Manuka-Honig

Manuka-Honig

Manuka-Honig ist ein von Honigbienen aus dem Blütennektar der Südseemyrte (Manuka) erzeugter Honig, der traditionell als Naturheilmittel verwendet wird und eine ausgeprägte antibakterielle Aktivität aufweist. Die Südseemyrte (lat.: Leptospermum scoparium), eine Verwandte des australischen Teebaums, hat ihre Heimat in den entlegenen, bergigen Regionen Neuseelands und Südost-Australiens.

Inhaltsverzeichnis

Historie

Die Ureinwohner Neuseelands, die Maori, sollen traditionell seit langem Blätter und Rinde bzw. Auszüge daraus sowie den Honig des Manuka-Baums äußerlich zur Desinfektion und Unterstützung der Heilung von Wunden und Entzündungen, ferner innerlich bei Erkältungen, Blasenentzündungen und anderen Infektionen anwenden. Neuseeländische Farmer sollen bereits in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts Manuka-Honig an ihre Kühe verfüttert haben, um diese robuster gegen Krankheiten zu machen.

Inhaltsstoffe

Honig enthält Wasserstoffperoxid, das dadurch entsteht, dass Bienen bei der Honig-Produktion das Enzym Glucose-Oxidase hinzufügen. Dieses bewirkt, dass aus dem Zucker im Honig geringe Mengen von Wasserstoffperoxid entstehen und der Honig somit leicht antiseptisch wirkt.

Manuka-Honig enthält ferner Phenolcarbonsäuren (Kaffeesäure, Ferulasäure, Syringasäure) und Flavonoide (Quercetin, Isorhamnetin, Luteolin), deren Konzentration im Honig aber zu gering ist, um eine antibakterielle Wirkung zu entfalten, sowie in wechselnden Mengen das nicht-peroxidisch antibakteriell wirksame Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal (MGO). Methylglyoxal entsteht in der Honigwabe durch Dehydratation des im Nektar der Blüten des Manukastrauchs enthaltenen Stoffes Dihydroxyaceton (siehe unten). Im Nektar selbst ist noch kein Methylglyoxal vorhanden.[1] Offenbar entwickelt sich dieser Stoff erst nach der Aufnahme des Nektars durch die Bienen und den Transport in den Bienenstock.

In Arbeiten des Instituts für Lebensmittelchemie der Technischen Universität Dresden konnte die Konzentration des Stoffwechselproduktes Methylglyoxal in bestimmten Manuka-Honigen aus Neuseeland gemessen und dessen antibakterieller Einfluss quantitativ in-vitro nachgewiesen werden.[2] Besonders bakterizide Eigenschaften wurden gegen die Erreger Staphylococcus aureus und Escherichia coli festgestellt. Für Methylglyoxal wurde die minimale Hemmkonzentration gegenüber beiden Keimen als 1,1 Millimol pro Liter (entsprechend 0,075 Gramm Methylglyoxal pro Kilogramm) ermittelt. Der mittels einer HPLC-Methode ermittelte Methylglyoxal-Gehalt war in Manuka-Honig bis zu 100fach höher als in konventionellen Honigsorten.[2]

Methylglyoxal hat aufgrund seiner molekularen Eigenschaften und im Gegensatz zu Wasserstoffperoxyd eine hohe Stabilität.[2] Man kann den Honig sogar erhitzen, ohne den Methylglyoxalgehalt zu verringern.

Forscher der Universität von Waikato (Neuseeland) fanden heraus, dass Methylglyoxal hauptsächlich durch einen katalytischen Effekt entsteht. So lösen verschiedene Anionen offenbar im „jungen“ Manuka-Honig eine Dehydration des Inhaltsstoffes Dihydroxyaceton (DHA) zu Methylglyoxal aus. Dieser Prozess findet nach Einbringen des Honigs in den Bienenstock statt. Die MGO-Konzentration im „reifen“ Honig korreliert mit der DHA-Konzentration im Nektar, welche wiederum von Strauch zu Strauch schwankt. Die Universität hat ein Messverfahren entwickelt, mit dem sich die durch Lagerung erzielbare MGO-Konzentration im Honig vorhersagen lässt. Dies könnte mittelfristig zur gezielten Züchtung und zum Anbau von Manukasträuchern führen, die Produktion eines hochwirksamen Honigs ermöglichen.[1]

Der Honig aus dem Nektar der unmittelbar verwandten Leptospermum-Art Kanuka kann kein MGO entwickeln; es fehlt DHA als Ausgangsstoff für die MGO-Synthese. Da aber die Pollen von Manuka und Kanuka praktisch nicht zu unterscheiden sind, wird auch Kanuka-Honig häufig als Manuka-Honig ausgewiesen. In der freien Natur Neuseelands wachsen Kanuka und Manuka oft in unmittelbarer Nachbarschaft, blühen aber nacheinander. Die Imker lassen teilweise die Bienenstöcke in der Nähe dieser Mischvegetation stehen, so dass auch durch die natürliche Mischung der Trachten Honige unterschiedlichen MGO-Gehalts entstehen.[1]

Nicht-peroxidische antibakterielle Wirkstärke

Manukablossom.jpg

Kommerzielle Manuka-Honige werden hinsichtlich ihrer nicht-peroxidischen antibakteriellen Aktivität mit einem sogenannten (Unique Manuka Factor = UMF; übersetzt „einzigartiger Manuka-Faktor“) gekennzeichnet, welchen der neuseeländische Verband Active Manuka Honey Association Inc. (AMHA) an Lizenznehmer für entsprechende Honigqualitäten vergibt.[3] Zur Bestimmung dieses Faktors wird die antibakterielle Wirkung des Manuka-Honigs mit der einer Phenollösung verglichen: beispielsweise hat ein Manuka-Honig UMF® 20+ die gleiche nicht-peroxidische antibakterielle Wirksamkeit in-vitro wie eine 20 %-ige phenolische Lösung.[4] Im Gegensatz zur MGO-Messung handelt es sich hierbei um eine Messung der Wirksamkeit ohne Zugrundelegung eines speziellen Inhaltsstoffes. Zur Referenzmessung benötigt man mindestens zwei Petrischalen mit gleichen Bakterienkulturen und misst nach der Behandlung mit Honig bzw. Phenol die Größe des entstandenen Hofes. Die Methode wird in Neuseeland heute noch von einigen Firmen angewandt, hat aber den Nachteil, dass wegen der physikalischen Rahmenbedingungen (Abweichungen der Bakterienkulturen, Ungenauigkeiten in der Kreisbildung des jeweiligen Hofes) die Ergebnisse stark variieren können, so dass erst mehrere Messungen einen annähernd verlässlichen Mittelwert ergeben.

2006 wurde an der Technischen Universität Dresden Methylglyoxal (MGO) als antibakteriell aktive Komponente im Manukahonig identifiziert.[5] Die mit einer eigens entwickelten HPLC-Methode gemessenen Konzentrationen betrugen je nach Sorte des Manuka-Honigs zirka 20 bis 800 Milligramm pro Kilogramm.[2] Auch konnte eine Korrelation zwischen den nach der UMF-Methode ermittelten Werten und den gemessenen Methylglyoxalgehalten hergestellt werden.[6] Die Firma Manuka Health New Zealand Ltd. charakterisiert den Methylglyoxalgehalt der von ihr vertriebenen Manuka-Honige mit dem Markenzeichen MGO®, gefolgt von einer Zahl, die den Mindestgehalt an Methylglyoxal in Milligramm pro Kilogramm Honig angibt.[7]

Beziehung zwischen Unique Manuka Factor UMF und
Methylglyoxalkonzentration MGO (mg/kg) in Manuka-Honig
UMF 5 10 15 20 25
MGO 30 100 250 400 550

Anwendungsgebiete

Mittlerweile wird Manuka-Honig in klinischen Studien erforscht – in der Abteilung für Wundbehandlung einer Berliner Klinik wird Manuka-Honig breit eingesetzt.

Durch den Einsatz des Honigs als Wundauflage wird ein feuchtes Wundmilieu erzeugt. Dieses ist in der Lage, sich ständig selbst zu desinfizieren, die Wunde nach außen abzuschließen und sie mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Diese Eigenschaften sind besonders wichtig bei Brandwunden, bei denen Sekundärinfektionen eine häufige und gefürchtete Komplikation darstellen. Sekundärinfektionen können durch die große Angriffsfläche für Keime schnell entstehen. Der Honig bewirkt, dass Wunden schneller heilen und sich weniger Narben bilden. [8]

Evidenzlage

Größere veröffentlichte Studien zeigen keine klinische Evidenz für Honigprodukte zur Heilung chronischer Wunden. Heuer et al. befürworten daher die Anwendung von Manuka-Honig nur auf nicht-chronischen Wunden, wie sie zum Beispiel infolge einer Verletzung, eines chirurgischen Eingriffs oder nach Strahlentherapie vorkommen. Es gibt bislang nur wenige tierexperimentelle oder klinische Studien zu dieser Variante der feuchten Wundbehandlung.[9]

Rechtliche Einordnung

Im August 2005 wurde ein zur Behandlung von Wunden ausgewiesenes Fertigpräparat unter der Bezeichnung Medihoney europaweit als Medizinprodukt zugelassen. Medihoney wird aus dem Blütennektar verschiedener Leptospermum-Arten gewonnen. Der Hersteller hatte in dem vorausgegangen Zertifizierungsverfahren behauptet, die Wirkung beruhe auf dem osmotischen Effekt, käme also auf rein physikalischem Wege zustande. Dies wird nach den heutigen Kenntnissen über die antibakteriellen Eigenschaften des Inhaltsstoffes Methylglyoxal und den diesbezüglich analytisch nachgewiesenen Konzentrationen im Handelspräparat in Frage gestellt.[9]

Für eine arzneiliche Verwendung von Manuka-Honig existieren keine zugelassenen Fertigarzneimittel, so dass ein Bezug nur als Rezeptur bzw. verlängerte Rezeptur in der Apotheke zulässig ist.

Manuka-Honig wird ferner gesundheitsbezogen als Lebensmittel angeboten sowie kosmetisch in Hautpflegepräparaten verwendet.

Literatur

  • Detlef Mix: Die Heilkraft des Honigs. 2. Auflage. Herbig, München 2006, ISBN 3-7766-2498-1.
  • Andreas Ende: Heilmittel der Natur. Manuka. Südwest, 1998, ISBN 3-517-08032-2.
  • E. Mavric, S. Wittmann, G. Barth, T. Henle: Identification and quantification of methylglyoxal as the dominant antibacterial constituent of Manuka honeys from New Zealand. PMID 18210383
  • E. Mavric: Argininderivatisierung und 1,2-Dicarbonylverbindungen in Lebensmitteln. Dissertation 2006, (online)
  • University of Waikato – Waikato Honey Research Unit: Linksammlung (online)
  • Klaus Nowottnick: PROPOLIS. Heilkraft aus dem Bienenvolk. Gewinnung – Anwendung – Rezepte. 3. Auflage. Stocker, Graz 2003, ISBN 3-7020-0653-2.

Einzelnachweise

  1. a b c Christopher J. Adams, Merilyn Manley-Harrisa, Peter C. Molan: The origin of methylglyoxal in New Zealand manuka (Leptospermum scoparium) honey. Carbohydrate Research (2009, article in press). (Volltext)
  2. a b c d Elvira Mavric u. a.: Identification and quantification of methylglyoxal as the dominant antibacterial constituent of Manuka (Leptospermum scoparium) honeys from New Zealand. In: Wiley Molecular Nutrition & Food Research. Band 52, Nr. 4, 2008, S. 483–489 (in englischer Sprache, PDF).
  3. http://www.umf.org.nz/
  4. Detlef Mix: Die Heilkraft des Honigs. 2. Auflage. Herbig, München 2006, ISBN 3-7766-2498-1, S. 70ff.
  5. E. Mavric: Argininderivatisierung und 1,2-Dicarbonylverbindungen in Lebensmitteln. Dissertation 2006, S. 75.
  6. J. Atrott, T. Henle: Methylglyoxal in Manuka Honey – Correlation with Antibacterial Properties. Czech J. Food Sci. Vol. 27, 2009.(Volltext)
  7. http://www.mgomanuka.com
  8. P. E. Lusby, A. Coombes, J. M. Wilkinson: Honey: a potent agent for wound healing? In: J Wound Ostomy Continence Nurs. 2002 Nov;29(6), S. 295-300. PMID 12439453.
  9. a b D. Heuer, L. Heuer, V. Saalfrank: Manuka-Honig. In: Deutsche Apothekerzeitung. 25/2011, S. 2981ff.

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