Ludolf Karl Adelbert von Chamisso

Ludolf Karl Adelbert von Chamisso
Adelbert von Chamisso

Adelbert von Chamisso (* 30. Januar 1781 auf Schloss Boncourt bei Châlons-en-Champagne, Frankreich; † 21. August 1838 in Berlin; ursprünglich Louis Charles Adélaïde de Chamissot) war ein deutscher Naturforscher und Dichter. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Cham.“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gedenktafel am Haus Friedrichstraße 235 in Berlin-Kreuzberg
Gedenktafel am Haus Grunewaldstraße 6 in Berlin-Schöneberg
Adelbert von Chamisso, 1831
Briefmarke 1981

Adelbert wurde als vierter Sohn von sieben Kindern des Grafen Louis Marie de Chamissot auf dem Stammsitz der Familie, dem Schloss Boncourt in der Champagne, geboren. Als gesichert gilt nur sein Taufdatum, der 31. Januar 1781, wie er selbst in seiner Reise um die Welt schreibt. Im Jahre 1790 verließen die verarmten Eltern Adelberts von Chamisso erst ihr Stammschloss und 1792 Frankreich. Auf der Flucht vor den Revolutionsheeren zogen sie weiter durch die Niederlande und Süddeutschland, bis sie sich 1796 in Berlin niederließen, wo die beiden älteren Brüder eine Stellung als Hauslehrer annahmen. In Berlin war Chamisso dann Schüler des 1689 von Hugenotten gegründeten Französischen Gymnasiums (Collège Français de Berlin).

1796 wurde er Page bei Luise Friederike von Preußen in Berlin. Von 1798 bis 1807 leistete er seinen Militärdienst als preußischer Offizier ab. 1801 wurde er Leutnant der preußischen Armee, er nannte sich Ludwig von Chamisso. 1805 wurde er mit seinem Regiment nach Hameln verlegt, wo er im folgenden Jahr die Demütigung der durch Verrat ermöglichten Kapitulation der Stadt gegenüber Napoléons Truppen miterlebte. Anschließend reiste von Chamisso als Gefangener auf Ehrenwort nach Frankreich, bis er schließlich 1807 (andere Quellen sprechen von 1806) aus dem Armeedienst ausschied.

Ab 1804 gab er den Berliner Musenalmanach mit den Freunden des romantischen Dichterkreises „Nordsternbund“ heraus und nannte sich fortan Adelbert von Chamisso. Zu diesem Kreis zählten auch Julius Eduard Hitzig, Friedrich de la Motte Fouqué, Karl August Varnhagen von Ense und Friedrich Wilhelm Neumann. Von 1810 bis 1813 hielt er sich in Frankreich und der Schweiz auf, danach wieder in Berlin. Hier zählte er zum literarischen Freundeskreis von E. T. A. Hoffmann, den "Serapionsbrüdern". In der Schweiz begann er sich der Naturwissenschaft, zunächst vor allem der Botanik, zuzuwenden.

In den Jahren 1815 bis 1818 nahm er als Naturwissenschaftler („Titulargelehrter“) an einer Weltumsegelung teil (siehe Rurik-Expedition). Diese Expedition des russischen Kapitäns deutsch-baltischer Abstammung Otto von Kotzebue, Sohn des Dichters August von Kotzebue, finanziert vom russischen Schatzkanzler Graf Nikolai Petrowitsch Rumjanzew, erforschte im Pazifik Polynesien und Hawaiʻi und sollte zumal die legendäre Nordwestpassage finden. Chamisso kartografierte große Teile der Küste von Alaska, erfasste die Flora Alaskas (nach ihm wurde dort die neu entdeckte Chamisso-Insel benannt) und beschrieb die Lebensgewohnheiten der Eskimos und Aleuten. (Kuriosität: Das bekannte Kleidungsstück Parka erscheint in der deutschen Sprache erstmalig bei ihm in seinem Buch Reise um die Welt. Es handelt sich dabei eigentlich um einen gefütterten Umhang mit Kapuze bei den Tschuktschen.) Scharf kritisierte er die dortige russische Kolonialherrschaft.

1819 heiratete Chamisso die viel jüngere Antonie Piaste (1800-1837), Ziehtochter seines Freundes Hitzig, nachdem die Universität ihm den Ehrendoktor verliehen und er Zweiter Kustos am Königlichen Herbarium (auf dem Gelände des heutigen Kleistparks) geworden war. Nach dem Weggang Schlechtendals 1833 wurde er Erster Kustos und blieb es bis kurz vor seinem Tode. Mit dieser Anstellung war seine finanzielle Zukunft gesichert.

Chamisso veröffentlichte 1831 seinen ersten Lyrikband mit älteren Gedichten. Neue Lyrik schrieb er nur noch selten. 1833 verfasste er das Gedicht „Der rechte Barbier“.

Adelbert von Chamisso wurde nach eigener Angabe[1] in „der Loge in Châlons-sur-Marne“ als Freimaurer aufgenommen. Er hat vermutlich in Berlin Freimaurerlogen besucht, wurde dort aber - entgegen anderen Angaben - nicht Mitglied.

Er starb am 21. August 1838 in Berlin an Lungenkrebs. Sein Grab liegt auf dem Friedhof am Halleschen Tor in Berlin-Kreuzberg, nur wenige Meter vom Grab des Dichters E.T.A. Hoffmann entfernt. In der Nähe liegt der nach ihm benannte Chamissoplatz.

Am 31. Januar 2006 wurde in der Friedrichstraße 235 an der Stelle, an der bis 1908 sein Wohnhaus stand, eine Gedenktafel für Chamisso enthüllt.

Leistungen

Obwohl Französisch Chamissos Muttersprache war, gelang es ihm, in der deutschen Fremdsprache unsterbliche Werke zu schaffen. Am bekanntesten sind sicherlich „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ (1814) und das Gedicht „Das Riesenspielzeug“ über die Burg Nideck im Elsass. Dies erklärt, dass der bisher einzige Literaturpreis für deutschsprachige Migrantenliteratur seinen Namen trägt. Mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis werden seit 1985 in Deutschland Autorinnen und Autoren nichtdeutscher Muttersprache ausgezeichnet.

Ehrentaxon

Ihm zu Ehren wurden die Gattungen Chamissoa H.B.K. aus der Pflanzenfamilie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae), Chamissonia Endl. aus der Pflanzenfamilie der Nachtkerzengewächse sowie Chamissoniophila Brand (heute ein Synonym zu Antiphytum DC. ex Meisn.) aus der Pflanzenfamilie der Raublattgewächse benannt. Des weiteren wurden über 150 Pflanzenarten und auch einige Tierarten ihm zu Ehren benannt.

Werke

  • Adelberts Fabel, 1806
  • Fortunati Glückseckel und Wunschhütlein, 1806
  • Peter Schlemihls wundersame Geschichte, Nürnberg 1814 (Vertonung: P. Ronnefeld, Ballett 1956)
  • Bemerkungen und Ansichten einer Entdeckungsreise, 1821
  • Salas y Gomez (Ballade), 1829
  • Frauen-Liebe und Leben, Liederzyklus, Berlin 1830 (Vertonung: Robert Schumann, 1840 und Carl Loewe)
  • Gedichte, Leipzig 1831
  • Hrsg. Der deutsche Musenalmanach, seit 1832 (zus. mit Gustav Schwab)
  • Reise um die Welt in den Jahren 1815-1818 (Tagebuch), 1836
  • Über die Hawai'sche Sprache, 1837
  • Die Sonne bringt es an den Tag (Ballade), 1827

Literatur

Marmorbüste im Berliner Monbijoupark von Julius Moser (1888)
  • Agnes Derjanecz: Das Motiv des Doppelgängers in der deutschen Romantik und im russischen Realismus: E.T.A. Hoffmann, Chamisso, Dostojewskij. Marburg: Tectum-Verl. 2003. (= Diplomica; 7) ISBN 3-8288-8563-2
  • Elisabeth Ehrlich: Das französische Element in der Lyrik Chamissos. Berlin: Ebering 1932 (= Germanische Studien; 118)
  • Robert Fischer: Adelbert von Chamisso. Weltbürger, Naturforscher und Dichter. Berlin u.a.: Klopp 1990. ISBN 3-7817-0575-7
  • Kej Hielscher u. Renate Hücking: Pflanzenjäger. In fernen Welten auf der Suche nach dem Paradies. München: Piper 2002. ISBN 3-492-04424-7
  • Peter Lahnstein: Adelbert von Chamisso. Der Preuße aus Frankreich. München: List 1984. ISBN 3-471-78030-0
  • Gisela Menza: Adelbert von Chamissos „Reise um die Welt mit der Romanzoffischen Entdeckungs-Expedition in den Jahren 1815-1818“. Versuch einer Bestimmung des Werkes als Dokument des Überganges von der Spätromantik zur vorrealistischen Biedermeierzeit. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1978. ISBN 3-261-02482-8
  • René-Marc Pille: Adelbert von Chamisso vu de France. 1805-1840. Genèse et réception d'une image. Paris: CNRS Ed. 1993. ISBN 2-222-04736-6
  • Kurt Schleucher: Adelbert von Chamisso. Berlin: Stapp 1988. (= Preußische Köpfe; 23; Literatur) ISBN 3-87776-172-0
  • Jürgen Schwann: Vom „Faust“ zum „Peter Schlemihl“. Kohärenz und Kontinuität im Werk Adelbert von Chamissos. Tübingen: Narr 1984. (= Mannheimer Beiträge zur Sprach- und Literaturwissenschaft; 5) ISBN 3-87808-482-X
  • Harald Weinrich: Chamisso, die Chamisso-Autoren und die Globalisierung. Viele Kulturen - eine Sprache. Stuttgart: Robert-Bosch-Stiftung 2002. ISBN 3-922934-85-4
  • Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch e. V.: Mit den Augen des Fremden. Adelbert von Chamisso - Dichter, Naturwissenschaftler, Weltreisender. Berlin 2004, Kreuzberg-Museum, ISBN 3-9809767-0-X
  • Beatrix Langner: Der wilde Europäer. Adelbert von Chamisso. Berlin: Matthes & Seitz Berlin 2008. ISBN 978-3-88221-889-3

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Chamisso: Reise um die Welt, Berlin 1979, S. 506

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