Mannbarkeitsritual

Mannbarkeitsritual

Initiation bezeichnet die Einführung eines Außenstehenden (eines Anwärters) in eine Gemeinschaft oder seinen Aufstieg in einen anderen persönlichen Seinszustand, z. B. vom Kind zum Mann, vom Novizen zum Priester oder vom Laien zum Schamanen. Der Hauptfall der Initiation ist die Pubertäts- und Stammesinitiation der Stammesgesellschaft und die daraus hervorgegangene Initiation der antiken Mysterienkulte. Sie gehört also im Wesentlichen zu einer archaischen Vergangenheit.

Die Initiation folgt einem traditionellen Initiationsritus. Das Ritual zur Aufnahme in einen geistlichen Orden wird auch Ordination genannt. Übergangsriten wurden in den Sozialwissenschaften grundlegend zuerst von Arnold van Gennep untersucht. Auf dem Gebiet der Pubertäts- und Stammesinitiation gilt Mircea Eliade als bahnbrechend.

Inhaltsverzeichnis

Spirituelle Beispiele

Christentum

Taufe einer Frau in Benin, Afrika

Die christliche Taufe, Konfirmation der evangelischen und die Kommunion, Firmung der katholischen Kirchen haben aufgrund ihres Symbolcharakters initiierenden Charakter. Hierbei tritt der spirituelle Charakter in den Mittelpunkt der Zeremonie. Der Errettung der Seele durch die Aufnahme in den Kreis der Gläubigen ist für viele Religionen das zentrale Element einer Initiation.

Judentum

Im Judentum die Bar Mizwa für 13-jährige Jungen beziehungsweise die Bat Mizwa für Mädchen. Sie müssen öffentlich einen Abschnitt aus der Tora vorsingen, nachdem sie die Teamim erlernt haben.

Hinduismus

Junge Männer in den höheren Kasten der Hindus werden dem sogenannten Upanayana (Initiationsritus für Knaben) unterzogen. Es ist diese kultische Handlung, die einen Menschen nach Auffassung der Hindus zum „Dvijati“ werden lässt, zum „Zweimalgeborenen“.

Buddhismus

In westlichen buddhistischen Klöstern wird oftmals eine Bewerbung an das Kloster geschrieben, in der sich der Anwärter auf das Mönchtum kurz vorstellt. Erfüllt er die Voraussetzungen des Klosters, wird er zu einem Gespräch im Kloster eingeladen. In Klöstern in Asien fällt diese Form der Bewerbung häufig weg. Stattdessen geht der Bewerber direkt in das entsprechende Kloster und stellt sich vor. Die Ordination beginnt je nach der buddhistischen Schule, der das Kloster angehört, üblicherweise durch ein Gespräch entweder mit einem Mönch, dem Abt, dem obersten Lama (im tibetischen Buddhismus) oder dem Meister des Klosters. Wenn der Bitte des Aspiranten um Aufnahme stattgegeben wird, folgt in vielen Klöstern zunächst eine Probezeit (manchmal als Postulat bezeichnet), die mehrere Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern kann. Nach dieser Probezeit kann die offizielle Ordination beginnen. Diese wird oftmals in einer vom Orden abhängigen Zeremonie an speziellen buddhistischen Feiertagen oder zu Festen vollzogen (oftmals zum Vesakhfest). Zum Zeichen der Abkehr vom weltlichen Leben wird dem Neuankömmling der Kopf kahl geschoren. Der Hauptbestandteil der Zeremonie ist die sogenannte Dreifache Zuflucht des Neulings zu den Drei Juwelen: Dem Buddha, dem Dharma (die Lehren des Buddha) und dem Sangha (die Gemeinschaft der Mönche und Erwachten). Nach dieser Zeremonie ist der Mönch offiziell in den Orden aufgenommen und legt seine bürgerliche Kleidung ab. Von nun an trägt er ein vom Orden abhängiges Gewand. In manchen buddhistischen Klöstern werden Knaben zunächst fürstlich bewirtet, dürfen sich feierlich kleiden und ausgiebig spielen, bevor sie dann zeremoniell ins Kloster aufgenommen werden.

Shintoismus

  • Im Shintō gibt es den Brauch, Neugeborene an einem bestimmten Tag zu ihrem ersten Schreinbesuch, dem Hatsumiyamairi, zu bringen. Das Neugeborene wird dadurch Mitglied der Gemeinde.

Neue religiöse Bewegungen

  • Viele Neue Religiöse Bewegungen kennen ebenfalls Initiationsrituale. Diese haben oft kontemplativen Charakter, so wie z. B. bei Eckankar, die die ersten beiden von bis zu zwölf Initiationen durch die Übergabe eines persönlichen Mantras vollziehen. Die späteren Initiationen werden dann in gemeinsamer Kontemplation mit einem Geistlichen in Stille erteilt. Im Wicca werden neue Mitglieder durch einen mehrstufigen Initiationsprozess in die Gemeinschaft aufgenommen. Dabei werden bestimmte rituelle Handlungen vorgenommen und dem neuen Mitglied auf diese Weise religiöse Geheimnisse anvertraut.

Pubertäts- und Stammesinitiation

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Die Mythen und Riten der Pubertäts- und Stammesinitiation sind meist streng geheim, sodass nur ausnahmsweise Einzelheiten bekannt geworden sind. Im Wesentlichen macht der Novize überall eine sogenannte Wiedergeburt durch, er stirbt symbolisch, indem er von einem Ungeheuer verschlungen wird und taucht schließlich neu geboren wieder auf. Dabei spielt häufig eine Initiationshütte eine wichtige Rolle: „Oft stellt die Initiationshütte den offenen Rachen eines Meeresungeheuers dar ... In einigen Gegenden von Ceram (Indonesien) heißt die Öffnung, durch welche die Neophyten eindringen, direkt 'Schlangenrachen' … Vor allem in Neuguinea ist die Symbolik der Initiationshütte äußerst anschaulich. Für die Beschneidung der Knaben baut man eine Hütte, welche die Form des Ungeheuers Barlun hat, von dem man glaubt, es verschlinge die Novizen“ [1]. Das verschlingende Ungeheuer gilt als ein Bild der „gezahnten Vagina“, in die der Novize zum Zweck der Wiedergeburt zurückkehren muss.

Der Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung, der ein lebhaftes Interesse für die Mythen und Riten der Pubertäts- und Stammesinitiation hatte, veröffentlichte eine ganze Reihe von bildlichen Darstellungen der Kinder verschlingenden „furchtbaren Mutter“ aus allen Teilen der Welt [2]. Auf diesem Hintergrund werden die von Leo Frobenius in seinem Buch „Das Zeitalter des Sonnengottes“ gesammelten Mythen über den von einem Ungeheuer verschlungenen „Sonnenheros“ einschließlich des Märchens von „Rotkäppchen“ verständlich. Sie gehören offenbar alle zur Pubertäts- und Stammesinitiation, sie illustrieren alle irgendeine mystische Erfahrung des Novizen.

Ähnlich wie der Eingeweihte des antiken Mysterienkultes so gilt auch der Wiedergeborene der Pubertäts- und Stammesinitiation als unsterblich, als Gott. Der Stamm ist im Unterschied zum Individuum natürlich zeitlos, und durch Integration in den Stamm nimmt der Jüngling offenbar Teil an dessen Zeitlosigkeit. Da sich die Stammesgesellschaft stets als die Nachkommenschaft eines göttlichen Ahns versteht, so läuft die ganze soziale Integration des Novizen offenbar darauf hinaus, dass er als zeitlich und räumlich begrenztes Individuum vergeht und - wie alle anderen Stammesgenossen - als eine Verkörperung des großen Ahns neu ersteht.

Antike Mysterieninitiation

Einweihungsritual des Mithraskultes, rechts

Die Einweihung in den antiken Mysterienkult geht auf die archaische, ursprünglich weltweit verbreitete Pubertäts- und Stammesinitiation zurück. Der Zusammenhang ist auch hier und da noch zu erkennen. So wurde der Tag, an dem die römischen Knaben im 16. Lebensalter die Toga des Erwachsenen anlegten, als ein Tag des Mysteriengottes Liber oder Dionysos / Bacchus [3].gefeiert. Ovid versucht umständlich, den Zusammenhang zu erklären. Der Unterschied zur Pubertäts- und Stammesinitiation scheint in einer mehr oder weniger weit fortgeschrittenen Entpolitisierung zu liegen. Man kann allerdings keineswegs sagen, dass die Mysterienkulte allgemein eine reine Privatangelegenheit gewesen wären. Das mag am ehesten auf die aus dem Orient importierten Kulte zutreffen, aber die Mysterien von Eleusis waren ein Teil des athenischen Staatskultes und wurden von Königsarchonten organisiert, ähnlich war der Dionysoskult ein Teil des Staatskultes jedenfalls der Thebaner und Kreter, ebenso gehörten die andanischen Mysterien der Demeter zum Staatskult der Messenier.

Isis- und Osiriskult

Wie bei der Pubertäts- und Stammesinitiation liegt die Einweihung auch hier eigentlich im Vorgang der sogenannten Wiedergeburt (annagenesis, renatio), und ähnlich wie dort so ist auch hier der Wiedergeburtsritus streng geheim, sodass man nur ausnahmsweise Einzelheiten erfährt. Sehr eindrucksvoll ist der Eid, mit dem sich ein ägyptischer Eingeweihter des Isis- und Osiriskultes zu Verschwiegenheit verpflichtet: „Im Namen des Gottes, der die Erde vom Himmel geschieden hat, das Licht von der Finsternis, den Tag von der Nacht, die Welt vom Chaos, das Leben vom Tod, das Werden vom Vergehen, schwöre ich ..., die Mysterien geheim zu halten ..., und ich schwöre auch, dass mich Strafe treffen möge, wenn ich zum Verräter werde“ [4]. Mit dem geheimnisvollen Gott ist zweifellos ein Allgott wie Amun gemeint (vgl. Weltenei).

Apuleius beschreibt im 2. Jahrhundert n. Chr. die Einweihung des Romanhelden Lucius in den griechischen Isis- und Osiriskult. Lucius berichtet: „Die Sonne neigte sich herab und führte den Abend herauf ... Vielleicht magst du, wissbegieriger Leser, in einiger Aufregung fragen, was dann gesprochen, was getan wurde. Ich würde es sagen, wenn ich es sagen dürfte ... Indessen will ich dich, weil dich vielleicht fromme Erwartung gespannt macht, nicht ganz in quälender Ungewissheit lassen. Höre also, aber glaube, was wahr ist: Ich kam zur Grenze des Todes und überschritt die Schwelle der Proserpina, und durch alle Elemente fahrend, kehrte ich (zum Anfang der Welt) zurück. Mitten in der Nacht sah ich die Sonne in hellem Glanz erstrahlen. Ich trat zu den Göttern der Tiefe und der Höhe und betete sie aus nächster Nähe an ... Da habe ich dir nun berichtet, was du wohl gehört hast, aber doch nicht verstehen kannst.“ [5]. Nimmt man den oben zitierten, an den Allgott gerichteten Eid hinzu, so scheint der ganze Bericht des Lucius auf eine pantheistische Offenbarung hinauszulaufen. Dieser Meinung ist auch G. Willoughby, der im Corpus Hermeticum (ungefähr aus dieser Zeit) eine Stelle fand, die genau erklärt, was Lucius mit seiner „Fahrt durch alle Elemente“ meinte. Hier unterrichtet ein Mystagoge seinen Schüler über das Verhältnis von Geist und Materie, bis dieser plötzlich ausruft: „Unerschütterlich bin ich geworden, Vater, und durch Gott habe ich eine Vision ... Ich bin im Himmel, in der Erde, im Wasser und in der Luft, ich bin in den Pflanzen und Tieren ..., (ich bin) überall“ [6].

Am Morgen nach seiner nächtlichen Vision feiert Lucius Hochzeit (die Hierogamie) mit Isis: „Es wurde Morgen und nach Abschluss der Feierlichkeiten trat ich hinaus ... Nämlich im Zentrum des Tempels stellte ich mich, wie man mich anwies, auf ein vor dem Bild der Göttin errichtetes Holzpodest ... Aber in der Rechten hielt ich eine (Hochzeits-)Fackel mit entfachter Flamme, und um meinen Kopf schlang sich ein prächtiger Kranz mit strahlenförmig vorstehenden Palmblättern. So ward ich wie der Sonnengott ausstaffiert und einem Götterbild gleich aufgestellt“. Offenbar zum krönenden Abschluss der ganzen Einweihung feierte Lucius seinen „Mystengeburtstag als ein großes Fest mit köstlichem Diner und unterhaltsamen Bankett“.

Mithraskult

Mithras schwingt die Rinderschulter

Die Eigenart des Mithraskultes ist, dass seine kleinen Grottenheiligtümer zwar reich geschmückt waren mit Reliefbilder und Plastiken, dass es jedoch keine heilige Geschichte des Kultes in schriftlicher Form gibt. Die einzige nennenswerte schriftliche Quelle ist die von Albrecht Dietrich besprochene sogenannte Mithrasliturgie. Unter ägyptischen Zauberpapyri aufgefunden und vielleicht selbst ein Zauberpapyrus hat sie doch den unschätzbaren Wert, dass sie ein in jedem Mithräum vorkommendes Bild erklärt. Das ist die Szene, in der angeblich Mithras mit dem Sonnengott kämpft. Albrecht Dietrich deutet diese Szene sehr überzeugend als das mithräische Initiationsritual, wie es in der Mithrasliturgie geschildert wird. Wie Lucius hat offenbar auch der Novize des Mithraskultes eine Vision vom „alle Elemente“ umfassenden Allgott. Die Mithrasliturgie stellt eine Reise des Novizen zum Mittelpunkt des Universums und schließlich zum Gott Mithras dar. Unterwegs begegnet er dem Sonnengott Helios und wird von ihm „neu gezeugt“. Zum Schluss sieht er „herabkommen Gott, übergewaltig, mit leuchtendem Antlitz, jung, mit goldenem Haupthaar, in weißem Gewand .., haltend in der rechten Hand eines Rindes goldene Schulter, die da ist das Bärengestirn (Großer Bär), das bewegt und zurückwendet den Himmel ...“ Bei seiner Begrüßung des Gottes wird dessen Eigenschaft als Pantheos sehr deutlich: „Herr, sei gegrüßt, Herrscher des Wassers, sei gegrüßt, Begründer der Erde, sei gegrüßt, Gewalthaber des Geistes. Herr, wiedergeboren verscheide ich ...; und da ich erhöht bin, sterbe ich ... und gehe den Weg, wie du gestiftet hast ... und geschaffen hast das Sakrament.“ [7] Entscheidend für den Zusammenhang der Mithrasliturgie mit den Bildwerken der Mithräen ist hier die Erwähnung der Rinderschulter. Sie kommt tatsächlich auf einigen Reliefbildern vor. Albrecht Dietrich verwendete ein solches Bild auf dem Titelblatt seines Buches, um möglichst nachdrücklich auf die Bedeutung der Mithrasliturgie für die Erklärung der Bilder aufmerksam zu machen. Das Initiationsritual des Mithraskultes wird gewöhnlich durch eine Folge von drei kleinen Bildern dargestellt, die sich entweder direkt neben oder direkt unter dem Hauptaltarbild mit der Stieropferszene befinden. Das erste dieser drei Bilder, hier von ziemlich weit unten nach oben betrachtet, zeigt, wie der Novize von Mitras mit einem ähnlichen Objekt wie einer Rinderschulter auf den Kopf geschlagen wird (der Tod). In der zweiten Szene schüttelt offenbar der Novizen, „austaffiert wie ein Sonnengott“, dem Mithras die Hand (die Wiedergeburt). Auf dem dritten Bild schließlich wird der Novize von Mithras im Sonnenwagen gewissermaßen inthronisiert. Im Bild ganz oben feiert der Novize ein heiliges Mahl mit Mithras (der „Mystengeburtstag“). Ähnlich wie im Fall des Isis- und Osiriskultes scheint auch hier der als Sonnengott wiedergeborene Novize Heilige Hochzeit (die hierogamie) mit der Mondgöttin (links im Bild) zu feiern. Auch die von Lucius erwähnte Fackel ist zu sehen, sie hätte außer als Hochzeitsfackel in dieser Situation gar keinen Sinn.

Kybele- und Attiskult

Eine klare Vorstellung vom Initiationsritual hat man sonst nur noch im Fall des Kybele- und Attiskultes. Clemens von Alexandrien hat die Bekenntnisformel des Eingeweihten überliefert: „Aus dem Tympanum aß ich, / aus der Zimbel trank ich, /den Kernos trug ich umher, / ich stieg in das Brautgemach (pastas) hinab.“ [8]. Die ersten beiden Zeilen beziehen sich jedenfalls auf ein heiliges Mahl, der „Kernos“ ist wohl ein Behälter mit den Hoden eines geopferten Stieres, und mit dem irgendwie unterirdischen „Brautgemach“ könnte die fossa sanguinis, eine Taufgrube, gemeint zu sein. Zum Kybele- und Attiskult gehörte jedenfalls das sogenannte Taurobolium. Der christliche Schriftsteller Prudentius (4. Jh.) gibt eine lebhafte Beschreibung des Ritus: Ein Stier wird auf einer Art Gitter über einer Grube geschlachtet. Der Täufling befindet sich in der Grube darunter und lässt sich mit dem Blut des Stieres berieseln. Man kann aber auch bezweifeln, dass dieses Taurobolium wirklich zur Einweihung allgemein gehörte. Ein Stieropfer ist teuer. Es ist auch nur im Fall von Priestern bezeugt, die den Stier zum eigenen und zum Wohl des Staates opferten [9]. Allerdings ist von einer Art Wiedergeburt des Täuflings als Gott, d. h. von einer renatio in aeterno die Rede.

Kretischer Dionysoskult

Eine Art kretischer Stierkampf

Der christliche Schriftsteller Firmicius Maternus (4. Jh.) berichtet von einem eigenartigen Initiationsritual der Kreter. Der Brauch bezieht sich auf die heilige Geschichte, dass Dionysos schon als Knabe von den Titanen zerrissen und verschlungen wurde. Firmicius Maternus berichtet: „Die Einwohner von Kreta ... veranstalten Tage feierlicher Leichenbestattung und setzen eine jährliche (Opfer-)Feier und eine religiöse (Initiations-)Weihe alle drei Jahre fest, wobei sie alles der Reihe nach tun, was der Knabe bei seinem Sterben getan und erlitten hat. Sie zerfleischen mit den Zähnen einen lebenden Stier, wodurch sie das grausame Mahl (der Titanen) in jährlicher Erinnerung darstellen; und durch dunkle Wälder hin in verworrenem Geschrei laut wehklagend ahmen sie das Rasen (der Titanen?) nach.“ [10]

Der Brauch bestand offenbar schon 700 Jahre vorher, denn in dem „Kreterfragment“ des Euripides berichtet ein Eingeweihter des kretischen Dionysoskultes: „Ein heilig' Leben führt' ich, / seit ich Myste des idäischen Zeus geworden / und Hirte des nächtens umherschweifenden Zagreus. / (Ich habe) die Mahlzeit von rohem Fleisch verrichtet --- / und heiße nun Bakchos, da ich / geheiligt worden bin.“ [11] Das Kreterfragment scheint zu beweisen, dass es sich bei dem Brauch der Kreter tatsächlich um ein Einweihungsritual handelte.

Nichtreligiöse Beispiele

Ritterschlag

Darstellung eines Ritterschlages

Der Ritterschlag ist ein typisches und bekanntes Beispiel für einen weltlichen Initiationsritus, bei dem ein Adeliger feierlich in den Ritterstand erhoben wurde.

Jugendweihe

In Deutschland stellt die Jugendweihe einen säkularen Initiationsritus dar. Sie wird heutzutage vor allem in den ostdeutschen Bundesländern praktiziert.

Studentenverbindungen

Auch manche Studentenverbindungen kennen Initiationsriten. Neumitglieder werden nach einer Probezeit von ein bis zwei Semestern vom Status des „Fux“ oder „Fuchs“ mittels einer „Burschung“ genannten Initiation (in manchen Dachverbänden: „Rezeption“/“Reception“) zum Vollmitglied ernannt. Auch Bestimmungsmensuren können bei Studentenverbindungen zur Initiation gehören.

Jugendbanden

Initiationsrituale sind auch bei Jugendbanden üblich, wobei der Anwärter gewöhnlich eine „Mutprobe“ (z. B. Diebstahl) bestehen muss. Auch werden Neuankömmlinge vor Ekel- und Gewaltproben gestellt, um ihre Unterwerfung zu erzwingen. In Frankreich heißen diese Erniedrigungsrituale „Bizutage“, in Brasilien „Trote“.

Diskrete Gesellschaften

Freimaurer-Initiation eines „Suchenden“
Stich, 1745 in Frankreich

Diskrete Gesellschaften wie die Freimaurerei (siehe: Tempelarbeit) und die Rosenkreuzer sind ebenfalls Initiationsgemeinschaften.

Moderne Männerinitiation und Männerbewegung

In den westlichen modernen und offenen Gesellschaftskulturen dienen diese Prozesse der Einweihung meist bereits volljähriger und damit erwachsener Männer in ihre persönliche Identität und Rolle als Mann und sind für den jeweiligen „Mann“ eher auf einen tieferen Lebensinn stiftenden Aspekt als auch auf einen Nachreifungsprozess ausgerichtet.

Im Gegensatz zu den traditionellen Stammeskulturen orientiert sich die moderne Männerinitiation nicht am gängigen Männerbild der jeweiligen Gesellschaft, sondern meist an den archetypischen Männerbildern des Königs, des Kriegers, des Magiers und des Liebhabers, wie sie auch aufgrund psychologischer Studien anhand von zahlreichen Mythen und Märchen erstmalig am C.G. Jung Institute of Chicago und 1990 in dem Buch King, Warrior, Magician, Lover. Rediscovering the Archetypes of the Mature Masculine von Robert Moore und Douglas Gillette vorgestellt wurden. Diese männlichen Archetypen gelten heute als grundlegende, psychologische Tiefenstrukturen des Mannes und somit als Schlüssel zum Verständnis der männlichen Psyche. Sie haben der in den USA und heute auch in Europa stattfindenden Männerbewegung starke Impulse gegeben, weshalb diese auch „mythopoetische“ Männerbewegung genannt wird.

Dabei versteht sich die mythopoetische Ausrichtung der modernen Männerbewegung nicht als Gegenkonzept zur Frauenemanzipation der 70er und 80er Jahre, und will diese und ihre Errungenschaften auch nicht umkehren oder in Frage stellen. Stattdessen stellt sie das in der westlichen Leistungsgesellschaft alte, traditionelle Männerbild und das des „Machos“ als auch das neue, als Folge der Frauenemanzipation entstandene Männerbild des „Softies“ der 80er und 90er in Frage und entwirft ein eigenes Männerbild und eine eigene Männerkultur auf Basis der vier mythologisch begründeten Archetypen sowie gesicherten Erkenntnissen von wissenschaftlich, christlich als auch buddhistisch orientierten Männerforschern.

Ken Wilber (amerikanischer Philosoph) stellte dabei fest, das dieses „Zurück zu den Wurzeln“ durchaus angemessen und förderlich für die Entwicklung eines neuen Männerbildes und der Männergesundheit in der westlichen Gesellschaft ist und hebt dabei hervor, das diese Männer ihre neuen Rollenvorbilder vom Raum der Rationalität aus agieren, diese aber gleichzeitig in einem „Als-ob“-Spiel für unsere moderne Kultur transzendieren.

Siehe auch

Literatur

  • Arnold van Gennep, Les rites de passage (deutsch: Übergangsriten, übersetzt v. S. Schomburg-Scherff, Frankfurt a. M. 1986), 1909
  • Gisela Bleibtreu-Ehrenberg: Mannbarkeitsriten: Zur institutionellen Päderastie bei Papuas und Melanesiern. Ullstein 1980
  • Mircea Eliade: Rites and Symbols of Initiation, Spring Press, ISBN 0-88214-358-1; Das Mysterium der Wiedergeburt - Initiationsriten, ihre kulturelle und religiöse Bedeutung, Zürich 1961.
  • Ken Wilber: EROS, KOSMOS, LOGOS - Eine Jahrtausend-Vision. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-14974-6
  • Leo Frobenius, Das Zeitalter des Sonnengottes, Berlin 1904

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mircea Eliade, Das Mysterium der Wiedergeburt, Zürich 1961, S. 57
  2. Carl Gustav Jung, Symbole der Wandlung, Ges. Werke Bd. 5, Freiburg 1973, z. B. S. 531
  3. Ovid, Festkalender III, 771
  4. Hans Kloft, Mysterienkulte der Antike, München 2003, S. 85
  5. Apuleius, Metamorphosen XI, 23
  6. Corpus Hermeticum XIII, Geheime Unterredung über die Wiedergeburt 11 ff.
  7. Albrecht Dietrich, Eine Mithrasliturgie, Berlin 1923, S. 15
  8. Clemens von Alexandrien, Protreptikos 15,1
  9. Hugo Hepding, Attis - Seine Mythen und sein Kult, Gießen 1903, S. 88, mit einer Zusammenstellung aller Inschriften dieser Art
  10. Firmicius Maternus, Über den Irrtum heidnischer Religion, übers. v. A Müller, S. 28
  11. Die Kreter, zit. von H. Kloft, Mysterienkulte der Antike, München 2003, S. 27

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