Maschen Rangierbahnhof

Maschen Rangierbahnhof
Maschen Rangierbahnhof
MAS 6704.JPG
Maschen Rbf
Richtungsgruppe Nord-Süd
Daten
Abkürzung AM
Lage
Stadt Seevetal
Ort Maschen
Land Niedersachsen
Staat Deutschland
Koordinaten 53° 24′ 17″ N, 10° 3′ 23″ O53.40472222222210.056388888889Koordinaten: 53° 24′ 17″ N, 10° 3′ 23″ O
Bahnhöfe in Niedersachsen

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Maschen Rangierbahnhof (kurz Maschen Rbf oder AM nach dem bahnamtlichen Betriebsstellenverzeichnis) bei Maschen südlich von Hamburg an der Bahnstrecke Hannover–Hamburg ist der größte Rangierbahnhof Europas[1] und wird weltweit nur noch vom Rangierbahnhof Bailey Yard im US-Bundesstaat Nebraska übertroffen.

Inhaltsverzeichnis

Planung

Pläne zur Umgestaltung der Hamburger Güterverkehrsanlagen gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg.[2] Vorgesehen war unter anderem der Bau eines Rangierbahnhofs in Meckelfeld nördlich von Maschen, der in den 1920er Jahren zum Teil verwirklicht wurde und überwiegend der Entlastung der Rangierbahnhöfe in Harburg und Wilhelmsburg diente. Infolge des Zweiten Weltkriegs unterblieb der weitere Ausbau des Meckelfelder Rangierbahnhofs ebenso wie der Bau des südlichen Teils der Hamburger Güterumgehungsbahn, die in Meckelfeld enden sollte.

In den 1960er Jahren bestanden in Hamburg fünf Rangierbahnhöfe, die alle mehr als 40 Jahre alt und in ihrer technischen Ausstattung veraltet waren. Insgesamt wurden in Hamburg 11.000 Güterwagen pro Tag umgestellt. Da die Zugbildung auf mehrere Rangierbahnhöfe verteilt war, mussten täglich 2.500 Güterwagen mehrfach umgestellt werden.[3] Ende der 1950er Jahre durchgeführte Untersuchungen ergaben, dass der Neubau zweier Rangiersysteme für die Nord-Süd- und die Süd-Nord-Richtung wirtschaftlicher als die Modernisierung der vorhandenen Rangieranlagen war.[4] Dabei erwies sich die Gegend südlich von Harburg als günstigster Standort des neuen Rangierbahnhofs. Als problematisch wurden die hohen Kosten des Neubaus und die zusätzliche Belastung des Nordkopfs des Bahnhof Hamburg-Harburg angesehen, in dem sich die Strecken nach Cuxhaven und Hamburg höhengleich verzweigen. Deshalb war bis 1966 vorgesehen, in Maschen einen einseitigen Rangierbahnhof für die Nord-Süd-Richtung zu bauen, nach dessen Inbetriebnahme der Rangierbahnhof in Wilhelmsburg von einem zweiseitigen zu einem einseitigen Rangierbahnhof für die Süd-Nord-Richtung umgebaut werden sollte.

Nach weiteren Untersuchungen ab 1968 wurde ein zweiseitiger Rangierbahnhof in Maschen als die wirtschaftlichste Lösung angesehen. Prognostiziert wurde eine Reduzierung des Rangieraufwands auf nahezu die Hälfte; zudem sollte das Betriebspersonal um 382 Personen reduziert werden können.[5] Die zusätzliche Belastung des Harburger Bahnhofs wurde nach der Elektrifizierung der Strecken und der Modernisierung des Signalsystems für vertretbar gehalten.

Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn stimmte dem Bau des Rangierbahnhofs im August 1969 zu; das Bundesverkehrsministerium genehmigte das Vorhaben im Oktober 1969. Die Kosten für den Rangierbahnhof einschließlich der erforderlichen Zulaufstrecken wurden mit rund 375 Millionen DM (Preisstand 1969) angegeben.[6]

Bau

Rangierbahnhof Maschen 1977

Baubeginn für den Rangierbahnhof Maschen war im Juni 1970. Der Baugrund am Standort beiderseits der Bahnstrecke Hamburg–Hannover bestand aus einer ein bis vier Meter dicken Torfschicht, die im Spülverfahren abgetragen und durch Sand ersetzt wurde. Insgesamt wurden drei Millionen Kubikmeter Torf und zehn Millionen Kubikmeter Sand bewegt; dabei entstanden drei Baggerseen, die heute der Naherholung dienen. Um das Baufeld freizumachen, wurde die Bahnstrecke Hamburg–Hannover zwischen Meckelfeld und Stelle nach Osten verlegt; dieser Streckenabschnitt mit der neuen Haltestelle Maschen ging am 10. April 1975 in Betrieb.

Bereits im April 1972 war eine Neubaustrecke von Maschen nach Jesteburg eröffnet worden, die der Anbindung der ins Ruhrgebiet führenden Bahnstrecke Wanne-Eickel–Hamburg an den Rangierbahnhof diente. Die Zufahrtsstrecke nutzt im weiteren Verlauf zwischen Jesteburg und Buchholz die Bahnstrecke Buchholz–Lüneburg, die in diesem Abschnitt zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert wurde. Die Strecke ins Ruhrgebiet wurde zwischen Buchholz und Rotenburg auf drei Gleise erweitert.

Der Rangierbahnhof Maschen ging schrittweise zwischen Mai 1977 und Oktober 1980 in Betrieb; die offizielle Eröffnung war am 7. Juli 1977. Mit der Inbetriebnahme verloren fünf Rangierbahnhöfe im Hamburger Stadtgebiet – Eidelstedt, Harburg, Rothenburgsort, Wilhelmsburg und Hauptgüterbahnhof – einen Teil ihrer Aufgaben; zum Teil wurden sie zu Knotenbahnhöfen herabgestuft, die die weitere Verteilung der Güterwagen übernahmen. Bei der Inbetriebnahme kam es zu erheblichen Anlaufschwierigkeiten, so dass die Bildung von Eilgüterzügen für ein halbes Jahr in den Harburger Rangierbahnhof zurückverlagert wurde.[7]

1996 ging der südliche Teil der Hamburger Güterumgehungsbahn in vereinfachter Form in Betrieb. Bei der Planung für Maschen war noch von einer eigenständigen Trasse nach Hamburg-Billwerder über den Südosten der Elbinsel ausgegangen worden.[8]

Anlagen und Aufgaben

Der Rangierbahnhof nimmt bei einer Länge von 7.000 Metern und einer maximalen Breite von 700 Metern eine Fläche von 280 Hektar ein.[9] Bei der Eröffnung betrug die Gesamtgleislänge 300 Kilometer; es waren sechs Stellwerke, 825 Weicheneinheiten, 100 Haupt-, 115 Vor- und 688 Rangiersignale vorhanden. Als zweiseitiger Rangierbahnhof verfügt Maschen über zwei Zugbildungsanlagen. Im Nord-Süd-System sind eine Richtungsgruppe mit 48 Gleisen und eine Einfahrgruppe mit 16 Gleisen vorhanden; das Süd-Nord-System besteht aus einer Richtungsgruppe mit 64 Gleisen und einer Einfahrtsgruppe mit 17 Gleisen. Beide Systeme werden durch Abstell- und Ordnungsgruppen ergänzt. Zudem sind eine achtgleisige Wagenausbesserungshalle zur Reparatur von Güterwagen und ein Bahnbetriebswerk zur Instandhaltung von elektrischen und dieselgetriebenen Güterzuglokomotiven mit einer zweigleisigen Untersuchungshalle und zahlreichen Abstellgleisen im Freien vorhanden. Für jedes System sind zwei Stellwerke zuständig, die Stellwerke für die Ordnungsgruppe wurden schon 1983 wieder stillgelegt.

2002 ersetze eine zentrale Dispostelle die bisher für jede Richtung getrennten Dispostellen. 2004 wurde die Güterwageninstandhaltung zum Kombiwerk erweitert; in der Gegenwart ist sie auch für die Instandhaltung von Lokomotiven zuständig.

Maschen Rbf Richtungsgruppe
Süd-Nord mit 64 Richtungsgleisen
Maschen Rbf Richtungsgruppe
Nord-Süd mit 48 Richtungsgleisen

Um die angestrebte Kapazität von 11.000 Güterwagen pro Tag zu erreichen, war Maschen von Beginn an mit der modernsten, in den 1970er Jahren verfügbaren Rangiertechnik ausgerüstet.[10] Die Zusammensetzung eingehender Güterzüge wurde schon vor deren Ankunft nach Maschen übermittelt, so dass die bislang übliche Aufnahme der Züge in der Einfahrgruppe entfiel. Anhand der Daten wurden Zerlegelisten erstellt, die Arbeitsgrundlage der Ablaufsteuerrechner (ASR) waren. Die ASR steuerten per Funk die Rangierlokomotiven an den Ablaufbergen, gaben die Abdrückgeschwindigkeit vor, stellten die Fahrwege der ablaufenden Güterwagen ein und regelten deren Geschwindigkeit mit Gleisbremsen, von den 26 Balken- und 112 Gummigleisbremsen vorhanden waren. 112 Beidrückanlagen beförderten die abgelaufenen Güterwagen innerhalb der Richtungsgleise weiter.

Der Rangierbahnhof Maschen ist für die Zugbildung sowohl regionaler, nationaler als auch internationaler Güterzüge zuständig. Er dient insbesondere als Drehscheibe für den Hinterlandverkehr der Seehäfen Hamburg und Bremerhaven sowie dem Verkehr von und nach Skandinavien. In der Gegenwart wird der Rangierbetrieb von DB Schenker Rail, Cargo Zentrum Hamburg durchgeführt.

Im Rangierbahnhof Maschen wurden von 1977 bis 2007 rund 1,18 Millionen Züge mit insgesamt 35,5 Millionen Wagen gebildet und abgefahren.[11] In den 1980er Jahren wurden im Nord-Süd-System 75 und im Süd-Nord-System 125 Züge pro Tag gebildet. Die Höchstzahl von Wagen im Ausgang wurde am 11. Dezember 1985 mit 8.400 Wagen erreicht. Anfang der 1990er Jahre betrug die Zahl etwa 8.000; 2009 waren es 4.000 Güterwagen. Damit hat Maschen bislang nicht den Planungswert von 11.000 Güterwagen pro Tag erreicht; als Grund wird unter anderem die in den letzten 40 Jahren erheblich gestiegene Länge von Güterwagen genannt.

Ausblick

Da die nunmehr 30 Jahre alten Anlagen sanierungsbedürftig sind, wird der Rangierbahnhof seit 2009 erneuert und teilweise umgebaut.[12] Damit soll auch der zunehmenden Bedeutung des Containerverkehrs der Seehäfen Rechnung getragen werden. Im Zuge der Erneuerung wird ein Nebenablaufberg mit kurzen Richtungs- und Nachordnungsgleisen zugunsten längerer Richtungsgleise für die Bildung von Fernzügen aufgegeben. Einfahr- und Richtungsgleise und die dazugehörigen Weichen werden bündelweise erneuert und die Ablauftechnik bei Aufrechterhaltung des vollen Rangierbetriebs auf den neusten Stand der Technik gebracht. Insgesamt werden hierfür 220 Millionen Euro investiert; die Erneuerung soll 2013 abgeschlossen sein.

Literatur

  • Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Hamburg (Hrsg.): Der Rangierbahnhof Maschen. Stalling, Oldenburg (Oldb.) 1975, ohne ISBN.
  • Wolfgang Klee: Eisenbahnen in Hamburg. Eisenbahn Journal special 5/97.
  • Railion Deutschland AG (heute DB Schenker Rail Deutschland), Cargo Zentrum Hamburg-Maschen, Planung, Hesse, Dezember 2007.
  • Benno Wiesmüller, Dierk Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe. EK-Verlag, Freiburg 2009, ISBN 978-3-88255-303-1.

Einzelnachweis

  1. Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 127.
  2. Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 129f.
  3. Manfred Unbehagen: Die großen Anlagen des Reisefern- und Güterverkehrs in Hamburg. In: Eisenbahntechnische Rundschau 1970(19), ISSN 0013-2845, S. 349–368, hier S. 364.
  4. Unbehagen: Die großen Anlagen des Reisefern- und Güterverkehrs in Hamburg, S. 365f.
  5. Unbehagen: Die großen Anlagen des Reisefern- und Güterverkehrs in Hamburg, S. 365.
  6. Unbehagen: Die großen Anlagen des Reisefern- und Güterverkehrs in Hamburg, S. 368.
  7. Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 121.
  8. Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 136.
  9. Zahlenangaben bei Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 131ff.
  10. Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 132ff.
  11. Zahlenangaben bei Wiesmüller, Lawrenz: Die Hamburger Rangier- und Güterbahnhöfe, S. 135f.
  12. Logistik inside – Größter deutscher Rangierbahnhof bei Hamburg wird modernisiert

Weblinks


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