Louis Bonaparte

Louis Bonaparte
Louis Bonaparte, König von Holland (Porträt von Charles Howard Hodges)

Louis Napoléon Bonaparte (* 2. September 1778 in Ajaccio, Korsika; † 25. Juli 1846 in Livorno) war einer von vier Brüdern des Kaisers Napoleon I. von Frankreich. Von 1806 bis 1810 war er als „Lodewijk Napoleon“ Regent des von seinem Bruder geschaffenen Königreichs Holland.

Während seiner kurzen Regierungszeit bemühte Louis sich, sich bei den Holländern beliebt zu machen. Er reformierte das holländische Recht und gab dem Land eine neue Verfassung. Er legte den Grundstock zum Rijksmuseum und verbesserte die Armen- und Medizinfürsorge. Vor allem aber zögerte er die Einführung der Kontinentalsperre hinaus; der Handelsboykott gegen Großbritannien schadete massiv den Wirtschaftsinteressen Hollands. Louis, der nach wie vor französischer Staatsbürger, „kaiserlicher Prinz“ und „Connétable de France“ blieb, war in den Augen einiger Historiker allerdings nichts weiter als ein „gekrönter Präfekt“, wie es auch seine Frau Hortense beschrieb. Im Februar 1810 musste Koning Lodewijk, wie er sich nannte, einen Vertrag unterzeichnen, in dem er alle Gebiete südlich des Rheins an Frankreich abtrat. Louis und die Holländer wehrten sich vergeblich. Französische Truppen marschierten in das Königreich Holland ein, Louis trat zurück und begab sich ins Exil nach Österreich. Holland wurde von Frankreich annektiert.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühe Jahre

Louis Napoléon Bonaparte kam als fünftes Kind seiner Eltern zur Welt. Die Familie seines Vaters Carlo di Buonaparte war zum Zeitpunkt seiner Geburt auf dem Höhepunkt ihres Ansehens auf der Mittelmeerinsel Korsika angelangt. Auf den lateinischen Namen Ludovicus (Louis/Ludwig) getauft, rief ihn die Familie aber überwiegend Luigi, insbesondere für seine Mutter Letizia di Buonaparte blieb er zeitlebens der „kleine Luigi“.

Politische Gegner seines Vaters lancierten das Gerücht, Louis sei kein leibliches Kind, vielmehr sollte seine Abstammung auf eine Liaison Letizias mit dem Militärgouverneur Korsikas zurückgehen. Obwohl sich die Gerüchte hartnäckig hielten, gelten sie in der heutigen Geschichtsschreibung als widerlegt. Louis’ Mutter wird zwar eine Freundschaft mit dem Gouverneur nachgesagt, aber ihr in historischen Quellen geschilderter Charakter als religiöse, sittsame und treue Ehefrau schließen Zweifel an der Vaterschaft Buonapartes aus.

Carlo di Buonaparte hatte sich vom kleinen Advokaten zum königlichen Richter emporgearbeitet und übernahm auch die Pflichten des stellvertretenden Bürgermeisters seiner Heimatstadt. Der mit diesem Aufstieg verbundene Wohlstand der Familie kam der Entwicklung des jungen Louis besonders zugute. Louis war sieben Jahre alt, als sein Vater 1785 mit nur 39 Jahren starb. Später errichtete Louis ihm zu Ehren ein Denkmal auf seinen Besitzungen in Saint-Leu-la-Forêt.

Louis Bonaparte

Militärkarriere

Der Wohlstand der Familie Buonaparte sank nach dem Tod des Familienoberhaupts rapide. Der große Bruder Napoléon übernahm persönlich die Erziehung des kleinen Luigi, seines Lieblingsbruders. Seit 1791 war Napoléon Hauptmann im Regiment La Fère und holte Louis zu sich in die Garnison nach Auxon. Hier unterrichtete er ihn nicht nur in den militärischen Wissenschaften, sondern auch in Sprachen, Geschichte, Geografie und Philosophie. Louis diente als Kadett im selben Regiment und folgte seinem Bruder nach Grenoble. Die Erziehung Napoléons war streng und verlangte Louis viel ab. Aber als ernsthaftes und wissbegieriges Kind mit hoher Intelligenz meisterte er die an ihn gestellten Aufgaben zur Zufriedenheit Napoléons. In der Militärhierarchie stieg Louis schnell auf. Bereits 1792 wurde er Aspirant, im folgenden Jahr Adjunkt und 1795 zum Unterleutnant befördert.

1796 im Italienfeldzug fungierte Louis als Napoléons persönlicher Adjutant. Er zeichnete sich durch Wagemut und militärischen Sachverstand aus und wurde auch hier Napoléons Anforderungen gerecht. Bei Arcole rettete Louis seinem Bruder und späteren Kaiser das Leben, indem er Napoléon unter einem gestürzten Pferd hervorzog. Die Beförderung zum Hauptmann erlangte er aufgrund seiner Verdienste im Gefecht von Breccia und wurde von der französischen Regierung zum Kommandanten erhoben.

Nachdem Napoleon im Jahr 1799 das Direktorium gestürzt hatte, übernahm er die Macht als erster Konsul Frankreichs. Napoléons Machtergreifung wirkte sich auf Louis weitere Militärkarriere aus. Zum Oberst aufgestiegen, wurde Louis das Kommando über das fünfte Dragonerregiment erteilt. Mit nur 26 Jahren hatte Louis während Napoleons Konsularzeit den Rang eines Divisionsgenerals erreicht.

Im Dienste Napoleons bereiste Louis von 1800 bis 1801 einige Länder Europas, unter anderen Dänemark, Russland, Schweden und Preußen. Sein Regiment wurde nach Portugal entsandt, um den so genannten Orangen-Krieg zu beenden. Er konnte seinen Auftrag nicht mehr erfüllen, da der Konflikt bereits vor seinem Eintreffen beendet war. Louis unterschrieb lediglich beim Eintreffen den Friedensvertrag von Badajoz für die französische Seite.

Krankheit

In Italien zog er sich in der Folge eines amourösen Abenteuers eine sogenannte „galante Krankheit“ zu, unter der er ein Leben lang litt. Auch ließ der längere Aufenthalt im Feldlazarett bei Forli seinen Aufstieg in der Militärhierarchie ins Stocken geraten. Eine genaue Anamnese liegt nicht vor, jedoch ist davon auszugehen, dass es sich um Syphilis oder Gonorrhoe gehandelt haben dürfte. Die schlecht auskurierte Erkrankung führte immer wieder zu körperlichen Beschwerden. Im weiteren Verlauf griff diese die Nerven, das Rückenmark sowie das Knochengerüst an. Eine Arthritis und Muskelatrophie kamen hinzu und durch die hervorgerufene Bettlägerigkeit befiel den jungen Soldaten zusätzlich die Schwermut.

Öffentlich ließ er sich seinen Zustand jedoch nicht anmerken und folgte Napoléon auf dessen Ägyptenfeldzug. Noch von der Krankheit geschwächt, musste er, nach nur fünf Monaten, nach Frankreich zurückgeschickt werden. Auf dem Rückweg stürzte Louis vom Pferd. Die erlittenen Verletzungen heilten wegen des geschwächten Zustands schlecht aus. Die Folgen der Krankheit bereiteten ihm bis zum Ende seines Lebens immer wieder Probleme.

Während seiner Zeit in Holland machte ihm das feuchtkalte Nordseeklima schwer zu schaffen. Die fortschreitende Arthritis erforderte bald, dass seine Schreibfeder am Zeigefinger festgebunden werden musste. Louis Bonaparte arbeitete sehr viel, bekam kaum Schlaf und wenig Zeit zur Erholung. Dieser Lebenswandel führte zu einer nervlichen und körperlichen Erschöpfung und schon bald musste Louis zur Kur nach Aachen. Anschließend sah er sich aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, kürzer zu treten.

Familie

Hortense de Beauharnais (Porträt von Anne-Louis Girodet-Trioson)

Als erstem Konsul wurde Napoléon das Recht gewährt, seinen Nachfolger selbst zu bestimmen. Er betrieb seither eine entsprechende Familienpolitik. Seine Schwestern hatte er bereits mit ihm ergebenen Generälen verheiratet, außer seiner ältesten Schwester Elisa, die sich von ihrem großen Bruder nichts sagen ließ. Für den jungen, noch unverheirateten Louis musste daher eine standesgemäße Braut gefunden werden. Auf Drängen seiner Gattin Joséphine wurde deren Tochter aus erster Ehe, Hortense, auserkoren. Am 4. Januar 1802 heiratete Louis Bonaparte Hortense, die Stieftochter Napoléons. Die arrangierte Ehe wurde keine glückliche.

Louis Napoléon Bonaparte und Hortense de Beauharnais hatten drei Söhne:

  1. Napoléon Charles Bonaparte (* 10. Dezember 1802; † 5. Mai 1807). Er starb im Alter von viereinhalb Jahren, sein Leichnam wurde feierlich in Notre Dame, Paris, aufgebahrt. Er ist in Saint-Leu-La-Foret begraben.
  2. Napoléon Louis Bonaparte (* 11. Oktober 1804; † 17. März 1831), auch in Saint-Leu-La-Foret begraben.
  3. Charles Louis Napoléon Bonaparte (* 20. April 1808 in Paris; † 9. Januar 1873), war von 1848 bis 1852 französischer Präsident und von 1852 bis 1870 als Napoleon III. Kaiser von Frankreich.

Die Beziehung verschlechtert sich rasch, denn Louis war krankhaft eifersüchtig, während Hortense sämtliche Annehmlichkeiten ihres Standes genoss. Louis’ Eifersucht führte sogar so weit, dass er seine Frau bespitzeln ließ und versuchte, sie im Schloss einzusperren. Das Verlassen des Schlosses ohne seine Zustimmung wurde ihr untersagt. Hortense wandte sich an ihren Stiefvater und als dieser für sie Partei ergriff, verstärkte er nur Louis’ Eifersucht sowie dessen Misstrauen. Jedoch unternahmen die Ehepartner immer wieder Versuche zur Versöhnung.

Der Tod ihres erstgeborenen Sohnes Napoleon Charles im Mai 1807 brachte sie einander wieder näher. Beide verbrachten seit Juni des Jahres viel Zeit miteinander und erst im September verließ Louis Hortense, um in sein Holland zurückzukehren. Hortense blieb in Paris und brachte dort am 20. April 1808 ihren dritten Sohn zur Welt. Obwohl es in der heutigen Forschung keine Zweifel gibt, hält sich hartnäckig das Gerücht, Louis sei nicht der Vater von Louis Napoleon. Die Vaterschaft wurde Carel Hendrik Graf Verhuell zugeschrieben. Belegt ist, dass Graf Verhuell und Hortense de Beauharnais eine Freundschaft verband, aber ebenso belegt ist dessen Verbleib in Holland, während Hortense und Louis in Paris weilten.

Der erneute Bruch mit Hortense erfolgte, weil Louis den Gerüchten Glauben schenkte und seine eigene Vaterschaft in Zweifel zog. Der eifersüchtige Louis verbannte den Minister Graf Verhuell nach Sankt Petersburg. Die neuerliche Trennung veranlasst Hortense, das ungeliebte Holland endgültig zu verlassen und die Ehe nicht weiter aufrechtzuerhalten. Hortense entzog mit Napoléons Hilfe Louis die Kinder.

Der Tod seines zweiten Sohnes Napoléon Louis im Jahre 1831 traf Louis besonders schwer, da der Thronfolger – in seinen Augen einzig verbliebene legitime Sohn – vor ihm gestorben war. Trotzdem begann Louis sich seinem dritten Sohn Louis Napoleon wieder anzunähern. Sie standen fortan in engerem Kontakt zueinander.

Louis erfuhr im Schweizer Exil von der Untreue Hortenses. Sie unterhielt eine Liebesbeziehung mit dem Grafen Charles-Joseph de Flahaut. Aus dieser Verbindung ging Hortenses vierter Sohn Charles de Morny hervor, woraufhin Louis die Scheidung seiner Ehe vorantrieb. Doch der Papst, den Louis darum bat, lehnte eine Scheidung entschieden ab. Erst 1837 mit dem Tod Hortenses wurde der Bund auf natürliche Weise gelöst und Louis konnte erneut heiraten. Die Ehe mit der erst sechzehnjährigen Marchesa Julia-Livia di Strozzi blieb kinderlos.

Unter Kaiser Napoléon

Nach der Krönung Napoléons zum ersten Kaiser der Franzosen erhielt Louis wie seine Geschwister den Titel eines kaiserlichen Prinzen von Frankreich. Überdies hinaus erhob Kaiser Napoleon seinen Bruder Louis zum Kronfeldherrn von Frankreich (frz.: Connétable de France). Dem Kronfeldherrn und kaiserlichen Prinzen Louis Bonaparte wurde sehr zur Freude seiner Frau Hortense ein eigener Hof auf dem Landgut St. Leu gewährt.

Während des dritten Koalitionskriegs übernahm Louis das Oberkommando über die Nordarmee. Die Umstände erforderten es, dass Louis nach Holland reisen musste, um die Batavische Republik gegen die Angriffe des preußischen Königs zu verteidigen. Im Dezember 1805 bereiteten die Schlacht von Austerlitz und der darauf folgende Friede von Pressburg dem Krieg ein Ende. Ehe der kaiserliche Prinz seine Rückreise antrat, hatte er bei den Holländern einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Umstände der Thronbesteigung

François Gérard: Louis Bonaparte, roi de Hollande

Die Haagschen Verträge schlossen ein Bündnis zwischen der Batavischen Republik der Niederlande und Frankreich. Die Batavische Regierung musste zum Nachteil ihres Landes den Vertrag unterzeichnen und auf die Forderungen Napoléons eingehen. Infolge des Verlustes seiner Flotte in der Schlacht von Trafalgar 1805 suchte Napoleon das nunmehr militärisch unangreifbare Großbritannien auf ökonomischen Weg zu bekämpfen. Angesichts der katastrophalen Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt gegen die Grande Armee erließ er im November 1806 in Berlin das Dekret über die Kontinentalsperre gegen das Inselreich, der auch die Niederlande beitreten mussten. Die Umsetzung der Kontinentalsperre in den Niederlanden reichte Napoléon aber nicht aus. Zur Durchsetzung französischer Interessen in den Niederlanden benötigte er einen französischen Politiker vor Ort. Er stellte der Batavischen Regierung ein Ultimatum. Entweder die Niederlande würden unter einem kaiserlichen Prinzen zu einer Monarchie oder aber die Franzosen würden die gesamten Niederlande zu einem französischen Militärdepartement degradieren.

Die Regierung der Batavischen Republik wählte die Monarchie. Die Krone hatte Napoléon Louis zugedacht und ordnete an, ihm die Krone Hollands anzubieten. Der Kronfeldherr Louis war seit seinem Besuch den Niederländern in guter Erinnerung geblieben und auch die erste Wahl der niederländischen Politiker. Louis nahm die offerierte Krone Hollands an.

Das junge Königreich litt unter dem Bündnis mit Frankreich. Der Kaiser der Franzosen betrachtete das neue Königreich – mit Louis als gekröntem Haupt – als Vasallenstaat Frankreichs, der sich französischen Interessen und Befehlen unterzuordnen hatte. Bezeichnend waren Napoléons Worte bei der Louis’ Krönungszeremonie.

„Holland verdankt seine Unabhängigkeit allein den Franzosen; solange es mit England verbunden war, ist es geschlagen worden … und rufe den Prinzen Louis zum König von Holland aus. Mein Prinz, hören Sie nie auf, Franzose zu sein! Der Titel des Kronfeldherrn des Kaiserreichs bleibt ihnen und ihren Nachkommen erhalten. Möge er sie immer an die Pflichten erinnern, die Sie mir gegenüber zu erfüllen haben.“[1]

Die spätere Konfrontation zwischen Louis und seinem Bruder Napoleon deutete sich bereits bei seiner Krönung an.

„Ich werde Holland regieren, weil die Holländer es wünschen und Eure Majestät es befehlen. Ich werde das Land allzeit beschützen und verteidigen. Ich habe den Charakter und die Eigenschaften dieses Volkes schätzen gelernt.“[2]

Am 5. Juni 1806 wurde Louis zum König von Holland und Hortense zur Königin und eventueller Regentin für ihren minderjährigen Sohn Napoleon-Charles ernannt. Am 12. Juni begab er sich auf die Fahrt in sein Königreich und verließ das Gut Saint Leu in Frankreich.

König von Holland

Am 18. Juni 1806 traf König Ludwig (nl: Koning Lodewijk) samt Gefolge in seiner neuen Residenz dem Palais Huis ten Bosch ein. Das Palais war noch unfertig und im Gegensatz zu seiner Frau Hortense nahm Louis die Umstände gelassen hin. Hortenses sofortige Abneigung gegen ihre neue Heimat änderte sich nie mehr.

Am 23. Juni zog er in einer prächtigen Parade in die Hauptstadt ein. Das Volk empfing den neuen Monarchen kühl und reserviert. Positiv fiel bei seinen neuen Untertanen auf, dass Louis den französischen Soldaten untersagte, an der Parade teilzunehmen. Seine Ansprache an die Holländer verfehlte ebenfalls nicht ihre Wirkung.

„Meine Herren! Seien Sie davon überzeugt, dass ich von dem Augenblick an, indem ich den Boden des Königreichs betreten habe Holländer geworden bin. Jeder Mensch ist ein Spielball seiner Geburt. So war ich einmal Franzose. Nun habe ich das Vaterland gewechselt …“[3]

Die Ansprache löste Beifall bei den Zuhören aus und besonders geschickt war, dass Louis seinen Bruder Napoléon, den französischen Kaiser, mit keinem Wort erwähnte.

Louis besucht nach einer Explosion den Unglücksort in Leiden (Gemälde von Carel Lodewijk Hansen)

In privaten Unterrichtsstunden erlernte Louis die niederländische Sprache. Er beherrschte sie recht bald und konnte passabel niederländisch sprechen, lesen und schreiben, jedoch begleitete ihn zeitlebens ein Akzent. In seinem privaten Schriftverkehr bediente er sich weiterhin des französischen und sein Tagebuch führte er überwiegend in italienisch weiter.

Als König von Holland unternahm Louis ausgedehnte und strapaziöse Reisen durch sämtliche Provinzen. Auf diesen Reisen wollte er Land und Untertanen besser kennenlernen. Die umfangreichsten, mehrwöchigen Touren durch die Provinzen fanden im November 1807 und im Juli des darauf folgenden Jahres statt, sowie im Januar 1809. Aufgrund seiner Krankheit musste er die Reisen bald einschränken. Der Monarch sah es als seine Pflicht an, bei Unglücksfällen persönlich vor Ort zu erscheinen, um sich ein Bild zu machen. Diese Praxis war zu damaliger Zeit unüblich.

Festigung der Monarchie in Holland

Die junge Monarchie zu festigen, war ein wichtiges Anliegen des neuen Königs. Ersten Respekt bei den Würdenträgern Hollands fand Louis, als er diese nicht bei Hof antreten ließ, sondern sie meist selbst aufsuchte. Die Festigung des monarchischen Gedankens in Holland ging einher mit den Zielen der meisten gesellschaftlichen Gruppen des Landes. Der Adel – in der Batavischen Republik abgeschafft – konnte auf Wiedererlangung seiner Privilegien hoffen. Die Bauern und die Kirche standen der neuen Staatsform ebenfalls aufgeschlossen gegenüber.

Louis schaffte es, die einzelnen Gruppierungen halbwegs zufriedenzustellen. Von Vorteil dafür war es, dass er den Staatshaushalt in den Griff bekam. Eine Vielzahl von ungewöhnlichen Maßnahmen, wie zum Beispiel die Halbierung der Truppenstärke oder die Abwrackung eines großen Teils der Kriegsflotte, schaffte Luft, ohne die Bürger mit neuen Steuern zu belasten. Seine eigene Hofhaltung fiel durch relative Sparsamkeit auf.

Seine Untertanen honorierten die Weigerung König Louis’, allen Forderungen Napoléons nachzukommen. So entsandten die Holländer für die Napoleonischen Kriege nur vierzehntausend der geforderten fünfzigtausend Soldaten, wodurch die im Land verhasste Wehrpflicht nicht mehr vonnöten war. Große Anerkennung in der Bevölkerung gewann Louis mit seinem Versprechen, die Häfen des Landes gegen den Willen Napoléons weiter offen zu lassen.

Neue Verfassung

Das neue Kabinett des Königs bestand fast ausschließlich aus Holländern. Franzosen gewährte er nur kleinere Posten in seinem bescheidenen Hofstaat. Das Amt des Premierministers, Secretaris van Staat, wurde Willem Frederik Röell anvertraut und als Innenminister berief der König Johan Hendrik Mollerus. General Bonhomme bekleidete das Amt des Kriegsministers und war der einzige Franzose im Kabinett, aber bereits kurze Zeit später übernahm der holländische Baron Cornelis Rudolphus Theodorus Krayenhoff diesen Posten.

Das alte Parlament wurde aufgelöst und ein neues von Louis eingesetzt. Die Abgeordneten des neuen Parlaments berief der Monarch, ließ sie aber nach zwei Jahren durch Wahlen vom Volk bestätigen. Als Staatsräte wurden ausschließlich Niederländer berufen.

Das Königreich benötigte eine neue Verfassung, in der die Rechte und Pflichten des Monarchen festlegt wurden. Zum ersten Mal in der niederländischen Geschichte schrieb das Grondwet – die Verfassung – eine zentralistische Landesstruktur vor und beseitigte die autonome Stellung der einzelnen Provinzen. Mit der neuen Verfassung beseitigte Louis auch das vorherrschende Klassenwahlrecht. Fortan war jeder männliche Erwachsene wahlberechtigt. Amsterdam, die bedeutendste Stadt Hollands zu jener Zeit, wurde durch die Verfassung als Hauptstadt des Reiches bestimmt. Weitere wichtige Neuerungen waren die Vereinheitlichung des Gulden in allen Provinzen, sowie die Einführung von einheitlichen Maßen und Gewichten. Die lange Vorherrschaft der Zünfte und Gilden wurde durch die Verfassung gebrochen und erstmals Glaubensfreiheit gewährt.

Rechtsreform

Der Grundstein für die folgende Rechtsreform unter Louis Bonaparte bildete die erstmals festgeschriebene Unabhängigkeit der Richter. Die heute gültige Gesetzgebung der Niederlande beruht maßgeblich auf dieser Reform. König Louis’ Reform machte es für die Richter zur Pflicht Jura an einer staatlichen Universität studiert zu haben, ehe sie zum Richter ernannt werden konnten. Das in den einzelnen Provinzen geltende großteils unterschiedliche Recht und Strafmaß wurde vereinheitlicht. Durch die Initiative von Louis Bonaparte erschienen bis 1809 ein Bürgerliches Gesetzbuch, ein Handels- und Strafgesetzbuch sowie eine Zivil und Strafprozessordnung. Bei diesem Werk handelt es sich nicht um eine Übernahme des französischen Rechts, dem Code Napoleon, sondern um ein eigenständiges Werk. Die Rechtsreform blieb bis zur französischen Okkupation 1810 in Kraft und trat nach den drei Jahren der Besetzung erneut in Kraft.

Auf die Liberalisierung und Humanisierung des Strafrechts hat Louis entschieden eingewirkt. Sein Hauptziel, die Abschaffung der Todesstrafe, konnte er nicht durchsetzen. Sie blieb Bestandteil des Strafrechts, jedoch machte Louis während seiner Herrschaft von seinem königlichen Gnadenrecht häufig Gebrauch. Erfolgreich konnte er durchsetzten, dass die Vollstreckung der Todesstrafe nicht mehr öffentlich vollzogen wurde. Die Folter wurde abgeschafft ebenso der Pranger, die Deportation und die Zwangsarbeit. Erstmals wurde im Strafrecht auch zwischen jugendlichen und erwachsenen Straftätern unterschieden.

Weitere Reformen

Soweit es die königlichen Finanzen zuließen, förderte der König die Universitäten und führte die Schulpflicht ein. Besonderen Wert legte Louis auf den Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens – seine fortschrittlichste Reform. Er bekämpfte die weit verbreitete Scharlatanerie, weswegen Ärzte und Apotheker sich einer staatlichen Prüfung unterziehen mussten. Außerdem standen Arztpraxen erstmals unter ständiger Kontrolle. Louis ließ Krankenhäuser errichten und Apotheken bauen. Für bedürftige Untertanen gründete er die von seiner Zivilliste finanzierte königliche Apotheke, in der kostenlos Medikamente ausgegeben wurden.

Die Verbesserung der Lebensumstände der Armen machte Louis zur Staatsaufgabe. Er gründete Waisenhäuser und schaffte entsprechende Einrichtungen für Ausgestoßenen der Gesellschaft. Unter seiner Herrschaft wurde Holland im Bereich des Sozialwesens zum führenden Land Europas.

Sehr zum Missfallen des Bruders Napoléon verlieh Louis 1807 erstmals den Orden der Vereinigung. Mit der Ordensstiftung wollte Louis den alten Adel und die Bürger an die Monarchie binden. Der neue Orden war begehrt und führte dazu, dass in Holland der monarchische Gedanke fest verankert wurde. Mit der Okkupation Hollands durch Frankreich im Jahre 1810 erlosch der Orden, diente aber als Vorbild für den später neu gegründeten Orden des niederländischen Löwen.

Kultur

Louis sah im Mäzenatentum eine wichtige Aufgabe der Monarchie. Als König förderte er die Kunst durch Ausschreibungen von Preisen und Vergabe von Stipendien, damit junge Künstler in die Kulturstädte Paris oder Rom reisen konnten. Für das eigene Volk gründete er ein Nationalarchiv sowie eine Nationalbibliothek. In Amsterdam ließ Louis ein Museum errichten, das mit der Nachtwache von Rembrandt eines der bedeutendsten Kunstwerke Hollands ausstellte, es war der Grundstein zum heutigen Rijksmuseum.

Wirtschaft

1806 verschärfte Napoléon das seit 1803 bestehende Importverbot für britische Waren zur so genannten Kontinentalsperre. Louis Bonaparte hatte den holländischen Kaufleuten versprochen, die Häfen offen zu halten. Das Festhalten an seinem Versprechen gegen den Widerstand Napoléons machte König Louis im Volk enorm beliebt. Er handelte bewusst gegen den Willen des französischen Kaisers zum Wohl seines Reiches. Offiziell bestand die Kontinentalsperre, jedoch war es ein offenes Geheimnis, dass der König nichts gegen Verletzungen der Kontinentalsperre unternahm. Der Schmuggel blühte und von offizieller Seite wurden sogar gefälschte Herkunftspapiere geduldet. Louis’ Kurs fand bei seinen Ministern die notwendige Unterstützung.

Die Kontinentalsperre hatte dennoch massive Auswirkungen für Holland. Die importierten Waren verteuerten sich, sodass die einfache Bevölkerung gezwungen war auf heimische Produkte auszuweichen. Heimischer Honig ersetzte zum Beispiel den Rohzucker. Obwohl die Häfen weitestgehend offen blieben, ging die Schifffahrt in Holland bedrohlich zurück.

Die Verknappung der Waren und Güter zwangen den König sich auf die Ressourcen des eigenen Landes zu besinnen. In den Fokus rückten die unterentwickelten östlichen Provinzen Hollands. Diese als Wüste Provinzen bezeichnete Region nahm seit 1807 eine Entwicklung an, die bis heute für die Niederlande von entscheidender Wichtigkeit ist. Das Land wurde kultiviert, die Siedlungen dort steuerlich begünstigt. Langsam gelang es Mangelwaren wie Seide oder Kohle durch eigene Produkte aus Wolle und Torf zu ersetzt. Die rasch einsetzende Entwicklung des Ostens machte Utrecht in der Landesmitte zum neuen Handelszentrum.

Das zu Preußen gehörige Fürstentum Ostfriesland fiel 1807 durch den Frieden von Tilsit an Holland ebenso wie das russische Jever. Die neue Provinz wurde von Louis rechtlich in den Staat eingegliedert und die Inseln des Fürstentums waren wichtige Anlaufstellen für die Schmugglerboote. Noch 1809 soll Napoleon erwogen haben, ganz Nordwestdeutschland an Holland anzugliedern (etwa jenes Gebiet, das stattdessen 1810 Frankreich direkt angegliedert wurde), um das Betätigungsfeld eines gegen Frankreich gerichteten aufkommenden deutschen Nationalgeistes zu verkleinern.[4]

Thronverlust

Mit seiner Politik hatte Louis ein ums andere Mal den Zorn des Kaisers auf sich gezogen. Im Sommer 1809 landete ein britisches Invasionsheer mit 40.000 Mann an den Küsten Hollands. Die britischen Truppen eroberten und besetzten die Inseln Walcheren, Schouwen und Beveland. An der Spitze seiner holländischen Truppen kämpfte Louis gegen das britische Invasionsheer. Seine militärische Erfahrung half Louis, die Briten leidlich aufzuhalten. Der französische Polizeiminister Fouché hatte als Interims-Innenminister eine Armee von Nationalgardisten unter den Kommando Marschall Bernadottes entsandt, die auch erfolgreich Antwerpen verteidigt hatte. Die Briten konnten nur die Insel Walcheren halten, dennoch ging von ihnen weiterhin Gefahr aus. Auf weitere Hilfe Napoléons konnte Louis nicht hoffen, da sein Bruder mit den Kriegen gegen Österreich und Spanien beschäftigt war.

Die Sicherung der strategisch wichtigen Scheldemündung übernahm Frankreich fortan selbst, Bernadotte erklärten die Inseln zu Frankreich gehörig. Napoléon hatte den Marschall mit einem noch weitaus wichtigeren Auftrag nach Holland geschickt. Die Invasion der Briten diente Napoléon als willkommener Anlass, endlich die Kontinentalsperre in Holland gegen alle Widerstände durchzusetzen. Im November 1809 fasste Napoléon den endgültigen Entschluss Holland Frankreich einzuverleiben:

„Holland ist nichts anderes als ein Anschwemmungsgebiet französischer Flüsse.“

Napoléon[5]

Kampf um sein Königreich

Über seinen Minister und Vertrauten Willem Frederik Röell nahm Louis Verhandlungen mit den Franzosen über den Fortbestand des Königreichs auf. Am 9. Dezember begab sich Louis nach Paris und schaltete sich persönlich in die Verhandlungen ein und bekam die Verärgerung seines Bruders zu spüren.

„Sie haben Holland zu einer britischen Kolonie gemacht und sind ein schlimmerer Feind Frankreichs als England selbst.“[6]

Napoléon forderte Louis Abdankung zu Gunsten seines dritten Sohnes Louis Napoleon. Louis lehnte ab. Die Holländer entwickelten einen eigenen Vorschlag und Röell unterbreitete den Entwurf dem Kaiser. Louis war bereit die Provinzen Zeeland und Brabant an Frankreich abzutreten und als neue Grenze zu Frankreich die Maas zu akzeptieren, wenn im Gegenzug die früheren Herzogtümer Kleve und Berg an Holland fallen würden (Louis Sohn Napoleon Louis war bereits 1809 zum Großherzog von Berg und Kleve erhoben worden). Napoléon lehnte ab und verlangte den Rhein als neue Grenze. Des Weiteren forderte er ein Heer von 25.000 Mann unter französischen Befehl, die strikte Einhaltung der Kontinentalsperre sowie die Abschaffung des von Louis neu gestifteten Adels. Sollte Holland nicht auf die Bedingungen eingehen, drohte die Besetzung des gesamten Königreichs.

Nach dem Scheitern der von Fouché auf eigene Faust weitergeführten Friedensverhandlungen mit Großbritannien, die im Erfolgsfalle Holland eine Atempause verschafft hätten, musste Louis am 23. Februar 1810 nachgeben. Die Bedingungen des Kaisers wurden akzeptiert und bedeuteten für Holland den Verlust eines Drittels ihres Landes ohne entsprechenden Ausgleich im Osten. Die Armee zog sich aus den verlorenen Gebieten zurück, die von französischen Truppen in Besitz genommen wurden.

Die Umsetzung des Vertrages übergab Louis einer neu gegründeten Kommission. Diese stattete er sogar mit der Befugnis aus, ihn als Monarchen abzusetzen. Die Mitglieder der Kommission hielten einstimmig an Louis fest und versuchten die Auswirkungen des Vertrages für Holland abzumildern. Der Adel behielt seinen Status und die Wehrpflicht zur Rekrutierung der 25.000 Mann wurde nicht konsequent umgesetzt.

Abdankung

Napoléons Kaiserreich im Jahre 1812 nach der Annexion Hollands und Norddeutschlands

Bei seinem Besuch der neuen Gebiete Frankreichs im Mai 1810 bereitete die Bevölkerung Napoléon einen kühlen und ablehnenden Empfang. Sein Bruder gewährte ihm auch nicht die Ehre einer zeremoniellen Übergabe. Louis Bruder Jérôme, der Napoléon begleitete, berichtete später über diese Tage in Holland:

„Alle Welt trauerte darüber, dass der frühere Souverän hier nicht mehr regiert.“[7]

Der Widerstand der Kommission gegen den Vertrag führte zur erneuten Konfrontation zwischen den Gebrüdern Bonaparte. Der Kaiser schickte zur Durchsetzung des Vertrags Marschall Oudinot nach Holland. Mit einer französischen Einheit marschiert Oudinot nach Norden, drang in holländisches Gebiete ein und besetzt die Städte Leiden und Utrecht. Louis Bonaparte zog sich mit seinem Gefolge nach Haarlem zurück, als Den Haag und Amsterdam vor der Invasion standen. Louis schickte seine zahlenmäßig unterlegene Armee nicht in den Kampf gegen die französischen Invasionstruppen aus. Ebenfalls verzichtete er auf ein Fluten der Polder, wie es einige seiner Berater gefordert hatten.

In Haarlem fasste er am 1. Juli 1810 den Entschluss, endgültig als König von Holland abzudanken. In der niederländisch verfassten Abdankungsurkunde trat er zugunsten seines zweiten Sohnes Napoleon Louis zurück und setzte Königin Hortense als Regentin ein. Diese nahm ihre Regentschaft in Holland jedoch nie wahr. Louis Bonaparte verließ Holland am 2. Juli und begab sich ins Exil.

Die Abdankung wurde am 3. Juli veröffentlicht; Napoléon erfuhr aber erst am 6. Juli von der Abdankung seines Bruders. Am 9. Juli 1810 wurde Holland per Dekret von Rambouillet annektiert. Holland war zu französischen Départements geworden.

Exil und spätere Jahre

Der österreichische Kaiser Franz I. gewährte Louis Bonaparte nach seiner Abdankung Asyl in Österreich. Louis führte fortan den Titel eines Grafen von St. Leu nach seinem Gut in Frankreich. Im österreichischen Exil in Graz lernte Louis den deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe kennen. Während seines langen Exils begann er sich dem Schreiben zu widmen. Sein erstes literarisches Werk, den Roman Marie und die Qualen der Liebe verfasste Louis bereits in Graz.

Kaiser Napoléon wollte seinen jüngeren Bruder nach Frankreich zurückholen und machte ihm das Angebot, als französischer Prinz nach Frankreich zurückzukehren. Louis lehnte aus denselben Gründen ab, weshalb er auch seine kurzzeitig erwogene Ausreise in die Vereinigten Staaten als Louis von Hol verwarf. Louis machte sich immer noch Hoffnungen, von den Holländern als König zurückgerufen zu werden.

Als sich bereits das Scheitern von Napoléons Russlandfeldzug abzeichnete, bot Louis Napoléon seine Hilfe an. Er schlug ihm vor ein Kommando zu übernehmen, forderte aber dafür die holländische Krone. Unter dieser Bedingung war Napoléon nicht bereit, das Angebot anzunehmen. Im Verlauf des Feldzuges wechselte Kaiser Franz von Österreich auf die Seite des russischen Kaisers Alexander. Daher war es Louis Bonaparte – emotional noch mit den Franzosen verbunden – unmöglich geworden, im Feindesland zu verbleiben. Er verließ sein österreichisches Exil und zog nach Lausanne in die Schweiz.

Mit der Restauration der Bourbonenkönige in Frankreich endete die französische Besatzungszeit in Holland. Teile der neu gebildeten provisorischen Regierung erwogen die Rückkehr des ehemaligen Königs Lodewijk, doch die Besatzungszeit hatte im Land eine Abneigung gegen die Franzosen wachsen lassen. Louis’ Verdienste waren nicht vergessen, aber er war auch der Bruder Napoléons. So fiel die Entscheidung, auf die alte Statthalterdynastie der Oranier zurückzugreifen. Louis Krankheit verhinderte zudem sein persönliches Erscheinen in Holland, um die Krone einzufordern, wie es ihm seine Brüder Joseph und Jerome nahe gelegt hatten. Anfang Dezember 1813 proklamierte die holländische Regierung Prinz Wilhelm VI. von Oranien zum König Wilhelm I. der vereinigten Niederlanden.

Mit Napoléon traf Louis am 23. Januar 1813 ein letztes Mal zusammen. In Tuilerien bot sich Louis als Vermittler zwischen Napoléon, dem französischen Kaiser und den Kaisern von Österreich und Russland an. Auf das Angebot, sich der guten Beziehungen Louis’ zu beiden Kaisern zu bedienen, griff Napoléon nicht zurück. Louis gab seinem Bruder noch einen Rat, bevor er Frankreich wieder in Richtung Schweiz verließ.

„Wenn eure Majestät nicht Frieden schließen, können sie überzeugt sein, dass Ihre Regierung nicht mehr länger als drei Monate bestehen wird.“[8]

Louis konnte nach dem Ende des französischen Kaiserreichs nicht länger in der Schweiz bleiben, da sich die Stimmung der öffentlichen Meinung gegen die Bonapartes wendete. Papst Pius VII. lud ihn nach Rom ein und bot ihm – wie anderen Mitgliedern der Familie Bonaparte – Asyl im Vatikan an. Dort widmete er sich verstärkt dem Schreiben, unter anderem verfasste er die Tragödie Lucrezia sowie die Oper Ruth und Noemi. Auch seine wichtigsten Werke, die Urkunden- und Tagebücher seiner Königsjahre in Holland entstanden zu dieser Zeit. Bedeutung erlangte auch seine Abhandlung über die Geschichte des britischen Parlaments. Erst nach dem Tode Napoleons im Jahr 1821 konnte Louis nach Florenz übersiedeln und Rom verlassen.

Sein ehemaliges Königreich sah er erst 1840 wieder, nachdem ihm König Wilhelm II. der Niederlande gestattete, das Land zu besuchen. Als Graf von St. Leu reiste Louis nach Amsterdam und war überrascht vom herzlichen Empfang, den seine ehemaligen Untertanen ihm bereiteten.

Mit dem Tod seines älteren Bruders Joseph im Jahr 1844 folgte Louis ihm als Oberhaupt der Bonapartes. Napoléon war bereits 1821 gestorben und sein Bruder Lucien wurde 1812 per Senatsbeschluss von der Erbfolge ausgeschlossen.[9] Louis nutzte die Position und richtete sein Hauptaugenmerk auf das Familienarchiv, welches er ausbaute und entscheidend erweiterte. Aber nur zwei Jahre später starb auch er, am 25. Juli 1846 in Livorno einem Hirnschlag erliegend.

Gesondert bleibt zu erwähnen, dass Louis sein drittes Kind Louis Napoleon im Testament als leiblichen Sohn anerkannte. Louis Napoleon erfüllte seinem Vater 1847 den Wunsch auf seinem Gut in Saint-Leu-la-Forêt, Île-de-France, beigesetzt zu werden. Bei der feierlichen Zeremonie war sogar eine offizielle Delegation der Niederlande anwesend.

Bedeutung

In der kurzen Regentschaft des Louis Bonaparte hat sich Holland entscheidend verändert. Viele Reformen, die unter König Louis auf den Weg gebracht wurden, beeinflussen das Land teilweise bis heute. So basiert das heutige Recht in großen Zügen auf der Rechtsreform aus dem Königreich Holland und die Niederlande wurden im Sozialwesen führend in Europa. Außerdem bedeutete die Einsetzung Louis Bonapartes als Monarch das Ende für die Staatsform der Republik in den Niederlanden und das bis heute. Bei seinen Untertanen war Louis Bonaparte sehr beliebt, vor allem wegen seiner Haltung gegenüber dem französischen Kaiser, seinem Bruder Napoléon. Louis hatte schon in seiner Krönungsrede gesagt, dass er fortan ein Holländer sei und handelte auch danach, wie die laxe Umsetzung der Kontinentalsperre beweist. Im Volk geachtet für die Handhabung der Depeschen aus Paris, führte sie aber letztendlich zum Ende seiner Regentschaft. Die Bedeutung Louis’ für die Niederlande zeigt sich erstens darin, dass noch heute Straßen und Plätze nach dem König von Holland benannt sind und zweitens darin, dass die bedeutendsten Abhandlungen über Louis Bonaparte in den Niederlanden entstanden sind. Napoléon sagte später über Louis’ Herrschaft in Holland:

„Ich hätte Holland nicht annektieren sollen. Das hat viel zu meinem Sturz beigetragen.“

Napoléon[7]

Ehrungen

Sein Name ist am Triumphbogen in Paris in der 25. Spalte (Ls BONAPARTE) eingetragen.

Literatur

  • Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Bruder Napoleons – erster König von Holland. Carl Heymanns Verlag 1989, ISBN 3-452-21659-4.
  • Clemens Amelunxen: Der Clan Napoléons – Eine Familie im Schatten des Imperators. Siedlers Verlag 1995, ISBN 3-88680-514-X.
  • Horst Lademacher: Geschichte der Niederlande. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, S. 207–222, ISBN 3-534-07082-8.
  • D. Labarre de Raillecourt: Louis Bonaparte. Paris 1963.
  • Jean-Pierre Rioux: Die großen Dynastien Europas – Die Bonaparte. Lausanne 1969.
  • Félix Rocquain: Napoléon I. et le Roi Louis d’après les documents cons. aux archives nationales. Paris 1875.

Anmerkungen und Quellen

  1. Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland, 1989, Seite 50
  2. Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland, 1989, Seite 50 unten
  3. Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland, 1989, Seite 54
  4. Franz Herre: Napoleon – eine Biographie, S. 212. München 2006
  5. Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland. 1989, S. 100
  6. Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland. 1989, S. 101
  7. a b Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland, 1989, Seite 106
  8. Clemens Amelunxen: Louis Bonaparte – Erster König von Holland. 1989, Seite 122
  9. Jean-Pierre Rioux: Die Bonaparte. 1969, Seite 525

Weblinks

 Commons: Louis Bonaparte – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Wilhelm V.
Erbstatthalter der Niederlande
König von Holland
1806–1810
Ludwig II.
König von Holland
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