Merga Bien

Merga Bien

Merga Bien (* ca. Ende der 1560er-Jahre; † im Herbst 1603 in Fulda) war in dritter Ehe verheiratet mit Blasius Bien, wurde am 19. Juni 1603 wegen Hexerei verhaftet und im Herbst 1603 während der Hexenverfolgungen unter Balthasar von Dernbach auf dem Gerichtsplatz in Fulda hingerichtet.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Merga Bien wurde vermutlich Ende der 1560er-Jahre als Tochter eines Löhers (Gerbers) in Fulda geboren. Sehr früh wurde sie an einen alten Witwer (Wilhelm Franck) verheiratet, der aber bald nach der Hochzeit starb. Diese erste Ehe blieb kinderlos. Wilhelm Franck hinterließ ihr ein gewisses Barvermögen und zusammen mit ihrer Mitgift verfügte sie nun über 56 Gulden. (Dies entsprach in etwa dem Jahresgehalt eines Fuldaer Stadtschreibers zu dieser Zeit).

Sie heiratete in zweiter Ehe Christoph Orth. Mit ihm hatte sie zwei Kinder. Doch Ehemann und beide Kinder starben kurz hintereinander – vermutlich an der Pest. Aus den Hexenprozessakten geht nicht hervor, ob sie in diesem Zusammenhang schon als Giftmischerin verleumdet wurde. Später im Prozess waren diese Todesfälle ein wichtiger Anklagepunkt.

Um das Jahr 1588 heiratete sie zum dritten Mal, und zwar Herrn Blasius Bien, der zunächst im Dienst des Schultheißen von Hünfeld und Michelsrombach stand. Schließlich wurde er in Schlitz selbst Schultheiß. Nach einem Streit mit den Herren von Schlitz (genannt von Görtz) quittierte er dort den Dienst und kehrte mit seiner Frau Merga nach Fulda zurück. Welcher Beschäftigung er hier nachging, wird nicht überliefert.

Hexenverfolgungen im Hochstift Fulda

Nachdem 1602 der Fürstabt Balthasar von Dernbach nach dem „Fuldaischen Handel“ seine Stellung als Fürstabt wieder erhalten hatte, führte er eine harte Rekatholisierungspolitik und brutale Hexenverfolgungen durch. Die Durchführung der Hexenprozesse übertrug er dem Zentgrafen Balthasar Nuss. Dieser ließ in nur drei Jahren 270 Frauen und Männer als angebliche Hexen und Hexenmeister foltern und auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Das Vermögen der Opfer zog er für sich ein.

Eine ausführlichere Darstellung der Hexenverfolgungen in Fulda findet sich unter Balthasar von Dernbach.

Hexenprozess gegen Merga Bien

Schon im März 1603 ließ Nuss die ersten Verdächtigen verhaften. Merga Bien war eine der ersten Frauen, die Nuss gefangen nahm und nach 14 Wochen Haft und Folter auf dem Scheiterhaufen verbrennen ließ.

Am 19. Juni 1603 wurde sie inhaftiert und in einen Hundekäfig gesperrt, weil das Gefängnis im Schloss überfüllt war. Dagegen klagte ihr Ehemann Blasius Bien vor dem Reichskammergericht in Speyer. Von dort kam ein Mandat, dass sie bessere Haftbedingungen bekommen sollte und auf keinen Fall gefoltert werden durfte, denn es hatte sich herausgestellt, dass sie schwanger war, und aufgrund des damals geltenden Rechts (nach der Carolina) war das Foltern in der Schwangerschaft verboten. (Dieser Prozess wird behandelt im Aufsatz von Paul Wigand [1]).

Vermutlich wurde Merga Bien daraufhin für kurze Zeit freigelassen, aber am 4. August abermals verhört. Sie wurde beschuldigt, ihren zweiten Ehemann und ihre Kinder vergiftet, den Junckern von Schlitz eine üble Krankheit angehext, den Tod der Kühe des Michelsrombacher Schultheißen herbeigeführt und am Hexensabbat teilgenommen zu haben. Die entscheidende Anklage aber lautete: Da ihre Ehe mit Blasius Bien 14 Jahre lang kinderlos geblieben war, könne ihre derzeitige Schwangerschaft nur das Werk des Teufels sein.

Nach vielen Wochen Haft gab sie schließlich unter der Folter alle Anschuldigungen zu mit den Worten: „… ach Gott, so will ich es getan haben“ und wurde im Herbst 1603 auf dem Gerichtsplatz in Fulda verbrannt. Dafür musste Blasius Bien die horrende Summe von 91 1/2 Gulden als Hinrichtungskosten an Nuss entrichten.

Das Leben der Merga Bien macht deutlich, dass eine Beschuldigte selbst mit Hilfe eines Rechtsspruches des Reichskammergerichtes kaum dem Räderwerk eines Hexenprozesses entkommen konnte.

Lokale Rezeption

In Fulda hat sich der Förderverein „Frauenzentrum Fulda“ am Beispiel des Schicksals von Merga Bien ausführlich mit den lokalen Hexenverfolgungen befasst. Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Möller wurde 2006 vom Verein „Theater aller Art“ dazu das Stück „Scheiterhaufen“ aufgeführt.

Am 15. November 2008 wurde ein Denkmal für die Opfer der Hexenprozesse in Fulda eingeweiht.

Literatur

Quellen:

  • Stadtarchiv Fulda: Bestand XVI B 1/2 : Kurtzer Sumarischer Bericht 1618 (Kopie)
  • Hessisches Staatsarchiv Marburg: (Kopien)
    • Bestand 90a/836: Peinliche Untersuchung gegen Balthasar Nusser…
    • Bestand 91/900: Prozess Balthasar Nuß
    • Bestand 255 (Reichskammergericht): B71 In Sachen Bien

Literatur:

  • Ingrid Möller-Münch: …ach Gott, so wil ich es gethan haben. Das Leben der Merga Bien. Beitrag zur Hexenverfolgung im Hochstift Fulda (1603 - 1606). Fulda 2008, 55 S., ISBN 978-3-940266-99-6.
  • Berthold Jäger: …das recht und überaus große Sengen und Brennen…. Fulda 2006.
  • Georg Joseph Malkmus: Ein Hexenrichter. In: Georg Joseph Malkmus: Fuldaer Anekdotenbüchlein. Fulda 1875, S. 101-151.
  • Peter Oestmann: Hexenprozesse am Reichskammergericht. (= Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 31), Köln / Weimar / Wien 1997.
  • Paul Wigand: Das Reichskammergericht und die Hexenprozesse. In: Wetzlar'sche Beiträge für Geschichte und Rechtsalterthümer. Band 3, 1851, S. 73-79.

Weblink


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