Arabische Tonleiter

Arabische Tonleiter
Gnawa-Musiker aus Marokko

Arabische Musik bezeichnet die klassischen und die populären Musikformen der Völker der arabischen Welt: der Maghrebstaaten und des Maschriq (Ägypten, den Palästinensischen Autonomiegebieten, Jordanien, Syrien, Libanon und dem Irak) sowie der arabischen Halbinsel. Zur arabischen Musik gehört säkulare Musik ebenso wie religiöse Musik.

Die Welt der arabischen klassischen Musik wurde lange von Kairo, einem kulturellen Zentrum, dominiert, jedoch gehen auch von Marokko bis Saudi-Arabien musikalische Innovationen und regionale Stile aus. Klassische Arabische Musik ist in der Bevölkerung sehr populär, besonders betrifft das eine kleine Anzahl von Sängern, die als Superstars in der ganzen arabischen Welt bekannt sind (wie zum Beispiel die ägyptische bzw. libanesische Sängerin Umm Kulthum bzw. Fairuz).

Inhaltsverzeichnis

Besonderheiten

Arabische Musik erreicht ihre ausdrucksstarke Wirkung hauptsächlich durch melodische und rhythmische, weniger durch harmonische Mittel. Der Großteil der arabischen Musik ist linear einstimmig, doch gibt es heute (in signifikant steigendem Maße) auch Musikstücke, die sich extensiv einer mehrstimmigen Harmonik bedienen.

Die arabische Musik weist folgende charakteristische Merkmale auf:

  • Das den Europäern fremde Tonsystem mit seinen eigenen Intervallstrukturen (wie das Verwenden von Vierteltönen)
  • Rhythmisch-zeitliche Strukturen, die formgebende Muster ergeben
  • Instrumente, die z.T. in der gesamten arabischen Welt zu finden sind und das Tonsystem eindeutig prägen
  • eine Vielzahl von an feste Anlässe (religiöser oder weltlicher Art) gebundenen Musikformen.
  • Die große Bedeutung, die dem Sänger oder der Sängerin in der arabischen Musik zukommt, da die Kompositionen insbesondere in der (stark überwiegenden) Vokalmusik für europäische Verhältnisse einen immensen Spielraum für Interpretation und Improvisation zulassen
  • Das Vorherrschen überwiegend kleinerer Ensembles, die zudem in der arabischen Klassischen Musik über den ganzen Kulturraum ähnlich besetzt sind.

Instrumente

Grundsätzlich muss man – wie für die arabische Musik allgemein – zwischen traditionellen Musikinstrumenten und klassisch-arabischen unterscheiden. Die traditionellen werden in der Volksmusik der jeweiligen arabischen Länder bzw. Ethnien verwendet, während die klassisch-arabischen im gesamten arabischen Kulturraum vertreten sind.

Die Volksmusikinstrumente werden eingeteilt in die Gruppen der Blasinstrumente, Saiteninstrumente, Schlaginstrumente. Die Rabāba oder Rabāb, die Spießlaute, gehört zu den Volksmusikinstrumenten und zwar zu der Gruppe der Streichinstrumente. Sie zeichnet sich durch einen kleinen Korpus – oft eine halbe Kokusnussschale–  mit nur einer Saite aus. Es gibt aber auch andere Formen wie die Kastenform. Sie wird dann als Kastenspießlaute bezeichnet.[1][2]

Die folgenden Ensemble-Instrumente sind hingegen in der gesamten arabischen Welt zu finden: Im traditionellen arabischen Ensemble werden Instrumente wie die Laute Oud (‏عود‎ / ʿūd), die Zither Qānūn (‏قانون‎), das der Geige ähnliche Streichinstrument Kamanǧa, deren Vorläufer die Rabāba ist, die Flöte Nāy (‏ناي‎), das Tamburin Riqq (‏رق‎), die Trommel Darabukka (‏دربكة‎) gespielt. Weitere arabische Schlaginstrumente sind Bendir (Rahmentrommel) und Tar (‏طار‎ / ṭār), die sowohl in der klassisch-nordafrikanischen Musiktradition Verwendung finden wie in der volkstümlichen Musik.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts fanden durch den Kontakt zu den Kolonialmächten und ihrer Musikkultur immer mehr europäische Musikinstrumente Eingang in die arabische Musik wie die europäische Violine, das Cello, der Kontrabass, aber auch Akkordeon, Saxophon und schließlich Klavier und Keyboard, was zur Folge hatte, dass bestimmte Maqāmat nicht mehr spielbar waren, da sie auf manchen Instrumenten (Klavier) eben nicht oder nur schwer ausführbar sind.

Regionalisierte Popularmusik

Anders als die klassische arabische Musik wurde die Popularmusik nicht über einzelne Zentren gelenkt, sondern hat sich in den verschiedenen Regionen des (östlichen) Maschriq und des (westlichen) Maghreb sehr unterschiedlich entwickelt. Regionale Stile der Popularmusik beinhalten heute beispielsweise algerischen Raï, marokkanischen Gnawa, kuwaitischen Sawt (Sout, Sowt) und ägyptischen al-jil. Sie sind teilweise von westlicher Popmusik, teilweise aber auch von traditioneller afrikanischer Musik beeinflusst.

Vermutlich alleinstehend ist die von Sufitraditionen überprägte Musik aus dem Dorf Joujouka im Rifgebirge.

Die arabische Musik ist auch sehr beliebt in anderen Staaten außerhalb der Arabischen Welt wie z.B. der Türkei, dem Iran und auch in westlichen Ländern wie Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, Italien und auch in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Weitere Entwicklungen

Heute findet so etwas wie eine Rückbesinnung auf die arabische Tradition statt. Aber es gibt auch Strömungen von modernen Komponisten, die bewusst versuchen, Polyphonie und die europäische Harmonik mit der arabischen Homophonie (Musik), bei der alle Instrumente die gleiche Melodie spielen, zu verknüpfen.

Dabei sind auch Versuche zu beobachten, die arabische Musik aufgrund der Kenntnisse der Konzertmusik und anderer Musiken weiterzuentwickeln. Aus seiner Verknüpfung der unterschiedlichen modalen Eigenarten der östlichen und der westlichen Spielarten der arabischen Musik mit komplexen Improvisationen hat beispielsweise Anouar Brahem eine neue Synthese geschaffen. Ähnlich gilt das für den auf der Musik des Libanon und des Jazz aufbauenden Rabih Abou-Khalil, aber auch für in Frankreich lebende Musiker wie Safy Boutella, die Elemente des Raï und der Fusionsmusik einbeziehen.

Auch Wust el-Balad, die bekannteste Rockband aus dem arabischen Raum, verwendet in ihren Liedern mehrere Elemente aus der traditionellen arabischen Musik. Acrassicauda, eine irakische Thrash-Metal-Band, zeigt deutlich stärkere Einflüsse von „westlicher“ Rockmusik.

Einzelnachweise

  1. Ulrich Wegner: Afrikanische Saiteninstrumente. Museum für Völkerkunde, Berlin 1984, S. 124–135. 
  2. Abb. auch bei Edward William Lane: An Account of the Manners and Customs of the Modern Egyptians. London 1842 (2 Bände). 

Literatur

  • Monographien
    • Wilhelm J. Krüger-Wust: Arabische Musik in europäischen Sprachen. Eine Bibliographie. Harrassowitz, Wiesbaden 1983, ISBN 3-447-02339-2.
    • Frederic Lagrange: Al Tarab - die Musik Ägyptens. Palmyra, Heidelberg 2000. ISBN 3-930378-31-0
    • Issam el-Mallah: Arabische Musik und Notenschrift. Verlag Schneider, Tutzing 1996. ISBN 3-7952-0850-5 (+ 2 CDs; zugl. Habilitationsschrift, Universität München)
    • Frank Tenaille: Die Musik des Raï. Edition Palmyra, Heidelberg 2003, ISBN 3-930378-49-3 (+ 1 CD)
    • Habīb H. Tūmā: Die Musik der Araber (Taschenbücher zur Musikwissenschaft; 37). Noetzel Heinrichshofen-Bücher, Wilhelmshaven 1998, ISBN 3-7959-0182-0.
  • Zeitschrift
    • Al-maqam. Zeitschrift für arabische Kunst und Kultur/ Neue Folge. mediaAGENT, Berlin 2006 ff. (früher: Al-Maqam, Zeitschrift für arabische Musik)

Weblinks


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