Apollo-Sojus-Projekt

Apollo-Sojus-Projekt
Illustration des Andockvorgangs des Apollo-Sojus-Projekt
Die beiden ASTP-Crews

Das Apollo-Sojus-Test-Projekt (ASTP) (fälschlich Apollo 18) war die erste US-amerikanisch-sowjetische Kooperation in der Weltraumfahrt. Ein Apollo- und ein Sojus-Raumschiff koppelten am 17. Juli 1975 in der Erdumlaufbahn aneinander an, so dass die Raumfahrer von einem Raumschiff ins andere umsteigen konnten. Die Mission stellte eine Zäsur in die bis dahin streng getrennten und im Wettbewerb stehenden Weltraumprogramme der Supermächte dar. Die Raketentechnik war eine maßgebliche Basis des Wettrüstens geworden, und so war die friedliche Zusammenarbeit im Weltraum ein politischer Publizitätserfolg und ein pazifistisches Signal.

Missionsemblem

Inhaltsverzeichnis

Raumschiffe und Besatzungen

Sojus 19

Sojus 19
Sojus-Start

Das sowjetische Raumschiff Sojus 19 wurde mit einer Sojus-U-Rakete gestartet. An Bord waren Kommandant Alexei Leonow, der mit Woschod 2 bereits Weltraumerfahrung hatte und dabei den ersten Weltraumspaziergang unternommen hatte, und Flugingenieur Waleri Kubassow, der mit Sojus 6 im All gewesen war.

Als Ersatzmannschaft standen Anatoli Filiptschenko und Nikolai Rukawischnikow bereit. Sieben Monate zuvor hatten sie mit Sojus 16 einen Testflug in der gleichen Konfiguration wie Sojus 19 geflogen.

Die Unterstützungsmannschaft bestand aus Boris Andrejew, Wladimir Dschanibekow, Alexander Iwantschenkow und Juri Romanenko. Alle vier gehörten bereits bei Sojus 16 der Ersatz- oder Unterstützungsmannschaft an.

Apollo

Apollo-Start

Das amerikanische Apollo-Raumschiff hatte keine offizielle Nummer. Da die letzte Apollo-Mission zum Mond Apollo 17 war, wurde fälschlicherweise oft die Bezeichnung Apollo 18 verwendet.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Apollo-Missionen hatte das Raumschiff zwar eine Seriennummer (CSM-111), aber kein eigenes Rufzeichen. Ursprünglich war dieses Raumschiff für Apollo 15 vorgesehen. Nachdem aber das Mondlandeprogramm gekürzt wurde, startete Apollo 15 im Juli 1971 mit einem erweiterten Raumschiff CSM-112. Das Exemplar CSM-111 wurde zurückgestellt, bis sich mit dem Apollo-Sojus-Flug eine Mission fand, die dafür geeignet war.

Als Rakete diente eine Saturn 1B mit der Seriennummer AS-210. Der Start erfolgte von der modifizierten (und durch einen Aufsatz erhöhten) Startplattform.

An Bord der Apollo waren Kommandant Thomas Stafford, der Pilot Vance Brand und der Docking-Module-Pilot Deke Slayton.

Stafford war zuvor bereits mit Gemini 6, Gemini 9 und Apollo 10 im All. Mit seinem vierten Raumflug zog er nun mit Jim Lovell, John Young und Pete Conrad gleich, die diese Marke bereits früher erreicht hatten.

Brand hatte während des ganzen Apollo-Programms Unterstützungsaufgaben übernommen, unter anderem hatte er an einem einwöchigen Dauertest im Apollo-Raumschiff teilgenommen. Zuletzt war er Reserve-Kommandant für die Skylab-Raumstation.

Slayton hatte zur allerersten Gruppe von Astronauten gehört, konnte aber aus gesundheitlichen Gründen nicht wie vorgesehen mit einem Mercury-Raumschiff starten. Er war dann viele Jahre für die Auswahl der Apollo-Besatzungen verantwortlich, bis er beim letzten Apollo-Flug tatsächlich selbst zum ersten Mal in den Weltraum fliegen konnte. Er hatte sich für diesen Flug zunächst selbst als Kommandanten nominiert (mit Jack Swigert als Pilot und Vance Brand als Docking-Module-Pilot), hatte sich damit aber innerhalb der NASA nicht durchsetzen können.

Die Ersatzmannschaft bestand aus Alan Bean, Ron Evans und Jack Lousma. Bean und Lousma waren zuvor bei Skylab 3, Evans war Pilot der Kommandokapsel von Apollo 17. Da die NASA nach diesem Flug eine Pause in der bemannten Raumfahrt einlegen sollte, wurden als Ersatzleute erfahrene Astronauten ausgewählt, die wenig zusätzliche Ausbildung erforderten.

Die Unterstützungsmannschaft bestand aus vier Astronauten, die 1969 von der US-Luftwaffe übernommen wurden: Karol Bobko, Robert Crippen, Robert Overmyer und Richard Truly. Diese vier arbeiteten seitens der NASA auch als Verbindungssprecher (Capcoms), Overmyer von Moskau aus.

Zwischen der Bekanntgabe der Mannschaft Anfang 1973 und dem Start im Juli 1975 lagen knapp 2,5 Jahre, das ist mit Abstand die längste Vorbereitungszeit einer Apollo-Besatzung überhaupt.

Das Dockingmodul

Zweisprachiges Bordhandbuch, im Kosmonautenmuseum Moskau.

Da die amerikanischen und die sowjetischen Raumschiffe unterschiedliche Atmosphären an Bord hatten (Luftdruck und Atemgemisch), konnten Apollo und Sojus nicht direkt koppeln. Stattdessen führte das Apollo-Raumschiff einen Dockingadapter mit, der als Koppelmodul und Luftschleuse diente. Während des Starts war der Dockingadapter in der Oberstufe der Saturn-IB-Rakete verstaut. In der Erdumlaufbahn zog die Apollo dann den Adapter aus der Verkleidung, genau wie die Mondfähre bei den früheren Apollo-Missionen herausgezogen worden war. Der Dockingadapter befand sich damit an der Spitze der Apollo-Kommandokapsel.

Als Atmosphäre an Bord der Apollo wurde reiner Sauerstoff mit einem Druck von 34% der Erdatmosphäre verwendet. An Bord der Sojus wurde dagegen normale Luft (Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch) unter normalen Druck geatmet. Der übliche Druck von 100% der Erdatmosphäre wurde für diese Mission auf 68% reduziert, damit sich beim Umsteigen von einem Raumschiff in das andere die Atmung leichter anpassen konnte.

Missionsüberblick

Slayton und Leonow in der Sojus (1975)
  • Die sowjetische Sojus 19 startete am 15. Juli 1975 vom Kosmodrom Baikonur. Es war der erste sowjetische Raketenstart, der international live im Fernsehen übertragen wurde.
  • Genau siebeneinhalb Stunden später startete in Cape Canaveral das Apollo-Raumschiff. Da sich zu dieser Zeit zwei weitere Kosmonauten an Bord der sowjetischen Raumstation Saljut 4 befanden, waren damit sieben Raumfahrer gleichzeitig im All.
  • In der Erdumlaufbahn zog das Apollo-Raumschiff das Dockingmodul aus seiner Halterung.
  • Sichtkontakt der beiden Raumschiffe am 17. Juli.
  • Bei der Kopplung der beiden Raumschiffe übernahm Apollo die aktive Rolle.
  • Bei mehreren Gelegenheiten wechselten die Raumfahrer in das jeweilig andere Raumschiff. Dabei blieb jedes Raumschiff zu jeder Zeit mit mindestens einem Raumfahrer besetzt.
  • Nach 44 Stunden gemeinsamen Fluges trennten sich Apollo und Sojus für eine halbe Stunde. Apollo schob sich vor die Sonne, um für die Sojus-Kosmonauten eine künstliche Sonnenfinsternis zu erzeugen.
  • Zweites Docking, dieses Mal war Sojus das aktive Raumschiff. Die Raumfahrer stiegen dabei aber nicht mehr in das andere Raumschiff um.
  • Drei Stunden später entkoppelten sich die beiden Raumfahrzeuge endgültig.
  • Sojus 19 verließ die Erdumlaufbahn und landete am 21. Juli 1975 in der Wüste von Kasachstan. Die Landung wurde erstmals im Fernsehen übertragen.
  • Die Apollo-Landekapsel wasserte am 24. Juli 1975 im Pazifischen Ozean und wurde von der USS New Orleans geborgen.

Beinahe-Katastrophe bei der Apollo-Landung

Durch eine Fehlbedienung und eine Verkettung unglücklicher Umstände wäre es bei der Landung der letzten Apollo-Landekapsel beinahe noch zum Tod der drei Astronauten gekommen.

Aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Grund wurden nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zwei Schalter nicht betätigt, die das automatische Landesystem auslösen sollten. Als in rund sieben Kilometer Höhe die Hilfs-Bremsfallschirme nicht wie vorgesehen automatisch ausgelöst wurden, nahmen dies die Astronauten manuell vor. Die Stabilisationsdüsen, die automatisch hätten deaktiviert werden sollen, zündeten jedoch, weil die Lage der Landekapsel nun nicht mehr mit der voreingestellten übereinstimmte. Dadurch kam die Kapsel ins Trudeln. Nach etwa einer halben Minute wurden die Düsen von den Astronauten ausgeschaltet. Während dieser Zeit drangen aber unverbrannte Gase durch ein Ausgleichsventil in die Kapsel ein. Da die Hauptfallschirme ebenfalls nicht automatisch ausgelöst wurden, betätigte Brand auch diese manuell in einer Höhe von 2700 Metern. Nach der etwas harten Wasserung schwamm die Kapsel kopfüber und Brand musste das Aufrichtsystem manuell betätigen, um sie in eine aufrechte Position zu bringen.

Brand war etwa 40 Sekunden bewusstlos. Stafford gelang es, ihm eine Sauerstoffmaske überzustülpen. Nachdem sich die Kapsel aufgerichtet hatte und die Luke geöffnet werden konnte, strömte Frischluft herein und die Gase verflüchtigten sich. Die Besatzung musste nach der Bergung noch zwei Wochen im Krankenhaus zur Beobachtung bleiben.

Die Apollo-Landekapsel ist im Kennedy Space Center Visitor's Complex ausgestellt.

Die Auswirkungen

Es war der letzte Flug eines Apollo-Raumschiffes und der Trägerrakete Saturn IB. Gleichzeitig war es auch das letzte US-amerikanische Raumschiff, das an einem Fallschirm wasserte. Damit schloss aus US-amerikanischer Sicht das ASTP die Ära der bemannten Raumfahrt mit Verlustraketen ab. Es folgte eine Periode von sechs Jahren, in denen es keine bemannten amerikanischen Raumflüge gab, bis 1981 das Space Shuttle seinen Betrieb aufnahm.

Das ASTP blieb eine einmalige Aktion der beiden Weltraummächte USA und UdSSR. Zwanzig Jahre später lief das Shuttle-Mir-Programm an, jedoch war zu diesem Zeitpunkt die UdSSR bereits zusammengebrochen.

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