Max Joseph Metzger

Max Joseph Metzger

Max Josef Metzger (* 3. Februar 1887 in Schopfheim, Deutschland; † 17. April 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden) war ein katholischer Priester, der wegen seiner pazifistischen Überzeugung vom Volksgerichtshof unter Vorsitz seines Präsidenten Roland Freisler am 14. Oktober 1943 zum Tode verurteilt und nach acht Monaten in der Todeszelle hingerichtet wurde. Am 8. Mai 2006 eröffnete Robert Zollitsch, der Erzbischof von Freiburg, das Seligprechungsverfahren für Metzger, den er als „prophetischen Märtyrer“ bezeichnete.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Max Josef Metzger als Schüler (vorne Mitte). Dahinter links sein Vater.

Max Josef Metzger schloss seine Studien der Theologie und Philosophie 1911 mit dem Dr. theol. ab. Er schlug trotz seiner hervorragenden Begabungen nicht die wissenschaftliche Laufbahn ein, sondern widmete sich der praktischen Tätigkeit. Aufgrund seiner Erfahrungen als Divisionspfarrer im Ersten Weltkrieg wurde er zum radikalen Pazifisten mit internationaler Ausstrahlung und war Mitglied des Internationalen Versöhnungsbundes. Er gründete verschiedene pazifistische Organisationen, darunter den Friedensbund Deutscher Katholiken, die Weltfriedensorganisation vom Weißen Kreuz, engagierte sich in der überkonfessionellen Una-Sancta-Bewegung und war daneben noch für die Christkönigsgesellschaft, die sich in der Trinkerfürsorge engagierte, tätig.

Diese vielfältigen und öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten ließen Metzger bald nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten ins Visier der Gestapo geraten. Nach zwei kürzeren Haftaufenthalten vom 23. Januar 1934 bis 26. Januar 1934 und vom 9. November 1939 bis 4. Dezember 1939 wurde er endgültig am 29. Juni 1943 aufgrund des Verrats der Gestapoagentin Dagmar Imgart, die sich als Spitzel in die Una-Sancta-Bewegung und in sein Vertrauen eingeschlichen hatte, verhaftet. Er hatte ihr, da sie schwedische Staatsbürgerin war und regelmäßig auch während des Krieges Verwandte in Schweden besuchen durfte, ein an den Bischof von Uppsala gerichtetes Memorandum (das Demokratische Manifest, zum Originaltext s. Weblinks) anvertraut, welches die künftigen demokratischen Strukturen Deutschlands ausformulierte.

Das Todesurteil

Gedenktafel für Metzger in Magdeburg

Max Josef Metzger wurde in einem nur siebzig Minuten langen Schauverfahren zum Tode verurteilt. Freisler hatte an jenem Tag in der ihm eigenen Art bereits drei Strafverfahren erledigt. Er lehnte es ab, den Angeklagten anzuhören, weil es ihm unmöglich sei, „die politischen Tiraden Dr. Metzgers“ anzuhören. Als Metzger die Bewegung „Una Sancta“ erwähnte, schrie Freisler, „Una Sancta, Una sancta – una sanctissima – Una – das sind wir, und weiter gibt es nichts!“. Freisler erklärte, eine solche Pestbeule sei auszumerzen und verkündete wenige Minuten später das vorgefasste Todesurteil.

Das auch vom zweiten Berufsrichter, dem Kammergerichtsrat Rehse unterzeichnete Urteil ist durch die Bewertungen, die es bei der Bewältigung nationalsozialistischen Unrechts nach Untergang des Deutschen Reiches erfuhr, bemerkenswert. Zunächst wird Metzgers Demokratisches Manifest mit folgenden Worten kommentiert:

„Es handelt sich also um den Entwurf eines Regierungssystems für Deutschland, das demokratisch-pazifistisch, wehrlos, einer Terrorarmee unserer Feinde unterworfen, kein Einheitsstaat, nicht einmal ein Bundesstaat, sondern nur ein Staatenbund sein soll; also um die Verwirklichung schlimmster Wunschträume un­serer Feinde! (…) Ein ganz ungeheuerlicher Gedanke, wie ihn nur ein zutiefst de­faitistischer Mensch überhaupt fassen kann. Ein schmachvoll ver­räterischer Gedanke, wie ihn nur derjenige zu fassen vermag, der unser nationalsozialistisches Deutschland zutiefst haßt.“

Dann machen die Richter deutlich, dass es nicht darum geht, angebliches Unrecht einem bestimmten Straftatbestand zuzuordnen, sondern dass es um die Vernichtung des Gegners unter dem Deckmantel der Justiz geht:

„Denn die ganze Handlungsweise Metzgers ist so ungeheuerlich, daß es gar nicht darauf ankommt, ob sie sich nun juristisch als Hochverrat kennzeichnen läßt (…) oder ob sie juristisch Feindbegünstigung ist (…) – auf das alles kommt es nicht an: denn jeder Volksgenosse weiß, daß ein solches Ausscheren eines einzelnen Deutschen aus unserer Kampffront eine unge­heuerliche Schandtat ist, ein Verrat an unserem Volke, in seinem Kampf um sein Leben, und daß ein solcher Verrat todeswürdig ist; es ist ein Verrat in Richtung auf Hochverrat, ein Verrat in Richtung auf Defaitismus, ein Verrat in Richtung auf Feindbegünstigung, ein Verrat, den unser gesundes Volksempfinden für todeswürdig hält (§ 2 StGB. ). Deshalb müßte Metzger wegen dieses gemeinen Volksverrates auch dann zum Tode verurteilt werden (…). Metzger versuchte heute in der Hauptverhandlung darzulegen, daß er doch nur aus guter Vorsorge (…). Aber das ist eben eine ganz andere Welt, eine Welt, die wir nicht verstehen. Und bei uns im Großdeutschen Reich kann jeder nur nach den Grundsätzen verurteilt werden, die bei uns gelten, nach nationalsozialistischen Ansichten, die davon so himmelweit entfernt sind, daß über sie eine Diskussion auf nationalsozialistischer Basis überhaupt nicht möglich ist – und das sind die Ansichten, die Metzgers Hand­lungsweise zugrunde liegen -, kann, darf und will kein deutsches Gericht berücksichtigen. Jeder muß sich gefallen lassen, nach deutschem, nationalsozialistischem Maßstab gemessen zu werden. Und der sagt eindeutig, daß ein Mann, der so handelt, ein Verräter am eigenen Volk ist.“

Juristische Aufarbeitung nach 1945

Die juristische Aufarbeitung dieses und anderer Unrechtsurteile blieb sehr unvollkommen.

Die Denunziantin wurde 1947 im Rahmen der Entnazifizierung von der Spruchkammer in Gießen als Hauptschuldige zu zehn Jahren Internierungslager verurteilt, jedoch bereits nach drei Jahren entlassen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung war unzureichend. Zunächst wurde die genannte Gestapobeamtin im Oktober 1951 durch das Schwurgericht Limburg vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord und zur Freiheitsberaubung freigesprochen. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Urteil aufgehoben hatte, konnte sich das Schwurgericht Kassel lediglich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten Zuchthaus wegen Freiheitsberaubung verstehen. Es lehnte es ab, das Todesurteil als materiell rechtswidrig zu bezeichnen. Erst auf die erneute Revision erklärte der BGH das Urteil als Terrorurteil, es handele sich um „Rechtsprechung als Terrorinstrument“.

Nachdem Freisler wegen seines vorzeitigen Todes nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte, stand nur noch Hans-Joachim Rehse zur Verfügung. Letztlich ist auch das gegen ihn wegen Rechtsbeugung und anderer Delikte eingeleitete Verfahren gescheitert.

Erst 1997 ist das Todesurteil gegen Max Josef Metzger postum vom Landgericht Berlin aufgehoben worden.

Siehe auch

Quellen

  1. Pressemitteilung Erzbistum Freiburg: Ein „prophetischer Märtyrer“ [1], 8. Mai 2006

Literatur

  • Lilian Stevenson: Max Joseph Metzger, Priest and Martyr 1887-1944 with a selection from his letters and poems written in prison. London: SPCK, 1952.
  • Marianne Möhring: Täter des Wortes. Max Josef Metzger - Leben und Wirken, Meitingen 1966.
  • Benedicta Maria Kempner: Priester vor Hitlers Tribunalen, 2. Auflage 1967; S. 273-289. ISBN 3-570-12292-1.
  • Werner Becker: Max Josef Metzger. In: Werner Becker/Bruno Radom (Hgg.): Ökumenische Menschen, Leipzig 1969, S. 39-59.
  • Klaus Drobisch: Wider den Krieg. Dokumentarbericht über Leben und Sterben des katholischen Geistlichen Dr. Max Josef Metzger, Berlin 1970.
  • Leonard Swidler: Bloodwitness for peace and unity: the life of Max Josef Metzger, Philadelphia 1977.
  • Paulus Engelhardt (Hg.): Max Josef Metzger: Bruder Paulus. Fribourg: Imba-Verlag, 1980. ISBN 3-85740-099-4.
  • Rupert Feneberg & Rainer Öhlschläger (Hg.): Max Josef Metzger: Auf dem Weg zu einem Friedenskonzil. Hohenheimer Protokolle, Bd. 22. Stuttgart: Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, 1987. ISBN 3-926297-02-6.
  • Stadt Schopfheim (Hg.): Für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche (Begleitbuch zur Ausstellung Dr. Max Josef Metzger). Textredaktion: Klaus Schubring. Schopfheim-Fahrnau: Druckerei Rünzi, 1987. ISBN 3-926431-00-8.

Weblinks


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