Maurisch

Maurisch

Als Mauren (abgel. v. der röm. Provinz Mauretanien bzw. dem Königreich Mauretanien, wiederum abgeleitet vom Griechischen mauros bzw. amauros, „dunkel“; metaphorisch: „dunkelhäutig“) werden all jene in Nordafrika als Nomaden lebenden Berberstämme verstanden, die im 7. Jahrhundert von den Arabern islamisiert wurden und diese bei ihrer Eroberung der iberischen Halbinsel als kämpfende Truppe unterstützten.

711 drangen Mauren in die christlichen Reiche der Westgoten im heutigen Spanien und Portugal ein. Unter ihrem Anführer Tāriq ibn Ziyād brachten sie den größten Teil der Iberischen Halbinsel in einem achtjährigen Feldzug unter islamische Herrschaft. Beim Versuch, auch Gebiete nördlich der Pyrenäen zu erobern, wurden sie vom fränkischen Hausmeier Karl Martell in der Schlacht von Tours und Poitiers 732 zurückgeschlagen. Bis 759 war die vollständige Vertreibung der Mauren nördlich der Pyrenäen mit der Eroberung der Küstenlandschaft Septimanien durch Pippin den Jüngeren vollzogen. Dennoch konnten die Mauren bis ins 10. Jahrhundert hinein in Südfrankreich operieren.

Die Mauren herrschten mehrere Jahrhunderte lang auf der Iberischen Halbinsel bis auf eine kleine Enklave im Nordwesten sowie in Nordafrika. 750 wurde der maurische Staat durch einen Bürgerkrieg erschüttert. Das Land zerbrach dann in zahlreiche islamische Lehen unter dem Kalifat von Córdoba. Indessen dehnten die christlichen Reiche im Norden und Westen allmählich wieder ihre Macht über das spätere Spanien und Portugal aus. So wurden in den folgenden Jahrhunderten Galicien, León, Navarra, Aragón, Katalonien, und schließlich Kastilien wieder christlich. Diese Periode ist bekannt für die gegenseitige Toleranz und Akzeptanz, die Christen, Juden und Muslime einander entgegenbrachten. 1031 brach jedoch das Kalifat von Córdoba zusammen und es bildeten sich die Taifa-Königreiche, welche aber bald unter die Herrschaft nordafrikanischer Mauren kamen (siehe: Almoraviden und Almohaden).

Am 16. Juli 1212 vertrieb ein Bündnis christlicher Könige unter Führung Alfons VIII. von Kastilien in der Batalla de Las Navas de Tolosa die Muslime aus Zentralspanien. Dennoch gedieh das maurische Königreich Granada unter den Nasriden weitere drei Jahrhunderte. Dieses Königreich wurde später bekannt für architektonische Meisterleistungen wie die Alhambra. Am 2. Januar 1492 wurde Boabdil, der Führer der letzten muslimischen Hochburg, von den Truppen des gerade vereinigten christlichen Spaniens besiegt. Die verbliebenen Muslime und auch die spanischen Juden, die Sephardim, mussten im Zuge dieser Reconquista Spanien verlassen oder zum Christentum konvertieren (s. Alhambra-Edikt). Die Nachkommen der konvertierten Muslime wurden Morisken/Moriscos genannt. Sie bildeten einen wichtigen Anteil der bäuerlichen Bevölkerung, z.B. in Aragón, Valencia oder Andalusien bis Anfang des 17. Jahrhunderts, als sie 1609-1615 von dem Herzog von Lerma aus Spanien nach der nordafrikanischen Küste (Algerien) endgültig vertrieben wurden.

Im späteren Mittelalter, insbesondere seit der Zeit der Kreuzzüge, nannte man die Mauren vornehmlich Sarazenen.

Die nordafrikanischen Berber hatten sich gegen die expandierenden Araber schon früher sehr widerspenstig gezeigt und 689 n.Chr sogar ein arabisches Expeditionsheer nahezu vernichtet. Dieser schwere Misserfolg zwang dem arabischen Statthalter Ägyptens eine neue Politik auf, die er aber mit viel größerem Geschick durchführte als vorher Rom und Byzanz. Er ging als Beduine davon aus, dass Araber wie Berber als Wüstenstämme von Natur her Feinde jedes fremden Eroberers seien, gleichgültig ob sie nun Römer oder Griechen hießen. Es glückte ihm, in den Berbern eine Art von afrikanischem Nationalstolz anzufachen. In diesem welthistorischen Akt dürfen wir vielleicht den Keim der bis in die Gegenwart andauernden politischen und kulturellen Entfremdung vom Westen sehen. Der Hass jener nordafrikanischen Bergstämme, deren Urenkel heute noch in Tunesien leben und damals in dem schwer zugänglichen Berg- und Wüstengebiet Nordwestafrikas ihre Wohnsitze hatten, ergab sich aus der natürlichen Freiheitsliebe eines für staatlich organisierte Disziplin wenig empfänglichen Volkes. Erst die Politik der arabischen Führer erreichte durch behutsame Islamisierung und Verbrüderung mit den Stämmen eine Konzentration ihrer bisher zersplitterten Kräfte. Er vermittelte ihnen ein Bewusstsein der Zusammengehörigkeit und zugleich ein einfaches und annehmbares politisches Ziel, das in erster Linie auf Eroberung und Plünderung christlicher Länder gerichtet war. An der Seite der Araber sollten die Mauren, wie man später die neue berberisch-arabische Mischbevölkerung genannt hat, sich das Land nehmen, das ihnen ohnehin seit Jahrtausenden gehörte. Die Araber lenkten dadurch geschickt ihren Expansionsdrang nach Westen.

Siehe auch

Literatur

  • Georg Bossong: Das maurische Spanien. Geschichte und Kultur. München 2007, ISBN 978-3-406-55488-9.
  • Burchard Brentjes: Die Mauren. Der Islam in Nordafrika und Spanien (642-1800). Wien 1989, ISBN 3-7008-0381-8.
  • Michael Brett, Werner Forman: Die Mauren. Islamische Kultur in Nordafrika und Spanien. Luzern 1986, ISBN 3-7611-0684-X.
  • Andre Clot: Das maurische Spanien. 800 Jahre islamische Hochkultur in Al Andalus. Patmos, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-96116-5.
  • Catherine Gaignard: Maures et chrétiens à Grenade - 1492 - 1570. Paris u.a. 1997, ISBN 2-7384-5656-1.
  • Arnold Hottinger: Die Mauren - arabische Kultur in Spanien. Fink, München 2005, ISBN 3-7705-3075-6.

Weblinks


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