder nicht. Die Rezeptionsgeschichte bietet Belege für beides.“

Der Historiker resümiert: „Neben und in den humanistischen Vorstellungen unter Anthroposophen findet sich weiterhin die völkische Tradition.”[70]

Anthroposophische Christologie

Neben der Lehre von Reinkarnation und Karma ist die anthroposophische Christologie Gegenstand der konfessionellen Kritik. Sie wird von den großen Kirchen als nicht mit der Botschaft des Neuen Testaments vereinbar angesehen und mit der antiken Gnosis, die ebenfalls als häretisch eingestuft wurde, verglichen[71]. Oft wird in diesem Zusammenhang schon die Mitgliedschaft in der Anthroposophischen Gesellschaft als nicht mit dem Christsein vereinbar bezeichnet. Auch von anderen Seiten werden die religiösen Bestandteile der Anthroposophie oft kritisiert, so z. B. die vielfach als eklektisch interpretierte Verknüpfung von Christentum und Reinkarnationslehre oder die Verknüpfung des Anspruchs der Wissenschaftlichkeit mit religiösen Elementen.

Literatur

  • Rudolf Steiner: Einführung in die Anthroposophie. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, ISBN 3-7274-6560-3
  • Rudolf Steiner: Einführung in die Geisteswissenschaft. Archiati, München 2004, ISBN 3-937078-25-8
Allgemein
  • Jan Badewien: Die Anthroposophie Rudolf Steiners. Evangelischer Presseverband für Bayern, München 1994, ISBN 3-583-50662-6
  • Heiner Barz: Anthroposophie im Spiegel von Wissenschaftstheorie und Lebensweltforschung. Zwischen lebendigem Goetheanismus und latenter Militanz. Deutscher Studien-Verlag, Weinheim 1994, ISBN 3-89271-458-4
  • Kurt E. Becker: Anthroposophie – Revolution von innen. Leitlinien im Denken Rudolf Steiners. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-23336-4
  • Jens Heisterkamp: Was ist Anthroposophie? Eine Einladung zur Entdeckung des Menschen. Verlag am Goetheanum, Dornach 2000, ISBN 3-7235-1089-2
  • Thomas Marti: Anthroposophie – heute noch modern? Ideen – praktische Arbeitsfelder – Perspektiven. Eine kritische Würdigung. Lit, Münster 2008, ISBN 978-3-8258-0724-5
  • Karen Arajewitsch Swassjan: Was ist Anthroposophie? Verlag am Goetheanum, Dornach 2001, ISBN 3-7235-1115-5 (Auszug im Internet)
  • Gerhard Wehr: Anthroposophie. Diederichs, Kreuzlingen 2004, ISBN 3-7205-2529-5
Spezialthemen
  • Andreas Binder: Wie christlich ist die Anthroposophie? Standortbestimmungen aus der Sicht eines evangelischen Theologen. Urachhaus, Stuttgart 1989, ISBN 3-87838-611-7
  • Reinhold Johann Fäth: Rudolf Steiner Design. Spiritueller Funktionalismus Kunst. Diss. Konstanz 2004 (Elektronische Dissertation)
  • Stefan Okruch: Wirtschaft und Anthroposophie. Darstellung und Kritik des Konzepts Rudolf Steiners. PCO, Bayreuth 1993, ISBN 3-925710-50-7
  • Lorenzo Ravagli: Unter Hammer und Hakenkreuz. Der völkisch-nationalsozialistische Kampf gegen die Anthroposophie. Freies Geistesleben, Stuttgart 2004, ISBN 3-7725-1915-6
  • Arfst Wagner: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, Teil I und II. In: Flensburger Hefte Nr. 32: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, Flensburg 1991 und Flensburger Hefte Sonderheft 8: Anthroposophen in der Zeit des deutschen Faschismus, Flensburg 1991
  • Uwe Werner: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945). Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56362-9 (Google Books)
  • Helmut Zander: Anthroposophische Rassentheorie. Der Geist auf dem Weg durch die Geschichte. In: Völkische Religion und Krisen der Moderne. Entwürfe „arteigener“ Glaubenssysteme seit der Jahrhundertwende, S. 292–341. Königshausen & Neumann, Würzburg 2001, ISBN 3-8260-2160-6.
  • Ders.: Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945. 2 Bände. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-55452-4

Weblinks

Allgemein
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Anthroposophie in der Diskussion

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Dilthey war für eine klare Abgrenzung von Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft eingetreten. Naturwissenschaftliche Forschung konnte für ihn schon aufgrund ihrer Methodik und Zielsetzung keine Erklärung für das Verständnis des Geistes liefern. Die gesellschaftlichen und schöpferischen Leistungen des Menschen betrachtete er daher als Ausdruck innerer Vorgänge des „Seelenlebens“. Nur durch „Hineinversetzen“ in die Ganzheit seelischen Lebens ließen sich diese Vorgänge erfassen. Steiner betrachtete Dilthey als eine Art Vorläufer der Anthroposophie. So schrieb er 1918 in Von Seelenrätseln: „Würde dies mehr berücksichtigt, so würde man erkennen, dass die Anthroposophie nicht nur die eine Seite hat, welche man gewöhnlich als eine mystische bezeichnet, sondern auch die andere, durch die sie nicht zu einer weniger wissenschaftlichen Forschung führt als die Naturwissenschaft, sondern zu einer mehr wissenschaftlichen, die eine feinere, methodischere Ausarbeitung des Vorstellenslebens nötig macht als selbst die gewöhnliche Philosophie. Ich glaube, dass Wilhelm Dilthey mit seinen philosophischen Forschungen auf dem Wege war zu derjenigen Sinnes-Lehre, die ich hier skizziert habe, dass er aber nicht zu einem Ziele kommen konnte, weil er nicht durchdrang bis zu einer völligen Ausarbeitung der in Frage kommenden Vorstellungen. Vergleiche auch, was ich darüber im zweiten Bande meiner «Rätsel der Philosophie» gesagt habe, 7. Auflage, Seiten 567–572.)“, Rudolf Steiner, Von Seelenrätseln, 1918 (Internet). In den 1914 erschienenen „Rätseln der Philosophie“, die eine erweiterte Fassung der 1900 und 1901 erschienenen Bände von „Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert“ waren, hatte sich Steiner vor allem auf die Auffassung Diltheys bezogen, es gebe eine „selbständige Geisteswelt, in welchen die Menschenseele eingebettet ist“ (Rudolf Steiner, Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert, Band 1, 1900; Band 2, 1901; überarbeitet und erweitert 1914 unter dem Titel Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt (Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie (GA 18))). Den Begriff „Geisteswissenschaft“ verwendete Steiner auch in seiner anthroposophischen Phase weiter, s. etwa Rudolf Steiner: Geisteswissenschaft als Erkenntnis der Grundimpulse sozialer Gestaltung, GA 199, Dornach 1967, Vortrag vom 10. September 1920, Seite 247
  2. Philosophie der Freiheit, 1894
  3. zum Einfluss auch auf Künstler, die keine expliziten Anhänger waren, siehe Reinhold Johann Fäth, Rudolf Steiner Design – Spiritueller Funktionalismus Kunst, Diss. Uni-Konstanz (2004) (als PDF)
  4. Gerhard Wehr, Rudolf Steiner (2005), S. 23
  5. Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland – Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945, Göttingen 2007, S. 114–135; Norbert Klatt: Theosophie und Anthroposophie – Neue Aspekte zu ihrer Geschichte, Göttingen 1993, S. 75
  6. Erst 1897 hatte er in einer Zeitschrift geschrieben, man höre von den angeblich erleuchteten Theosophen „nichts als Redensarten, die den morgenländischen Schriften entlehnt sind, ohne eine Spur von Inhalt. Die inneren Erlebnisse sind nichts als Heuchelei“. Zitiert nach Christoph Lindenberg, Rudolf Steiner, 1992, S. 70.
  7. So wörtlich in einem Brief an den Stirner-Biographen John Henry Mackay vom 5. Dezember 1893, in: GA 39, S. 193
  8. Steiner, Mein Lebensgang, 1925, Kap. XXII, XXVI und XXVII.
  9. Gerhard Wehr, Rudolf Steiner, 1993, S. 137f
  10. Georg Otto Schmid, Anthroposophie, Evangelische Informationsstelle relinfo.ch, 1999
  11. Wolfgang G. Vögele, Der andere Rudolf Steiner, 2005
  12. Zahlen nach Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner – eine Chronik (1988), S. 211 und 329f
  13. Welche Bedeutung der „Krishnamurti-Affäre“ tatsächlich zukam, ist umstritten. Während die meisten Autoren – so etwa Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner, 1992, S. 92–96 – in den dieser Affäre zugrundeliegenden inhaltlichen Differenzen den entscheidenden Grund für die Trennung sehen, argumentiert Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland, 2007, S. 158–170, es habe sich im Grunde um einen Machtkampf zwischen Steiner und Besant gehandelt, der bereits vor Besants Wahl zur Präsidentin 1907 begonnen habe, und Steiner habe die Krishnamurti-Frage „zu einer bruchfähigen Differenz ausgebaut“ (S.167).
  14. Bodo von Plato: Zur Entwicklung der Anthroposophischen Gesellschaft. Ein historischer Überblick, 1986
  15. Preußische Geheime Staatspolizei Berlin, 1. November 1935, StAM LR 17 134354, BAD Z/B 1 904, BAK R 43 II/822, zitiert nach Walter Kugler, Feindbild Steiner, 2001, S. 11f.
  16. Zitiert nach Walter Kugler, Feindbild Steiner, 2001, S. ?
  17. So berichtete Hans Büchenbacher, ein Anthroposoph jüdischer Abstammung, er habe die teilweise bereitwillige „Bereinigung“ des Konfliktes um jüdische Mitglieder mit großer Bitterkeit erlebt. Büchenbacher emigrierte 1935 in die Schweiz. Siehe Helmut Zander, Anthroposophie und Nationalsozialismus, Neue Zürcher Zeitung vom 22. Juli 1999 (Internet) sowie Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit. Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999 (Internet)
  18. Aus: Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. Band I. Hg.: Arfst Wagner, 1991
  19. Zitiert bei Gerhard Wehr, Friedrich Rittelmeyer, Stuttgart 1998, S. 221. Nach Anthroposophisches Rassedenken und antisemitische Denkstereotypen: berühmte 'Einzelfälle'? Aktion Kinder des Holocaust
  20. Helmut Zander, Anthroposophie und Nationalsozialismus, in: Neue Zürcher Zeitung vom 22. Juli 1999 (Internet)
  21. Helmut Zander: „Anthroposophie in Deutschland“, Band 1, Seite 209). Vandenhoeck & Ruprecht, 2007. (Vorschau auf Google Books)
  22. Im Einzeln schreibt er: „Da die Anthroposophie ihre Anhänger tief in die national-sozialistischen Kreise geschoben hatte, so war sie besonders gefährlich. In welchem Umfange dies der Fall war, wurde mir erst nach der Machtübernahme voll bewusst.“ Erich Ludendorff: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung. Band III. Meine Lebenserinnerungen von 1933 bis 1937, 1955. S. 67 ff. Zitiert nach: Arfst Wagner: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus. Teil II. In: Flensburger Hefte. Sonderheft 8: Anthroposophen in der Zeit des deutschen Faschismus – Zur Verschwörungsthese, 1991, S. 50–94, hier S. 53–55
  23. Zitiert nach Walter Kugler, Feindbild Steiner, 2001, S. 29f
  24. Prof. Dr. Wolfgang Jacobeit: Ganzheitlich orientierte Produktionsweisen in der NS-Zeit. Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in den landwirtschaftlichen Versuchsgütern der SS 1939–1945, in: Nachhaltigkeit. „Alternative“ Landwirtschaft als kulturökologisches Phänomen, Berliner Blätter. Ethnographische und ethnologische Beiträge Nr. 16, 1998
  25. Aus Band III der Briefe und Dokumente zur Geschichte der Anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. Herausgegeben von Arfst Wagner, 1992. Abbildung Waldorfcritics.org
  26. a b c Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit. Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999 (Internet)
  27. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945), München 1999, S. 137
  28. In ihren Erinnerungen hatte sie geschrieben: „Beim Zusammensein mit Hess und Leitgen im Hotel Vier Jahreszeiten in München stellte er [= Hans Erdmenger] die Frage: ‚Was ist eigentlich die Aufgabe des Amtes Hess?‘ Herr Leitgen antwortete: ‚Wenn Sie es für sich behalten, will ich es Ihnen sagen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, alle Geistesrichtungen in Deutschland zu schützen, die noch aufbauend im Geistesleben wirken können und die von anderen Stellen des Nationalsozialismus ausradiert würden‘“. Klein, Erinnerungen, 1978, S. 126. Zitiert nach Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit. Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999 (Internet). Die Frau von Rudolf Heß teilte rückblickend mit: „Mein Mann hat durch die Verbindung mit Frau Dr. Klein s. Zt. seine schützende Hand über die Waldorf-Schulen gehalten mit dem Hinweis, dass er dafür sei, diesen pädagogischen Versuch arbeiten zu lassen.“, Brief Ilse Heß an Reinhard G., 21. Juli 1984, zitiert nach Arfst Wagner, Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft und Bewegung in der Zeit des Nationalsozialismus, 1993
  29. Brief Ilse Hess an Reinhard G., 14. Mai 1984, zitiert nach Arfst Wagner, Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft und Bewegung in der Zeit des Nationalsozialismus, 1993.
  30. Corinna Treitel: A Science for the Soul – Occultism and the Genesis of the German Modern, Johns Hopkins University Press, Baltimore und London 2004, S. 213f
  31. „Einige Nazis sind jetzt sogar der wahnwitzigen Meinung, Hess sei von den Anthroposophen, ja von „Dornach“ okkult beeinflusst und zum Flug nach England bewegt worden (S. 303ff).“ Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit. Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999 (Internet)
  32. Bund der Freien Waldorfschulen: Weltliste der Waldorf- und Rudolf-Steiner-Schulen. Stand: November 2010.
  33. Gerhard Wehr, Philosophie – auf der Suche nach der Wahrheit, 1990, S. 127
  34. Rudolf Steiner, Theosophie, 1904, Kapitel Das Wesen des Menschen, Zitate nach der Taschenbuchausgabe, 1962, S. 22
  35. Cees Leijenhorst: Anthroposophy, in: Dictionary of Gnosis and Western Esotericism, Ed. Wouter J. Hanegraaff, Brill, Leiden/Boston 2005, S. 82–89, hier S. 82f
  36. a b c Leijenhorst, S. 83
  37. Rudolf Steiner, Die Geheimwissenschaft im Umriss, 1910, Kap. Schlaf und Tod
  38. siehe dort den 6. Anhang
  39. Eine elementare Einführung gibt z.B. Gerhard Wehr, Anthroposophie, S. 29–31
  40. a b Carlo Willmann, Waldorfpädagogik: Theologische und religionspädagogische Befunde, Böhlau 2001. S. 28f
  41. Zusammenfassende Darstellung bei Helmut Zander, Geschichte der Seelenwanderung in Europa, 1999, S. 490–494
  42. Leijenhorst, S. 87
  43. Zander, S. 490
  44. Leijenhorst, S. 84
  45. Leijenhorst, S. 84f
  46. a b Leijenhorst, S. 85
  47. Gerhard Wehr, Gnosis, Gral und Rosenkreuz, 2007, S. 387f
  48. Siehe z.B. Wehr 2004, S. 39–42; von Steiner selbst vor allem die Aufsatzserie Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (1904/05)
  49. Etwa von Jakob Wilhelm Hauer: Wesen und Werden der Anthroposophie – eine Wertung und eine Kritik, Stuttgart 1922
  50. Zander 2007, S. 601–607
  51. Jan Badewien, Faszination Akasha-Chronik. Eine kritische Einführung in die Geisteswelt der Anthroposophie, Vortragsmanuskript. Tagung: Anthroposophie – kritische Reflexionen. Veranstaltet vom Kulturwissenschaftlichen Seminar, in Kooperation mit dem Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“, Humboldt-Universität zu Berlin, 21. Juli 2006.
  52. Ist die Anthroposophie eine Wissenschaft?
  53. Jan Badewien, Faszination Akasha-Chronik. Eine kritische Einführung in die Geisteswelt der Anthroposophie, Vortragsmanuskript. Tagung: Anthroposophie – kritische Reflexionen. Veranstaltet vom Kulturwissenschaftlichen Seminar, in Kooperation mit dem Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“, Humboldt-Universität zu Berlin, 21. Juli 2006, S. 4f.
  54. Nicholas Goodrick-Clarke: The Occult Roots of National Socialism, 1982; deutsch: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, Graz 1997; Eduard Gugenberger, Roman Schweidlenka: Mutter Erde – Magie und Politik zwischen Faschismus und Politik, Wien 1987, insbesondere S. 138–142
  55. „Grundlage des anthroposophischen Weltbildes ist die ‚Wurzelrassenlehre‘, wie sie rassistischer und menschenverachtender kaum sein kann.“ Ditfurth, Feuer in die Herzen, 1. Aufl. 1992, S. 219
  56. a b Detlef Hardorp: Steiner und das Judentum, taz.de vom 13. Mai 2000, abgerufen am 18. Juli 2009
  57. Petrus van der Let: Bedenkliche Ansichten Rudolf Steiners über Rassen. In: TANGRAM – Bulletin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Nr. 6. März 1999, S. 50–52;(online)
  58. Christoph Lindenberg: Zu der Tendenz und Technik der Ausführungen von Petrus van der Let: TANGRAM – Bulletin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Nr. 6. März 1999, S. 53–56 (online).
  59. Petrus van der Let: Bedenkliche Ansichten Rudolf Steiners über Rassen, in: TANGRAM – Bulletin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Nr. 6 März 1999, S. 50–52
  60. Völkische Beobachter, March 15, 1921
  61. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, München(1999), S. 7.
  62. Jakob Wilhelm Hauer, 7. Februar 1935. BAD R 4901-3285.
  63. SD-Hauptamtes Berlin: „Anthroposophie”, Mai 1936, BAD Z/B I 904.
  64. Ernst Bloch, Erbschaft dieser Zeit, Frankfurt 1956, S. 188, Erstausgabe Zürich 1935
  65. Ernst Bloch, Erbschaft dieser Zeit, Frankfurt 1956, S. 192, Erstausgabe Zürich 1935
  66. Jana Husmann-Kastein, Schwarz-Weiß-Konstruktionen im Rassebild Rudolf Steiners, Vortragsmanuskript. Tagung: Anthroposophie – kritische Reflexionen, Humboldt-Universität zu Berlin, 21. Juli 2006 (PDF), S. 8ff.
  67. In Von Seelenrätseln (1917) wehrte sich Steiner explizit dagegen mit der „absonderlichen Rassenmystik Guido Lists“ in Verbindung gebracht zu werden. In einem Vortrag (in Menschliche und menschheitliche Entwicklungswahrheiten, 1917) distanzierte er sich von List: „Ich habe zu Guido von List keine andere Beziehung, als dass ich einstmals von ihm, den ich gekannt habe, als er noch ein verständiger Mensch war und seinen Roman ‚Carnuntum‘ geschrieben hatte, in dem Anfang der achtziger Jahre, eine Abhandlung bekommen habe, in der Zeit, als ich noch die ‚Luzifer-Gnosis‘ herausgab; da habe ich sie zurückgeschickt als dilettantisch und unbrauchbar. Das ist die einzige Beziehung, die ich zu Guido von List habe.“ Rudolf Steiner über Guido von List, bei Anthroposophy.com
  68. Der Historiker Eduard Gugenberger wird in einem Dokumentarfilm des ORF über die okkulten Wurzeln des Rassismus mit den Worten zitiert: „Die Wurzelrassenlehre der Theosophie ist ein rassistisches Denkgebäude, das der Menschheit aufzeigt, wie sie sich in Rassen, von niederen zu immer höheren Stadien entwickelt hat, mit der arischen Rasse als höchster Entwicklungsstufe, wobei die niederen Rassen dazu verdammt sind, nach und nach abzusterben, zum Wohle eben der höheren Rasse. Dieses Ideengebäude wurde später von der Ariosophie, von Lanz Liebenfels und Guido von List, aufgegriffen und sehr stark auf das Germanentum, auf die Ariergläubigkeit der Zeit umgemünzt.“ Zitiert nach Petrus van der Let: Bedenkliche Ansichten Rudolf Steiners über Rassen, in: Tangram Nr. 6 (Bulletin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR, Bern), vorgehalten auf: akdh.net
  69. Rudolf Steiner, Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (GA 117), 4. Dezember 1909, S. 151f. Siehe dazu auch die Zitatensammlung von Lorenzo Ravagli: Rudolf Steiner und die Überwindung des Rassismus, 7/2004, Anthroposophy.com. Zum Streit in der Sache auch: Rudolf Steiner und der Rassismus: Arier, Atlantis und Akasha, Süddeutsche Zeitung vom 25. Juli 2006 und: Vom theosophischen Vokabular früh distanziert (Leserbrief), Süddeutsche Zeitung vom 2. August 2006
  70. Helmut Zander, Sozialdarwinistische Rassentheorien aus dem okkulten Untergrund des Kaiserreichs, in: Handbuch zur „Völkischen Bewegung“ 1871–1918. Hg. v. Uwe Puschner, Walter Schmitz und Justus H. Ulbricht, München 1996 (vorgehalten bei akdh.ch); siehe auch: Helmut Zander, Anthroposophische Rassentheorie. Der Weltgeist auf dem Weg durch die Rassengeschichte, in: Schnurbein / Ulbricht (Hgg.), Völkische Religion und Krisen der Moderne. Entwürfe „arteigener“ Glaubenssysteme seit der Jahrhundertwende, Würzburg 2001, S. 292–341. Zur Auseinandersetzung mit Zanders Thesen siehe auch Ralf Sonnenberg, Judentum, Zionismus und Antisemitismus aus der Sicht Rudolf Steiners, hagalil.com 07–07–2004 (Internet). Der Anthroposoph Lorenzo Ravagli untersuchte im Gegenzug die Kritik völkischer Gruppen an der Anthroposophie in Unter Hammer und Hakenkreuz. Der völkisch-nationalsozialistische Kampf gegen die Anthroposophie, 2004 (vgl. dazu auch die Rezension Zanders bei H-Soz-u-Kult).
  71. Richard Geisen, Anthroposophie und Gnostizismus. Darstellung, Vergleich und theologische Kritik, Schöningh 1992, ISBN 978-3-506-76272-6

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