Marieluise Fleisser

Marieluise Fleisser
Marieluise Fleißer (deutsche Briefmarke 2001)

Marieluise Fleißer (* 23. November 1901 in Ingolstadt; † 2. Februar 1974 ebenda) war eine deutsche Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ab 1919 studierte sie in München Theaterwissenschaft bei Arthur Kutscher und Germanistik. Danach war sie freie Schriftstellerin in Berlin.

1935 erhielt sie Schreibverbot und kehrte nach Ingolstadt zurück. Ab 1945 war sie wieder literarisch tätig. Sie machte sich einen Namen als Dramatikerin und Autorin anspruchsvoller Prosa. Ihre Erzählungen sind stark autobiographisch, ihre Bühnenstücke derb und heimatverbunden. 1928 verlobte sie sich mit dem Sportschwimmer Josef Haindl.

1929 wurde ihr Stück Pioniere in Ingolstadt von Bertolt Brecht uraufgeführt. Das Stück geriet zu einem Skandal, Brecht hatte das Stück nicht ohne Berechnung radikalisiert: Auf offener Bühne wurde eine Entjungferung in Szene gesetzt, Marieluise Fleißer wurde zur unerwünschten Person am Ort ihrer Herkunft.

Die Verlobung zwischen Fleißer und Haindl wurde nach dem Theaterskandal gelöst. Sie ging eine Bindung mit dem Autor Hellmut Draws-Tychsen ein, was wiederum zum Bruch mit Brecht führte. Auf Drängen Draws wechselte sie zum Kiepenheuer-Verlag. Es folgen Reisen durch Schweden (1929) und nach Andorra (1930). Nachdem ein auf ein Jahr befristeter Rentenvertrag mit Kiepenheuer abgelaufen war, hatte Marieluise Fleißer 1932 so große finanzielle Probleme, dass sie einen Suizidversuch unternahm und schließlich von Berlin nach Ingolstadt zurückkehrte, wo sie drei Jahre später Josef Haindl heiratete. Während der NS-Diktatur erhielt sie 1935 ein partielles Schreibverbot durch die Nazis. In Folge der verhinderten schriftstellerischen Tätigkeit, den Repressalien durch die Nazis und die Ehe mit Sepp Haindl erlitt Fleißer 1938 einen Nervenzusammenbruch.

Ab 1950 erhielt Fleißer einige Literaturpreise, so zum Beispiel den Preis des Kuratoriums der Stiftung zur Förderung des Schrifttums und 1953 den Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 1967 wurde sie mit dem Bayerischen Poetentaler ausgezeichnet.

Nach dem Tod ihres Mannes 1958 löste Fleißer das Tabakgeschäft auf und widmete sich wieder mehr ihrer schriftstellerischen Tätigkeit. Ihre Neuentdeckung begann dann Ende der 1960er Jahre durch Rainer Werner Fassbinder. Ihr literarischer Nachlass befindet sich seit 1978 im Stadtarchiv Ingolstadt.[1] Seit 1981 wird von der Stadt der Marieluise-Fleißer-Preis vergeben.

Schaffen

Ihre Heimatstadt spielt im Werk Fleißers eine zentrale Rolle. In Ingolstadt verbrachte Marieluise Fleißer über sechzig ihrer 72 Lebensjahre, hier spielen ihre bekanntesten Stücke, ihr Roman und mehrere Erzählungen. Die Provinz mit ihren Menschen, die kleinbürgerliche Welt der Handwerker, Soldaten, Schüler und Dienstmädchen ist Thema und Nährboden für viele ihrer Stücke. Aus ihrer bayrischen Verwurzelung kommt die Kraft ihrer Sprache.

Seit 2005 heißt die Staatliche Realschule München III nun Marieluise-Fleißer-Realschule.

Werke

  • Fegefeuer in Ingolstadt (1926), ursprünglich "Die Fußwaschung"
  • Pioniere in Ingolstadt (drei Fassungen: 1928, 1929 und 1968)
  • Ein Pfund Orangen und neun andere Geschichten (1929)
  • Der Tiefseefisch (1930, Uraufführeung 1980), Schauspiel in 4 Akten, Fragment
  • Mehlreisende Frieda Geier. Roman vom Rauchen, Sporteln, Lieben und Verkaufen. (1931), Überarbeitung unter dem Titel Eine Zierde für den Verein (1972)
  • Der starke Stamm (1946)
  • Karl Stuart (1937/1944)
  • Stunde der Magd (1949) veröffentlicht in Tausend Gramm unter Herausgeberschaft von Wolfgang Weyrauch.
  • Avantgarde (1963)
  • Abenteuer aus dem Englischen Garten (1969)
  • Andorranische Abenteuer
  • Die Dreizehnjährigen
  • Das Pferd und die Jungfer
  • Eine ganz gewöhnliche Vorhölle
  • Ich ahnte den Sprengstoff nicht

Literatur

  • Walter Fähnders u. Helga Karrenbrock (Hrsg.): Autorinnen der Weimarer Republik. Bielefeld 2003 (Aisthesis Studienbuch 5). ISBN 3-89528-383-5
  • Hiltrud Häntzschel: Marieluise Fleißer: Eine Biographie. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007. 412 S. ISBN 978-3-458-17324-3
  • Moray McGowan: Marieluise Fleisser. Beck, München 1987. ISBN 3-406-30780-9
  • Maria E. Müller und Ulrike Vedder (Hrsg.): Reflexive Naivität. Zum Werk Marieluise Fleißers. E. Schmidt, Berlin 2000. ISBN 3-503-04961-4
  • Carl-Ludwig Reichert: Marieluise Fleißer. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2001. ISBN 3-423-31054-5
  • Günther Rühle (Hrsg.): Materialien zum Leben und Schreiben der Marieluise Fleißer. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973. ISBN 3-518-00594-4
  • Liane Schüller: Vom Ernst der Zerstreuung. Schreibende Frauen der Weimarer Republik: Marieluise Fleißer, Irmgard Keun und Gabriele Tergit. Bielefeld (Aisthesis) 2005. ISBN 3-89528-506-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Marieluise-Fleißer-Archiv

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