Arbeit-Wirtschaft-Technik

Arbeit-Wirtschaft-Technik

Arbeitslehre, neuerdings auch „Arbeit-Wirtschaft-Technik“ oder Polytechnik ist ein Unterrichtsfach, das es in der DDR unter dem Namen UTP gab und erst in jüngerer Zeit in den alten Bundesländern eingeführt wurde.

Bereits ab 1900 bis in die 1930er Jahre verfolgte Georg Kerschensteiner die Einrichtung von Arbeitsunterricht und Arbeitsschulen. Dabei ging und geht es noch heute um die Frage, inwieweit die Themen Arbeit und Beruf Gegenstand der allgemeinen Bildung sein müssen. Weitere Anstöße zur Beschäftigung mit dieser Frage ergaben sich u. a. durch Modernisierungsschübe, die z. B. der Nutzung rechnergestützter Systeme folgten und die auf die Produktions-, Betriebs- und Wirtschaftsabläufe bis heute wirken, was die Qualifikations- und Tätigkeitsmerkmale vieler Berufe anhaltend verändert.

Ein Konzept mit einer systematischen Begründung für das Fach Arbeitslehre gab der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen 1964 heraus. Diese vermutlich folgenreichste aller Empfehlungen dieses Gremiums fand 1969 Eingang in eine Stellungnahme der Kultusministerkonferenz zur Hauptschule, die zur Leitlinie für die Entwicklung der Arbeitslehre in den meisten Bundesländern wurde. Der Ausschuss wollte mit dem in seiner Empfehlung enthaltenen Fach Arbeitslehre den Charakter einer reformierten Volksschuloberstufe prägen, da in diesem Fach kognitive Schulung und manuelle Tätigkeit zusammengeführt werden sollten.

Als Kennzeichen westdeutscher Arbeitslehre wird heute die Verbindung von Technik, Wirtschaft und Hauswirtschaft unter Berücksichtigung von gesellschaftspolitischen und sozialen Aspekten genannt. Ein solches Lerngebiet wurde in allen Bundesländern außer in Schleswig-Holstein eingeführt, wobei sich die Organisationsformen und das Unterrichtssoll zwischen den Ländern unterscheiden. Als Pflichtfach wird es in der Regel an Hauptschulen und in einigen Bundesländern an Gesamtschulen unterrichtet, wobei das Stundenaufkommen durch ein zusätzliches Wahlpflichtfach Arbeitslehre erhöht werden kann. An Realschulen hat Arbeitslehre eher als Wahlpflichtfach Einzug gehalten. In der Wahlpflichtform wird es von Schülern an Gesamt- und Realschulen häufig als eine Alternative zur zweiten Fremdsprache gewählt. Da eine zweite Fremdsprache jedoch Voraussetzung für den Abschluss der gymnasialen Oberstufe ist, ist mit der Entscheidung über das Wahlpflichtfach in der Regel auch eine leistungsmäßige und soziale Selektion verbunden.

Inwieweit die Inhalte der Arbeitslehre Teil einer allgemeinen Grundbildung sind, die an allen Schularten vermittelt werden sollten, bleibt umstritten. Arbeitslehre trägt einen Stachel gegen eine sich am Neuhumanismus orientierende Gymnasialtradition, die eine Trennung von Bildung und Ausbildung betont. An dieser Frontstellung des Faches scheiterten bisherige Versuche der breiten Einführung von Arbeitslehre am Gymnasium.

In der DDR wurde bereits 1958 versucht, Elemente einer beruflichen Grundausbildung durch die Einführung des polytechnischen Unterrichts vorwegzunehmen. Eine Neukonzeption des Arbeitsunterrichts 1966 sollte einer Einengung auf Berufsvorbereitung entgegensteuern. Die manuell-technische Tätigkeit wurde als spezifischer Teil einer umfassenden sozialistischen Allgemeinbildung ausgewiesen. Der polytechnische Unterricht, aufgegliedert in die Teilbereiche Einführung in die sozialistische Produktion und Produktive Arbeit, konnte die Neuorganisation der Schulen und der Wirtschaft nach der Wiedervereinigung nicht überstehen. Inwieweit der polytechnische Unterricht der DDR Einfluss auf die weitere Entwicklung der Arbeitslehre in der heutigen Bundesrepublik hat, war 1994 noch nicht zu übersehen.

Im allgemeinen setzt Arbeitslehre im siebten Schuljahr mit Themen aus dem engeren Lebensbereich der Schüler an. Im handwerklichen Bereich wäre dies zunächst die Herstellung von Produkten für den eigenen Bedarf, um sich letztlich mit Produkten für den anonymen Markt zu beschäftigen. In die zweite Hälfte der Sekundarstufe I gehören dann auch das Thema Berufsorientierung sowie ein Praktikum in einem produzierenden Betrieb.

Literatur

  • J. Baumert u. a. (Arbeitsgruppe Bildungsbericht am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Reinbek, 1994, S. 225–231.

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