Lösungsverwitterung

Lösungsverwitterung

Verwitterung ist der allgemeine Begriff für die kombinierte Arbeit aller Prozesse, welche den physikalischen Zerfall und die chemische sowie biogene Zersetzung des Gesteins wegen dessen exponierter Lage an oder nahe der Erdoberfläche herbeiführen. Beispiele solcher physikalischer Kräfte sind die Wirkungen von Wasser, Eis, Wind und Temperaturänderungen. Das Ergebnis von Verwitterung ist Gesteinszerstörung, bei der je nach Art der Verwitterung die gesteinsbildenden Minerale erhalten bleiben (physikalische Verwitterung), oder um- bzw. neu gebildet werden (chemische Verwitterung). Die klimabedingte Verwitterung gehört - im Gegensatz zu den endogenen vulkanischen und tektonischen Faktoren - zusammen mit Erosion, Transport und Sedimentation, zu den die Erde formenden, klimabedingten exogenen Faktoren.

Die Produkte der Gesteinsverwitterung sammeln sich meist als lockere Oberflächenschichten an, dem Regolith. Der Regolith geht nach abwärts in das feste, unveränderte Gestein über, das allgemein als das anstehende Gestein, kurz „das Anstehende“, bezeichnet wird.

Die Verwitterung wird nach ihren Ursachen wie folgt gegliedert:

Inhaltsverzeichnis

Gliederung

Die Verwitterungseinflüsse werden üblicherweise gegliedert in:

  • Physikalische Einflüsse: Frostverwitterung, Salzverwitterung, Druckentlastungsverwitterung, Quelldruckverwitterung, Hydrationsverwitterung und Thermische Verwitterung.
  • Chemische Einflüsse: Kohlensäureverwitterung, Lösungsverwitterung, Hydrolyse und Wollsackverwitterung.
  • Biogene Einflüsse: Physikalisch-biotische Verwitterung (beispielsweise Wurzelsprengung) und Chemisch-biotische Verwitterung (beispielsweise Kohlensäureverwitterung, Verwitterung durch Bildung anderer Säuren und Oxidationsverwitterung).

Dabei ist eine scharfe Trennung zwischen diesen drei Verwitterungsformen nicht immer möglich. So ist die biogene Verwitterung durch Pflanzen teils physikalischer Natur (Turgordruck) und teils chemischer Natur (Ätzwirkung). Außerdem setzt die Wirksamkeit einer Verwitterungsform häufig andere vorher angreifende Verwitterungsformen voraus. Eine wirksame chemische Verwitterung benötigt meist eine vorhergehende Lockerung des Gesteinsverbandes. Bei vom Gletschereis blank polierten Flächen zeigen sich z.B. auch nach Jahrtausenden oft keine nennenswerten Anzeichen chemischer Verwitterung. [1]

Physikalische Verwitterung

Physikalische Verwitterung (auch: physische oder mechanische Verwitterung) ist ein breiter Begriff, der mehrere recht verschiedene physikalische Prozesse einschließt; ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie alle das harte, massive anstehende Gestein in Fragmente zerlegen, deren Größe von großen Blöcken bis zu feinem Sand und Schluff reichen kann.

Durch den Gesteinszerfall infolge physikalischer Verwitterung entstehen Mineralpartikel verschiedenster Korngrößenklassen, aber auch durch die reibende und zermalmende Wirkung der Arbeit von Flüssen, Wellen und Strömungen, Wind und Gletschereis. In der Natur wirken gewöhnlich zwei oder mehr dieser Prozesse gleichzeitig auf das Gestein ein, zusammen mit chemischen Prozessen der Gesteinszersetzung.

Frostverwitterung

Ein durch Frostsprengung fragmentierter Stein im südlichen Island

Die Frostverwitterung wird durch Frostwechsel hervorgerufen, d.h. durch das wiederholte Wachstum und Schmelzen von Eiskristallen in den Poren oder natürlichen Spalten des anstehenden Gesteins, und gehört zu den wichtigsten Prozessen der physikalischen Verwitterung. Natürlich ist ihr Auftreten auf jene Klimate der mittleren und höheren Breiten beschränkt, deren Winter kalt sind, sowie auf kalte klimatische Höhenstufen in hohen Gebirgen.

Dabei können Drücke von über 200 MPa auftreten. Bei -5 °C beträgt der Druck 50 MPa. Bei -22 °C ist mit 211,5 MPa das Druckmaximum erreicht. Bei noch höherem Druck geht das Eis in eine andere, weniger Raum beanspruchende Form über. Dabei kommt es zu einer Volumenvermehrung von bis zu 9 %.[2]

Nahezu überall ist das anstehende Gestein von Spalten durchzogen, den sogenannten Klüften. Erstarrungsgesteine sind nur selten frei von Klüften, durch die das Wasser ins Innere des Gesteins gelangen kann (Spaltenfrost). In Sedimentgesteinen bilden die Schichtflächen eine natürliche Serie von Ebenen relativ geringer Widerständigkeit im Gestein; die Schichtflächen und die Klüfte kreuzen sich im rechten Winkel zueinander.

Vergleichsweise geringe Kräfte genügen, um von Klüften und Schichtflächen begrenzte Blöcke aus dem anstehenden Gesteinsverband zu trennen, während viel mehr Kraft vonnöten ist, um im festen anstehenden Gestein neue, frische Spalten zu erzeugen. Der Prozess der Abtrennung von Blöcken aus dem Anstehenden heißt Blockzerfall.

Wenn grobkörniges Erstarrungsgestein durch chemische Zersetzung geschwächt wird, kann Wasser längs der Grenzflächen zwischen den Mineralkörnern in das Gestein eindringen; hier kann das Wasser gefrieren und durch den starken Druck der dabei auftretenden Volumenvergrößerung die Mineralkörner voneinander trennen. Dieser Prozess wird körniger Zerfall genannt. Das dabei entstehende Produkt ist ein Feinkies oder grober Sand, in dem jedes Korn aus einem einzelnen Mineralpartikel besteht, das von seinen Nachbarn längs der ursprünglichen Kristall- oder Korngrenze getrennt worden ist.

Die Wirkung der Frostverwitterung ist in allen Klimaten zu beobachten, die eine winterliche Jahreszeit mit vielen Frostwechseln besitzen. Wo das anstehende Gestein an Felsen und Berggipfeln entblößt ist, werden Blöcke durch Wasser, das in den Klüften gefriert, von Gestein abgetrennt. Unter besonders günstigen Bedingungen, wie sie an hohen Berggipfeln und in der arktischen Tundra vorkommen, sammeln sich große, kantige Gesteinsbrocken in einer Schuttschicht an, welche das darunterliegende anstehende Gestein völlig zudeckt. Der Name Felsenmeer bezeichnet solche ausgedehnten Decken aus groben Gesteinsblöcken.

Von Felswänden im Hochgebirge trennt die Frostverwitterung Gesteinsfragmente ab, die zum Fuß der Wand hinunterfallen. Wo die Produktion dieses Schutts mit einer hohen Rate geschieht, sammeln sich die Fragmente am Fuß der Felswände zu Schutthalden an.

Frostverwitterung ist ein vorherrschender Prozess in der arktischen Tundra und ein Faktor in der Entwicklung einer großen Vielzahl verschiedener dort vorkommender Bodenstrukturen und Landformen.

Salzverwitterung

Felsnische in Mesa Verde
Tafoni in Form eines Bienewabenmusters verursacht durch Salzverwitterung
Salzverwitterung an einer Mauer auf Gozo, Malta

Der Wirkung der Frostverwitterung durch wachsende Eiskristalle sehr ähnlich ist der Effekt des Wachstums von Salzkristallen in Spalten und Poren des Gesteins. Dieser Salzsprengung genannte Prozess ist in trockenen Klimaten weit verbreitet. Während langer Trockenperioden wird Wasser aus dem Inneren des Gesteins durch Kapillarkräfte an die Oberfläche gezogen. Dieses Wasser enthält gelöste Mineralsalze. Bei seiner Verdunstung bleiben winzige Salzkristalle zurück.

Der Wachstums- oder auch Kristallisationsdruck dieser Kristalle ist imstande, den körnigen Zerfall der äußeren Gesteinsschale zu verursachen. Das Auskristallisieren aus übersättigten Lösungen erzeugt eine Druckwirkung von 130 kp / cm2, und beim Wachstum von Salzkristallen 40 kp / cm2. Denselben Prozess kann man auch an Bausteinen und Beton in den Städten beobachten. Streusalz, das im Winter auf Straßen ausgestreut wird, führt zu beachtlichem Zerfall des bodennahen Bereichs von Stein- und Betonbauten.

Sandsteinfelswände sind für Gesteinszerfall durch Salzsprengung besonders anfällig. Tritt am Fuß einer Sandsteinwand Sickerwasser aus, da es nicht in eine dichtere, undurchlässige Gesteinsschicht (Tonschiefer z.B.) eindringen kann, hinterlässt die dort auftretende andauernde Verdunstung dieses Wassers die mitgeführten Salze in den oberflächennahen Poren des Sandsteins. Der Druck der wachsenden Salzkristalle reißt vom Sandstein kleine Schuppen und Splitter ab. Abgetrennte Sandkörner werden von Windstößen weggetragen oder von Regenwasser weggespült, das über die Felswand abläuft.

Mit dem Zurückweichen des Wandfußes entsteht dort allmählich eine Nische oder flache Höhle. In den südwestlichen USA (z. B. im Mesa-Verde-Nationalpark) waren viele solcher Nischen von Indianern bewohnt; mit Steinmauern schlossen sie die natürlichen Hohlformen ein. Diese Felsnischensiedlungen (englisch: cliff dwellings) waren nicht nur vor schlechtem Wetter geschützt, sondern auch vor feindlichen Angriffen.

Die Salzverwitterung wird meist mit ariden Klimaten in Verbindung gebracht, da dort die große Hitze zu sehr starken Verdunstungen führt. Man kann diese Form der Verwitterung aber auch an Küsten sehr gut erkennen, besonderes bei Mauern oder Felsen, die in das Meer ragen. Sie weisen oft kugel- bis nierenförmige Hohlräume mit einem Durchmesser von wenigen Zentimetern bis zu einem halben Meter auf, die der Form eines Bienenwabenmusters gleichen. Diese Tafoni genannte Verwitterungsform entsteht durch gleichzeitige chemische und physikalische Verwitterung durch das Salzwasser.

Druckentlastungsverwitterung

Exfoliation von Granit

Ein eigentümlicher, weitverbreiteter Prozess, der mit der physikalischen Verwitterung verwandt ist, entsteht durch Druckentlastung, die Reaktion des Gesteins auf die Verminderung vorher vorhandener, den Gesteinskörper einengender Druckkräfte durch die Abtragung überlagernder Gesteinsmassen. Gesteine, die in großer Tiefe unter der Erdoberfläche gebildet wurden (besonders Erstarrungs- und metamorphe Gesteine) befinden sich in einem etwas komprimierteren Zustand wegen der riesigen Last des sie überlagernden Gesteins.

Wenn diese Gesteine an die Oberfläche gelangen, dehnen sie sich um einen kleinen Betrag aus; in diesem Prozess brechen dicke Gesteinsschalen von der darunter befindlichen Gesteinsmasse los. Dieser Vorgang wird auch Exfoliation genannt. Die Trennflächen zwischen den Schalen bilden ein System von Spalten, die als Druckentlastungsklüfte bezeichnet werden.

Diese Kluftstruktur ist am besten in massiven, vorher kluftarmen Gesteinen ausgebildet, wie zum Beispiel in Granit; denn in einem bereits engständig geklüfteten Gestein würden die Expansion lediglich zu einer Erweiterung dieser vorhandenen Klüfte führen.

Die Gesteinsschalen, welche von der Druckentlastung erzeugt werden, liegen im Allgemeinen parallel zur Landoberfläche und sind deshalb zu den Talsohlen hin geneigt. An Granitküsten sind die Schalen an allen Punkten seewärts geneigt. Die Druckentlastungsklüftung ist sehr gut in Steinbrüchen zu sehen, wo sie den Abbau großer Gesteinsblöcke stark erleichtert.

Wo sich die Druckentlastungsklüfte über dem Gipfelbereich eines einzelnen großen, massiven Gesteinskörpers entwickelt haben, entsteht eine Exfoliationskuppe (englisch: exfoliation dome). Diese Kuppen gehören zu den größten Landformen, die hauptsächlich durch Verwitterung erzeugt worden sind. In der Region des Yosemite Valley in Kalifornien, wo solche Kuppen eindrucksvoll das Landschaftsbild prägen, besitzen einzelne Gesteinsschalen Dicken von 6 bis 15 Meter.

Andere Arten von großen, glatten Felskuppeln ohne solchen Schalenbau sind keine echten Exfoliationskuppen, sondern entstanden durch den körnigen Zerfall der Oberfläche einer einheitlichen Masse eines harten, grobkörnigen intrusiven Erstarrungsgesteins, dem Klüfte fehlen. Beispiele sind der Zuckerhut von Rio de Janeiro und Stone Mountain in Georgia (USA). Diese glatten Bergkuppen ragen in auffälliger Weise über ihrer Umgebung aus weniger widerständigem Gestein auf.

Quelldruckverwitterung

Durch quellfähige Tonminerale kommt es bei Wechsel von Durchfeuchtung und Trocknung zu Volumenänderungen, was den Gesteinsverband zerstören kann.

Hydrationsverwitterung

Unter Hydrationsverwitterung versteht man das Einlagern von Wassermolekülen in das Kristallgitter von Mineralen. Durch die dadurch verursachte Volumenzunahme kommt es zu Vergrusungserscheinungen. Die Hydration ist eine Form der physikalischen Verwitterung und darf nicht verwechselt werden mit der Hydrolyse, bei der die Minerale mit den geladenen Ionen des Wassers reagieren (chemische Verwitterung). Gelegentlich wird an Stelle von Hydration auch das Synonym Hydratation in der Literatur verwendet, welches international aber unüblich ist. Die Hydrationsverwitterung wird im Allgemeinen auch zur chemischen Verwitterung gezählt.

Thermische Verwitterung

Hauptartikel: Temperaturverwitterung

Die thermische Verwitterung (Insolationsverwitterung) zählt zu den physikalischen Verwitterungsarten, wird aber meist als spezielle Kategorie geführt. Sie wird in festen Materialien durch Temperaturunterschiede hervorgerufen. Diese können

Chemische Verwitterung

Unter der chemischen Verwitterung versteht man die Gesamtheit all jener Prozesse, die zur chemischen Veränderung oder vollständigen Lösung von Mineralen führen. Durch sie werden Gesteine in ihren Eigenschaften verändert und Stoffe in deren Umgebung freigesetzt bzw. auch aus der Umgebung in den Mineralbestand eingebunden (z. B. bei feuchten Bauwerken oder der Bildung von Konglomeraten). Mit der chemischen Verwitterung sind zahlreiche Prozesse von der mikrotechnischen Ätzung bis zum großräumigen Effekt des sauren Regens verbunden.

Wollsackverwitterung

Durch Wollsackverwitterung zerklüfteter Felsen im Świętokrzyski-Nationalpark, Polen

Hauptartikel: Wollsackverwitterung

Wenn die chemische Verwitterung in das anstehende Gestein eindringt, werden die kluftbegrenzten Blöcke im Gesteinsverband von allen Seiten angegriffen. Von den Klüften her rückt die Zersetzung in das Innere des Blocks vor und erzeugt dabei konzentrische Schalen weichen Gesteins, welche sich bei weiterer Verwitterung zwiebelschalenförmig absondern und dem noch unverwitterten Kern des kantig begrenzten Blocks eine gerundete, wollsackähnliche Form geben – daher die Bezeichnung Wollsackverwitterung.

Kohlensäureverwitterung

Verwitterung von Kalkstein durch chemische Prozesse

Karbonatgesteine (Kalkstein, Marmor) sind besonders anfällig für die Wirkung der in Regenwasser und besonders in Bodenwasser enthaltenen Kohlensäure. Mineralisches Calciumcarbonat (Calcit) wird gelöst und zerfällt dabei in Ionen von Calcium und Hydrogencarbonat. In Regionen mit großem Wasserüberschuss werden diese Ionen in Fließgewässern weggeführt.

Die Reaktion der Kohlensäure mit Kalkgestein erzeugt viele interessante, meist relativ kleine Oberflächenformen. Die Oberfläche entblößten Kalksteins ist typischerweise mit einem komplexen Muster von Pfannen, Rillen, Furchen und anderen Vertiefungen überzogen. An einigen Stellen erreichen sie das Ausmaß tiefer Furchen und hoher, wandartiger Gesteinsrippen, die von Mensch und Tier nicht mehr in normaler Weise überquert werden können. Durch sie entstehen die bizarren Karrenfelder im Karst und in den Kalkalpen.

In den feuchten Klimaten der niederen Breiten wird mafisches Gestein, insbesondere Basaltlava, intensiv von größtenteils biogenen Bodensäuren angegriffen. Dabei entstehen Landformen, welche eine große Ähnlichkeit mit den durch Carbonatisierung massiven Kalksteins in Feuchtklimaten der höheren Breiten erzeugten Formen besitzen. Die Effekte der Abfuhr von Basaltlava in Lösung zeigen sich in den eindrucksvollen Furchen, Felsrippen und –türmen an den Hängen tiefer Bergnischen in Teilen der Hawaii-Inseln.

Die Wirkung der Kohlensäure ist ein dominierender Faktor für die Denudation in Kalksteingebieten mit feuchtem Klima wegen der dort intensiven biotischen CO2-bildenden Prozesse. Die Untersuchung eines in Kalkstein eingeschnittenen Tals in Pennsylvania ergab, dass die Landoberfläche allein durch die Wirkung der Kohlensäure im Durchschnitt um 30 cm in 10.000 Jahren erniedrigt worden ist. Wie zu erwarten, liegen in feuchten Klimaten unter den großen Talzonen und anderen Bereichen niedrigen Geländes häufig Carbotnatgesteine im Gegensatz zu anderen, weniger anfälligen Gesteinen, aus denen benachbarte Rücken und Plateaus bestehen.

Das umgekehrte trifft auf Trockenklimate zu; dort sind die Verwitterungseinflüsse wegen der geringeren biotischen Aktivität sehr viel geringer und Kalkstein und Dolomit bilden die hohen Rücken und Plateaus. Die Ränder des Grand Canyon und die angrenzenden Plateaus z. B. sind von Dolomitschichten unterlagert. Sandsteinschichten aus Quarzkörnern, die durch Calciumcarbonat miteinander verkittet wurden, verwittern in einem Trockenklima ebenfalls nur geringfügig.

Die Einwirkung der Kohlensäure führt auch tief unter der Landoberfläche zur Wegführung von Carbonatgestein und damit zur Bildung von Höhlen und Höhlensystemen im Kalkgestein. An diesem Prozess ist die Grundwasserbewegung maßgeblich beteiligt.

Lösungsverwitterung

Die Lösungsverwitterung greift vor allem Salz- und Karbonatgesteine an, deren Minerale in Lösung gehen oder Kristallwasser aufnehmen (zum Beispiel Umwandlung Anhydrit zu Gips). Im einfachsten Fall werden Salze im Boden durch einsickerndes Wasser gelöst, wodurch Hohlräume entstehen können. In Karbonatgesteinen kann dieser Prozess zur Bildung von Höhlen und anderen Karsterscheinungen führen. Bei der Lösungsverwitterung bleiben meist nur Kleinstgitterstrukturen übrig. Da Lösung traditionell zur Chemie gezählt wird, ordnet man die Lösungsverwitterung der chemischen Verwitterung zu. Da sie aber reversibel ist und die chemische Zusammensetzung des Gesteins nicht verändert wird, sondern lediglich die Kristallstruktur zerstört wird, ist die Lösungsverwitterung eigentlich eine physikalische Verwitterungsart.

Die Lösungsverwitterung ist ein optisch meist gut erkennbarer chemischer Verwitterungsprozess. Manche Gesteine lösen sich wortwörtlich auf, fast so wie Zucker in Getränken oder wie Salz in einem Topf mit Wasser. Kalkstein, der vor allem aus Calciumcarbonat besteht, ist von dieser Form der Verwitterung besonders betroffen, da er durch Kohlensäure vollständig aufgelöst werden kann.

Diese Säure entsteht durch die Reaktion von Wasser mit Kohlendioxid. Letzteres stammt entweder aus der Atmosphäre oder, in stärkerer Konzentration, biotisch gebildet, aus dem Boden:

\mathrm{H_2 O + CO_2 \longrightarrow H_2CO_3}

Daraus folgt eine Reaktionsgleichung, in der sich Calciumcarbonat in Gegenwart von Wasser und Kohlendioxid löst:

\mathrm{CaCO_3 + CO_2 + H_2O \longrightarrow Ca^{2+} + 2\;HCO_3^-}

Wasser in Verbindung mit Kohlendioxid greift viele Minerale an. Olivin zum Beispiel, der sich in vielen vulkanischen Gesteinen befindet, kann nach einer Reihe von Reaktionen fast völlig aufgelöst werden. Hier eine vereinfachte Reaktionsgleichung:

\mathrm{Mg_2SiO_4 + 2\;H_2O + 4\;CO_2 \longrightarrow 2\;Mg(HCO_3)_2 + SiO_2}

Hydrolyse

Bei der Hydrolyse (hydrolytische Verwitterung) werden Kationen, die am Grundgerüst des Gesteins gebunden sind (meist K, Mg, Ca, Mn, Fe) durch H + -Ionen gelöst. Dadurch wird das Grundgerüst instabil und zerfällt. Die Hydrolyse ist für die Bodenbildung verantwortlich. Durch Hydrolyse werden aus Silikatgesteinen (Glimmer) Tonminerale, die je nach Klima verschiedene Formen annehmen (im gemäßigten Klima: Illit, im tropischen Klima: Kaolinit). Allgemein gilt: je feuchter das Klima, je höher die Temperatur und je geringer der pH-Wert, umso intensiver ist die Hydrolyse. In den warmen und feuchten Klimaten der äquatorialen, tropischen und subtropischen Zone werden Erstarrungsgesteine und metamorphe Gesteine durch Hydrolyse und Oxidation oft bis zu Tiefen von 100 Metern verwittert. Geologen, die solche Tiefenverwitterung des Gesteins zuerst in den südlichen Appalachen untersuchten, nannten diese Verwitterungsschicht Saprolith (wörtliche: „verfaultes Gestein“). Für den Bauingenieur bedeutet tief verwittertes Gestein ein Risiko beim Bau von Autobahnen, Dämmen oder anderen schwerlastigen Bauwerken.

Einerseits ist der Saprolith weich und kann ohne viel Sprengarbeit von Baggern bewegt werden, andererseits besteht aber die Gefahr, dass das Material unter schwerer Belastung nachgibt. Dieser Typ von Regolith kann wegen seines hohen Gehalts bestimmter wasseraufnehmender und dadurch anschwellender Tonminerale, wie z.B. Montmorillonit, unerwünschte plastische Eigenschaften besitzen.

Die Hydrolyse des Granits wird von körnigem Zerfall begleitet, der physikalischen Zerlegung des Gesteins in seine Mineralkörner. Durch die damit verbundene Zurundung von Gesteinskanten erzeugt dieser Prozess mannigfaltige Formen von Blöcken und Felsen. In ariden Gebieten sind solche Formen besonders auffällig. In den meisten Wüsten gibt es ausreichend Feuchtigkeit für die Hydrolyse; sie schreitet nur langsamer fort als in feuchteren Klimaten.

Das Produkt des körnigen Zerfalls von felsitischem Erstarrungsgestein ist ein Feinkies, Grus genannt, der vorwiegend aus Mineralkörnern von Quarz und teilverwittertem Feldspat besteht.

Biogene Verwitterung

Unter biogener, auch biologischer oder organogener, Verwitterung versteht man die Verwitterung durch den Einfluss lebender Organismen sowie ihrer Ausscheigungs- bzw. Zersetzungsprodukte. [3] [4] Diese Wirkungen können physikalischer Natur (Wurzelsprengung) und/oder chemischer Natur (Ätzwirkung von Organismen) sein. Die Abrenzungslinie zwischen biogener und physikalischer bzw. chemischer Verwitterung ist dabei in manchen Fällen schwer zu ziehen. [5] Die biogenen Verwitterungsformen werden in der Literatur mitunter auch unter den Kategorien der physikalischen bzw. chemischen Verwitterung eingeordnet.

Wurzelsprengung

In Klüfte des Gesteins und in die winzigen Spalten zwischen Mineralkörnern hineinwachsende Pflanzenwurzeln üben eine Kraft aus, deren Tendenz es ist, diese Öffnungen zu erweitern. Man sieht gelegentlich Bäume, deren unterer Stamm und deren Wurzeln fest in einer Kluft des massiven Gesteins eingekeilt sind. Es bleibt im Einzelfall offen, ob der Baum es tatsächlich geschafft hat, die Blöcke zu beiden Seiten der Kluft weiter auseinanderzutreiben, oder ob er lediglich den bereits vorhandenen Raum der Spalte ausgefüllt hat.

In jedem Fall sicher ist jedoch, dass der Druck, den das Wachstum winziger Wurzeln in Haarrissen des Gesteins ausübt, unzählige kleine Gesteinsschuppen und Körner lockert. Die Anhebung und das Zerbrechen von Gehwegplatten aus Beton durch das Wachstum der Wurzeln naher Bäume ist ein allgemein bekannter Beweis für den wirksamen Beitrag von Pflanzen zur physikalischen Verwitterung.

Chemisch-biotische Verwitterung

Es handelt sich um Verwitterungsvorgänge, die Mikroorganismen, Pflanzen oder Tiere verursachen. Beispielsweise greifen die von Pflanzenwurzeln abgesonderten organischen Säuren das Kristallgitter von Mineralen an und zerlegen das Gestein dadurch in einzelne Bestandteile. Der aus abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Resten bestehende Humus enthält einen großen Anteil an Huminsäuren, die gesteinszerstörend wirken. Durch mikrobielle Säurebildung, Oxidationen und Reduktionen kann es zur Auflösung von Mineralen kommen.

Die Wirkung der Kohlensäure wird in vielen Fällen durch die Wirkung einfacher organischer Säuren verstärkt. Sie entstehen bei der Zersetzung von abgestorbener organischer Substanz oder werden von den Wurzeln lebender Pflanzen abgegeben. Sie gehen mit Metallen (vor allem Fe, Al und Mg) sehr stabile, zum Teil lösliche, zum Teil unlösliche Verbindungen ein, so genannte metallorganische Komplexe (Chelatkomplexe, Chelate). Diese Chelatbildung ist eine wichtige Verwitterungsreaktion. Das Wort „Chelat“ bedeutet „krallenähnlich“ und bezieht sich auf die sehr enge Bindung, die organische Moleküle mit Metall-Kationen eingehen.

Im Falle der löslichen Komplexe werden diese im Bodenprofil mit der Sickerwasserbewegung verlagert und dem Verwitterungsmechanismus entzogen. Chelatisierende Stoffe, die vor allem bei mikrobiellen Abbauprozessen freigesetzt werden, sind unter anderem Citronensäure, Weinsäure und Salicylsäure.

Des Weiteren können Bakterien und die Atmung der Pflanzenwurzeln durch die Kohlenstoffdioxid-Bildung den Kohlensäuregehalt im Boden erhöhen und dadurch Lösungsvorgänge beschleunigen. Anaerobe Bakterien bewirken teilweise Reduktionsprozesse, da sie bestimmte Stoffe als Elektronenakzeptoren für ihren Energiestoffwechsel verwenden und dadurch, etwa durch die Reduktion von Eisen (von der dreiwertigen zur zweiwertigen Form) wasserlöslich machen. Zweiwertiges Eisen ist in Wasser wesentlich leichter löslich als dreiwertiges, kann also relativ leicht mobilisiert und verlagert werden.

Einzelnachweise

  1. Hans-georg Wunderlich: Einführung in die Geologie. Band I. Exogene Dynamik, B. I.-Wissenschaftsverlag, Mannheim, /Wien/Zürich, 1968, S. 39
  2. Herbert Louis, Klaus Fischer: Allgemeine Geomorphologie, de Gruyter, 1979, S. 113 ff.
  3. F. J. Stevenson: Humus chemistry : Genesis, Composition, Reactions, Crystal Dreams Publishing, 1994, S. 474
  4. Francis George Henry Blyth, M. H. De Freitas: A geology for engineers, 7. Aufl., Elsevier, 1984, S. 31
  5. Greg John Retallack: Soils of the past. An introduction to paleopedology, 2. Aufl., Blackwell Science, Oxford, 2001, S. 75

Literatur

  • F. Press und R. Siever: Allgemeine Geologie - Einführung in das System Erde, 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2003, ISBN 3-8274-0307-3
  • A. Goudie: Physische Geographie - Eine Einführung, 4. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, München, 2002, ISBN 3-8274-1872-0
  • A. H. Strahler und A. N. Strahler: Physische Geographie, 3. Auflage. UTB, Stuttgart, 2005, ISBN 3-8252-8159-0
  • H. J. de Blij, P.O. Muller und R.S. Williams Jr.: Physical Geography – The global environment, 3. Auflage. Oxford University Press Inc., 2004, ISBN 0-19-516022-3
  • Henry Lutz Ehrlich: Geomicrobiology. 3. Auflage. Marcel Dekker, New York 1996, ISBN 0-8247-9541-5

Weblinks


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