Menschenbild

Menschenbild

Menschenbild ist ein in der philosophischen Anthropologie gebräuchlicher Begriff für die Vorstellung, das Bild, das jemand vom Wesen des Menschen hat. Insofern der Mensch Teil der Welt ist, ist das Menschenbild auch Teil des Weltbildes. Menschenbild wie Weltbild sind immer in eine bestimmte Überzeugung oder Lehre eingebunden, die jemand vertritt. So gibt es unter anderem zum Beispiel ein christliches, ein buddhistisches, ein humanistisches oder ein darwinistisches Menschen- und Weltbild.

Dem Einzelnen erscheint das eigene Menschenbild häufig als so selbstverständlich, dass er kaum darüber nachdenkt, dass man sich den Menschen auch anders vorstellen kann. Trifft man auf ein anderes Menschenbild, so wird dieses häufig als falsch, das eigene als richtig angesehen. Hier geht es nicht um die Klärung von Streitfragen, also nicht darum, was richtig und was falsch ist, sondern, welche unterschiedlichen Vorstellungen die Menschen in unterschiedlichen Kulturen haben und zu unterschiedlichen Zeiten über sich hatten und welche Implikationen daraus folgen.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzung: Wer ist Mensch und wer nicht?

Die Frage, was ein Mensch ist und was nicht, ist grundlegender und vor allem strittiger als gemeinhin angenommen (z. B. die Frage, wann das Leben beginnt, ob eine befruchtete Eizelle oder ein Embryo bereits ein Mensch ist).

Die Differenzierung des Menschen erfolgt durch die Annahme, dass der Mensch sowohl Instinkte als auch die Fähigkeit besitzt, über sich selbst zu reflektieren. Dadurch unterscheidet er sich (in seinem Verhalten) von anderen Lebewesen.

Siehe auch: Leben#Beginn des Lebens und Bioethik#Definition des Lebensbeginnes

Das Bild vom Menschen im Laufe der Geschichte

Vorzeit

Über Menschenbild und Selbstverständnis des Menschen der Vorzeit ist wenig bekannt, allerdings existieren künstlerische, wohl religiöse Zeugnisse wie Abbildungen von Menschen und Göttern. Nachgewiesene Begräbnis-Riten weisen auf Vorstellungen vom Jenseits und Sorge um die Verstorbenen hin. Religiöse Vorstellungen waren wahrscheinlich animistisch inspiriert. Repräsentativ für diese Phase ist der Schamanismus.

Schöpfung

In fast allen Gesellschaften existieren Mythen der Schöpfung, die Hinweise auf Weltbild, aber auch auf das Selbstverständnis der Menschen liefern.

Mensch und Gottheit

In der griechischen und römischen Antike wie auch im Zweistromland existiert eine Vielzahl von Göttern, die den Menschen überlegen sind, aber ihnen auch ähneln. Der Mensch wird im Gegensatz zu den Göttern als sterblich angesehen, weshalb „die Sterblichen“ als Umschreibung für Menschen benutzt wurde. Menschen und Götter pflegen untereinander und miteinander eine Vielzahl von Lieb- oder Feindschaften, und sind gleichermaßen in Leidenschaften verstrickt (siehe z. B. die Sage von Odysseus). Ansonsten ist das Menschenbild der Antike auch durch Sklaverei, Ungerechtigkeit und Ungleichheit geprägt. In Athen, und später auch in Rom finden sich zwar Ansätze der Demokratie. Diese ist jedoch immer auf die sog. Freien (vgl. Oberschicht) begrenzt. Die Philosophie erblüht in der Antike, es werden weitreichende Betrachtungen über den Menschen und die Gesellschaft angestellt, auf die man sich teilweise noch heute bezieht.

Im Monotheismus ist die Trennung zwischen Mensch und Gott weitaus prägnanter. Der alleinige Gott duldet keine weiteren Götter neben sich und verlangt nach Erfüllung seines Willens z. B. Opfer (siehe Altes Testament).

Der Unterschied zwischen Mensch und Gott (Monotheismus)/Göttern wird in religiös geprägten Gesellschaft darin gesehen, dass ein Gott das Überwesen ist, das - selber anderen, keinen oder undurchschaubaren Regeln unterworfen - den Menschen überhaupt erst geschaffen hat, das ihn (wie z. B. im Christentum oder Islam) einst richten wird, und das in der Zwischenzeit jede Macht hat, das Leben des Menschen auch existenziell zu beeinflussen. Der Mensch erscheint - besonders im Monotheismus - als abhängig von Gott. Im Christentum bekommt hierbei der Begriff der Sünde, etwa im Verhältnis zum freien Willen große Bedeutung.

In verschiedenen Kulturen konnten Menschen zu Göttern werden und wurden auch als solche verehrt. Weltliche Herrscher wie manche der Pharaonen, oder solche in den mittelamerikanischen Kulturen der Maya oder Azteken beanspruchten, als Menschen gleichzeitig Götter zu sein, Herrscher über Himmel und Erde. Die Konquistadoren aus Europa wurden von den Indianern zunächst als Götter wahrgenommen, die alte Prophezeiungen erfüllten.

Bei den Voodoo-Kulten und vergleichbaren Naturreligionen etwa in Afrika oder der Karibik geraten (auch heute) gewöhnliche Menschen in Trance, und Gottheiten ergreifen von ihnen zeitweise Besitz, sprechen durch sie oder drücken sich in Bewegungen und Handlungen aus.

Im asiatischen Kulturkreis überwiegt im Unterschied zu christlich geprägten Gesellschaften eine buddhistisch beeinflusste Sicht des Menschen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Gott und Mensch in eins fallen. Schöpfer und Geschöpf existieren nicht unabhängig voneinander. Gott drückt sich als alles durchdringende Lebenskraft in der Schöpfung aus. Aus diesem Grund hat der Begriff „Gott“ im Buddhismus keine Bedeutung, da „Gott“ im Wesentlichen eine Abgrenzung zum Menschen ausdrückt. Für das Menschenbild hat diese Sicht entscheidende Bedeutung, da sie den Menschen auf sich selbst und die ihn umgebende Schöpfung zurückwirft. Er ist keinem außerhalb von sich befindlichen Überwesen Rechenschaft schuldig (wie im Judentum, Christentum und Islam), sondern hat sein Tun und Lassen allein vor sich selbst zu verantworten. Jede Ausübung einer Wirkung auf die Umwelt kommt einer Auswirkung auf das eigene Selbst gleich, da das Schöpferische im Menschen (Gott) und der Mensch als Teil der Welt nicht voneinander verschieden sind (vgl. auch Pantheismus).

Mittelalter

Das Mittelalter ist geprägt vom Glauben und vom Aberglauben, von der Hinnahme des eigenen Schicksals, vom Fatalismus und der Furcht vor der Hölle, aber auch von der Wiederentdeckung des Wissens der Antike in den Bibliotheken der Klöster. Handel mit dem Orient bietet die Möglichkeit der Verbreitung von Wissen und Erfindungen. Die Kreuzzüge sollen die Überlegenheit des christlichen Glaubens demonstrieren, weltliche und kirchliche Macht und Rechtsprechung gehen Hand in Hand. Die Herrschaft des Adels wird als gottgewollt dargestellt, Ungleichheit zwischen den Menschen meist hingenommen (siehe aber auch: Habeas Corpus).

Das Menschenbild der Aufklärung

Der Humanismus stellt einen Bruch mit den vormaligen Vorstellungen dar, im Zentrum steht nun der Mensch, das Individuum. Die Philosophie der Aufklärung erreicht eine Synthese von antiken und neueren Vorstellungen vom Menschen. Das Licht der Aufklärung soll dem vernunftbegabten Menschen ermöglichen, alten Aberglauben abzulegen, sich selbst zu erkennen, seine eigenen Belange und die der Gesellschaft vernünftig zu regeln. Das naturwissenschaftlich-rationale Denken hält Einzug. Das Bürgertum überwindet in Folge der französischen Revolution die Herrschaft von Kirche und Adel, und entwickelt ein neues Selbstverständnis, das sich in Kultur und Politik niederschlägt.

Moderne

Die Industrialisierung mündet in die Moderne. Die Moderne ist (in ihrer Selbstwahrnehmung) geprägt von technischen Erfindungen, kulturellen Revolutionen und Fortschritt, Säkularisierung, politisch von Marxismus, Emanzipation von Frauen und der Arbeiterbewegung, Liberalismus, Faschismus und den Katastrophen der beiden Weltkriege.

Max Weber analysiert in Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus die ökonomischen Prozesse der Industriegesellschaft, die zeitgenössische Arbeitsethik, ihre Verankerung im Protestantismus. In ihrem berühmten Werk Dialektik der Aufklärung kritisieren die Philosophen Theodor W. Adorno und Horkheimer die Unmenschlichkeiten des Nazi-Regimes und anderer Systeme als Folge des überbetont rationalen Denkens der Aufklärung: Die Konzentrationslager funktionierten technisch perfekt organisiert nach rationalen Gesichtspunkten, die den Wert des Menschen auf seinen Materialwert bezifferten.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstehen die modernen kapitalistischen westlichen Gesellschaften auf der Grundlage von Demokratie und Menschenrechten. Das Individuum tritt als Bürger und Konsument, als Wähler und als Arbeitnehmer auf. Wohlstand und weitere Rationalisierung halten Einzug. Im konkurrierenden Ostblock soll ein dogmatischer Sozialismus die Lehren von Karl Marx verwirklichen. Die Verfolgung von sog. Abweichlern von der Parteilinie, autoritäre Regimes und Mangel an Freiheit sind jedoch die Folge.

Das Menschenbild des Grundgesetzes

Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines isolierten souveränen Individuums; das Grundgesetz hat vielmehr die Spannung Individuum - Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten. Das ergibt sich insbesondere aus einer Gesamtsicht der Art. 1, 2, 12, 19 und 20 GG. Dies heißt aber: der Einzelne muss sich diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen, die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt allgemein Zumutbaren zieht, vorausgesetzt, dass dabei die Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt. (BVerfGE 4, 7, 15 f.)

Postmoderne

Der Existenzialismus als populäre Denkschule der Avantgarde der 50er entwirft ein Bild vom modernen Menschen, der in eine sinnlose Welt geworfen ist, Sinn muss von ihm selbst gestiftet werden.

Mit der Studentenbewegung von 1968, mit Umbrüchen wie der machtvollen Popkultur hält wiederum ein neues Menschenbild Einzug. Die 68er protestieren gegen eine vermeintlich erstarrte Gesellschaft in West wie Ost, eine Technokratie, die dem Individuum keinen Raum einräumt, sondern angepasstes Verhalten verlangt. Irrationale Seiten des Menschen wie Phantasie werden von den 68ern dagegengehalten, Esoterik, Utopien, aber auch Kunst und Kultur sind dabei Ausdruck dieser Haltung.

In der Philosophie entwerfen Philosophen wie Gilles Deleuze oder Jacques Derrida Grundzüge einer neuen Philosophie des Menschen. Sie wenden sich gegen die scheinbar selbstverständlichen Eindeutigkeiten, binären Entscheidungen, Festschreibungen, die das Denken über Mensch und Welt bisher prägten.

Die Postmoderne ist gekennzeichnet vom Nebeneinander einer Vielzahl von Ansichten über den Menschen, von divergierenden neuen und alten Lebensstilen. Gemein ist ihnen jedoch zumeist der Wille zu Pluralismus und Toleranz. Die Ökologie-Bewegung entwirft in den 70ern und 80ern ein ganzheitliches Menschenbild, bei dem besonders das Eingebundensein des Menschen in die Natur betont wird. Jugendbewegungen wie Punk oder New Wave propagieren einen melancholischen bis pessimistisch-nihilistischen Blick auf den Menschen.

Was macht den Menschen aus?

Mensch und Tier

Im europäischen Weltbild scheint die Abgrenzung zum Tier eindeutig zu sein. In anderen Kulturen jedoch erfolgt die Abgrenzung anders. In einigen südostasiatischen Sprachen beispielsweise werden die Menschenaffen zu den Menschen gerechnet: Orang Utan ist der Waldmensch und Orang Asli ein Einheimischer. Alle sind Menschen. Umgekehrt werden gelegentlich völlig andere Menschen nicht zu den Menschen gerechnet. In Brasilien kommt es vor, dass die dortigen Ureinwohner als „Waldtiere“ bezeichnet werden.

In der klassischen Philosophie und im christlichen Menschenbild kommt dem Menschen aufgrund seiner geistigen Seele (Geist) eine eindeutig herausgehobene Stellung gegenüber den Tieren zu, denn der Mensch gilt als Ebenbild Gottes (Gen 1, 26-27) und ihm steht es zu, über die Tiere wie die gesamte Schöpfung zu herrschen (Gen 1, 28). Das moderne naturwissenschaftliche Menschenbild verneint dagegen einen systematischen Unterschied zwischen Mensch und Tier.

Häufig schmücken sich jedoch in vielen Kulturen Menschen mit Bezeichnungen von Tieren. Adler, Löwe, Fuchs, Wolf usw. sind beliebte Selbstbezeichnungen, wie auch anhand von Vornamen und Titeln erkennbar ist. Analog gibt es Bezeichnungen, die abwertend gesehen werden, wie z. B. Schwein, Sau, Ratte, Hund, Esel. Manche Tiere wie z. B. Kamel werden in einigen Kulturkreisen anerkennend, in anderen abwertend gebraucht. Wo der Unterschied zwischen Mensch und Tier besonders betont wird, werden Tiervergleiche überhaupt nicht gerne gesehen.

Teilweise umstritten sind die Bezeichnungen human (wörtlich: menschlich) und bestialisch (wörtlich: tierisch). Hier wird unterstellt, dass der Mensch mild wäre, während das Tier roh ist. Häufig werden aber Handlungsweisen des Menschen als bestialisch bezeichnet, die beim Tier kaum oder gar nicht vorkommen. Umgekehrt wird mit human häufig eine Verhaltensweise bezeichnet, die bei Tieren in analoger Form vorkommen.

Kritische Literatur zu dieser Problematik:

  • Jobst Paul (2004): Das >Tier< -Konstrukt - und die Geburt des Rassismus. Zur kulturellen Gegenwart eines vernichtenden Arguments. ISBN 3-89771-731-X

Mensch geschlechtsspezifisch

Noch bis ins 19. Jahrhundert wurde in der Theologie, aber auch in den Wissenschaften und der Politik darüber debattiert, ob Frauen als Menschen zu gelten haben oder nicht und wenn ja, ob sie „vollwertige“ Menschen seien oder nur eine minderwertige Sonderform.

Entmenschlichung

Menschen mit Aussehen, Verhalten oder Lebensweisen, die nicht der Norm entsprachen, etwa geistiger Behinderung, wurde gelegentlich das Attribut „Mensch“ abgesprochen, man spricht hierbei von Entmenschlichung. Dies hat z. B. in der „NS-Rassenhygiene“ während der Zeit des Nationalsozialismus zum Begriff des „lebensunwerten Lebens“ geführt: Im Nationalsozialismus wurden psychisch Kranke und geistig und physisch behinderte Menschen mit dieser Begründung ermordet ("Euthanasie" und "Aktion T4"). Der Maßstab von Wert, der dabei zum Ausdruck kam, bezog sich auf einen vermeintlich mangelnden Nutzen (also Leistung für die Gemeinschaft) der Opfer, aber auch auf auszurottendes Erbgut. Auch kulturell fand dieses Denken in anderer Form als Verfolgung etwa der Swing-Jugend oder von Künstlern (Entartete Kunst) Ausdruck: Abweichung vom Normalen wurde nicht geduldet. Ideal war das Gesunde, Saubere, Ordentliche, Heile (wie es sich auch in der Kunst des Nationalsozialismus immer wieder findet, siehe auch Kitsch).

Auch die Kommunisten kannten die Entmenschlichung ihrer Gegner; die Nazis wurden als Unmenschen und als vertiert dargestellt. Im Kalten Krieg galten die Westeuropäer und ganz besonders die Amerikaner als dekadent, bourgeois und im Verfall begriffen. Für eine Umsiedlungsaktion von mehreren tausend DDR-Bürgern aus grenznahen Orten ist der Tarnname Aktion Ungeziefer belegt.

Bei Schwerverbrechern wird eine ähnliche Ausgrenzung vorgenommen. In einer Vorform spricht man vom „Unmenschen“ oder von Bestialität. Man „werde zum Tier“, ist ein geflügeltes Wort, wenn man sich selbst oder anderen in bestimmten Phasen Eigenschaften abspricht, die man als „typisch menschlich“ betrachtet.

In Kriegen wurden häufig Gegner dämonisiert und verteufelt: Sie sollen dadurch als kollektive Bedrohung, als Masse, als das Böse wahrgenommen werden, nicht als menschliche Individuen, um die eigenen Soldaten zu enthemmen und die Anwendung von militärischer Gewalt zu erleichtern. Dabei wächst die Gefahr von Exzessen und brutalen Entgleisungen, wie etwa im Zweiten Weltkrieg oder im irakischen Gefängnis Abu Ghraib.

Neben allen Gesellschaftsgruppen kennt auch die gutbürgerliche Gesellschaft die Ausgrenzung als Folge von Vorurteilen (bisweilen auch die Diskriminierung). Dies betrifft Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, beispielsweise Menschen mit kriminellen Hintergrund, Radikale, Extremisten oder Personen, denen aufgrund ihrer Lebensweise wenig oder keine Akzeptanz entgegengebracht wird, wie dem "Penner".

Eine Erklärung für die Entmenschlichung, neben kalkulierter Propoganda, liefert die Sozialpsychologie mit dem Benjamin-Franklin-Effekt.

Siehe hierzu auch: Heuschreckendebatte, Aus dem Wörterbuch des Unmenschen

Wann beginnt der Mensch "Mensch zu sein"?

Seine Rechtsfähigkeit beginnt im Allgemeinen mit der Vollendung der Geburt. Eine Ausnahme ist im Erbrecht zu finden, da bereits ein Ungeborener als Erbe fungieren und somit Rechte übertragen bekommen kann.

Dies entspricht jedoch nicht der allgemeinen Vorstellung vom Beginn des Menschseins, sondern ist nur für rechtliche Zwecke recht praktisch, weil im Allgemeinen gut datierbar. Nach römisch-katholischer sowie buddhistischer Lehre beginnt der Mensch mit der Zeugung, da bereits dort das Erbgut vollständig ist sowie die Geist-Seele wirkt und ihm die personale Würde samt aller Menschenrechte verleiht. Andere setzen die Ausbildung mehrerer Zellen an. Wieder andere erkennen keinen Zeitpunkt der Menschwerdung, sondern eine Entwicklung, in der der Fötus mehr und mehr Mensch wird. Praktische Bedeutung hat diese Frage vor allem bei der Abtreibung. Von den Verfechtern eines frühen Menschen wird daher von Mord gesprochen, während andere keine moralischen Probleme haben, den Fötus abzutöten, weil sie ihn noch nicht als Menschen sehen.

Beachtet werden sollte, dass auch das Neugeborene nicht zu allen Zeiten bereits als vollwertiger Mensch galt. Häufig wurde das Kind erst mit der Entwicklung der Sprache als Mensch gezählt. Sehr praktisch wurde diese Diskussion in den Betrachtungen über den sprachlosen Kaspar Hauser. Das Aussetzen eines Kindes war früher weit verbreitet. Findelkinder wurden dem Schicksal überlassen.

Wann endet der Mensch?

Die Frage nach dem Ende des Menschen gewinnt mit zunehmender Medizintechnik an Bedeutung. Herzstillstand muss aber z. B. noch keinen endgültigen Tod bedeuten. Der Eintritt des Hirntods ist eindeutiger, aber schwerer feststellbar. Praktisch wird die Frage, wenn - etwa nach einem Unfall - ein Mensch mit Hilfe von Apparaten im Koma gehalten wird, aber ein Wiedererreichen der vollen Vitalfunktionen ausgeschlossen erscheint. Sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber führen dazu, dass alten Menschen eine Patientenverfügung empfohlen wird, in der sie ihre eigenen Vorstellungen darüber niederschreiben und für die behandelnden Ärzte verbindlich machen können.

Erbe und Umwelt, Determinismus und freier Wille

Welche Eigenschaften eines Menschen vererbt sind und welche durch die Umwelt erworben sind, ist von jeher strittig. Neben den extremen Ansichten, die von einer vollständigen Vorbestimmung des Menschen durch sein Erbgut bzw. von einer völligen Erziehbarkeit des Menschen („tabula rasa“) ausgehen, gibt es viele Abstufungen von Meinungen, die den Menschen mehr oder weniger durch das Erbgut vorbestimmt sehen.

Beide Seiten können hinreichend Beispiele für die Vererbbarkeit bzw. die Umweltbeeinflussung von menschlichen Eigenschaften vorbringen, so dass die extremen Ansichten heute selten geworden sind. Neben den beiden Extremen gibt es auch noch die Prägung, einer irreversiblen Umweltbeeinflussung.

Philosophisch und religiös haben diese Fragen eine sehr große Bedeutung bei der Diskussion über den freien Willen. Wird ein freier Wille postuliert, dann gibt es Bereiche, die weder durch Erbe noch durch Umwelt determiniert sind. Im Gegensatz dazu steht die Auffassung, dass der Mensch völlig determiniert sei. Auch hier gibt es wieder die vermittelnden Auffassungen, dass der Mensch teilweise frei sei und teilweise vorbestimmt.

Die Fragen haben sehr praktische Bedeutung.

In der Erziehung geht es um die Frage, was Erziehung überhaupt bewirken kann. Geht man von einer sehr starken Vorbestimmung von Fähigkeiten durch das Erbe aus („Begabungen“), dann muss man diese Begabung ermitteln, um sie zu fördern. Die Erziehung zu Fähigkeiten, die nicht angeboren sind, ist danach ausgeschlossen bzw. nur mit sehr großem Aufwand durchzuführen. Früher ging man bei der Frage der Rechtshändigkeit von einer Umweltbeeinflussung aus und versuchte, die Kinder alle zu Rechtshändern zu erziehen. Heute unterstellt man, dass die Händigkeit angeboren ist, und lässt die Kinder mit der Hand schreiben, die für sie die „richtige“ erscheint.

Geht man von starken Umwelteinflüssen aus, so neigt staatliche Erziehung dazu, die Unterschiede zwischen den Einflüssen verschiedener Elternhäuser ausgleichen zu wollen. Der Mensch sei „gleich geboren“ und die Ungleichheiten sind nach dieser Auffassung Ungerechtigkeiten, die man in der Schule möglichst ausgleichen muss.

Auch in der Kriminalitätspolitik hat das Menschenbild einen erheblichen Einfluss. Menschen mit der Vorstellung, dass Verbrecher zu Verbrechern „gemacht“ werden, neigen zu starker Gewichtung von Resozialisierungsmaßnahmen und lehnen das „Wegsperren“ der Täter ab. Umgekehrt gehen Menschen mit der Vorstellung, dass man „zum Verbrecher geboren“ wird, dazu, Verbrecher wegzusperren. Nach ihrer Vorstellung sind Resozialisierungsbemühungen vertane Liebesmüh’. Weit verbreitet ist auch die Vorstellung, dass beides - erbliche Veranlagung und Umwelteinflüsse zusammenkommen, wenn ein Mensch zum Verbrecher wird. Hier mischen sich dann die Absichten zum Wegsperren mit denen zur Resozialisierung.

Werbung beruht auf der Vorstellung der Beeinflussbarkeit der Menschen. Das wiederum setzt voraus, dass man vererbte Gesetzmäßigkeiten des Verhaltens der Menschen unterstellt, die durch Werbung angesprochen werden. Die Grenzen dieser Vorstellung werden bei internationalen Konzernen sichtbar, die gelegentlich ihre Werbekampagnen an die jeweilige Kultur anpassen.

Gleichheit oder Ungleichheit?

Die alte Streitfrage, ob alle Menschen gleich seien oder verschieden, wird ebenfalls durch das Menschenbild bestimmt. Ganz offensichtlich haben alle Menschen Gemeinsamkeiten, die schon rein äußerlich auffallen. Auch in ihren Grundbedürfnissen gleichen die Menschen sich, und in ihrer emotionalen Grundstruktur, die durch die Funktion des Gehirns festgelegt ist.

Ebenso offensichtlich gibt es aber auch Unterschiede, so dass wir einzelne Menschen identifizieren können, was ja nicht möglich wäre, wenn alle gleich wären. In der Frage, wie gleich die Menschen sind, scheiden sich die Geister. Und noch mehr unterscheiden sich die Vorstellungen, ob die Menschen gleich oder verschieden sein sollen. Darüber, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben sollen, gibt es seit der Aufklärung einen Konsens in freien Gesellschaftssystemen.

Psychologie der Menschenbilder

Definition

Das Menschenbild ist die Gesamtheit der Annahmen und Überzeugungen, was der Mensch von Natur aus ist, wie er in seinem sozialen und materiellen Umfeld lebt und welche Werte und Ziele sein Leben hat oder haben sollte. Es umfasst das Selbstbild und das Bild von anderen Personen oder von den Menschen im Allgemeinen. Dieses Menschenbild wird von jedem Einzelnen entwickelt, enthält jedoch vieles, was auch für die Auffassungen anderer Personen oder größerer Gruppen und Gemeinschaften typisch ist. Es enthält Traditionen der Kultur und Gesellschaft, Wertorientierungen und Antworten auf Grundfragen des Lebens. Viele der Ansichten werden sich wahrscheinlich auf einige fundamentale Überzeugungen zurückführen lassen. Diese Überzeugungen unterscheiden sich von anderen Einstellungen durch ihre systematische Bedeutung, gedanklich den Grund zu legen und durch ihre persönlich empfundene Gültigkeit, durch ihre Gewissheit und Wichtigkeit. Die Annahmen über den Menschen haben viele und unterschiedliche Inhalte und bilden ein individuelles Muster mit Kernthemen und Randthemen. Psychologisch betrachtet ist das Menschenbild eine subjektive Theorie, die einen wesentlichen Teil der persönlichen Alltagstheorien und Weltanschauungen ausmacht.

Zu den Grundüberzeugungen gehören oft der religiöse Glaube, der Glaube an Gott und eine geistige Existenz nach dem biologischen Tod (Unsterblichkeit der Seele), die Spiritualität, Willensfreiheit, Prinzipien der Ethik, soziale Verantwortung und andere Werte. Menschenbilder enthalten demnach Überzeugungen, die eine hohe persönliche Gültigkeit haben, sie sind aus der Erziehung und der individuellen Lebenserfahrung entstandene persönliche Konstruktionen und Interpretationen der Welt.

Psychologie der Menschenbilder

In der Psychologie existieren mehrere ähnliche oder weitgehend synonyme Fachbegriffe. Alltagstheorien oder subjektive Theorien sind die Auffassungen, welche sich Menschen über ihre Lebenswelt herausgebildet haben. Es sind Begriffe, Zuschreibungen von Eigenschaften (Attributionen), insbesondere von Ursachen (Kausaldeutungen) und andere Konzepte, wie sich Menschen in der Welt orientieren und Zusammenhänge begreifen. Alltagspsychologie hat die wichtige Funktion, das Verhalten anderer Menschen verstehbar, subjektiv voraussagbar und kontrollierbar zu machen. Persönliche Konstrukte eines Menschen bezeichnen – im Unterschied zu den Erklärungshypothesen der Wissenschaftler – Schemata zur Erfassung der Welt. Die Menschen gehen, um andere Personen oder die Ereignisse in der Welt zu verstehen, wie Wissenschaftler vor – so lautet auch die grundlegende Behauptung von Harold Kelley. Menschen interpretieren ihre Wahrnehmungen, sie entwickeln Annahmen und prüfen diese an ihren wiederkehrenden Erfahrungen. Dabei unterliegt das System persönlicher Konstrukte einer kontinuierlichen Veränderung durch neue Erfahrungen. Implizite Anthropologie enthält die gesamte vom Individuum gesammelte und deshalb einzigartige Lebenserfahrung. Sie bildet den Bezugsrahmen, um sich zu orientieren, andere Menschen einzuordnen, Probleme zu lösen und das Leben zu bewältigen. Werthaltungen sind durch die Orientierung an typischen Werten, z. B. humanistischen, christlichen, demokratischen Werten gekennzeichnet. Selbstkonzepte sind alle auf die eigene Person bezogenen Einstellungen bzw. Beurteilungen.

Aus der Forschung über solche Alltagstheorien (u.a. Laucken) ist seit langem bekannt, wie differenziert die „naiven“ Verhaltenstheorien sein können, u.a. durch tradierte Vorstellungen und durch Lernen an der eigenen Erfahrung. Sie sind z. T. mit Zusatzannahmen und mit Kausal-Deutungen (im Unterschied zu wissenschaftlichen, kausalen Erklärungen) ähnlich geformt wie die aus der Fachwissenschaft stammenden Konzepte. Sie sind jedoch oft unterschwellig und nicht ausformuliert, so dass sie erst durch geeignete Methoden erkundet werden müssen.

Menschenbilder und Persönlichkeitstheorien

Menschenbilder als subjektive Theorien und wissenschaftliche Persönlichkeitstheorien unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht. Persönlichkeitstheorien geben eine verallgemeinernde Beschreibung der Struktur und Funktion von Persönlichkeitsmerkmalen, d. h. Persönlichkeitseigenschaften, Motiven, Emotionen usw. Das wissenschaftliche Programm lautet, die psychophysische Individualität des Menschen genau zu beschreiben, als Persönlichkeit zu verstehen und in ihrer genetisch, familiär und soziokulturell bedingten Entwicklung zu erklären. In diesen Aufgaben bündeln sich zahlreiche Forschungsrichtungen der Psychologie, und es existiert eine kaum noch überschaubare Vielfalt heterogener, mehr oder minder ausgeformter Persönlichkeitstheorien. Diese beziehen auch soziale Einstellungen, Wertorientierungen und Überzeugungen ein, klammern jedoch gewöhnlich die grundlegenden philosophischen und religiösen Überzeugungen und Sinnfragen aus.

Persönlichkeitstheorien sind in der Regel sehr viel differenzierter, begrifflich ausgearbeitet, formal strukturiert und in Teilen auch empirisch überprüft, wobei bestimmte Untersuchungsmethoden eingesetzt werden. Zwischen den individuellen Menschenbildern und den psychologischen Persönlichkeits- und Motivationstheorien bestehen also formale Unterschiede, und die Konstruktionen haben verschiedene Absichten: Orientierung des Einzelnen in der persönlichen Lebenswelt bzw. systematisches, gesichertes Wissen.

Kritische Psychologie

Auch die Kritische Psychologie Klaus Holzkamps (etwa 1969-1985 in der BRD stark rezipiert) stellt das Menschenbild zentral heraus und beschreibt einen tätigen, bewusst arbeitenden und damit sich die Natur aneignenden Menschen unter Bezug auf die marxistische Psychologie des Leontjew in der UdSSR damals.

Leitbegriffe oder differentielle Psychologie der Menschenbilder

Wie gegensätzlich der Mensch bestimmt werden kann, hat der Philosoph Alwin Diemer durch eine Reihe charakteristischer Zitate demonstriert. Bekannt sind Begriffe wie zoon politikon, homo rationale, homo faber, homo oeconomicus, oder der Mensch als das nicht-festgestellte Tier, als gesellschaftsbestimmtes, arbeitendes und produzierendes Lebewesen oder als gesellschaftsgeschädigtes Reflexionswesen. Auch aus psychologischer Sicht wurden solche Leitprinzipien geprägt: die unbewussten Triebansprüche, das Lernen am Modell, die immerwährende Suche nach Sinn, die Selbstverwirklichung usw. Psychische Phänomene werden auf ein angeblich zugrunde liegendes Funktionsprinzip zurückgeführt oder auf einen fundamentalen Gegensatz. Im Unterschied zu solchen Vereinfachungen oder Zerrbildern verlangt die differentielle Psychologie eine wesentlich breitere empirische Sicht auf die zahlreichen Facetten des Menschenbildes.

Die Psychologie der Menschenbilder hat mehrere ineinander verschachtelte Perspektiven. Welche grundlegenden Annahmen über den Menschen sind bei den Einzelnen bzw. in der Bevölkerung vorzufinden? Welche Menschenbilder – im Sinne von Vorannahmen oder Vorentscheidungen – lassen andererseits die Autoren der wissenschaftlichen Persönlichkeitstheorien erkennen? Welches Menschenbild dokumentiert der Autor eines Lehrbuchs durch die Auswahl und spezielle Gewichtung von Persönlichkeitstheorien und Methoden? Die zuvor getroffene Unterscheidung zwischen den wissenschaftlichen Persönlichkeitstheorien und den Annahmen der psychologischen Alltagstheorien kann folglich nicht sehr scharf sein. Auch in die wissenschaftlichen Theorien mischen sich oft noch sehr vorläufige Annahmen und in die Alltagstheorien durchaus auch psychologische Wissenskomponenten aus der Forschung, d. h. von den Medien popularisierte Details. Viele Psychologen verwenden Fragebogen und Interviews und importieren mit den erhaltenen Antworten auch Bestandteile der Alltagstheorien in ihre Konzeptionen. Außerdem sind die Alltagstheorien der Bevölkerung wiederum Thema der wissenschaftlichen Psychologie.

Die Forschung zu Menschenbildern gehört in ein Grenzgebiet der Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie, der Sozial- und Kulturpsychologie sowie der Wissenspsychologie. Dadurch ergeben sich viele Perspektiven: z. B. sozialpsychologisch im Hinblick auf Stereotype und Vorurteile sowie deren Konsequenzen für die interkulturelle Verständigung.

Erkundung des Menschenbildes

Das individuelle Menschenbild kann durch die Methode des Interviews und näherungsweise auch durch Fragebogen erfasst werden; gründlichere Einsichten werden sich dagegen nur in psychologisch-biographischen Studien (und auch im Alltagsverhalten) ergeben. Die Methodik der sozialpsychologischen Forschung über Einstellungen und über Werte ist am besten ausgearbeitet, auch für die Religionspsychologie gibt es inzwischen zahlreiche Fragebogen bzw. standardisierte Skalen. Auch in einigen bevölkerungsrepräsentativen sozialwissenschaftlichen Erhebungen wurde u.a. nach Wertüberzeugungen und dem Sinn des Lebens, nach Religiosität und Spiritualität gefragt. Andere Umfragen zeigten die Menschenbilder bestimmter Gruppen, z. B. von Studierenden der Psychologie oder von Psychotherapeuten. Schließlich können die Autobiographien von Psychologen, Psychotherapeuten oder Philosophen inhaltlich ausgewertet werden, ob sie Hinweise auf das Menschenbild geben.

Die Vielfalt der Menschenbilder empirisch zu erkunden und nach häufigen Mustern zu suchen, wäre die erste Aufgabe. Zweitens wäre systematisch nach den historischen, zeitgeschichtlichen, religiösen, soziokulturellen und anderen Bedingungen für das Entstehen und die Veränderung von Überzeugungen zu fragen. Beispielsweise könnte untersucht werden, wie sich zentrale Annahmen des Menschenbildes durch ein Fachstudium, etwa der Psychologie, Pädagogik oder Medizin, ändern. Eine weitere Perspektive geben die speziellen Inhalte der Lehrbücher, denn die Autoren werden unvermeidlich eigene Überzeugungen erkennen lassen, wenn sie bestimmte Theorien auswählen und darstellen. Menschenbilder haben die Funktion von Leitbildern in verschiedenen Lebensbereichen und damit auch auf den Gebieten der angewandten Psychologie, unter anderem Arbeitspsychologie, Organisationspsychologie, Betriebspsychologie, Pädagogische Psychologie, Erziehung, Gesundheitspsychologie und Psychotherapie.

Die individuellen Menschenbilder werden sich auf den Lebensalltag auswirken. Aber beeinflussen sie auch die Berufspraxis von Ärzten, Psychotherapeuten, Richtern, wenn diese Verantwortung für andere Menschen übernehmen? Empirische Untersuchungen zur differentiellen Psychologie der Menschenbilder könnten mehr Aufschluss über diese Zusammenhänge geben.

Menschenbilder in der Psychotherapie

Die verschiedenen Menschenbilder der Psychotherapie-Richtungen können als Leitbilder des therapeutischen Handelns verstanden werden. Seit der Auseinandersetzung um Sigmund Freuds atheistisches und pessimistisches Menschenbild gibt es fortdauernde Diskussionen über das Verständnis des Menschen, über humane Werte und Ethik in der Psychotherapie. Die in den verschiedenen Richtungen der Psychotherapie existierenden Menschenbilder sind jedoch nicht ohne weiteres festzulegen. Die Menschenbilder der bedeutenden Pioniere sind selten in systematischer, ausgearbeiteter Weise vorzufinden. Oft sind es markante und zugespitzte Zitate, um die sich dann Kontroversen ranken, welche im Kontext anderer Äußerungen alsbald relativiert werden müssten. An erster Stelle der Quelleninterpretation stehen natürlich Biographie und Werk des Begründers einer bestimmten Psychotherapie-Richtung.

Während in einer ersten Phase das Menschenbild Freuds und der Psychoanalyse im Zentrum standen, richtete sich das Interesse anschließend vor allem auf das Menschenbild der Verhaltenstherapeuten sowie auf die Leitbilder neuer Strömungen beispielsweise die „Psychologie des guten Lebens“, die „Ideologie der neuen Spiritualität“, auf fundamentalistische Ideologien, Dogmen und Mythen in der Psychoszene. In wieweit sich bestimmte Leitbilder tatsächlich auf die Therapieziele, den therapeutischen Prozess und die Erfolgsbeurteilung auswirken, ist empirisch noch kaum untersucht worden.

Siehe auch

Literatur

  • Jens Asendorpf: Psychologie der Persönlichkeit. Springer, Heidelberg 2003. (3. Aufl.) ISBN 978-3-540-71684-6.
  • Charles S. Carver, Michael F. Scheier: Perspectives on personality. Allyn and Bacon, Boston MA 1996. (5 th. ed.) ISBN 0-205-37576-6.
  • Alwin Diemer: Elementarkurs Philosophie. Philosophische Anthropologie. Econ, Düsseldorf 1978, S. 57-72, ISBN 3-430-12068-3.
  • Jochen Fahrenberg: Annahmen über den Menschen. Menschenbilder aus psychologischer, biologischer, religiöser und interkultureller Sicht. Asanger, Heidelberg 2004, ISBN 3-89334-416-0.
  • Jochen Fahrenberg: Was denken Studierende der Psychologie über das Gehirn-Bewusstsein-Problem, über Willensfreiheit, Transzendenz, und den Einfluss philosophischer Vorentscheidungen auf die Berufspraxis? Journal für Psychologie, Bd. 14, 2006, S. 302-330.
  • Jochen Fahrenberg: Psychologische Anthropologie – Eine Fragebogenstudie zum Menschenbild von 800 Studierenden der Psychologie, Philosophie und Naturwissenschaften. e-Journal Philosophie der Psychologie. Nr. 5, 2006, S. 1-20 ( pdf), 199 KB).
  • Jochen Fahrenberg: Menschenbilder. Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten. Psychologische und Interdisziplinäre Anthropologie. (access e-book, print on demand, pdf, 2.0 MB, 5. März 2008).
  • Hermann-Josef Fisseni: Persönlichkeitspsychologie. Ein Theorienüberblick. Hogrefe, Göttingen 2003. (5. Aufl.), ISBN 3-430-12068-3.
  • Detlev Ganten et al. (Hrsg.): Was ist der Mensch? Berlin/New York 2008. ISBN 978-3-11-020262-5
  • Nobert Groeben (Hrsg.): Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie. Band 1-3. Aschendorff, Münster 1997, ISBN 3-402-04604-0.
  • Charles Hampden-Turner: Modelle des Menschen. Ein Handbuch des menschlichen Bewusstseins. Beltz, Weinheim 1996, ISBN 3-407-85072-7.
  • Werner Herkner: Lehrbuch der Sozialpsychologie. Huber, Bern 2001. (6. Aufl.), ISBN 3-456-81989-7.
  • Gerd Jüttemann: Psychologie als Humanwissenschaft. Ein Handbuch. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-46215-8.
  • Jürgen Kriz: Grundkonzepte der Psychotherapie. Eine Einführung. Beltz, Weinheim 2007. (6. Aufl.).
  • Peter Kutter, Raúl Páramo-Ortega, Thomas Müller (Hrsg.): Weltanschauung und Menschenbild. Einflüsse auf die psychoanalytische Praxis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998, ISBN 3-525-45806-1
  • Uwe Laucken: Naive Verhaltenstheorie. Ein Ansatz zur Analyse des Konzeptrepertoires, mit dem im alltäglichen Lebensvollzug das Verhalten der Mitmenschen erklärt und vorhergesagt wird. Klett, Stuttgart 1973.
  • Walfried Linden, Alfred Fleissner: Geist, Seele und Gehirn. Entwurf eines gemeinsamen Menschenbildes von Neurobiologen und Geisteswissenschaftlern, LIT-Verlag Münster 2004, ISBN 3825879739.
  • Rolf Oerter (Hrsg.): Menschenbilder in der modernen Gesellschaft. Konzeptionen des Menschen in Wissenschaft, Bildung, Kunst, Wirtschaft und Politik. Enke, Stuttgart 1999, ISBN 3-432-30531-1.
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  • Christian Thies: Einführung in die philosophische Anthropologie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2004, ISBN 3-534-15470-3.
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Weblinks

Constantin Rauer: Kleine Kulturgeschichte des Menschenbildes. In: IMAGE 14 (Ausgabe Juli 2011), Zeitschrift für interdisziplinäre Bildwissenschaften. Link: http://www.bildwissenschaft.org/image_en?function=fnArticle&showArticle=200 - aufgerufen am 27. September 2011


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