Marter der zehntausend Christen

Marter der zehntausend Christen
 
Marter der zehntausend Christen
Albrecht Dürer, 1508
Leinwand (übertragen), 99 cm × 87 cm
Kunsthistorisches Museum

Die Marter der zehntausend Christen ist ein Gemälde des Malers Albrecht Dürer aus dem Jahr 1508.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Das Bild macht zuerst den Eindruck eines Wimmelbildes mit einem Durcheinander von nackten und bekleideten Figuren. Auch die Landschaft mit knorrigen Baumformen und urwaldähnlicher Vegetation ist ungewöhnlich für Dürer.

Gezeigt wird der Märtyrertod von zehntausend Soldaten, die um das Jahr 140 gefoltert und hingerichtet wurden. Es wird geköpft und gekreuzigt, mit einem Holzhammer werden Knochen zerschlagen. Eine Menschenkolonne wird auf einen Felsen hochgetrieben und von dort in den Abgrund gestürzt. Im Mittelgrund nähern sich die Henker einem Bischof, während ein vornehmer Gefolgsmann des prächtig ausgestatteten Reiters Anweisungen erteilt.

Ausgenommen von dem grausigen Geschehen um sie herum sind die beiden Figuren im Zentrum des Bildes. Hier steht Dürer in Begleitung eines älteren Mannes, dessen Identität nicht geklärt ist. Es wird vermutet, dass es sich dabei um den Humanisten und Dichter Conrad Celtis handeln könnte. Die beiden sind aus einer anderen Zeit und betrachten disputierend das Geschehen.

Kommentar

Dürer und Conrad Celtis

Geschichtlicher Hintergrund ist der gemeinsame Kampf des Fürsten Achatius von Armenien mit seinen 9.000 Mann mit dem Heer Kaiser Hadrians gegen Aufständische. Achatius trat auf Grund einer Lichterscheinung mit seinen Soldaten zum christlichen Glauben über. Danach besiegten sie die Aufständischen ohne Hadrian.

Als Hadrian vom Massenübertritt zum Christentum erfuhr, verbündete er sich mit Barbarenfürsten und nahm die geschwächte Armee des Achatius gefangen. Beeindruckt durch die Tatsache, dass die neuen Christen ihre Religion trotz Marter nicht verleugneten, ließen sich 1.000 Gefolgsleute des Kaisers ebenfalls taufen. Angeblich wurden sie gemeinsam mit den Soldaten des Achatius in Dornen gestürzt, gekreuzigt oder gepfählt.

Das Thema ist historisch nicht verifizierbar. Achatius wurde besonders von den Teilnehmern der Kreuzzüge verehrt.

Anderen Quellen zufolge handelt es sich um eine Christenverfolgung unter dem Perserkönig Sapor II., der im Jahr 343 den Erzbischof von Seleucia-Ksetiphon mit hundert Bischöfen und vielen Geistlichen hinrichten ließ.

Dieses Massaker bot Dürer die Möglichkeit zur Darstellung ungewöhnlicher Verrenkungen. In keinem anderen Werk hat er eine so große Zahl an verschiedenen Körperstellungen dargestellt. Bei der Zusammenstellung der Szene schöpfte Dürer aus seinem ganzen Mustervorrat. Auch wenn er keine 10.000, sondern lediglich 60 Märtyrer und etliche Schergen darstellte, handelt es sich doch um eines seiner figurenreichsten Gemälde.

Der Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin schrieb 1905 in seinem Buch „Die Kunst Albrecht Dürers“:

„Man bedauert Dürer, daß er einen solchen Stoff habe behandeln müssen. Ich fürchte mit Unrecht. Er hat lange und mit Hingebung an dem Bilde gearbeitet und fand es gut... Dürer nahm den Stoff rein von artistischer Seite: Nacktes, Bewegung, Verkürzung, Reichtum ohne Unklarheit, Bewältigung des großen Raumes mit sicherer Handhabung der perspektivischen Verkleinerung.“[1]

In Kindlers Malereilexikon heißt es zu diesem Bild:

„Dieses 1508 vollendete »Kabinett- und Wunderstück« ist von harter Farbigkeit; die grausame Genauigkeit, womit alle Arten von Martern eindringlich geschildert sind, machen das Bild für den modernen Betrachter nur schwer genießbar.“[2]

Geschichte

Die „Marter der zehntausend Christen" wurde sehr selten in der spätmittelalterlichen Kunst dargestellt. Dürer hatte die in mittelalterlichen Legendensammlungen geschilderte Szene jedoch bereits um 1496/97 im Holzschnitt „Zehntausend Märtyrer" dargestellt.

Unmittelbarer Anlass für den Auftrag war wohl die Reliquiensammlung Friedrichs des Weisen in der Schlosskirche zu Wittenberg, die auch Reliquien der Zehntausend Ritter enthielt. Dürer erhielt den Auftrag vom sächsischen Kurfürsten Friedrich und wurde für dieses Werk mit 280 Gulden fürstlich entlohnt.

Fast gleichzeitig mit den „Zehntausend Märtyrern" erhielt Dürer den Großauftrag zum so genannten Heller-Altar für den Frankfurter Tuchhändler und Bürgermeister Jakob Heller.

Siehe auch

Literatur

  • Anja Grebe: „Albrecht Dürer. Künstler, Werk und Zeit“. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2006. ISBN 3-534-18788-1
  • Wieland Schmied (Hg.): „Harenberg Museum der Malerei. 525 Meisterwerke aus sieben Jahrhunderten“. Dortmund: Harenberg Lexikon Verlag, 1999. ISBN 3-611-00814-1

Quellennachweis

  1. Schmied: „Harenberg Museum der Malerei
  2. Kindlers Malerei-Lexikon, S. 2549

Weblinks


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