Lombardische Sprache

Lombardische Sprache
Lombardisch
Sprecher 3.5 Mio.[1]
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-1:

-

ISO 639-2:

roa (sonstige Romanische Sprachen)

ISO 639-3:

lmo

Der Begriff Lombardisch (lombardisch: lumbaart) bezieht sich auf eine Gruppe von verwandten Sprachvarietäten im Italienischen, die im Tessin, in Graubünden, in den Piemontesischen Provinzen Verbania und Novara, im Trentino und in der Lombardei gesprochen werden. Es wird von Ethnologue und dem Roten Buch über gefährdete Sprachen der UNESCO als eigene Sprache klassifiziert. Aufgrund der spätestens seit den 1970er Jahren einsetzenden Tendenz, die Schriftsprache auch als Umgangssprache zu verwenden, ist das Lombardische seither stark im Rückgang begriffen und als gefährdete Sprache einzustufen.

Die lombardischen Varietäten lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: Westlombardisch (in Mailand, Varese, Como, Novara, Verbania, und Lecco sowie im Schweizer Kanton Tessin und Graubünden) und Ostlombardisch (in Bergamo, Brescia und Crema, Trentino). Die westlombardischen Varietäten des Veltlins und Graubündens stehen den angrenzenden rätoromanischen Varianten nahe.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Im Gegensatz zu den meisten anderen romanischen Sprachen gibt es in vielen lombardischen Dialekten phonematische Vokalquantität, zum Beispiel pas [paːs] 'Frieden' vs. pass [pas] 'Schritt', ciapaa [ʧaˈpaː] 'genommen m.' vs. ciapà [ʧaˈpa] 'nehmen'. Eine weitere untypische Eigenschaft ist die beträchtliche Verwendung von idiomatischen Phrasalverben (Verb-Partizip-Konstruktionen), zum Beispiel trà 'ziehen', trà via 'verschwenden, wegwerfen', trà sü 'sich übergeben', trà fö(ra) 'wegnehmen'; maià 'essen', maià fö(ra) 'verschwenden'.

Noch eine weitere untypische Eigenschaft des Lombardischen ist die post-verbale Negation, welche in den anderen romanischen Sprachen unbekannt ist, zum Beispiel A vöri minga (Ich will nicht) im Gegensatz zum Italienischen Io non voglio (Ich nicht will), Vör el minga trincà? (Will er nicht trinken?) im Gegensatz zum Italienischen Egli non vuole bere? (Er nicht will trinken?).

Verwendung

Verbreitungsgebiet des Lombardischen

In der Schweiz

In der Schweiz werden die lokalen lombardischen Varietäten im Allgemeinen besser erhalten und sind lebendiger. Es werden keine negativen Gefühle mit dem Gebrauch des Lombardischen im Alltag assoziiert, auch dann nicht, wenn mit vollkommen Fremden gesprochen wird. Einige Radio- und Fernsehprogramme, besonders Komödien, werden gelegentlich von RTSI auf Lombardisch gesendet. Außerdem ist es nicht unüblich für Leute, auf Lombardisch auf spontane Fragen zu antworten. Es gibt sogar Fernsehwerbung auf Lombardisch. Die wichtigste Forschungsinstitution, die sich mit lombardischen Dialekten beschäftigt, ist das CDE – Centro di dialettologia e di etnografia in Bellinzona, das vom Kanton Tessin betrieben wird. Seit 1952 erarbeitet es das vielbändige Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana (VSI), und im Dezember 2004 veröffentlichte das CDE als dessen Kurzfassung das Lessico dialettale della Svizzera italiana (LSI), ein fünfbändiges Wörterbuch für alle lombardischen Varietäten, die in der Schweiz gesprochen werden.

Gesetzlich ist das Lombardische in der Schweiz nicht als Sprache anerkannt, die entsprechenden Gegenden gelten als italienischsprachig. Das Lombardische wird als italienischer Dialekt betrachtet und analog zu den Deutschschweizer Dialekten behandelt.

Siehe auch: Schweizer Italienisch

In Italien

In Italien wird das Lombardische heutzutage aus historischen und sozialen Gründen eher selten verwendet. Eine von der italienischen Standardsprache abweichende Varietät zu sprechen, gilt als Ausdruck schlechter Bildung oder niederer sozialer Herkunft. Italienische Politiker rieten von der Verwendung des Lombardischen ab, da der Dialekt als hinderlich für die Entstehung einer nationalen Identität betrachtet wurde. Heutzutage gebrauchen in der italienischen Lombardei Menschen unter vierzig Jahren fast ausschließlich die italienische Standardsprache im Alltag, da der Schulunterricht und die Medien vom Italienischen geprägt sind. Lombardischsprecher werden mit einem Fremden fast immer italienisch sprechen. Die Beliebtheit moderner Sänger, die in einer lombardischen Varietät singen, ist ein relativ neues Phänomen in der Schweiz und Italien.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1]

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