Arbeitsintensität (Marxismus)

Arbeitsintensität (Marxismus)

Die Arbeitsintensität ist eine vergleichende Größe, die sich trotz entsprechender Versuche des Taylorismus nicht unabhängig bestimmen lässt [1], sondern nur über ihre Änderung. Sie kann daher nur Einheiten miteinander vergleichen, zum Beispiel

    • die Anzahl der Arbeiter zur Verrichtung einer bestimmten Arbeit zu bestimmten Zeiten (vorher - nachher) oder
    • die Anzahl der Arbeiten, die ein einzelner Arbeiter verrichten muss zu bestimmten Zeiten (vorher - nachher).

Dadurch wird die Arbeitsintensität messbar, ihre Änderung [2] kann als Verhältnis oder prozentual dargestellt werden. Wenn ein Arbeiter zu einer bestimmten Zeit eine Maschine bedienen muss und nach einer Rationalisierungsmaßnahme drei Maschinen, dann hat sich die Arbeitsintensität für ihn im Verhältnis 3 : 1 oder auf 300 % bzw. um 200 % erhöht.

Arbeitsintensität bei Marx

Daher ist die Arbeitsintensität bei Karl Marx eine

„vergrößerte Arbeitsverausgabung in der gleichen Zeit, <eine> erhöhte Anspannung der Arbeitskraft [3] <eine> dichtere Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit, d.h. <eine> Verdichtung der Arbeit“. [4]

Die Konkurrenz zwingt die Unternehmen, möglichst viel Profit in möglichst kurzer Zeit zu erzeugen, um gegenüber den Konkurrenten einen Vorteil zu erringen. Neben der Einführung effektiverer Maschinen und/oder Verfahren geschieht dies auch durch die Verlängerung des Arbeitstages und/oder die Intensivierung der Arbeit, die in drei Formen stattfinden kann:

  1. indem entweder ein Arbeiter mehr Arbeiten als vorher verrichten muss oder
  2. indem weniger Arbeiter die gleiche Anzahl Arbeiten wie vorher verrichten müssen oder
  3. indem diese beiden Möglichkeiten kombiniert werden.

Die zweite Form kann zwar in der Praxis mit der ersten identisch sein, muss es aber nicht. Es ist durchaus möglich, dass ein Arbeiter mehr Arbeiten als vorher verrichten muss, ohne dass sich die Anzahl der Arbeiter verringert hat. [5] Hat sie sich jedoch verringert, erhöht sich natürlich die Anzahl der Arbeiten, die der einzelne Arbeiter leisten muss.

Den Zusammenhang der Arbeitsintensität mit der Erhöhung des Profits beschreibt Marx in „Das Kapital Band III“ [6]:

Der Exploitationsgrad [= Ausbeutungsgrad] der Arbeit hängt aber bei gegebenem Arbeitstag von der durchschnittlichen Intensität der Arbeit- und bei gegebener Intensität von der Länge des Arbeitstages ab. Von dem Exploitationsgrad der Arbeit hängt die Höhe der Mehrwertrate ab, also bei gegebener Gesamtmasse des variablen Kapitals die Größe des Mehrwerts, damit die Größe des Profits.

Folgen der Intensivierung

Die Folgen davon beschreibt Marx in „Theorien über den Mehrwert“ Band III:

„<Danach> ist die Exploitation“ [= Ausbeutung] „der Arbeit ... dann sowohl bei <der> Ausdehnung des Arbeitstages als <auch> bei der Intensivierung“ (bei Marx: „Intensifikation“) „[Verdichtung] desselben gewachsen, wenn er nicht zugleich verkürzt wird (wie durch <den Achtstundentag>).“ [7] „Der Arbeiter verkürzt die Dauer seines Arbeitsvermögens, erschöpft es in viel größerem Verhältnis, als sein Lohn wächst und wird noch mehr zur bloßen Arbeitsmaschine. Aber abgesehen von dem letzteren, wenn er bei dem normalen Arbeitstag vielleicht 20 Jahre lebt, bei dem anderen“ [= verdichteten] „nur 15, so verkauft er den Wert seines Arbeitsvermögens in dem einen Fall in 15 Jahren, in dem anderen in 20. Das eine Mal muss es in 15 Jahren ersetzt werden, das andere <Mal> in 20“. [8]

Da die Intensivierung der Arbeit also weder durch Arbeitszeitverkürzungen noch durch entsprechende Lohnerhöhungen ausgeglichen wird, läuft sie auf ein früheres Ableben der Arbeiter infolge vorzeitigen stofflichen Verschleißes hinaus. Der frühere Verschleiß der Arbeitskraft müsste dann natürlich zu einer früheren Verrentung führen. Da aber der bürgerliche Staat Zugriff auf die Versicherungskassen hat, die er als „Kapitalgeber“ missbraucht, bleibt ihm nur die Möglichkeit, Krieg zu führen oder das Rentenalter zu erhöhen, um möglichst wenig „Rentenansprüche“ befriedigen zu müssen. Gleichzeitig erklärt sich daraus heutzutage (im 21.Jahrhundert) auch die Unmöglichkeit für ältere Arbeitslose, eine Stellung zu finden. Ursache dafür ist die Angst der Arbeitgeber vor den Kosten für die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer und damit das stillschweigende Eingeständnis, dass die Arbeitskraft vorzeitig (nämlich vor Erreichung des Rentenalters) verschlissen wird.

Anmerkungen und Quellenverzeichnis

  1. 100 % Normalarbeitsleistung ließe sich bestenfalls medizinisch bestimmen, indem Puls, Herzschlag, Hautwiderstand usw. während der Arbeit gemessen und daraus abgeleitet wird, wie lange ein Arbeiter bei dieser Belastung überleben kann
  2. Die Annahme einer Verringerung unter der Voraussetzung der Konkurrenz im Kapitalismus ist allerdings unrealistisch, siehe im Folgenden.
  3. Vgl. auch eine „größere Spannung der Arbeitskraft“; Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms (MEW 19), Seite 25.
  4. Marx, „Das Kapital“ Band I. (MEW 23), Seite 432 ; Text redigiert, in spitzen Klammern Einfügungen
  5. Dies ist bei „Erweiterungsinvestitionen“ gegeben, der andere Fall bei „Rationalisierungsinvestitionen“.
  6. „Das Kapital“ Band III (MEW 25), Seite 207 (Text redigiert)
  7. Bei Marx: „die Zehnstundenbill“, die gesetzliche Verkürzung des Arbeitstages auf 10 Stunden im 19.Jahrhundert in England.
  8. Marx, „Theorien über den Mehrwert“. (MEW 26.3), Seite 303; Text redigiert, in spitzen Klammern Einfügungen

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