Margot Honecker

Margot Honecker
Margot Honecker, 1986

Margot Honecker (geb. Feist; * 17. April 1927 in Halle (Saale)) war von 1963 bis 1989 Minister für Volksbildung der DDR. Sie ist die Witwe von Erich Honecker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Margot Feist, 1949

Margot Feist wurde als Tochter eines Schuhmachers und einer Fabrikarbeiterin geboren. Ihre Mutter starb 1940, als Margot gerade 13 Jahre alt war. Sie absolvierte die Volksschule und war von 1938 bis 1945 Mitglied des Bundes Deutscher Mädel (BDM).[1] Vor ihrer politischen Laufbahn war sie als kaufmännische Angestellte und danach als Telefonistin tätig. Ihr Bruder Manfred Feist war Leiter der Abteilung für Auslandsinformation beim Zentralkomitee der SED.

1945 trat Margot Feist der KPD bei. Mit der Vereinigung von SPD und KPD wurde sie 1946 Mitglied der SED und arbeitete als Stenotypistin beim FDGB-Landesvorstand Sachsen-Anhalt. 1946 wurde sie zudem Mitglied des Sekretariats des FDJ-Kreisvorstandes Halle, 1947 Leiterin der Abteilung Kultur und Erziehung im FDJ-Landesvorstand und 1948 Sekretärin des Zentralrates der FDJ und Vorsitzende der Pionierorganisation Ernst Thälmann. 1949/1950 wurde Margot Feist Abgeordnete der provisorischen Volkskammer der DDR und 1950 mit 22 Jahren jüngste Abgeordnete der Volkskammer.

Am 1. Dezember 1952 gebar Margot Feist ihre Tochter Sonja, deren Vater der spätere Staatsratsvorsitzende der DDR, Erich Honecker, war. Dies veranlasste den damaligen SED-Generalsekretär Walter Ulbricht, Honecker zur Scheidung von seiner zweiten Ehefrau Edith Baumann zu bewegen. Daraufhin heirateten Margot Feist und Erich Honecker 1953.

Nachdem Margot Honecker zunächst Stellvertreterin des Ministers für Volksbildung Alfred Lemmnitz gewesen war, wurde sie 1963 selbst Minister für Volksbildung der DDR. Sie wirkte maßgeblich am „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“ vom 25. Februar 1965[2] mit. 1978 führte sie gegen den Widerstand der Kirchen und vieler Eltern den Wehrunterricht für Schüler der 9. und 10. Klassen ein.

Margot Honecker und Samora Moisés Machel, Präsident der damaligen VR Mosambik 1983
Margot Honecker während einer Festrede 1988

Am 2. November 1989 meldete das DDR-Fernsehen, der Ministerrat habe der Bitte von Margot Honecker entsprochen, sie von ihrer Funktion als Minister für Volksbildung zu entbinden. Während ihr Mann am 3. Dezember 1989 aus der SED ausgeschlossen wurde, trat Margot Honecker am 4. Februar 1990 freiwillig aus der PDS, der Nachfolgeorganisation der SED, aus.

Nach der Wende gab es Strafanträge gegen Margot Honecker mit dem Vorwurf, sie habe in Fällen von Inhaftierung politisch Unliebsamer oder bei Republikflucht Zwangsadoptionen von Kindern der Betroffenen angeordnet, die Kinder gegen deren Willen von ihren Eltern getrennt und zur Adoption an Fremde weitergegeben.[3] Direkte Anweisungen von ihr an die Jugendhilfen ließen sich jedoch nicht nachweisen. 1993 gab es auch Strafanträge gegen Margot Honecker durch Bundestagsabgeordnete der SPD um Stephan Hilsberg und Margot von Renesse wegen der unmenschlichen Zustände in den Jugendwerkhöfen der DDR, hier insbesondere wegen des einzigen geschlossenen Jugendwerkhofs der DDR in Torgau (Sachsen). Strafanträge einiger ehemaliger Insassen des GJWH Torgau ergingen zeitnah. Sämtliche Ermittlungsverfahren gegen Margot Honecker mussten von der ZERV eingestellt werden, da sie für die bundesdeutsche Justiz nicht mehr greifbar war.

Als im Dezember 1990 gegen Erich Honecker Haftbefehl erging, floh er mit seiner Frau in den Bereich des Militärhospitals der sowjetischen Streitkräfte in den Beelitz-Heilstätten, von wo das Ehepaar im März 1991 nach Moskau ausgeflogen wurde. Aus Sorge vor Auslieferung nach Deutschland flüchteten sie im August 1991 in die Moskauer chilenische Botschaft. Erich Honecker wurde im Juli 1992 doch nach Deutschland ausgeliefert. Margot Honecker reiste weiter nach Santiago de Chile zur Familie ihrer Tochter Sonja Yáñez Betancourt, geb. Honecker, die dort mit ihrem damaligen[4] chilenischen Ehemann Leo Yáñez Betancourt und ihrem Sohn Roberto Yáñez Betancourt y Honecker wohnte. Nach der Freilassung aus deutscher Haft im Januar 1993 kam auch ihr Ehemann nach Chile; er starb im Alter von 81 Jahren am 29. Mai 1994 in Santiago de Chile an Leberkrebs. Seine Urne soll sich im Haus von Margot Honecker befinden.

Den Prozess gegen die Bundesrepublik Deutschland um das beschlagnahmte Vermögen der Eheleute Honecker in Höhe von umgerechnet etwa 60.300 Euro hat sie 1999 verloren. Margot Honecker bezieht eine Hinterbliebenen- und Altersrente aus Deutschland. Im Jahr 2000 veröffentlichte Luis Corvalán, der frühere Generalsekretär der KP Chiles, das Buch Gespräche mit Margot Honecker über das andere Deutschland, in dem sie über die Geschichte der DDR aus ihrer Sicht spricht.

Am 19. Juli 2008 erhielt Margot Honecker anlässlich des 29. Jahrestages der sandinistischen Revolution in Nicaragua von Staatspräsident Daniel Ortega den Orden für kulturelle Unabhängigkeit „Ruben Dario“. Laut Nicaraguas First Lady, Rosario Murillo, werde damit Honeckers unermüdliche Unterstützung der landesweiten Kampagne gegen Analphabetismus gewürdigt. Diese Ehrung war der erste öffentliche Auftritt Margot Honeckers nach dem Fall der Mauer. Sie bedankte sich für die Ehrung, ergriff aber nicht öffentlich das Wort. An den Feiern in Managua nahmen auch die linksgerichteten Staatschefs von Paraguay und Venezuela, Fernando Lugo und Hugo Chávez, teil.[5]

Margot Honecker lebt in der chilenischen Hauptstadt in einem Haus mit ihrem Enkelsohn Roberto Yáñez Betancourt y Honecker.[6]

Trivia

Margot Honecker war in weiten Teilen der DDR-Bevölkerung unbeliebt. In ihrer Funktion als Minister für Volksbildung wurde sie zweideutig „Miss Bildung“ genannt und wegen ihrer extravaganten Haartönung als „lila Drache“ bezeichnet.[7][8][9]

Im Oktober 2009 geriet Margot Honecker in die Schlagzeilen, als im Internet ein Video auftauchte, in dem sie mit einigen weiteren Personen den 60. Jahrestag der Gründung der DDR feiert.[10]

Veröffentlichungen

  • Der Volkswirtschaftsplan 1965 und die Aufgaben auf dem Gebiet des Bildungswesens, Berlin 1964
  • Zur Bildungspolitik der Partei, Berlin 1969
  • Die Schulpolitik der SED und die weiteren Aufgaben bei der Gestaltung des sozialistischen Bildungssystems, Halle/Saale 1971
  • Zu einigen Fragen der Bildungspolitik der Partei nach dem 8. Parteitag der SED, Berlin 1972
  • Zu einigen Fragen der kommunistischen Erziehung aus der Sicht der Beschlüsse des IX. Parteitages der SED, Berlin 1976
  • Der gesellschaftliche Auftrag unserer Schule, Berlin 1978
  • Die Aufgaben der Volksbildung in Vorbereitung des X. Parteitages der SED, Magdeburg 1980
  • Herausbildung allseitig entwickelter Persönlichkeiten - hohe Anforderung an die sozialistische Gesellschaft, Cottbus 1980
  • Die marxistisch-leninistische Schulpolitik unserer Partei und ihre Verwirklichung unter unseren heutigen gesellschaftlichen Bedingungen, Berlin 1985
  • Zur Bildungspolitik und Pädagogik in der Deutschen Demokratischen Republik. Ausgewählte Reden und Schriften., Berlin 1986
  • Unser sozialistisches Bildungssystem. Wandlungen, Erfolge, neue Horizonte, Berlin 1989

Literatur

  • Luis Corvalán: Gespräche mit Margot Honecker über das andere Deutschland. Übersetzung aus dem Spanischen: Sabine Schell, 219 S., Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00950-9
  • Jörn Kalkbrenner: Margot Honecker gegen Ossietzky-Schüler. Urteil ohne Prozess. 117 S., Dietz Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-320-01682-2
  • Ed Stuhler: Margot Honecker. Eine Biographie. 223 S., Ueberreuter, Wien 2003, ISBN 3-8000-3871-4

Weblinks

 Commons: Margot Honecker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Monika Kaiser, Helmut Müller-Enbergs: Honecker, Margot. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
  2. Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965; aus: Gesetzesblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1965, Bd. 1, S. 83 ff.
  3. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,477661,00.html
  4. „Margots Welt“, Cicero, Dezember 2000
  5. Margot Honecker in Nicaragua geehrt, In: Der Tagesspiegel am 20. Juli 2008, eingesehen am 31. Dezember 2010
  6. „Ein Rebell bin ich erst heute“, ZEITmagazin online, 4. März 2011
  7. So funktionierte die DDR, S. 290
  8. http://www.welt.de/politik/article813667/Die_meistgehasste_Frau_der_DDR.html
  9. Kurzbiographie über Margot Honecker auf der Webseite der FemBio Frauen-Biographieforschung e. V.
  10. Margot Honecker preist die DDR auf YouTube. Spiegel Online, 30. Oktober 2009, abgerufen am 17. April 2011.

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