Martin Allen

Martin Allen

Martin Allen (* 1958 in Caerphilly, South Wales) ist ein britischer Publizist und Geschichtsrevisionist, der sich in seinen Büchern mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt. Während seine Thesen unter Historikern wenig Resonanz erfahren, genießen sie in rechtsextremen Kreisen große Popularität.

Inhaltsverzeichnis

Allens Thesen

In seinen Büchern schreibt er über vermeintliche Versuche der Deutschen, während des Zweiten Weltkrieges mit England über einen Frieden zu verhandeln. Dabei sieht er auf britischer Seite eine antideutsche Verschwörung am Werk. Er behauptet, anhand von Archivunterlagen des britischen Außenministeriums herausgefunden zu haben, dass Deutschland bereit gewesen sei, weitreichende Zugeständnisse für einen Frieden zu machen. Die britische Seite habe diese Verhandlungen jedoch nur zum Schein geführt, da sich Winston Churchill, den er als eigentlichen Schuldigen des zweiten Weltkriegs ausmacht, vom Kriegseintritt der Sowjetunion und der USA die endgültige Vernichtung Deutschlands versprach.

Rudolf Heß wird von Allen zum „Friedensflieger“ stilisiert, der im Mai 1941, im persönlichen Auftrage Hitlers nach Schottland geflogen sei, um einen Frieden mit dem Vereinigten Königreich auszuhandeln. Zuvor soll Adolf Hitler den Briten insgesamt 42 Friedensvorschläge unterbreitet haben. Auch der SS-Reichsführer Heinrich Himmler soll ab 1943 in heimlichem Kontakt mit den Briten gestanden haben. Nach Allens Darstellung handelte es sich bei Himmlers Tod nicht um einen Suizid, sondern um einen Mord durch den britischen Geheimdienst um zu verhindern, dass Himmler bei seiner Vernehmung durch die Amerikaner die Regierung Churchill mit Aussagen über geheime Friedensverhandlungen belaste, von denen Washington nichts gewusst habe.

Rezeption

Unter Fachleuten finden Allens Thesen keine Unterstützung. Kriminaltechnische Untersuchungen ergaben, dass Allens Darstellung der Hintergründe des Heß-Flugs auf gefälschten Papieren basiert, die, von Allen oder seiner Frau, in Akten des britischen Nationalarchivs hineinmanipuliert wurden. Dies gilt ebenso für seine These von der angeblichen Ermordung Himmlers in britischer Gefangenschaft 1945. Ein Schlüsseldokument seines Buchs „Lieber Herr Hitler... : 1939/1940: So wollte der Herzog von Windsor den Frieden retten“ ist ein angeblicher Brief des Herzogs an Hitler, den Allen nach eigener Aussage von seinem Vater Peter Allen geerbt habe. Dieser Brief wird von mehreren Experten als Fälschung erachtet. Auch in diesem Buch werden Papiere im britischen Nationalarchiv als Quellen herangezogen, die durch Untersuchungen des Archivs als Fälschungen erkannt worden sind.

Seine Thesen werden in Deutschland hauptsächlich durch Olaf Rose, Stefan Scheil und Michael Friedrich Vogt vertreten. Seine Bücher erscheinen im Druffel-Verlag, der dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet wird. Von Rechtsextremisten werden seine Thesen als Belege für eine vermeintliche Ermordung von Rudolf Heß im Kriegsverbrechergefängnis Spandau genommen.

Die gefälschten Dokumente

Zur Untermauerung der in seinen Büchern aufgestellten Behauptungen griff Martin Allen auf eine Reihe Dokumente des Britischen Nationalarchivs zurück, die sich als Fälschungen entpuppten. Insgesamt wurden 29 falsche Dokumente in 12 Aktenbänden entdeckt und in jedem Fall waren es solche, die ausschließlich von Allen in seinen Büchern verwendet wurden. Zudem zeigte eine Überprüfung der seit 1994 geführten Aufzeichnungen über den Zugriff auf die Akten, dass genau zwei Personen Zugang zu mehr als drei der 12 kompromittierten Bestände gehabt hatten: Martin Allen und seine Ehefrau Jean. Allen selbst leugnet jede Beteiligung und sieht sich selbst als Opfer eines Betruges.[1][2][3][4][5][6]

Siehe auch

Schriften

  • Lieber Herr Hitler... : 1939/1940: So wollte der Herzog von Windsor den Frieden retten. Inning am Ammersee: Druffel-Verlag, 2001. (Deutsche Übersetzung von: Hidden Agenda: How the Duke of Windsor Betrayed the Allies, London: Macmillan 2000)
  • Churchills Friedensfalle. Das Geheimnis des Heß-Fluges 1941. Stegen: Druffel-Verlag, 2003, ISBN 3-8061-1153-7 ( Übers. von The Hitler/Hess Deception: British Intelligence's Best Kept Secret of the Second World War, London: HarperCollins 2003). ISBN 0-00-714118-1.
  • Das Himmler-Komplott 1943-45. Die geheimen Friedensverhandlungen des Reichsführers SS mit den Briten und die mysteriösen Umstände seines Todes. Stegen am Ammersee: Druffel & Vowinckel-Verlag, 2005, ISBN 3-8061-1175-8 (Übers. von Himmler's Secret War: The Covert Peace Negotiations of Heinrich Himmler, London: Chrysalis Books 2005)

Literatur

  • Ernst Haiger: Fiction, Facts, and Forgeries. The „Revelations“ of Peter and Martin Allen about the History of the Second World War. In: The Journal of Intelligence History 6, Sommer 2006 (erschienen 2007), No. 1, ISSN 1616-1262, S. 105–117.
  • Roy Conyers Nesbit, Georges Van Acker: The Flight of Rudolf Hess. Myths and Reality. Revised Paperback Edition. Sutton Publishing Ltd., Stroud 2007, ISBN 978-0-7509-4757-2, S. 133–138.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dear Mr Hitler: forgeries fool Brits in The Australian 5. Mai 2008
  2. UK police find Himmler/Churchill archive forgeries Reuters 3. Mai 2008
  3. The 29 fakes behind a rewriting of history The Guardian 5. Mai 2008
  4. Ben Fenton: Cover Story: Lies And Secrets Financial Times 3. Mai 2008
  5. Forgeries revealed in the National Archives Timesonline (Sunday Times) 4. Mai 2008
  6. Dossier der britischen National Archives zum Fall

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